Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/670 28.11.2016 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 29.11.2016) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Daniel Sturm (CDU) Verdrängung des Friseurhandwerks durch Barbiergeschäfte in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 7/326 Vorbemerkung des Fragestellenden: Wer in Deutschland einen Friseursalon betreiben will, benötigt eine Zulassung der Handwerkskammer. Diese bekommt man nur als Meister oder Altgeselle oder wenn man diese als handwerkliche Betriebsleiter einstellt. Das gleiche gilt für einen mobilen Friseur, der auf Terminvereinbarung kommt. Inzwischen gibt es eine spürbare Zunahme von sog. Barbierläden, Fönbars oder Friseuren im Reisegewerbe. Diese benötigen keine Zulassung der Handwerkskammer und verdrängen durch Dumpingpreise zunehmend das klassische und ausbildungswillige Friseurgeschäft. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung Vorbemerkung: Bei der Gewerbeausübung ist nach der Gewerbeordnung (GewO) zwischen folgenden Arten der Gewerbeausübung zu unterscheiden: a) stehendes Gewerbe (Vorhandensein einer Betriebsstätte), § 14 ff. GewO, b) Reisegewerbe (ohne vorherige Bestellung und ohne Betriebsstätte), § 55 ff. Gew O und c) Marktgewerbe, § 64 ff. GewO. 2 Handwerksbetriebe, die in der Variante a), d. h. im Rahmen eines stehenden Gewerbes betrieben werden, sind eintragungspflichtig bei den örtlich zuständigen Handwerkskammern . Handelt es sich bei einer konkreten handwerklichen Tätigkeit um eine wesentliche Teiltätigkeit eines zulassungspflichtigen Handwerks, d. h. eine Tätigkeit die als wesentlich für eines in der Handwerksordnung (HwO) aufgeführten Handwerks anzusehen ist und die nicht entweder in weniger als drei Monaten erlernt werden kann oder für das Gesamtbild eines Handwerks als nebensächlich anzusehen ist (§ 1 HwO), so besteht die Pflicht zur Eintragung in die Handwerksrolle. Arbeitsvorgänge, die aus Sicht eines in einem zulassungspflichtigen Handwerk arbeitenden Betriebes als untergeordnet erscheinen, also lediglich einen Randbereich des betreffenden Handwerks erfassen (unwesentliche Tätigkeiten), rechtfertigen die Annahme eines zulassungspflichtigen handwerklichen Betriebs nicht. Dies trifft namentlich auf Arbeitsvorgänge zu, die wegen ihres geringen Schwierigkeitsgrades keine qualifizierten Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzen. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 27. September 2000 entschieden , dass grundsätzlich jedes handwerkliche Gewerbe auch im Reisegewerbe ausgeübt werden kann. Hierauf ist dann die HwO nicht anwendbar, weil sie nur für stehende Gewerbe gilt. Damit dürfen im Reisegewerbe zulassungspflichtige handwerkliche Tätigkeiten ausgeübt werden, ohne dass der Meistervorbehalt gilt. Eine Eintragungspflicht bei den Handwerkskammern besteht nicht. Ausschlaggebendes Kriterium zur Unterscheidung vom stehenden Gewerbe und damit der Anwendung der HwO ist allein, dass im Reisegewerbe der Gewerbetreibende seine Aufträge durch das Aufsuchen des Kunden direkt erhält. Er muss also die Initiative zur Erbringung seiner Leistung gegenüber dem Kunden ergreifen. Der Unternehmer kommt also (unangemeldet) zum möglichen Kunden. Daher ist z. B. die Verwendung von Werbeflyern mit entsprechenden Kontaktdaten nicht zulässig. Die Handwerkskammern Magdeburg und Halle teilten mit, dass sie zu Reisegewerbetreibenden keine Informationen über die Gewerbeämter erhalten. Den Handwerkskammern ist jedoch bekannt, dass von den Gewerbeämtern auch Reisegewerbekarten für „mobile Friseure“ ausgestellt werden, bei denen anzunehmen ist, das diese ihre Dienstleistungen im Rahmen eines -eintragungspflichtigen-, stehenden Gewerbes betreiben, da die Kundenkontakte immer mit vorheriger Bestellung zustande kommen. Der Beruf des Barbiers (deutscher Berufsbegriff ist Bartscherer oder Trockenscherer) ist rund 500 Jahre alt und geht auf den Bader zurück. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde durch die Erfindung von Rasierapparaten die Rasur beim Barbier oder Herrenfriseur zur Ausnahme. Barbiere und Bader gab es in Deutschland bis etwa 1930 als staatlich geprüfte Bader. (Quelle: Wikipedia) Ein Barbier verfügt über keine Ausbildung, die einer deutschen Berufsausbildung gleichzusetzen ist. Friseurinnen und Friseure erlernen in ihrer Ausbildung das Rasieren als Teil ihres Berufsbildes (§ 4 Abs. 2.2., f. der Ausbildungsordnung Friseur/Friseurin von 2008). 3 Barbiere üben kein Handwerk im Sinne der HwO aus (siehe Anlage A bzw. Anlage B HwO). Das reine Rasieren und Föhnen von Haar stellen keine wesentlichen Teiltätigkeiten des zulassungspflichtigen Friseur-Handwerks dar. Eine Eintragungspflicht bei der örtlich zuständigen Handwerkskammer besteht für diese Leistungen, soweit darüber hinaus keine weiteren Friseurleistungen (Pflege des Bart- und des Kopfhaares und Gestaltung des Bartes oder der Frisur) erbracht werden, nicht. Soweit ein Barbier jedoch Leistungen anbietet, die über die klassische Rasur sowie orientalische Methoden der Haarentfernung am Ohr oder an den Brauen etc. hinausgehen, übt er ein Handwerk aus und benötigt eine Eintragung in die Handwerksrolle. Aus Sicht beider Handwerkskammern erscheint eine allein auf das Rasieren und/oder das Föhnen von Haar abstellende, gewerbliche Betätigung als nicht wirtschaftlich tragfähig. In die Beantwortung der Kleinen Anfrage gingen die Stellungnahmen des Landesverwaltungsamtes (mit den Zuarbeiten der Kommunen) sowie der Handwerkskammern Magdeburg und Halle (Saale) ein. Frage 1: Wie viele Barbiergeschäfte sind in den letzten fünf Jahren in Sachsen-Anhalt zugelassen worden? Bitte nach Jahresscheiben auflisten. Antwort zu Frage 1: In den letzten fünf Jahren erfolgte die Zulassung von Barbiergeschäften in folgender Anzahl: 2012 3 2013 4 2014 6 2015 11 2016 10 Hierbei entfällt der überwiegende Anteil auf die Stadt Halle. Bei der Anzahl der aufgeführten Zulassungen konnte der Landkreis Stendal nicht berücksichtigt werden, da diesem in der vorgegebenen Frist eine Zuarbeit nicht möglich war. Frage 2: Barbiergeschäfte und Fönbars dürfen nur ein sehr beschränktes Angebotsportfolio vorhalten. Gibt es Erkenntnisse über Verstöße durch eine ungerechtfertigte Angebotsausweitung? Antwort zu Frage 2: Erkenntnisse über Verstöße durch ungerechtfertigte Angebotserweiterungen sind nur in Einzelfällen aus dem Burgenlandkreis und der Stadt Halle bekannt. Kontrollen der Gewerbeämter haben ergeben, dass in einigen Fällen Werbung für „Haarschnitt“ erfolgt und dieser dann auch ausgeführt wird. Hier erfolgt dann die Prüfung wegen des Verdachts der unzulässigen Handwerksausübung. 4 Weiterhin erfolgen auch Anzeigen der Handwerksammern bei den Ordnungsämtern der Landkreise und kreisfreien Städte wegen des Verdachtes unzulässiger Handwerksausübung durch mobile Friseure, die dann durch die Schwarzarbeitsbekämpfungsbehörden geprüft werden. So zeigt z. B. die Handwerkskammer Magdeburg zwischen einem und drei Fällen pro Jahr an. Frage 3: Wie hoch ist die durchschnittliche sozialversicherungspflichtige Beschäftigtenzahl in Barbiergeschäften? Antwort zu Frage 3: Die Frage kann nicht beantwortet werden, da die Gewerbeämter der Kommunen dazu keine Angaben machen konnten. Die Anzahl der durchschnittlich sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten wird dort statistisch nicht erfasst. Frage 4: Wie viele Barbiergeschäfte haben in den letzten fünf Jahren eröffnet, deren Geschäftsführer die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen? Bitte nach Jahresscheiben auflisten. Antwort zu Frage 4: Die Anzahl der Geschäftsführer mit deutscher Staatsbürgerschaft, welche die unter der Nr. 1 genannten Barbiergeschäften eröffnet haben, beträgt: 2012 0 2013 3 2014 2 2015 5 2016 6 Frage 5: Welche Voraussetzungen muss ein ausländischer Bürger mitbringen, um ein Barbiergeschäft zu eröffnen? Antwort zu Frage 5: Nur Deutsche und Staatsbürger aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie aus Norwegen, Island, Liechtenstein und der Schweiz haben in Deutschland einen grundgesetzlich garantierten freien Zugang zur beruflichen Selbständigkeit. Die Gewerbefreiheit nach der Gewerbeordnung gilt dagegen für jedermann in den Grenzen der übrigen Gesetze. Für Ausländer regeln das Ausländerrecht, vor allem das Aufenthaltsgesetz , einige Ausnahmen und bestimmte Erfordernisse. 1. Unionsbürger Unionsbürger haben, basierend auf der europäischen Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit , weitestgehende Möglichkeiten in Deutschland selbständig einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. In einigen wenigen Bereichen gibt es jedoch noch Einschränkungen . 5 Niederlassungsfreiheit: Die Niederlassungsfreiheit umfasst das Recht zur Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie zur Gründung und Leitung von Unternehmen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedstaates im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union. Zu beachten sind jedoch berufs- und gewerberechtliche Regulierungen, die auch für Deutsche gelten. Außerdem bedarf es für eine Niederlassung in diesem Sinne einer auf Dauer angelegten, festen Einrichtung, wie einer Produktionsstätte, Lager- oder Büroräume. Eine bloße Registrierung oder Anmeldung genügt dagegen nicht. Staatsbürger aus allen EU-Mitgliedstaaten sowie aus Island, Norwegen und Liechtenstein genießen volle Niederlassungsfreiheit in Deutschland ohne Einschränkungen . Durch die Niederlassungsfreiheit lassen sich jedoch Beschränkungen in anderen Bereichen nicht umgehen. Dienstleistungsfreiheit: Die Dienstleistungsfreiheit ermöglicht es Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten vorübergehend Dienstleistungen im Bundesgebiet unter denselben Voraussetzungen wie Deutsche zu erbringen. Dabei behält das Dienstleistungsunternehmen seinen Unternehmenssitz in seinem EU-Herkunftsland oder unterhält dort eine Niederlassung . Umfasst sind neben der Erbringung dienstvertraglicher Leistungen auch Werkverträge im Sinne des deutschen Rechts. Die am Ende des Dokuments beschriebenen Mindeststandards gelten jedoch für alle Ausländer. Staatsbürger der EU-Mitgliedstaaten sowie Staatsbürger der Länder Island und Norwegen unterliegen keinen Einschränkungen. Sie genießen in Deutschland volle Dienstleistungsfreiheit. Wenn die Leistung, die in Deutschland erbracht werden soll, einem deutschen Handwerk entspricht, bedarf es möglicherweise einer Bescheinigung der Handwerkskammer. 2. Ausländer aus Drittstaaten außerhalb der EU Die Gewerbeordnung gestattet in § 1 jedermann den Betrieb eines Gewerbes in Deutschland. Ob es dazu einer ausländerrechtlichen Erlaubnis bedarf, bestimmt sich nach der Art der unternehmerischen Aktivität in Deutschland. Einzelunternehmer oder Gesellschafter einer Personengesellschaft benötigen zumindest eine befristete Aufenthaltserlaubnis. Diese kann bereits bei der ersten Einreise anstelle eines Visums beantragt werden, wenn von vornherein ein längerer Aufenthalt geplant ist. Wer als Ausländer in Deutschland selbständig tätig sein möchte, benötigt eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit nach § 21 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Selbständig tätig in diesem Sinne sind in der Regel: Einzelunternehmer, die gewerblich oder freiberuflich tätig sind, der Komplementär einer Kommanditgesellschaft, Vertreter und Geschäftsführer von Personen- und Kapitalgesellschaften, sofern sie auch kapitalmäßig an der Gesellschaft beteiligt sind, bei einer GmbH zudem die Mehrheitsgesellschafter. 6 Eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit kann nach § 21 Abs. 1 AufenthG erteilt werden, wenn - ein wirtschaftliches Interesse oder ein regionales Bedürfnis besteht, - die Tätigkeit positive Auswirkungen auf die Wirtschaft erwarten lässt und - die Finanzierung der Umsetzung durch Eigenkapital oder durch eine Kreditzusage gesichert ist. Diese Voraussetzungen müssen alle vorliegen. Kriterien zur Beurteilung ergeben sich vor allem aus § 21 Abs. 1 Satz 2 AufenthG. Durch das Gesetz zur Umsetzung der Hochqualifizierten-Richtlinie, das am 1. August 2012 in Kraft getreten ist, sind die Anforderungen an die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 21 Abs. 1 Aufenth G insgesamt abgesenkt worden. Die Mindestinvestitionssumme in Höhe von 250.000 Euro und die Schaffung von mindestens fünf Arbeitsplätzen entfällt ebenso wie das zuvor noch erforderliche „übergeordnete“ bzw. das „besondere“ regionale Bedürfnis. Zudem wurde ein neuer Abs. 2a AufenthG eingefügt. Dieser eröffnet u. a. Absolventen deutscher Hochschulen die Möglichkeit, eine selbständige Tätigkeit im Zusammenhang mit den im Studium erworbenen Kenntnissen aufzunehmen. Auf die vorgenannten Voraussetzungen nach Absatz 1 kommt es dagegen nicht an. Die IHK`n werden regelmäßig im Antragsverfahren durch die zuständigen Ausländerbehörden beteiligt und geben zum Vorliegen dieser Voraussetzungen gutachtliche Stellungnahmen gegenüber den Ausländerbehörden ab. Die abschließende Entscheidung liegt dann bei der Behörde. Ausländern, die älter als 45 Jahre sind, kann eine entsprechende Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, wenn sie über eine angemessene Altersversorgung verfügen. Für Ausländer, die bereits in Deutschland leben und hierzu schon einen anderen Aufenthaltstitel haben, gelten etwas erleichterte Voraussetzungen für die Erlaubnis einer selbständigen Tätigkeit. Grundlage hierfür ist die gesetzliche Regelung in § 21 Abs. 6 AufenthG. Demnach kann Ausländern, denen eine Aufenthaltserlaubnis zu einem anderen Zweck als der selbständigen Tätigkeit erteilt worden ist, die selbständige Tätigkeit abweichend von den strengeren Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 ff AufenthG (vgl. oben) erlaubt werden. Grundvoraussetzung ist, dass bereits ein Aufenthaltstitel , beispielsweise zum Studium oder zu Erwerbszwecken, besteht. Eine bloße Duldung genügt nicht. Die Entscheidung über die Erlaubnis einer selbständigen Tätigkeit trifft (nach Anhörung der IHK) ebenfalls die zuständige Ausländerbehörde . Kriterien, die hierbei eine Rolle spielen, sind: Erfüllung der Passpflichten und Fehlen eines Ausweisegrundes, ausreichende Sprachkenntnisse, Nachweis der unternehmerischen Fähigkeiten, beispielsweise durch frühere Tätigkeiten , angestrebte Tätigkeit kann den Lebensunterhalt decken, Wohnsitzauflagen müssen nicht geändert werden und die fachkundigen Körperschaften (IHKs bzw. Handwerkskammern) haben keine gravierenden Bedenken, beispielsweise wegen der Wirtschaftlichkeitsprognose geäußert. 7 Inhaber einer Niederlassungserlaubnis sind unabhängig von § 21 AufenthG zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit berechtigt. Sie benötigen keine gesonderte Erlaubnis . Die Aufenthaltserlaubnis kann nach fünf Jahren, bei selbständigen Unternehmern sogar schon nach drei Jahren, in eine unbefristete Niederlassungserlaubnis umgewandelt werden. Hierzu müssen Ausländer ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können und über Sprachkenntnisse verfügen. Da Barbiere kein Handwerk im Sinne der HwO ausüben, bedarf es bei der Eröffnung eines Barbiergeschäftes keiner speziellen Qualifikation, sofern keine wesentlichen Tätigkeiten des Friseurhandwerkes ausgeübt werden. Frage 6: Gibt es Erkenntnisse über eine Verdrängung von Friseurgeschäften in Sachsen -Anhalt? Antwort zu Frage 6: Die Zahl der Handwerksunternehmen im Friseurhandwerk ist weitgehend stabil (siehe Tabelle). Jahr Handwerkskammer Magdeburg Handwerkskammer Halle (Saale) 2011 970 1.031 2012 963 1.028 2013 966 1.020 2014 955 1.021 2015 964 1.017 Rückläufig ist dagegen die Zahl der Auszubildenden. Hier liegt die Ursache jedoch eher in der demografischen Entwicklung und dem Drang zum Abitur und zum Studium , als am Aufkommen der Barbiere (siehe Tabelle). Jahr Handwerkskammer Magdeburg Handwerkskammer Halle (Saale) 2011 376 316 2012 286 312 2013 244 282 2014 254 256 2015 232 227 30.09.2016 244 210 Für eine Verdrängung von Friseurgeschäften in Sachsen-Anhalt gibt es seitens der Landkreise und kreisfreien Städte keine Hinweise. Es findet aber im Moment ein Wandel in den Unternehmenstrukturen statt (auch im Friseurhandwerk), welcher zu immer mehr kleinen und immer mehr sehr großen Betrieben (Filialisten) führt. 8 Frage 7: Wie und durch wen erfolgt die Kontrolle von Barbiergeschäften, Fönbars und von Friseuren im Reisegewerbe? Antwort zu Frage 7: Kontrollen erfolgen je nach Zuständigkeit durch die Gewerbebehörden, Hauptzollämter und das Landesamt für Verbraucherschutz. Frage 8: Wie werden Mindestlohn, Gefahrgutvorschriften sowie die Vorgaben der Berufsgenossenschaften bei Barbiergeschäften, Fönbars und Friseuren im Reisegewerbe überprüft? Antwort zu Frage 8: Friseure im Reisegewerbe dürften aufgrund ihrer Eigenart (soloselbständige Einzelunternehmer /in ohne gewerbliche Arbeitnehmer/innen) zu Fragen des Mindestlohnes , der Gefahrgutvorschriften sowie der Vorgaben von Berufsgenossenschaften nicht geprüft werden, da diese Themenstellungen Anstellungsverhältnisse voraussetzen . Zu Fragen des Lohndumpings, der Schwarzarbeit und der illegalen Beschäftigung bei Barbieren und Föhnbars (betrifft ebenso jedes eingetragene Handwerksunternehmen ) ist die Zollverwaltung durch den Gesetzgeber beauftragt worden, entsprechende Verstöße zu prüfen und zu ahnden. So prüft das entsprechend zuständige Hauptzollamt Verstöße gegen den Mindestlohn. Betriebsprüfungen werden vom Arbeitsbereich Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Hauptzollämter durchgeführt. Unterstützt werden die Prüfer insbesondere durch die Agenturen für Arbeit, die Rentenversicherungsträger , die Arbeitsschutzbehörden und die Finanzbehörden. Das Hauptzollamt prüft u. a. auch ob die Arbeitsbedingungen nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz , dem Mindestlohngesetz und dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz eingehalten wurden. Dazu zählen z. B. die Mindestlöhne, der Mindesturlaub und die Zahlung von Sozialkassenbeiträgen. Das Hauptzollamt kontrolliert weiterhin, ob die bei einer Prüfung angetroffenen Personen zu Unrecht Sozialleistungen erhalten und oder erhalten haben. Vielfach handelt es sich dabei um Arbeitslosengeld oder Arbeitslosengeld II. Genauso wird geprüft, ob Anhaltspunkte für die Verletzung von steuerlichen Pflichten vorliegen. Ebenso gehört die Prüfung der Entgeltansprüche zum Prüfauftrag der Rentenversicherungsträger , da die entstehenden Beitragsansprüche der Sozialversicherung neben den Ansprüchen aus gezahlten Entgelten, auch aus Arbeitsentgelten, die vom Arbeitgeber aufgrund von Arbeits- und Tarifverträgen oder gesetzlicher Regelungen geschuldet werden. Die Prüfung der Rentenversicherungsträger erstreckt sich somit auch auf die Einhaltung der Mindestlohnvorschriften. Werden im Rahmen von Betriebsprüfungen Verstöße festgestellt, müssen die Behörden der Zollverwaltung unterrichtet werden. Als Zusammenarbeitsbehörde sind die Rentenversicherungsträger verpflichtet, die Feststellungen der Behörden der Zollverwaltung im Sinne des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes sozialversicherungsrechtlich auszuwerten. 9 Die zuständige Berufsgenossenschaft für das Friseurhandwerk und die gesamte Kosmetikbranche ist die Berufsgenossenschaft für Gesundheits- und Wohlfahrtspflege . Die Berufsgenossenschaften als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung haben die Aufgabe, Arbeits- und Wegeunfälle, Berufskrankheiten sowie arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten. Über Art und Weise der Kontrollen der zuständigen Berufsgenossenschaft liegen keine Erkenntnisse vor. Die Kontrolle der Einhaltung von Gefahrgutvorschriften sowie allen Bereichen des Arbeits - und Gesundheitsschutzes obliegt dem Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt. Über Art und Weise der durchgeführten Kontrollen liegen keine Erkenntnisse vor. Frage 9: Wie ist die Haftungsfrage für Barbier Frage 10: geschäfte, Fönbars und Friseure im Reisegewerbe geregelt? Antwort zu Fragen 9 und 10: Barbiergeschäfte, Föhnbars und Friseure im Reisegewerbe haften entsprechend der gesetzlichen Rahmenbedingungen gleichermaßen wie bei der Handwerkskammer eingetragene Friseurgeschäfte. Eine gesetzliche Pflicht zum Abschluss einer Betriebs-Haftpflicht-Versicherung besteht bei den o. g. Unternehmen nicht. Dies betrifft ebenso den gesetzlichen Unfallschutz - die Berufsgenossenschaft. Frage 11: Wie haben sich die Betriebsgrößen und das Ausbildungsverhalten des Friseurhandwerks in den zurückliegenden fünf Jahren in Sachsen-Anhalt entwickelt ? Antwort zu Frage 11: Zur Größe der Betriebe kann keine verbindliche Aussage getroffen werden. So ist nach Aussage beider Handwerkskammern ein Anstieg sowohl bei sehr kleinen, als auch bei sehr großen Unternehmen zu verzeichnen. Die Gesamtzahl der Unternehmen im Bereich der Handwerkskammer Halle (Saale) ist dabei seit 2011 nahezu konstant geblieben. Jedoch ist die Zahl der Ausbildungsverhältnisse rückläufig (im Handwerkskammerbezirk Halle um ein Drittel). Dies könnte nach Ansicht der Handwerkskammer Magdeburg auf demographische Gründe zurückzuführen sein. Es wird auf die Beantwortung der Frage 6 verwiesen.