Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/720 09.12.2016 (Ausgegeben am 12.12.2016) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Matthias Lieschke (AfD) Auslagerung von Überstandwasser aus der Bohrschlammdeponie Brüchau (Altmark) Kleine Anfrage - KA 7/357 Vorbemerkung des Fragestellenden: Nach Angaben des Ministeriums für Wissenschaft und Wirtschaft des Landes Sachsen -Anhalt wurden von 1995 bis 2011 ca. 180 000 m3 Überstandwasser der Deponiegrube Brüchau in die Versenkbohrung Brüchau 1/83 verpresst und 7.000 m3 Überstandwasser über Klärwerke entsorgt. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung Frage 1: Wo befindet sich die Versenkbohrung Brüchau 1/83? Seit wann wird Brüchau 1/83 als Versenkbohrung betrieben? Liegt ein Betriebsplan vor? In welche Klärwerke wurde Deponiewasser verbracht (m3/Jahr)? Für die inzwischen verwahrte Bohrung Brüchau 1/83 gilt folgende Ortsangabe: Bundesland: Sachsen-Anhalt Kreis: Altmarkkreis Salzwedel Gemeinde: 39624 Kakerbeck Gemarkung: Brüchau Flur: 4 Rechtswert: 4449237,4 Hochwert: 5838064,8 TK 25: Blatt 3333 Eigentümer/ Anlagenbetreiber: ENGIE E&P Deutschland GmbH (ENGIE) Waldstraße 59 49808 Lingen (Ems) 2 Der Injektionsbetrieb der Bohrung wurde von 1985 bis 2011 auf Basis des technischen Betriebsplans Nr. 3/85 zur Beseitigung überschüssiger Flüssigkeit bei erhöhtem Wasserspiegel in der Grube auf Grundlage der Genehmigung des Bergamtes Staßfurt vom 28. März 1985 durchgeführt. Weiterhin galten die jeweiligen Hauptbetriebspläne für die Erdgasgewinnung in der Altmark. Die Entsorgung des Überstandswassers erfolgte durch folgende Entsorgungsunternehmen /Behandlungsanlagen: Jahr Entsorgungsunternehmen Menge in m³ 2009 PD-I mbH Wetro zum GKW Bitterfeld 530,2 2010 PD-I mbH Wetro zum GKW Bitterfeld 1.328,0 2011 PD-I mbH Wetro zum GKW Bitterfeld 1.382,9 2012 PD-I mbH Wetro zum GKW Bitterfeld 1.803,2 2013 Zimmermann Entsorgung GmbH Gommern zum Areal B, Zisprostr., Bitterfeld/Wolfen, OT Greppin 1.720,9 2014 Zimmermann Entsorgung GmbH Gommern zum Areal B, Zisprostr., Bitterfeld/Wolfen, OT Greppin 508,1 GKW = Gemeinschaftsklärwerk In den Jahren 2015 und 2016 wurde kein Überstandswasser abgefahren, da es aufgrund der Witterung nicht notwendig war. Frage 2: Welches Fassungsvermögen (m3) hat die Versenkbohrung Brüchau 1/83? Das zulässige technische Injektionsvolumen betrug 400.000 m³. Frage 3: Warum wurden nur 7.000 m3 Deponiewasser über Klärwerke gereinigt und der Rest in die Versenkbohrung verpresst? Welche Schadstoffe waren dafür verantwortlich ? Aufgrund technischer Gegebenheiten in der Sondeninstallation und im Versenkhorizont (zunehmende Versandung) waren ab 2009 wiederholt Reparaturmaßnahmen an der Sonde erforderlich. Im Jahr 2011 waren die Reparaturmöglichkeiten erschöpft. Die Sonde erhielt danach den Status „ruhende Injektionsbohrung“ und wurde im Juli 2014 verfüllt. Während des genannten Zeitraums der Reparatur und nach der Verfüllung wurde die Entsorgung des Deponiewassers ausschließlich zur Pegelregulierung und nicht wegen geänderter Schadstoffgehalte in Klärwerken in Bitterfeld vorgenommen . Die Ergebnisse der Deklarationsanalysen zu den Schadstoffgehalten entsprachen den Annahmekriterien der Anlagenbetreiber und ließen damit die Entsorgung über die Industrieklärwerke zu. 3 Frage 4: Wie viele Versenkbohrungen gibt es in Sachsen-Anhalt und in welchen Tiefenhorizonten wird Lagerstättenwasser in Sachsen-Anhalt verpresst? Bitte auflisten nach geografischem Standort, Betriebszeitraum, jährlich eingelagerter Menge (m3). Wenn weitere Versenkbohrungen für die Verpressung von Deponiewasser genutzt werden, bitte Angaben trennen. ENGIE betreibt zur Versenkung von Lagerstättenwasser in Sachsen-Anhalt zwei geologische Versenkstrukturen (Mahlsdorf und Siedenlangenbeck) mit insgesamt vier Bohrungen: - Mahlsdorf 1 (MahSw 1), - Mahlsdorf 2 (MahSw 2), - Siedenlangenbeck 2 (Sgk 2) und - Siedenlangenbeck 3 (Sgk 3). Als Versenkhorizonte werden geeignete Schichten des Keuper in folgenden Teufenlagen genutzt: - 1568-1654 m Mahlsdorf und - 1440-1507 m Siedenlangenbeck. Das Versenkvolumen für Lagerstättenwasser lag 2015 bei 89.454 m³. Die Versenkstruktur Mahlsdorf wird seit dem Probebetrieb 1988 bis heute und die Versenkstruktur Siedenlangenbeck wird seit 1990 bis heute genutzt. Frage 5: Wie viel Lagerstättenwasser (m3) fällt in Sachsen-Anhalt durch die Erdgasförderung an und wohin wird es verpresst bzw. zur Klärung verbracht? Bitte Entwicklung (m3) seit 1990 angeben und auf Förderfirmen bzw. Förderorte und nachfolgende Lager- bzw. Klärstandorte aufgliedern. Jahr Lagerstättenwasser Jahr Lagerstättenwasser Jahr Lagerstättenwasser m³ m³ m³ 1990 310.504 2000 224.081 2010 120.741 1991 204.182 2001 265.652 2011 105.056 1992 192.144 2002 247.097 2012 103.075 1993 147.957 2003 229.607 2013 119.637 1994 126.182 2004 224.587 2014 101.557 1995 141.799 2005 186.207 2015 89.454 1996 179.933 2006 141.673 1997 163.971 2007 109.379 1998 154.029 2008 115.190 1999 171.773 2009 97.840 4 Das Lagerstättenwasser wird vollständig versenkt (siehe Antwort auf Frage 4). Frage 6: Wie viele Bohr- bzw. Ölschlammgruben sind - außer Brüchau (Altmark) - noch aktiv und welcher Betreiber ist verantwortlich? Es gibt im Bundesland Sachsen-Anhalt keine aktiven Bohrschlammgruben und keine Ölschlammgruben. Frage 7: Wie viele Bohr- und Ölschlammgruben bzw. -deponien sind generell auf dem Gebiet Sachsen-Anhalts bekannt und welchen Betreibern können sie zugeordnet werden? Wie ist der Status: rekultiviert, saniert, unter Aufsicht der Bergbaubehörde unter Betreiberaufsicht? Wohin wurden die Bohrschlämme verbracht , oder wurden sie verbrannt bzw. wie ist der Rekultivierungsstatus (Lagerung in verschlossenen Deponien)? Angaben in m3 und bitte bezogen auf die Standorte. Auf dem Gebiet von Sachsen-Anhalt sind insgesamt 288 Bohrschlammgruben bekannt und in die Verantwortung/Zuständigkeit der ENGIE übergegangen. Bislang sind 257 Bohrschlammgruben, einschließlich der Bohrschlamm-Deponie Niephagen zurückgebaut worden. Damit sind noch 31 Bohrschlammgruben zurückzubauen und haben gegenwärtig einen noch nicht abschließend rekultivierten Status. Im Zuge der bergrechtlichen Wiedernutzbarmachung werden umweltanalytische Standortgutachten für jeden einzelnen Sondenplatz und jeden Bohrschlammgrubenstandort erstellt. Die Ergebnisse werden dem Landesamt für Geologie und Bergwesen (LAGB) mit den Betriebsplänen zur Genehmigung des vorgesehenen Rückbaus vorgelegt. Bei der Sanierung werden in der Regel auf der Rückbaufläche folgende Maßnahmen ausgeführt: - Beräumung von Störstoffen, - Abtragen der Überdeckung und Freilegung der Kontur der Schlammgruben, seitliches Ablegen des abgetragenen Bodens für den Wiedereinbau, - je nach Kontamination Auskofferung des Bohrschlamms teilweise oder vollständig bis zur Sohle, - je nach Nutzung Auffüllung mit Füllboden unter lagenweiser Verdichtung und - Geländeanpassung, Tiefenlockerung und Auftragen von Mutterboden auf die gesamte für die landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Nutzung herzurichtende Fläche. Einzelne Schlammgruben ohne Gefahrenpotenzial wurden in Abstimmung mit den Naturschutzbehörden als Biotope ausgebildet. Die beim Rückbau anfallenden Bohrschlämme werden auf der Deponie Hochhalde Schkopau sowie der Industrieabfalldeponie Wetro und auf anderen entsprechend zugelassenen Deponien ordnungsgemäß entsorgt. Im Abschlussbericht wird eine Massenbilanz mit einer Auflistung der Entsorgungsnachweise vorgelegt. Die Entsorgungsnachweise werden beim Unternehmen geführt und vom LAGB stichprobenartig geprüft. 5 Insgesamt wurden bislang 557.020 m³ Bohrschlamm entsorgt. Sollten im Rahmen der Realisierung der Abschlussbetriebspläne derzeit nicht bekannte Schlammgruben angetroffen werden, erfolgt in jedem Fall ebenfalls eine Beprobung und Sanierung dieser Flächen. Frage 8: Wie erfolgt die Weiterleitung des Lagerstättenwassers zu den Versenkbohrungen ? Bitte Pipelineführungen und -längen des aktuellen Betreibers darlegen. Wer überprüft die technische Funktionalität der Pipelines? Wie viele Leckagen traten und treten an diesen Pipelines auf (Fälle/Jahr nach Betreiber)? Die Weiterleitung erfolgt über die im Folgenden aufgelisteten Transport- und Versenkleitungen : Lagerstättenwassertransportleitungen Leitungsbezeichnung (von - nach) Länge (m) FS Cheine - FS Andorf 3.292 FS Andorf - FS Böddenstedt 4.754 FS Böddenstedt - FS Maxdorf 10.597 FS Peckensen - GSP Niephagen 5.129 GSP Niephagen - FS Heidberg 5.721 FS Böddenstedt - GSP Niephagen 4.865 FS Rohrberg - FS Heidberg 9.784 FS = Feldstation, GSP = Gassammelpunkt Leitungen zu den Versenkbohrungen Leitungsbezeichnung (von - nach) Länge (m) FS Maxdorf - MahSw 1 - MahSw 2 2.119 FS Heidberg - Sgk 2 - Sgk 3 3.697 Die technische Funktionalität der o. g. Leitungen wird von einem Sachverständigen des TÜV Nord überprüft. Dazu werden die Transport- und die Versenkleitungen alle drei Jahre einer Wasserdruckprüfung (WDP) unterzogen und die Eignung bescheinigt . Zusätzlich erfolgt alle zwei Jahre für die Lagerstättenwassertransportleitungen aus Polyethylen ein Eignungsnachweis gemäß der Anordnung des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie des Landes Niedersachsen vom 21. Dezember 2012, die durch das LAGB für Sachsen-Anhalt verbindlich erklärt wurde. Die letzte Eignungsfeststellung erfolgte hierzu am 18. September 2015 durch den TÜV Nord EnSys Hannover. Seit Beginn der Betriebsführung durch GdF/GDFSUEZ/ENGIE im Jahr 1994 traten an den Lagerstättenwassertransportleitungen zwei Leitungsschäden auf.