Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/753 16.12.2016 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Die Anlage ist in Word als Objekt beigefügt und öffnet durch Doppelklick den Acrobat Reader. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 19.12.2016) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Daniel Roi (AfD) Verwendung der Feuerschutzsteuer in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 7/356 Vorbemerkung des Fragestellenden: Kurz vor Weihnachten 2015 erwähnte Innenminister Holger Stahlknecht, dass er sich dafür einsetzen wolle, dass die Feuerschutzsteuer wieder komplett an die Gemeinden ausgezahlt werde. Anders als in allen anderen Bundesländern behält die Landesregierung Sachsen-Anhalts den größten Teil der Feuerschutzsteuer ein, statt sie an die Kommunen weiterzuleiten. In den Gemeinden und bei den Feuerwehren sorgt das für Ärger, weil das Geld für Investitionen in den Brandschutz fehlt. Bei Koalitionsverhandlungen im März 2016 würde er darauf dringen, betonte er. Im Koalitionsvertrag ist davon nun keine Rede mehr. Derzeit behält das Land den weitaus größten Teil der Feuerschutzsteuer ein. Im § 23 des BrSchG ist geregelt, dass das Aufkommen aus der Feuerschutzsteuer abzüglich der Verwaltungskosten des Landes an die Kommunen zum Zwecke des Brandschutzes und der Hilfeleistung weiterzuleiten ist. Die Feuerschutzsteuer ist demnach zweckgebunden und darf nicht dazu zweckentfremdet werden, die Haushaltssituation des Landes zu verbessern. Im Abschlussbericht der Projektgruppe 2020 wird als Empfehlung festgehalten, dass sich Sachsen-Anhalt an den Kosten der bedarfsgerechten Ausstattung der Feuerwehren beteiligt und eine Erweiterung der Beteiligung in Erwägung gezogen werden sollte, um die Kommunen entsprechend zu entlasten. 2 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie haben sich seit 2005 die Einnahmen aus der Feuerschutzsteuer entwickelt ? 2005: 10.324.102,00 Euro 2006: 7.945.848,00 Euro 2007: 8.087.445,00 Euro 2008: 7.932.494,00 Euro 2009: 9.271.679,00 Euro 2010: 6.833.688,63 Euro 2011: 10.953.834,02 Euro 2012: 9.902.748,98 Euro 2013: 10.426.297,34 Euro 2014: 10.147.107,83 Euro 2015: 10.535.266,42 Euro 2. Wie wurde seit 2005 die Feuerschutzsteuer verwendet? Bitte aufschlüsseln , welche Personalstellen in welcher Behörde und welche Sachausgaben aus dieser Steuer bezahlt wurden. Die Feuerschutzsteuer ist eine Bundessteuer, für die es nach Bundesrecht keine Zweckbindung gibt. Das Aufkommen aus der Feuerschutzsteuer wird anteilig auch im Landeshaushalt vereinnahmt und steht nicht ausschließlich nur für die Finanzierung einer bestimmten Aufgabe zur Verfügung. Unbeschadet dieser Tatsache hat das Land Sachsen-Anhalt in § 23 des Brandschutz- und Hilfeleistungsgesetzes (BrSchG) geregelt, dass die Kommunen - unabhängig vom tatsächlichen Aufkommen aus der Feuerschutzsteuer und den Ausgaben des Landes nach diesem Gesetz - einen bestimmten Anteil aus dem Aufkommen erhalten. Konkrete Personalstellen in Behörden oder Sachausgaben werden nicht direkt aus dem Aufkommen aus der Feuerschutzsteuer bezahlt. 3. Wie stellt sich die Höhe der Fördermittel seit 2005, die den Feuerwehren im Lande zugekommen sind, dar? Bitte aufschlüsseln nach Landkreisen /kreisfreien Städten, Höhe und Gegenstand des jeweiligen Zuschusses . Bezüglich der Förderung durch das Land nach der Zuwendungsrichtlinie Brandschutz wird auf die Anlagen 1 bis 13 verwiesen. Bezüglich der Förderung durch das Land im Rahmen der zentralen Beschaffung wird auf die Anlage 14 verwiesen . Bezüglich der Förderung im Rahmen des STARK V-Programms wird auf die Anlage 15 verwiesen. 4. Wie wird entschieden und welche Stelle entscheidet aufgrund welcher Kriterien über eine Förderung? Wenn das Antragsvolumen das Fördermittelbudget übersteigt, wer entscheidet wo und auf welcher rechtlichen Grundlage mit welcher Priorisierung? 3 Das Land Sachsen-Anhalt gewährte bislang Zuwendungen nach Maßgabe der Zuwendungsrichtlinie Brandschutz, der §§ 23 und 44 der Landeshaushaltsordnung des Landes Sachsen-Anhalt (LHO) in der jeweils gültigen Fassung, der Verwaltungsvorschriften zu § 44 LHO und der Verwaltungsvorschriften für Zuwendungen an Gebietskörperschaften und Zusammenschlüsse von Gebietskörperschaften in der Rechtsform einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zur Förderung des abwehrenden Brandschutzes und der Hilfeleistung. Die letzte Zuwendungsrichtlinie ist im Juni 2016 ausgelaufen und soll (nach Beschluss des Landtages zum Gesetz über den Doppelhaushalt 2017/2018) aufgrund beabsichtigter Erweiterungen bei den förderfähigen Maßnahmen sowie in den Zuwendungshöhen durch eine neue Zuwendungsrichtlinie ersetzt werden. Bewilligungsbehörde ist das Landesverwaltungsamt, welches auf Grundlage der o. g. Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach pflichtgemäßem Ermessen über die Fördermittelvergabe entscheidet. Voraussetzung für die Förderfähigkeit sind insbesondere die finanzielle Bedürftigkeit des Antragstellers, der Nachweis der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Maßnahme, die Gewährleistung der Zukunftsfähigkeit der Feuerwehr, ein Nachweis zur Sicherstellung der Gesamtfinanzierung (Eigenmittel), die Dringlichkeit der Maßnahme sowie das Landesinteresse. Die Anträge sind, einschließlich der notwendigen Antragsunterlagen, für das folgende Haushaltsjahr bis spätestens 31. März des laufenden Haushaltsjahres beim zuständigen Landkreis einzureichen. Die Landkreise bündeln die Anträge und reichen sie einschließlich aller antragsbegründenden Unterlagen jährlich bis zum 30. April beim Landesverwaltungsamt ein. Für die Landkreise und kreisfreien Städte erfolgt die Einreichung direkt beim Landesverwaltungsamt. Das Landesverwaltungsamt prüft die Anträge und erstellt eine Prioritätenliste. Die Prioritätenliste wird dem Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt zur Zustimmung vorgelegt. 5. Liegen aus allen Landkreisen/kreisfreien Städten Risikoanalysen und Bedarfspläne der Feuerwehren vor? a) Falls nein, warum nicht? b) Falls ja, wie hoch beträgt aktuell für das Jahr 2016 und folgende das Antragsvolumen der Feuerwehren in Sachsen-Anhalt insgesamt? Risikoanalysen und Brandschutzbedarfsplanungen der Einheits- und Verbandsgemeinden liegen beim Land nicht vor. Die Verordnung über die Mindeststärke und -ausrüstung der Freiwilligen Feuerwehren (MindAusrVO-FF) vom 13. Juli 2009 sieht nur eine Vorlage der gemeindlichen Brandschutzbedarfsplanungen beim Landkreis vor. 6. Für welche Projekte im Bereich der Feuerwehren hat die Landesregierung im Jahr 2015/2016 Bewilligungsbescheide erteilt? Hierzu wird auf die Anlagen 12, 13 und 15 verwiesen. 4 7. Welche Höhe hatten diese Bewilligungsbescheide? Welche wurden tatsächlich abgerufen? Bezüglich der Bescheide wird auf die Anlagen 1 bis 15 verwiesen. Im Jahr 2015 wurden alle bewilligten Mittel abgerufen. Bei der Stadt Bitterfeld- Wolfen wurden die bewilligten Fördermittel in voller Höhe zurückgefordert, da die Baumaßnahme nicht durchgeführt wurde. Bei der Stadt Jessen wurden ebenfalls die bewilligten Fördermittel in voller Höhe zurückgefordert, da die Baumaßnahme mit Mitteln aus STARK V gefördert wurde. 8. Wie lange dauert es durchschnittlich von der Antragstellung bis zur Bewilligung beziehungsweise der Auszahlung des Zuschusses? Bei der Förderung nach der Zuwendungsrichtlinie Brandschutz dauert es von der Antragstellung bis zur Bewilligung ca. zehn Monate. Die Auszahlung der Zuwendung erfolgt in der Regel etwa 19 Monate nach der Antragstellung. Bei der zentralen Beschaffung durch das Land beträgt die durchschnittliche Verfahrensdauer von der Antragstellung bis zur Bewilligung sieben Monate. Die Auszahlung des Zuschusses erfolgt in der Regel in etwa 22 Monate nach Antragstellung . 9. Welche Kriterien werden in Sachsen-Anhalt bei der Feuerwehrbedarfsplanung zugrunde gelegt und wie bewertet die Landesregierung die Zielerreichung dieser Kriterien hinsichtlich der Sicherheit der Bürger? Grundlage für die Brandschutzbedarfsplanungen der Gemeinden sind die Anforderungen des Brandschutzgesetzes, die Verordnung über die Mindeststärke und -ausrüstung der Freiwilligen Feuerwehren (MindAusrVO-FF) vom 13. Juli 2009 und der Runderlass des Ministeriums für Inneres und Sport zur Risikoanalyse und Ermittlung des Brandschutzbedarfs vom 3. August 2009 (Az.: 43.21- 13002) mit den entsprechenden Arbeitshinweisen. Hiernach werden zeitliche, personelle und technische Anforderungen für einen allgemeinen Grundschutz für Brandbekämpfungs- und Hilfeleistungseinsätze gestellt. Besonderes Gefahrenpotenzial wie Sonderbauten oder anderes erhöhtes Gefahrenpotenzial sowie spezielle Rahmenbedingungen (z. B. Gebäudehöhen und Gebäudearten, Löschwasserversorgung, Löschwasser- und Sonderlöschmittelbedarf , besondere Gefahren) sind in jeder Einheits- bzw. Verbandsgemeinde zu finden und bedürfen in der Risikobewertung sowie der Brandschutzbedarfsplanung einer auf Einsatzplänen basierenden gesonderten Betrachtung . Hierzu gehören insbesondere Fahrzeuganzahl, Fahrzeugart und Fahrzeugausstattung, Personal- und Ausbildungs- sowie Löschmittelbedarf. Die Zielerreichung dieser Kriterien durch den Träger der Feuerwehren ist ein sich über Jahre fortschreibender Prozess, der durch die personellen Rahmenbedingungen der Feuerwehren sowie die Haushaltssituation der Gemeinden maßgeblich beeinflusst wird. Die Verantwortung für die Umsetzung und damit die Zielerreichung liegt in eigener Zuständigkeit der Gemeinden. 5 10. Gibt es nach Ansicht der Landesregierung einen Investitionsstau bei den Feuerwehren in Sachsen-Anhalt? Wann ja, wie hoch ist dieser? Die Feuerwehren Sachsen-Anhalts verfügen von der Anzahl insgesamt über ausreichend Einsatzfahrzeuge. Allerdings ist zu verzeichnen, dass aufgrund der besonderen personellen Entwicklung einzelner Ortsfeuerwehren oder von Veränderungen des Gefahrenpotenzials auch Veränderungen in der Ausstattung von Ortsfeuerwehren erforderlich geworden sind bzw. werden. Die Ausstattung mit Einsatzfahrzeugen ist insgesamt derart hoch, dass bei rein statistischer Betrachtung selbst bei günstiger Personalverfügbarkeit ca. 400 Löschfahrzeuge personell nicht ausreichend besetzt werden können. Diese Fahrzeuge werden allerdings genutzt, um im „Rendezvoussystem“ Einsatzkräfte an Einsatzstellen zusammen zu führen. Womit bzw. ob diese Fahrzeuge künftig ersetzt werden müssen, bedarf der Einschätzung in der Brandschutzbedarfsplanung der Gemeinden. Der größte Teil der Einsatzfahrzeuge wurde in den neunziger Jahren mit erheblicher finanzieller Unterstützung des Landes neu beschafft. Ziel war zu diesem Zeitpunkt eine flächendeckende Mobilisierung der Feuerwehren sowie die Ausstattung mit neuen Geräten für technische Hilfeleistungen und die Abwehr von ABC-Gefahren. Teilweise wurden von den Gemeinden auch Einsatzfahrzeuge gebraucht beschafft bzw. von Feuerwehren aus den alten Bundesländern übernommen . Diese neu beschafften Fahrzeuge kommen sukzessive an die Grenze der Nutzungsdauer, gebraucht beschaffte Lösch- und Sonderfahrzeuge haben diese überwiegend überschritten. Deshalb besteht hier mindestens für die nächsten zehn Jahre ein sehr hoher Investitionsbedarf. Unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung und den daraus zu erwartenden Auswirkungen auf die Feuerwehren muss eingeschätzt werden, dass für den Erhalt einer flächendeckenden technischen Einsatzbereitschaft der Feuerwehren ein erheblicher Investitionsbedarf für Ersatzbeschaffungen an Einsatzfahrzeugen vorhanden ist. Bedingt durch die zum Teil deutlichen Änderungen in den Maßen der Löschund Sonderfahrzeuge erfüllen zahlreiche Feuerwehrhäuser nicht (mehr) die Anforderungen der Unfallschutzbestimmungen und aktueller technischer Regeln für Feuerwehrhäuser. Darüber hinaus ergibt sich durch die bedarfsgerechte Anpassung der Fahrzeugstruktur in den Brandschutzbedarfsplanungen weiterer Baubedarf. Der Investitionsbedarf für den Neubau, Umbau oder die Erweiterung von Feuerwehrhäusern wird als erheblich eingeschätzt, der parallel zu o. g. Investitionsbedarf für Einsatzfahrzeuge umzusetzen ist. Entsprechende Mittel wurden im Rahmen der Planung für den Doppelhaushalt 2017/2018 angemeldet . 11. Erhalten die Kommunen aus der Sicht der Landesregierung genügend Geld, um die Pflichtaufgabe „Vorhalten einer einsatzfähigen Feuerwehr“ vollumfänglich zu erfüllen? Das Land Sachsen-Anhalt kommt seinem Verfassungsauftrag aus Artikel 88 Absatz 1 der Landesverfassung nach, dafür zu sorgen, dass die Kommunen über die Finanzmittel verfügen, die zur angemessenen Erfüllung ihrer Aufgaben 6 erforderlich sind. Dies schließt die Pflichtaufgabe zur Gewährleistung des Brandschutzes ein. Durch eine besonders kommunalfreundliche Interpretation des Verfassungsauftrages und eine erhebliche Erhöhung der Finanzausgleichsmasse in der laufenden Legislaturperiode wird es den Kommunen weiter erleichtert , ihren Pflichtaufgaben im Bereich des Brandschutzes nachzukommen. 12. Wie fördert sie die interkommunale Zusammenarbeit? Das Brandschutzgesetz sieht für die Landkreise die Verantwortung für die übergemeindlichen Aufgaben des Brandschutzes vor. Hierunter fallen auch koordinierende Tätigkeiten zur Förderung der interkommunalen Gefahrenabwehr für besondere und größere Schadensereignisse. Ebenso sind im Brandschutzgesetz Regelungen enthalten, die die Zusammenarbeit benachbarter Gemeinden fördern sollen. Im Runderlass des Ministeriums für Inneres und Sport zur Risikoanalyse und Ermittlung des Brandschutzbedarfs vom 3. August 2009 (Az.: 43.21-13002) mit den entsprechenden Arbeitshinweisen wird darüber hinaus explizit die interkommunale Zusammenarbeit angeregt. Bei der Förderung und zentralen Beschaffung von Einsatzfahrzeugen der Feuerwehren liegt der Schwerpunkt bei Fahrzeugen, die überörtlich und übergemeindlich eingesetzt werden. 13. Wie bewertet sie insgesamt den Ausrüstungsstand der Gemeindefeuerwehren ? Es wird auf die Antwort auf Frage 10 verwiesen. 14. Wie sieht die Planung bis 2021 aus? Was soll gefördert werden und in welchem Volumen? Die konkrete Verwendung der Mittel ist abhängig von den im jeweiligen Jahr vorliegenden Anträgen (Zuwendungsrichtlinie Brandschutz bzw. zentrale Beschaffung Brandschutz) und den sich daraus jährlich abzuleitenden Prioritäten. Die für 2017 eingestellten Mittel in Höhe von insgesamt 3.100.000 Euro sollen gleichmäßig für die Förderung von Feuerwehrhäusern und Einsatzfahrzeugen verwendet werden. Die für 2018 im Entwurf des Haushaltsplanes vorgesehenen Mittel in Höhe von insgesamt 6.100.000 Euro sollen ebenfalls gleichmäßig für Feuerwehrhäuser und Einsatzfahrzeuge verwendet werden. Für die Folgejahre ist in Abhängigkeit von den tatsächlich zur Verfügung stehenden Mitteln ein vergleichbares Vorgehen geplant.