Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/710 08.12.2016 *Die Namen sind der Landesregierung bekannt. (Ausgegeben am 12.12.2016) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Daniel Roi (AfD) Stand der Ermittlungen zur mutmaßlichen Wahlfälschung bei den Europawahlen 2014 in Halle Kleine Anfrage - KA 7/358 Vorbemerkung des Fragestellenden: Bei den Europawahlen 2014 in Halle/Saale kam es zu Unregelmäßigkeiten im Wahllokal 571-03 und im Rathaus der Stadt Halle. Die Linkspartei wurde dabei begünstigt und die AfD benachteiligt. Die Wahlprotokolle mussten die Wahlhelfer bereits in der Zeit von 16:00 bis 17:00 Uhr, also weit vor Beginn der Auszählung der Stimmzettel, unterschreiben. Ferner erfolgte die Auszählung der Stimmzettel nicht nach dem Vier- Augen-Prinzip. Das Ergebnis der Nachzählung war wie folgt: - 101 Stimmen gingen mehr ein, als überhaupt Wahlberechtigte im betroffenen Wahllokal erschienen waren (es gab 372 und nicht 473 abgebende Stimmen), - für DIE LINKE stimmten tatsächlich 125 Wähler und keine 221 Wähler, wie ursprünglich angegeben, - die Stimmabgabe für die AfD fiel komplett unter den Tisch, obwohl tatsächlich 42 Stimmen für die AfD abgegeben wurden. Trotz der Unstimmigkeiten hielt es die Stadt Halle wochenlang nicht für nötig, die Staatsanwaltschaft einzuschalten. Ein Wahlhelfer erstattete Anzeige wegen Wahlfälschung gegen den Wahlvorsteher, Herrn D.* (SPD), den Stadtwahlleiter Egbert Geier (SPD) und seine Stellvertreterin, Frau L.* Nach Auffassung des Wahlhelfers verzögerte die Stadt die Aufklärung des Falls und die Herausgabe weiterer aufklärender Unterlagen. Darüber hinaus wurde der Gemeindewahlausschuss vom Wahlleiter Geier falsch informiert, so dass die Verfehlungen von den Ausschussmitgliedern nicht diskutiert werden konnten. 2 Das Ermittlungsverfahren gegen den Leiter des Wahllokals wurde eingestellt, da der erforderliche Vorsatz der Fälschung nicht nachzuweisen sei, so eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft in der Mitteldeutschen Zeitung (online) vom 1. Dezember 2014. Laut Focus (online) vom 25. Oktober 2014 wurden seitens der Staatsanwaltschaft auch Ermittlungsverfahren wegen Wahlfälschung gegen den Stadtwahlleiter Egbert Geier (SPD) und seine Stellvertreterin, Frau L., eingeleitet. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport 1. Wie viele Anzeigen wurden in der oben genannten Causa eingebracht? Es liegen zwei Strafanzeigen vor. 2. Wie viele Ermittlungsverfahren und bei welcher Staatsanwaltschaft wurden diese eingeleitet? Aufgrund dieser zwei unabhängig voneinander eingegangenen Anzeigen wurden bei der Staatsanwaltschaft Halle ein Ermittlungsverfahren gegen den Wahlvorstand im Wahllokal 571-03 KGS Alexander von Humboldt in der Lilienstraße in Halle-Neustadt wegen Wahlfälschung (425 Js 18995/14) sowie ein Ermittlungsverfahren gegen den Wahlleiter der Stadt Halle (Saale) und seine Stellvertreterin, ebenfalls wegen Wahlfälschung (425 Js 34778/14), eingeleitet. 3. Falls keine Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden, warum nicht? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 4. Welcher Tatverdacht lag den Ermittlungsverfahren zugrunde? Der Tatverdacht ergab sich aus den Angaben des Anzeigenden und dem Ergebnis der erneuten Auszählung der Stimmen des Wahllokals. 5. Welche Personen waren Gegenstand der Ermittlungsverfahren? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 6. Wie ist der aktuelle Stand der Ermittlungsverfahren? Beide Ermittlungsverfahren wurden nach § 170 Absatz 2 Strafprozessordnung eingestellt. Dem beschuldigten Wahlvorstand des Wahllokals war ein auf Täuschung gerichtetes Verhalten durch Missachtung der Vorschriften über die Stimmauszählung zur Herbeiführung eines falschen Wahlergebnisses mit zumindest bedingtem Vorsatz nicht mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit nachzuweisen ; zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Verfälschung des Wahlergebnisses durch den Wahlleiter der Stadt Halle (Saale) und seine Stellvertreterin haben sich nicht ergeben. 3 Aufgrund neuen Vorbringens des Anzeigenden wurden die Ermittlungen gegen den Wahlvorstand des Wahllokals wieder aufgenommen. Es sollen erneut Zeugen vernommen werden. 7. Bei Einstellung der Ermittlungsverfahren, aus welchen Gründen und aufgrund welcher Rechtsgrundlage wurden diese eingestellt? Es wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. 8. Hat der Wahlvorsteher, Herr D., an Schulungen für Wahlleiter der Stadt Halle teilgenommen? Falls nein, warum nicht? Die Landesregierung hat im Rahmen der Durchführung der Europawahl nach den Bestimmungen des Europawahlgesetzes und der Europawahlordnung keine Zuständigkeiten. Die Beantwortung der Fragen 8 bis 10 erfolgt daher im Einvernehmen mit der Landeswahlleiterin des Landes Sachsen-Anhalt. Dem Wahlvorsteher, Herrn D., sind die Termine für die Wahlhelferschulungen anlässlich der Europawahl und der Kommunalwahlen 2014 mitgeteilt worden. Herr D. hat an keiner Wahlhelferschulung teilgenommen. Die Gründe dafür sind nicht bekannt. Die Schulungsunterlagen sind ihm durch die Stadt Halle (Saale) per Post zugesandt worden. Der Wahlvorsteher war zuvor bereits zur Bundestagswahl 2013 sowie zur Oberbürgermeisterwahl und zur Stichwahl 2012 als Wahlvorsteher eingesetzt gewesen . 9. Welche Konsequenzen wurden aus der Wahlaffäre gezogen? Systematische Mängel bei der Vorbereitung und Durchführung der Europawahl am 25. Mai 2014 in Sachsen-Anhalt waren landesweit nicht festzustellen. Bezüglich der in der Vorbemerkung erwähnten Vorkommnisse in der Stadt Halle (Saale ) ist zunächst festzuhalten, dass diese wahlrechtlich geprüft wurden, so dass eine ordnungsgemäße Ergebnisfeststellung erfolgte. In der Stadt Halle (Saale) sind bei der Plausibilitätsprüfung seitens des Stadtwahlleiters und des Stadtwahlausschusses Unregelmäßigkeiten in der Ergebnisermittlung festgestellt worden, die der Stadtwahlausschuss in seiner Sitzung am 30. Mai 2014 korrigiert hat. Korrekturmöglichkeiten sind durch die rechtlichen Regelungen zur Europawahl vorgesehen. Nach Auswertung der Wahlen 2014 wurden die Wahlhelferschulungen der Stadt Halle (Saale) durch praktische Übungen ergänzt und unter besonderem Augenmerk auf die Ermittlung der Anzahl der Wähler, das Auszählverfahren, die einzelnen Arbeitsschritte zur Sortierung, zur Prüfung und Zählung der zweifelsfrei gültigen und ungültigen Stimmen sowie zur etwaigen Wiederholung des Auszählvorganges intensiviert. 4 10. Gab es disziplinarrechtliche Konsequenzen für den amtierenden Bürgermeister der Stadt Halle Egbert Geier oder für die Leiterin des Fachbereichs Einwohnerwesen, Frau L.? Nein. 11. Stimmt es, dass die Staatsanwaltschaft Halle, insbesondere nach der Wahlaffäre in Stendal, wo es bisher den Verdacht der Wahlfälschung gibt, die Vorfälle im Halleschen Wahllokal sowie im Gemeindewahlausschuss der Stadt Halle erneut prüft und eine größere Zahl an Zeugen vernehmen will? Insbesondere soll erneut und unter Vorlage weiterer Beweismittel geprüft werden, inwieweit den beiden prominenten SPD-Mitgliedern Manipulation mit Vorsatz nachzuweisen sind. Es wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen.