Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/489 20.10.2016 (Ausgegeben am 24.10.2016) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Jens Kolze (CDU) Situation der Fachberatungsstellen für Opfer sexueller Gewalt Kleine Anfrage - KA 7/243 Vorbemerkung des Fragestellenden: Das Land Sachsen-Anhalt beauftragt die Vereine Wildwasser Dessau e. V., Wildwasser Halle e. V. und Wildwasser Magdeburg e. V. sowie Miß-Mut Stendal e. V. mit der flächendeckenden überregionalen Beratung für Opfer sexueller Gewalt. In der Arbeit dieser Beratungsstellen wird kostenfrei im Rahmen der Prävention und der psycho-sozialen Beratung von Betroffenen ein wichtiger Dienst für unsere Gesellschaft geleistet. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Justiz und Gleichstellung 1. Wie viele Beratungen wurden in den vier Beratungsstellen jeweils durchgeführt ? Bitte getrennt für die Jahre 2013, 2014, 2015 und 1. Halbjahr 2016 auflisten. Die Anzahl der durchgeführten Beratungen durch die vier Beratungsstellen sind der Anlage 1 zu entnehmen. 2. Wie teilen sich diese Beratungen in der Form auf? Bitte persönlich, telefonisch , per E-Mail und mobil angeben. Die Anzahl der persönlich, telefonisch, per E-Mail und mobil durchgeführten Beratungen durch die vier Beratungsstellen sind der Anlage 1 zu entnehmen. 2 3. Welche und wie viele Präventionsveranstaltungen und Schulungen wurden durch die einzelnen Beratungsstellen durchgeführt? Bitte getrennt für die Jahre 2013, 2014, 2015 und 1. Halbjahr 2016 auflisten. Die Anzahl und Inhalte der von den vier Beratungsstellen durchgeführten Präventionsveranstaltungen und Schulungen sind der Anlage 2 zu entnehmen. 4. Welche Wartezeiten bestehen derzeit für einen Erstberatungstermin für Opfer sexueller Gewalt in den genannten Beratungsstellen? Die Wartezeiten für Opfer sexueller Gewalt auf einen Erstberatungstermin betragen in den einzelnen Beratungsstellen: • Beratungsstelle Wildwasser Dessau-Roßlau e.V. - in Notfällen erfolgt ein Termin sofort, - Erstberatung in der Stadt Dessau-Roßlau innerhalb von 4 bis 5 Wochen, - Erstberatung im Landkreis Anhalt-Bitterfeld und Wittenberg innerhalb von 6 bis 8 Wochen, - bei einer aufsuchenden Erstberatung für Kinder und Erwachsene mit Behinderungen innerhalb von 8 bis 9 Wochen. • Beratungsstelle Wildwasser Halle e. V. - in Notfällen und bei Krisenintervention sofort, - Erstberatung innerhalb von 2 bis 3 Wochen. • Beratungsstelle Wildwasser Magdeburg e. V. - Krisenintervention innerhalb von 2 Tagen, - Erstberatung innerhalb von 14 Tagen, - Frequenz der Beratung in Abhängigkeit des Wunsches der Beratenen einmal wöchentlich bis max. einmal monatlich. • Beratungsstelle Miß-Mut Stendal e. V. - in Notfällen und bei Krisenintervention sofort, - Erstberatung innerhalb von 10 bis 14 Tagen. 5. Kann aus Sicht der Landesregierung die Beratung und Betreuung der Opfer sexueller Gewalt durch die Beratungsstellen mit jeweils 1,75 VbE angemessen erfolgen? Die Beratung und Betreuung der Opfer sexualisierter Gewalt erfolgt durch die Beratungsstellen mit einem Stellenanteil von 1,75 VbE angemessen. 6. Laut Zuwendungsbescheid des Landesverwaltungsamtes ist eine Förderung der Personalausgaben nur dann möglich, wenn das Personal nicht finanziell besser gestellt ist als nach Entgeltgruppe 10 TV-L. a) Wie berücksichtigt die Landesregierung bei der Berechnung der Zuwendungen tarifliche Sonderzahlungen (entsprechend TV-L) in den Beratungsstellen ? 3 Die Beratungsstellen erhalten die Zuwendung des Landes in Form eines nicht rückzahlbaren Festbetrages zu den Personal- und Sachausgaben. Ferner erhalten die Träger der Beratungsstellen einen der Höhe nach sehr unterschiedlichen kommunalen Zuschuss. Die Erhöhungen der Landesförderung für die Jahre 2015 und 2016 waren bzw. sind durch die Träger zur Anpassung der Vergütung der Mitarbeiterinnen in den Beratungsstellen an eine Entlohnung bis zur Höhe der Entgeltgruppe 10 in Anlehnung an den TV-L zu verwenden. Werden die Gesamtausgaben des Zuwendungsempfängers überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand bestritten, darf der Zuwendungsempfänger seine Beschäftigten nicht besser stellen als vergleichbare Landesbedienstete . Höhere Vergütungen als nach dem TV-L sowie sonstige über- und außertarifliche Leistungen dürfen nicht gewährt werden. Die freien Träger der Beratungsstellen unterliegen nicht der Tarifgemeinschaft der Länder. Insofern besteht für die Zahlung einer Sonderzuwendung kein Rechtsanspruch. Die Jahressonderzahlung ist nicht Bestandteil des vergleichbaren Bruttoarbeitsentgeltes und kann nur dann zuwendungsrechtlich bis zur Höhe des in § 20 TV-L festgelegten Prozentsatzes anerkannt werden, wenn die dafür notwendigen Haushaltsmittel durch die Träger aufgebracht werden können. In Anlehnung an den TV-L kann die Gewährung einer Sonderzuwendung insoweit bei der Prüfung der zuwendungsfähigen Personalausgaben berücksichtigt und anerkannt werden. Die freien Träger haben alle mit dem Zuwendungszweck zusammenhängenden Einnahmen (insbesondere Leistungen Dritter) und ihren Eigenanteil als Deckungsmittel für alle mit dem Zuwendungszweck zusammenhängenden Ausgaben einzusetzen. b) Wie berücksichtigt die Landesregierung bei der Berechnung der Zuwendungen die Erfahrungsstufen der Entgeltgruppen, die durch entsprechende Berufserfahrungszeiten erworben wurden? Bei der Prüfung der zuwendungsfähigen Personalausgaben werden die Erfahrungsstufen der Entgeltgruppen, die durch entsprechende Berufserfahrungszeiten erworben wurden, in Anlehnung an die §§ 16 und 17 TV-L berücksichtigt . 7. Die Beratungsstellen erwirtschaften keinerlei Gebühren aus ihren Beratungsangeboten und verfügen diesbezüglich über keine Einnahmen aus ihrer Tätigkeit. Im Vergleich zu Frauenhäusern und Frauenkommunikationszentren im gleichen Haushaltstitel ist diese Einnahmemöglichkeit nicht vorhanden. Wie berücksichtigt die Landesregierung bei den finanziellen Zuweisungen die besondere Situation der Beratungsstellen? Im Haushaltsjahr 2015 und 2016 wurden die im Jahr 2014 zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel des Landes in Höhe von insgesamt 204.500 € auf jährlich insgesamt 238.050 € erhöht. 4 Im Vergleich zu den Frauenhäusern und Frauenkommunikationszentren erhalten die Träger der Beratungsstellen für Opfer sexualisierter Gewalt eine höhere Landeszuwendung zu den Personal- und Sachausgaben zur Erfüllung der im Landesinteresse liegenden Arbeitsaufgaben. Der Träger einer Beratungsstelle für Opfer sexualisierter Gewalt erhält im Jahr 2016 eine Landeszuwendung in Höhe von 69.500 € für eine personelle Ausstattung von mindestens 1,75 vollzeitbeschäftigten Fachkräften. Dem gegenüber erhalten die Träger eines Frauenhauses bei gleicher Personalausstattung eine Landeszuwendung in Höhe von 56.750 € und der Träger eines Frauenzentrums eine Zuwendung bei einer Personalausstattung von 0,875 bis zu 1,0 vollzeitbeschäftigten Fachkräften in Höhe von 36.354 €. Die Eigenmittel der Träger werden aus Spenden, Bußgeldern und Mitgliedsbeiträgen erwirtschaftet und fallen am Ende eines Haushaltsjahres oft geringer aus als geplant. Zur Sicherung der Gesamtfinanzierung erhielten die Träger der Beratungsstellen in Dessau-Roßlau und Halle in den letzten beiden Haushaltsjahren eine nachträgliche Bewilligung von Landesmitteln (durch eine Einsparung im gleichen Haushaltstitel) im Wege einer Einzelfallentscheidung. Im Haushaltsplan 2016 Einzelplan 11, Kapitel 11 15, sind im Ausgabetitel 684 61 keine Einnahmen für die Frauenhäuser und Frauenzentren veranschlagt . Die Frauenhäuser und Frauenzentren erwirtschaften keine Einnahmen aus ihrer Beratungstätigkeit. Die Beratung ist auch in den Frauenhäusern und Frauenzentren kostenfrei anzubieten. 5 Anlage 1 zu Frage 1 Anzahl der Beratungen 2013 2014 2015 1. Halbjahr 2016 Wildwasser Dessau 1.358 1.468 1.537 881 Wildwasser Halle 1.757 1.693 1.722 818 Wildwasser Magdeburg 2.443 1.964 2.067 1.177 Miß-Mut Stendal 564 589 720 398 Gesamt: 6.122 5.714 6.046 3.274 zu Frage 2 Anzahl der Beratungen persönlich, telefonisch, per E-Mail und mobil persönlich telefonisch E-Mail mobil persönlich telefonisch E-Mail mobil persönlich telefonisch E-Mail mobil persönlich telefonisch E-Mail mobil Wildwasser Dessau 1.111 221 98 35 1.092 233 84 35 1.217 166 83 71 632 158 42 49 Wildwasser Halle 810 757 183 7 821 703 159 10 734 754 219 15 314 331 170 3 Wildwasser Magdeburg 1.643 728 72 - 1.416 501 47 - 1.494 538 35 - 905 256 16 - Miß-Mut Stendal 203 282 79 * 265 218 106 * 339 260 121 * 176 164 58 * Gesamt: 3.767 1.988 432 42 3.594 1.655 396 45 3.784 1.718 458 86 2.027 909 286 52 2013 2014 2015 1. Halbjahr 2016 * mobil/persönlich nicht getrennt erfasst 6 Anlage 2 zu Frage 3 Anzahl der Präventionsveranstaltungen/Schulungen 2013 2014 2015 1. Halbjahr 2016 WW Dessau 38 44 43 28 WW Halle 32 54 11* 2* WW Magdeburg 61 52 47 14 Miß-Mut Stendal 23 24 24 11 *weniger Prävention aufgrund von Personalwechsel und Einarbeitung neuer Mitarbeiterinnen Art der Präventionsveranstaltungen/Schulungen Die Präventionsveranstaltungen und Schulungen werden statistisch nur zahlenmäßig erfasst. Nachfolgende Angaben wurden auf Anfrage nur von den Beratungsstellen in Halle und Magdeburg übermittelt: Wildwasser Beratungsstelle Halle: Jährlich werden schwerpunktmäßig z. B. Präventionstage in Schulen und Kindertageseinrichtungen , Weiterbildungen für Fachkräfte, Projekte der Stadt Halle, Elternabende und Präventionsveranstaltungen durch Gruppenarbeit durchgeführt. Im Jahr 2014 wurde die Ausstellung „Echt Krass“ zum 20-jährigen Bestehen der Beratungsstelle zusätzlich angeboten. Wildwasser Beratungsstelle Magdeburg Jährlich werden z. B. Elternabende, Infoveranstaltungen zum Thema sexuelle Gewalt und Vorstellung des Beratungsangebotes, Tagesveranstaltungen für Träger Inhouse, modularisierte Fortbildungsreihen für Kinderschutzfachkräfte, Vorträge für Fachtagungen , WenDo-Kurse zur Selbstbehauptung für Mädchen und Frauen, Prävention u. a. Gruppenangebot Til Tiger/Grundschule/Sekundarschule, Diskussionen und Filmabende angeboten.