Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/655 25.11.2016 (Ausgegeben am 25.11.2016) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Jan Wenzel Schmidt (AfD) Nachfrage zu staatlichen Zuwendungen an Glaubensgemeinschaften Kleine Anfrage - KA 7/341 Vorbemerkung des Fragestellenden: Zu meiner Anfrage „Staatliche Zuwendungen an Glaubensgemeinschaften“ (Drs. 7/405) ergaben sich Nachfragen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Bildung Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche kirchlichen Vermögenswerte wurden 1803 durch den Reichsdeputationshauptschluss auf dem Gebiet des heutigen Bundeslandes Sachsen-Anhalt säkularisiert? Bitte getrennt nach Glaubensgemeinschaft auflisten. Der Landesregierung sind kirchliche Vermögenswerte, welche 1803 durch den Reichsdeputationshauptschluss auf dem Gebiet des heutigen Bundeslandes Sachsen -Anhalt säkularisiert worden sind, im Einzelnen nicht bekannt. Frage 2: Wurden seit der Wiedervereinigung bis vor den Abschluss der heute gültigen Staatsverträge mit den Glaubensgemeinschaften Staatsleistungen an diese ausbezahlt? Wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage und in welcher Höhe? Bitte jahrweise und nach Glaubensgemeinschaft getrennt angeben. Sowohl an die Evangelischen Landeskirchen als auch an die Katholische Kirche wurden vor Abschluss der heute gültigen Staatsverträge Staatsleistungen ausbezahlt. 2 Die seit der Wiedervereinigung bis zum Inkrafttreten der jeweiligen Staatsverträge ausbezahlten Staatsleistungen leiten sich nicht aus Einzelberechnungen her, sondern sind das Ergebnis von Verhandlungen zwischen den Kirchen und der Landesregierung (vgl. Regierungsbegründungen zu den Staatsverträgen mit den Evangelischen Kirchen, Artikel 13, und dem Heiligen Stuhl, Artikel 18). Die Staatsleistung für die Evangelischen Landeskirchen betrug 1991 18.500.000 DM und 1992 25.750.000 DM, Artikel 13 Abs. 2 des Evangelischen Kirchenvertrages Sachsen-Anhalt (EvKV). Für die Katholische Kirche betrug die Staatsleistung im Jahr 1991 4.200.000 DM und 1992 5.300.000 DM, Artikel 18 Abs. 3 des Vertrages mit dem Heiligen Stuhl (HeilSt-StV). Mit beiden Vertragspartnern bestand jeweils Einvernehmen, dass ab dem Jahr 1993 jeweils die Gleitklausel für die Anpassung der Staatsleistungen gelten und in jedem Haushaltsjahr wirksam werden soll (Schlussprotokoll zu Artikel 13 Abs. 3 EvKV und Schlussprotokoll zu Artikel 18 Abs. 3 (2) HeilSt-StV). Frage 3: Auf welcher Grundlage wurde die Höhe der in Artikel 13 des Staatsvertrages des Landes Sachsen-Anhalt mit den Evangelischen Landeskirchen vom 15. September 1993 genannten Summen bemessen? Ausweislich der Regierungsbegründung trifft der Artikel 13 eine Pauschalregelung für die Staatsleistungen, die insbesondere als Folge der Verstaatlichungen des kirchlichen Grundbesitzes auf der Grundlage des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 eingeführt wurden und zu den hergebrachten staatlichen Verpflichtungen zählen . Bei der Bemessung der Pauschalleistungen wurde auch die Ablösung der Bauunterhaltungspflichten aus staatlichen Patronaten (Artikel 11 Abs. 1) berücksichtigt. Frage 4: Ist die in Artikel 13 des Staatsvertrages des Landes Sachsen-Anhalt mit den Evangelischen Landeskirchen vom 15. September 1993 geforderte Vereinbarung zur Aufteilung der Staatsleistungen der Landesregierung bekannt? Bitte den Verteilungsschlüssel an die einzelnen Gliedkirchen jahrweise seit 2010 angeben . Die Vereinbarung der Evangelischen Landeskirchen zur Aufteilung der Staatsleistungen untereinander ist gemäß Artikel 13 Abs. 4 EvKV der Landesregierung mit Schreiben vom 30. September 1993 angezeigt worden. Danach erhalten die Evangelische Landeskirche Anhalts 11,27 %, die Evangelisch- Lutherische Landeskirche in Braunschweig 1,7 % und die Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen (später die Evangelische Kirche Mitteldeutschlands) 87,03 % der Staatsleistungen. Die übrigen am Vertrag beteiligten Landeskirchen haben keine Ansprüche geltend gemacht. 3 Frage 5: Auf welcher Grundlage wurde die Höhe der in Artikel 18 des Staatsvertrages des Landes Sachsen-Anhalt mit dem Heiligen Stuhl vom 15. Januar 1998 genannten Summen bemessen? Ausweislich der Regierungsbegründung zu Artikel 18 stellt die - auf dem Verhandlungsweg - getroffene Regelung für den festgelegten Gesamtbetrag eine eigenständige Schuldgrundlage dar. Hierdurch entfallen grundsätzlich die auf einzelnen Rechtstiteln beruhenden Ansprüche der Kirche gegenüber dem Land Sachsen-Anhalt , soweit sie ihre Grundlage in der Staatsleistungsgarantie des Grundgesetzes (Artikel 140 GG i. V. m. Artikel 138 Abs. 1 Weimarer Reichsverfassung) sowie der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt (Artikel 32 Abs. 5 Landesverfassung i. V. m. Artikel 138 Abs. 1 Weimarer Reichsverfassung) haben. Frage 6: Auf welcher Grundlage wurde die Höhe der in Artikel 13 des Staatsvertrages des Landes Sachsen-Anhalt mit der Jüdischen Gemeinschaft in Sachsen-Anhalt vom 20. März 2006 genannten Summen bemessen? Der Landeszuschuss an die Jüdische Gemeinschaft dient vor dem Hintergrund und in Verantwortung vor der deutschen Geschichte dem Wiederaufbau jüdischen Gemeindelebens in Sachsen-Anhalt. Die Regierungsbegründung zu Artikel 13 stellt zu Abs. 1 S. 1 klar, dass die in Abs. 2 ausgebrachten Summen einen Gesamtzuschuss darstellen, also keine Hochrechnung einzelner Posten sind, sondern eine unter Berücksichtigung des geschätzten Bedarfs der Jüdischen Gemeinden in Sachsen-Anhalt und der Zahlungsfähigkeit des Landes ausgehandelte Pauschalsumme. Frage 7: Wieso erfolgt eine automatische Anpassung der Staatsleistungen? Wieso wurde die Anpassung an die Entwicklung der Beamtenbesoldung gekoppelt? Wie bewertet die Landesregierung die daraus resultierende Kostenspirale und wie gedenkt sie den Einfluss auf den Haushalt einzudämmen? Ausweislich der Regierungsbegründungen zu den einschlägigen Artikeln der genannten Verträge trägt die - auch in den anderen Bundesländern übliche - Gleitklausel dem Umstand Rechnung, dass sich die staatlichen Dotationen überwiegend auf Personalausgaben beziehen. Die Kopplung der Anpassung an die Entwicklung der Beamtenbesoldung war Ergebnis der jeweiligen Verhandlungen. Das Land hält die gesetzlichen Verpflichtungen aus den geschlossenen Verträgen ein. 4 Frage 8: Erfolgen die Auszahlungen der Staatsleistungen an die Glaubensgemeinschaften zweckgebunden und wird ein Nachweis der Glaubensgemeinschaften über deren Verwendung geführt? Die Auszahlung der Staatsleistungen an die Evangelischen Landeskirchen und die Katholische Kirche erfolgt nicht zweckgebunden. Ein Nachweis über deren Verwendung gegenüber dem Land erfolgt nicht. Abgesehen davon dient der Landeszuschuss an die Jüdische Gemeinschaft dem Aufbau jüdischen Gemeindelebens in Sachsen-Anhalt. Der Landesverband und die Einzelgemeinden legen jährlich eine Prüfung der Mittelverwendung vor; vgl. Schlussprotokoll zu Artikel 13 Abs. 2 (3).