Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/913 30.01.2017 (Ausgegeben am 31.01.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Marcus Spiegelberg (AfD) Bewahrung der Kultur und Geschichte von Flüchtlingen und Vertriebenen Kleine Anfrage - KA 7/469 Vorbemerkung des Fragestellenden: Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges auf dem europäischen Kontinent kam es damals zu der bisher größten Vertreibung der Menschheitsgeschichte. Millionen von Menschen verschiedenster Völker wurden aus machtpolitischem Kalkül bei der Neuordnung Europas Ihrer Heimat und der ihrer Ahnen beraubt und in andere Regionen vertrieben. Auch ca. 14 Millionen Deutsche wurden damals völkerrechtswidrig ihrer Heimat und nicht selten, vor allem in der DDR, anschließend ihrer Identität beraubt. Dieser zumindest teilweise umgesetzte Genozid am deutschen Volke aus den östlichen Siedlungsgebieten markiert nicht nur für die Betroffenen und ihre Nachkommen eine grausame Zäsur, sondern auch einen geschichtlichen Einschnitt für Sachsen -Anhalt, da zahlreiche deutsche Flüchtlinge, Vertriebene und Umsiedler hier Zuflucht und eine neue Heimat fanden, in der sie ihren gesellschaftlichen Beitrag leisteten und leisten. Gerade vor dem Hintergrund der aktuell großen Unterstützung und Solidarität für alle Arten von „Flüchtlingen“ (u. a. muslimische Armuts- und Sozialmigranten ) durch die etablierten Parteien sowie durch die Kenia-Koalition, ist diese logischerweise auch für die „Geflüchteten deutscher Ethnie“ nun eine aktivere Förderungspolitik zu erwarten. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die Landesregierung legt ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage den Vertriebenenbegriff des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) zugrunde. Darüber hinaus macht sich 2 die Landesregierung den Begriff Genozid in diesem Zusammenhang und die weiteren Ausführungen zur Flüchtlingssituation in der Vorbemerkung des Anfragestellers nicht zu Eigen. 1. Welche konkreten politischen Maßnahmen plant die Landesregierung, um das kulturelle Erbe von Flüchtlingen und Vertriebenen deutscher Ethnie in Sachsen-Anhalt für die Gesamtbevölkerung und insbesondere für Nachkommen der damaligen Vertriebenen zu bewahren und gezielt, nicht nur passiv, vor dem Vergessen zu bewahren? Die Landesregierung unterstützt entsprechende Maßnahmen und Projekte auf der Grundlage der Richtlinie des Landes über die Gewährung von Zuwendungen für Maßnahmen und Projekte nach §§ 7 und 96 des Bundesvertriebenengesetzes durch das Land Sachsen-Anhalt. Hierzu zählen u. a. Maßnahmen und Projekte für die Erhaltung des Kulturgutes im Sinne des § 96 Bundesvertriebenengesetz (BVFG), der Wissenschaft und Forschung bei der Erfüllung von Aufgaben , die sich aus der Eingliederung der Vertriebenen ergeben, sowie für die Weiterentwicklung und Pflege der Kulturleistungen. Gefördert werden kulturelle Veranstaltungen wie der „Tag der Heimat“, Ausstellungen oder Maßnahmen zur Pflege des Brauchtums, Anschaffungen für Museen, Bibliotheken, Archive und ähnliche Einrichtungen sowie Maßnahmen zur Pflege des Bestandes dieser Einrichtungen, soweit sie den Zielen des § 96 BVFG dienen, wissenschaftliche Projekte, die sich mit der Vertreibung und Eingliederung der Vertriebenen befassen sowie Maßnahmen zur Pflege und Erhaltung der deutschen Sprache und Kultur für die deutschstämmige Bevölkerung in den Herkunftsgebieten. Zuwendungsempfänger sind juristische Personen, Organisationen und Verbände, die als Träger dieser Maßnahmen in Betracht kommen. 2. Welche finanziellen Förderungen plant die Landesregierung für die Unterstützung von Vereinen u. Ä., welche sich für die Vermittlung von Kultur und Wissen über die deutschen Flüchtlinge und Vertriebenen sowie die Erhaltung deren Kultur und Identität einsetzt (zum Beispiel Landsmannschaften wie die Sudetendeutsche Landsmannschaft)? Für die Förderung von Projekten und Maßnahmen sowie Unterstützung von Vereinen u. Ä., welche sich für die Vermittlung von Kultur und Wissen über die deutschen Flüchtlinge und Vertriebenen sowie die Erhaltung deren Kultur und Identität einsetzen, beabsichtigt die Landesregierung, vorbehaltlich der Zustimmung des Haushaltsgesetzgebers, für die Jahre 2017 und 2018 auf der Grundlage der Richtlinie des Landes über die Gewährung und Zuwendungen für Maßnahmen und Projekte nach §§ 7 und 96 des Bundesvertriebenengesetzes durch das Land Sachsen-Anhalt jeweils 70.000 Euro zur Verfügung zu stellen. 3. Was plant die Landesregierung, um das geschichtliche Schicksal dieser deutschen Volksgruppen aus den östlichen Siedlungsgebieten verstärkt im Geschichtsunterricht sowie in der Erwachsenenbildung in den Vordergrund zu heben und auch die einzelnen deutschen Regionen außerhalb der BRD separat intensiver zu behandeln? Im Fachlehrplan Geschichte Gymnasium sind eine Reihe von Möglichkeiten für Lehrkräfte gegeben, in pädagogischer Verantwortung die Thematik aufgreifen 3 zu können. Dazu zählen insbesondere der Kompetenzschwerpunkt „Historische Wurzeln eines aktuellen Konfliktes des 21. Jahrhunderts analysieren“ (10. Schuljahrgang), das Fachpraktikum „Geschichtskultur zur Zeitgeschichte untersuchen und eigene Vorschläge entwickeln“ (10. Schuljahrgang) sowie der Kompetenzschwerpunkt „Strukturen und Auswirkungen des Stalinismus bewerten “ (12. Schuljahrgang, Kurs 3). 4. Welche Maßnahmen vom Land bzw. welche zumindest vom Land finanzierten Maßnahmen sind derzeit in der Durchführung oder Planung, um intensiver das Wissen und die Erlebnisse der leider immer älter werdenden Erlebnisgeneration in Wort und Schrift für die künftigen Generationen zu bewahren? Entsprechende Maßnahmen, wie die Sicherung der Bestände der Heimatstuben und Zeitzeugenbefragungen, sind bereits in den Jahren 2008 bis 2011 initiiert worden. Derzeit sind keine zusätzlichen Maßnahmen geplant. 5. Wie viele Denkmäler zum Gedenken an das Schicksal deutscher Flüchtlinge und Vertriebenen sowie deren Opfer wurden seit 1989 in Sachsen- Anhalt errichtet? Bitte nach Landkreisen und Jahr aufschlüsseln. Wie viele sind mit finanzieller Förderung des Landes derzeit geplant? In Sachsen-Anhalt sind seit 1989 neun derartige Denkmäler bzw. Gedenksteine errichtet worden. Landkreis Bördekreis 1993, Landkreis Burgenlandkreis 2007, Landkreis Harz 2001, 2002 Landeshauptstadt Magdeburg 1995, Landkreis Salzlandkreis 1995, 2009 Landkreis Stendal 2001, 2002 Derzeit sind keine weiteren Maßnahmen im Sinne der Fragestellung geplant.