Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/820 11.01.2017 (Ausgegeben am 11.01.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Herr Oliver Kirchner (AfD) Lage unbegleiteter minderjähriger Ausländer (umA) in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 7/399 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration 1. Wie viele unbegleitete minderjährige Ausländer werden aktuell in Sachsen-Anhalt betreut? Wenn inzwischen möglich, differenzieren Sie bitte nach Alter und Geschlecht. In Sachsen-Anhalt werden aktuell mit Stand 22.12.2016 insgesamt 1.465 unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA) betreut. Eine Differenzierung nach Alter und Geschlecht erfolgt nicht tagesaktuell, sondern wird nur anlassbezogen vorgenommen . Zum aktuell verfügbaren Stichtag 21.11.2016 waren es 7 % weibliche und 93 % männliche unbegleitete minderjährige Ausländer. Differenziert nach Alter ergibt sich zum Stichtag 21.11.2016 folgendes Bild: Alter Anzahl 0 – 14 Jahre 160 15 J. 179 16 J. 428 17 J. 556 18 J. 142 2. Bitte schlüsseln Sie zudem danach auf, wie sich das prozentuale Verhältnis von Jugendlichen und Kindern darstellt. Mit Stand 21.11.2016 stellt sich das prozentuale Verhältnis von Kindern und Jugendlichen wie folgt dar: 2 Prozentuales Verhältnis von Kindern und Jugendlichen 0 bis vollendetes 14. Lebensjahr 10,89 % 15. bis vollendetes 17. Lebensjahr 79,42 % 18. Lebensjahr 9,69 % 3. Bitte aktualisieren Sie die Aufstellung aus Drs. 6/1372 Nr. 1 (Anfrage DIE LINKE): Anzahl der in Sachsen-Anhalt aufgenommenen umA. Jahr Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche in Sachsen -Anhalt nach unbegleiteter Einreise aus dem Ausland (für UMA) 2012 18 2013 10 2014 22 2015 374 Quelle: Statistisches Bundesamt, LT 3,2_1 Statistik der Kinder und Jugendhilfe, Vorläufige Schutzmaßnahmen, 12 Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche 2012 bis 2015 nach Art der Maßnahme, Anlass und Anregendem , Zeitpunkt ihres Beginns und ihrer Dauer, Art der Beendigung sowie nach Ländern. Eine Verknüpfung der Erhebungssachverhalte „Anlass der Maßnahme (‚unbegleitete Einreise aus dem Ausland‘), Alter, Geschlecht und Bundesland“ werden in der Bundesstatistik der Kinder- und Jugendhilfe nicht vorgenommen, so dass entsprechende statistische Daten nicht vorliegen. Die Angaben zur Anzahl der UMA sind der Statistik über vorläufige Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche entnommen. Diese Erhebung wie auch andere im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe ist eine Leistungsstatistik und keine Personenstatistik. Sie wird durchgeführt, um die Auswirkungen der Bestimmungen des SGB VIII beurteilen und diese entsprechend den Erfordernissen fortentwickeln zu können. Nach § 101 Abs. 2 Nr. 6 SGB VIII sind die Angaben zum Zeitpunkt des Endes einer vorläufigen Maßnahme zu erteilen, so dass die o. g. und daraus entnommenen Daten Abweichungen nach unten aufweisen (können ) in Bezug zu rein zahlenmäßigen Angaben wie sie in der Antwort (LT- Drs. 6/1372) auf die Kleine Anfrage KA 6/7583 der Abgeordneten Henriette Quade (DIE LINKE) abgedruckt sind. 4. Wie viele „junge Heranwachsende" kommen in Sachsen-Anhalt in den Genuss von Leistungen, wie sie für umA ausgereicht werden? Bezogen auf die Gruppe der „jungen Heranwachsenden“ nehmen zum 22.12.2016 im Land Sachsen-Anhalt 74 volljährige ausländische Jugendliche Leistungen der Hilfen zur Erziehung gemäß § 41 SGB VIII in Anspruch. 5. Auf welche Leistungen/Zuwendungen haben die sogenannten umA Anspruch ? Unbegleitete minderjährige Ausländer haben gemäß § 1 SGB VIII das Recht auf Förderung ihrer Entwicklung und Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit. Leistungen der Jugendhilfe sollen zur Verwirklichung dieses Rechts beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen. Daher umfasst Jugendhilfe gemäß SGB VIII ein breites Spektrum 3 an Leistungen zugunsten aller in Deutschland lebenden jungen Menschen, ungeachtet ihrer jeweiligen Herkunft. 6. In welcher Höhe (pro Kopf und Monat) entstehen Kosten für diese unbegleiteten minderjährigen Ausländer? Auf Basis der gesetzlichen Rahmenbedingungen des SGB VIII werden für Hilfeleistungen nach § 27 ff SGB VIII von den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe individuelle Leistungsentgelte für den jeweiligen Einzelfall ermittelt. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Bedarfslagen der Hilfeempfänger ergeben sich pro Kopf Kosten, die in ihrer Höhe stark voneinander abweichen können und sich somit nicht für eine Darstellung pro Kopf und pro Monat eignen bzw. keine relevante Aussagekraft besitzen. 7. Bitte schlüsseln Sie den Aufenthaltsstatus der derzeit in Sachsen-Anhalt lebenden umA auf. Der Landesregierung liegen hierzu keine aussagefähigen Daten vor. Im Datenaustauschverbesserungsgesetz hat der Bundesgesetzgeber keinen Speichersachverhalt „unbegleiteter minderjähriger Flüchtling“ vorgesehen, so dass Daten aus dem Ausländerzentralregister zum Aufenthaltsstatus der in Sachsen- Anhalt lebenden unbegleiteten minderjährigen Ausländer nicht vorliegen. Auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Luise Amtsberg u. a., Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, abgedruckt in der BT- Drs. 18/9972 als Vorabfassung, wird verwiesen. 8. Wie hoch ist der Anteil der umA in Sachsen-Anhalt, die bis dato einen Asylantrag gestellt haben? Der Landesregierung liegen hierzu keine hinreichenden Daten vor. Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen. 9. Wie hoch ist der Anteil der umA in Sachsen-Anhalt, die im Rahmen einer „Inobhutnahme“ im Land leben? Mit Stand 22.12.2016 befanden sich in Sachsen-Anhalt 495 UMA in der Inobhutnahme ; ihr Anteil an der Gesamtsumme der jugendhilferechtlichen Zuständigkeiten für UMA beträgt somit 33,79 %. 10. Wie hoch ist der Anteil der Schulpflichtigen unter den in Sachsen-Anhalt lebenden umA? Liegen der Landesregierung Erkenntnisse dazu vor, ob diese umA ihrer Schulpflicht nachkommen? Wie hoch ist der Anteil der umA in Sachsen-Anhalt, die ihrer Schulpflicht nicht nachkommen? Der Landesregierung liegen hierzu keine statistischen Daten vor. Auf die Antwort der Landesregierung zu Frage Nr. 5 (abgedruckt in der LT-Drs. 7/625 vom 22.11.2016) auf die Kleine Anfrage KA 7/293 der Abgeordneten Henriette Quade (DIE LINKE) wird verwiesen. 4 11. Wie hoch ist der Anteil der umA in Sachsen-Anhalt, die im Land bereits eine Berufsausbildung bzw. eine berufs-/ausbildungsvorbereitende Maßnahme begonnen haben? Daten über UMA, die in Sachsen-Anhalt bereits eine Berufsausbildung bzw. eine berufs-/ausbildungsvorbereitende Maßnahme begonnen haben, werden weder in der Kinder- und Jugendhilfestatistik noch in der Arbeitsmarktstatistik erhoben. 12. Wie hoch ist der Anteil der in Sachsen-Anhalt lebenden umA, die regelmäßig an Sprachförderungsmaßnahmen teilnehmen? Der Landesregierung liegen hierzu keine statistischen Daten vor. Für UMA besteht Schulpflicht, so dass grundsätzlich Sprachförderungsmaßnahmen nicht vorzusehen sind. 13. Gibt es Erkenntnisse, wie viele derzeit in Sachsen-Anhalt lebende umA Beschuldigte in einem Strafverfahren sind? Der Landesregierung liegen hierzu keine statistischen Daten vor. Bei den Behörden der Staatsanwaltschaft wird die Eigenschaft eines Tatverdächtigen als UMA im Sinne der Kleinen Anfrage nicht erfasst. 14. Wie hoch ist der Anteil, der zeitweilig oder dauerhaft abgängigen umA? Der Sachverhalt wird in der Kinder- und Jugendhilfestatistik nicht erfasst. Insofern liegen der Landesregierung keine statistischen Daten vor. 15. Welche Maßnahmen wurden getroffen, um die Zahl der abgängigen umA zu verringern? Welches Instrumentarium steht den Verantwortlichen dazu zur Verfügung? Ist über eine Hilfe zur Erziehung für einen unbegleiteten minderjährigen Ausländer entschieden worden, wird in diesem Zusammenhang auch der konkrete Jugendhilfebedarf festgestellt. Je nach individuellem Bedarf werden die unbegleiteten minderjährigen Ausländer in Jugendhilfeeinrichtungen mit entsprechenden Betreuungssettings betreut. Der individuelle Betreuungsbedarf wird gemäß § 36 SGB VIII festgestellt. Bei dieser Hilfeplanung für unbegleitete minderjährige Ausländer werden insbesondere folgende Aspekte berücksichtigt: Sicherung des Aufenthalts Erwerb deutscher Sprachkenntnisse Erwerb eines qualifizierten Schulabschlusses Integration in die Gesellschaft Umgang von traumatisierten Erfahrungen und Aufarbeitung Übersicht über sozialräumliche Angebote Förderung der Kontakte zur Herkunftsfamilie Hilfe bei der Persönlichkeitsentwicklung zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung, Verselbständigung 5 Im Rahmen der Hilfeplangespräche der Jugendämter werden die festgelegten Ziele mit allen am Hilfeplan Beteiligten (Jugendamt, unbegleiteter minderjähriger Ausländer, Vormund, Jugendhilfeeinrichtung) regelmäßig überprüft und angepasst . Das Hilfeplanverfahren stellt hohe Anforderungen an die beteiligten Fachkräfte, da die Lebenssituation des unbegleiteten minderjährigen Ausländers konkret ermittelt und mit dem individuellen Erziehungsbedarf sowie dem Betreuungssetting der Einrichtung in Übereinstimmung gebracht werden muss. Für die aktive Umsetzung dieser Zielvereinbarung ist die Jugendhilfeeinrichtung zuständig, in der der unbegleitete minderjährige Ausländer lebt. Vordergründig wird hierbei die Herstellung einer nachhaltigen Beziehungsebene fokussiert, um eine gelingende Integration zu sichern. Von wesentlicher Bedeutung für einen Verbleib ist die Sicherung von altersgerechten Angeboten im Sozialraum, die das Beziehungsgeflecht des jungen Heranwachsenden in der Peer-Group stärken , zur ldentitätsbildung beitragen sowie deren schulische und berufliche Integration ermöglichen (gemeint sind beispielsweise sportliche, musische und kulturelle Angebote).