Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/545 10.11.2016 (Ausgegeben am 11.11.2016) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Eva von Angern (DIE LINKE) Dienstleistungen im Rahmen des PPP-Projektes der Justizvollzugsanstalt Burg Kleine Anfrage - KA 7/271 Vorbemerkung der Fragestellenden: Im Jahr 2009 hat die JVA Burg den Regelbetrieb aufgenommen. Die Verantwortung für den Strafvollzug verblieb beim Staat. Der private Betreiber erbringt bzw. erbrachte Dienstleistungen in einzelnen Fachbereichen, wie zum Beispiel Schreibdienst in der Verwaltung, Besucherkontrolle, Videoüberwachung von Besuchern und Gefangenen, sozialer Fachdienst, Instandhaltung, Wartung, Reinigung, Gesundheitsfürsorge, Verpflegung und Bildungsangebote. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Justiz und Gleichstellung 1. Welche einzelnen Leistungen wurden durch den privaten Betreiber seit 2009 auf der Grundlage welcher Dienstleistungsverträge erbracht und welche Leistungserbringungen existieren zum gegenwärtigen Zeitpunkt immer noch? Mit Betriebsbeginn im Jahr 2009 ist der private Partner im Rahmen eines Public- Private-Partnership (PPP) auf Grundlage der nachfolgenden Verträge mit den hierunter aufgeführten Leistungen des laufenden Betriebes der JVA Burg beauftragt worden : 1) PPP-Projektvertrag - Bauliches und Technisches Gebäudemanagement - Technische Betreuung sicherheitsrelevanter Systeme - Ver- und Entsorgung 2 2) Vertrag über Reinigung, Entsorgung und Ausstattung - Reinigung der Gebäude - Reinigung, Pflege und Instandhaltung der Außenanlagen - Abfallentsorgung - Reinigung der Anstaltswäsche - Ausstattung der Gefangenen mit Anstaltskleidung, Ausstattungsgegenständen und Körperpflegemitteln 3) Vertrag über Verwaltungshilfsdienste - Personal- und Allgemeine Verwaltung - Hilfsdienste der Vollzugsgeschäftsstelle - Schreibdienst - Poststelle / Telefonzentrale 4) Vertrag über EDV-Systembetreuung - Vorbereitung und Bereitstellung des EDV-Systems - Vermietung von EDV-Anlagen und -Geräten - Instandhaltung von EDV-Anlagen und -Geräten - Zeitlich befristete Überlassung von Standard-Software - IT-Dienstleistungen - Betreuung der Telekommunikationsanlagen (einschl. Gefangenentelefonie) 5) Vertrag über Verpflegungsleistungen - Verpflegungsleistung und Betrieb der Küche - Wareneinkauf für Gefangene - Betrieb der Cafeteria 6) Vertrag über Gesundheitsfürsorge - Organisation der Fachärztlichen und Zahnärztlichen Versorgung - Krankenpflegedienst - Medizinisch-Technische Assistenz / Medizinisch-Technische Radiologie- Assistenz - Überwachung von Hygiene - Psychologischer Dienst 7) Vertrag über Sozialfürsorge - Sozialer Dienst - Gefangenensport - Friseur - Bibliothek - Bereitstellung von Rundfunkgeräten - Freizeitgestaltung 3 8) Vertrag über Sicherheitshilfsdienste - Klopfdienst - Nachthilfsdienst - Außenpfortenhilfsdienst - Besuchshilfsdienst - Hilfsdienst Sicherheitszentrale - Kraftfahrhilfsdienst - Bewirtschaftung des Fuhrparks Zum gegenwärtigen Zeitpunkt werden durch den privaten Partner weiterhin Leistungen auf Grundlage des PPP-Projektvertrages, des Vertrages über Verwaltungshilfsdienste , des Vertrages über Gesundheitsfürsorge mit Ausnahme der Leistungen zur Organisation der Fachärztlichen und Zahnärztlichen Versorgung, des Vertrages über Sozialfürsorge mit Ausnahme der Leistungen zur Bereitstellung von Rundfunkgeräten und des Vertrages über Sicherheitshilfsdienste mit Ausnahme der Leistungen des Klopfdienstes erbracht. Darüber hinaus werden seitens des privaten Partners auf Grundlage des Vertrages über EDV-Systembetreuung gegenwärtig lediglich noch die Leistungen zur Betreuung der Telekommunikationsanlagen erbracht. 2. Welche PPP-Dienstleistungsverträge mit dem privaten Betreiber wurden seit 2009 seitens der Landesregierung gekündigt? Wann und aus welchen Gründen wurde gekündigt? Wer hat die Erbringung der Dienstleistungen übernommen ? Zum 30.04.2014 sind die Verträge über Reinigung, Entsorgung und Ausstattung sowie über Verpflegungsleistungen vollständig und der Vertrag über EDV-Systembetreuung - mit Ausnahme der Leistungen zur Betreuung der Telekommunikationsanlagen - teilweise gekündigt worden. Die Entscheidung zur Kündigung ist im Ergebnis einer durchgeführten Vertragsevaluierung unter Berücksichtigung sowohl monetärer als auch nicht monetärer Faktoren, getroffen worden. Die von der Kündigung betroffenen Dienstleistungsverträge haben sich unter wirtschaftlichen sowie vollzuglichen Gesichtspunkten nicht bewährt. Die jeweiligen Leistungsbereiche sind wieder in die eigenstaatliche Verantwortung zurückgeführt worden. Die Aufgaben im Zusammenhang mit der EDV-Systembetreuung in der JVA Burg sind in die Zuständigkeit der IT-Leitstelle für den Justizvollzug übergegangen. Die Gefangenenverpflegung, die Reinigung der Anstaltsgebäude sowie die Reinigung und Pflege der Außenanlagen wird durch einen verstärkten Einsatz von Gefangenen als Hausarbeiter unter Aufsicht der in der JVA Burg tätigen Justizvollzugsbediensteten sichergestellt. Für die Reinigung der sicherheitsrelevanten Bereiche in der JVA Burg, namentlich der Sicherheitszentrale, der Pforte und der Schlosswerkstatt, und den Wareneinkauf für Gefangene wird entsprechend der Verfahrensweise in den übrigen Justizvollzugsanstalten des Landes auf externe Dienstleistungsunternehmen zurückgegriffen. Der Betrieb der Cafeteria in der JVA Burg und die Reinigung der Anstaltswäsche erfolgt in der JVA Burg ebenfalls durch externe Dienstleister. 4 3. Welche PPP-Dienstleistungsverträge sollen künftig noch gekündigt werden und wann? Welche Kündigungsfristen sind dabei zu berücksichtigen? Während für den PPP-Projektvertrag eine Festlaufzeit bis zum 30.04.2034 vereinbart worden ist, sehen die Dienstleistungsverträge jeweils zum Ende des fünften Jahres ein Recht des Landes zur ordentlichen Kündigung vor. Nächstmöglicher Kündigungstermin für die Dienstleistungsverträge ist hiernach der 30.04.2019 mit einer Kündigungsfrist bis zum 29.04.2017. Nach Maßgabe der Landeshaushaltsordnung ist vor einer möglichen Kündigung von Dienstleistungsverträgen jedoch zunächst eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung durchzuführen. Eine entsprechende Wirtschaftlichkeitsuntersuchung im Vorfeld des nächstmöglichen Kündigungstermins der bestehenden Dienstleistungsverträge wird derzeit in der Zuständigkeit des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung durchgeführt. Zum jetzigen Zeitpunkt können daher noch keine Aussagen darüber getroffen werden, in welchem Umfang zum 30.04.2019 eine Kündigung der Dienstleistungsverträge zum PPP- Projekt JVA Burg erfolgen wird. 4. Welche vertraglichen Zahlungspflichten aus PPP-Verträgen im Rahmen des Betriebes der JVA Burg bestanden und bestehen in welcher Höhe? Mit Vertragsschluss zum PPP-Projekt JVA Burg sind die folgenden Vergütungsansprüche des privaten Partners für Leistungen im Rahmen des laufenden Betriebes der JVA Burg vereinbart worden (jeweils zzgl. USt.): PPP-Projektvertrag 595.142,68 Euro / Quartal Vertrag über Reinigung, Entsorgung und Ausstattung 354.590,75 Euro / Quartal Vertrag über Verwaltungshilfsdienste 63.064,00 Euro / Quartal Vertrag über EDV-Systembetreuung 83.415,25 Euro / Quartal Vertrag über Verpflegungsleistungen 306.940,25 Euro / Quartal Vertrag über Gesundheitsfürsorge 162.833,75 Euro / Quartal Vertrag über Sozialfürsorge 154.577,88 Euro / Quartal Vertrag über Sicherheitshilfsdienste 145.118,25 Euro / Quartal Bei den vorgenannten Vergütungsansprüchen des privaten Partners handelt es sich um die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vereinbarten Grundentgelte, welche Veränderungen auf Grundlage von Nachtragsvereinbarungen sowie variablen Vergütungsbestandteilen , etwa im Hinblick auf die Belegung der JVA Burg und die Qualität der Leistungserbringung, unterliegen. Für die therapeutische und sozialpädagogische Betreuung sowie freizeit- und sportkoordinatorische Betreuung der Sicherungsverwahrten und Gefangenen, für die Sicherungsverwahrung bereits angeordnet oder vorbehalten ist, erhält der private Partner zusätzlich eine Vergütung nach Stundenverrechnungssätzen i. H. v. 34,48 Euro bis zu 45,55 Euro (jeweils zzgl. USt.). Darüber hinaus erhält der private Partner eine Vergütung für die Versorgung der JVA Burg mit Strom, Wasser und Wärme-Energie, welche jeweils von den jährlich am Markt zu erzielenden Versorgungspreisen abhängig ist. 5 Schließlich unterliegen die o. g. Grundentgelte und Stundenverrechnungssätze gemäß der in den Verträgen vereinbarten Wertsicherungsklauseln einer Preisindexierung . Während der Vertragslaufzeit auftretende Preissteigerungen können hiernach zu einer Erhöhung der Vergütungsansprüche des privaten Partners führen. Die Auslegung und Anwendung dieser Wertsicherungsklauseln ist Gegenstand eines derzeit vor dem Oberlandesgericht Naumburg anhängigen Rechtsstreits. Vor dem Hintergrund der gegenwärtig noch ausstehenden gerichtlichen Klärung lassen sich diese Vergütungsansprüche des privaten Partners daher aktuell nicht beziffern. 5. Wie beurteilt die Landesregierung den Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young vom 28. Februar 2013 zur „Evaluierung der JVA Burg als PPP-Projekt in der Betriebsphase“? Welche Konsequenzen wurden seitens der Landesregierung gezogen? Der Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young vom 28.02.2013 war eine geeignete Grundlage für die im Vorfeld der erstmaligen Kündigungsmöglichkeit durchzuführende Vertragsevaluation. Im Ergebnis dessen sind die Verträge über Reinigung, Entsorgung und Ausstattung sowie über Verpflegungsleistungen vollständig und der Vertrag über EDV-Systembetreuung – mit Ausnahme der Leistungen zur Betreuung der Telekommunikationsanlagen – teilweise gekündigt worden. 6. Beabsichtigt die Landesregierung den unter Ziffer 5 bezeichneten Bericht öffentlich zu machen? Wenn nein, was spricht dagegen? Eine Veröffentlichung des Berichts der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young vom 28.02.2013 zur „Evaluierung der JVA Burg als PPP-Projekt in der Betriebsphase “ ist seitens der Landesregierung nicht beabsichtigt. Einer Veröffentlichung durch die Landesregierung stehen die an dem Bericht bestehenden Urheberrechte und die darin enthaltenen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des privaten Partners entgegen.