Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/919 30.01.2017 (Ausgegeben am 01.02.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Thomas Höse (AfD) Hochwasserschutz im Gartenreich Dessau-Wörlitz Kleine Anfrage - KA 7/487 Vorbemerkung des Fragestellenden: In den Jahren 2008 bis 2010 liefen die Planungen für die Deichsanierung zur nachhaltigen Verstärkung des Hochwasserschutzes im Gartenreich Dessau-Wörlitz. Im Bereich des historischen Gebäudes „Wallwachhaus Mittelhölzer“ kam es zu einem Konflikt zwischen den widerstreitenden Interessen des Hochwasserschutzes und des Denkmalschutzes. Nach offizieller Darstellung ging es beim Denkmalschutz namentlich um den Erhalt historischer Blickachsen, Baumreihen sowie alter und neuer Baumbestände. Erst in der Zeit zwischen 2012 und 2013 kamen die beteiligten Behörden hier zu einer Kompromisslösung, die einen Ausgleich bringen sollte. So wurde im entsprechenden Deichabschnitt die Deichkrone nicht wie in den umliegenden Bereichen erhöht, sondern liegt auf einer Länge von rund 120 Metern nun um einen Meter tiefer. Begründet wurde dies mit einer vermeintlich höheren Priorität des Denkmalschutzes, vor dem die Belange des Hochwasserschutzes zurücktreten müssten. Im Krisenfall muss dieser Bereich nun durch das Herbeischaffen von separaten Sandsäcken manuell verstärkt werden. Die Kosten für diese Maßnahme trägt die Stadt Oranienbaum-Wörlitz. Erst ab Alarmstufe IV übernimmt das Land die Kosten . Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie Vorbemerkung: Voranzustellen ist, dass die meisten Deiche im Gartenreich Dessau-Wörlitz (GDW), so auch der Deich Wörlitz-Mittelhölzer, denkmalkonstituierende Teile des gleichnamigen Welterbes sind. Sie sind deshalb sowohl als Baudenkmale als auch als konsti- 2 tuierende Bestandteile des Denkmalbereichs „Gartenreich Dessau-Wörlitz" geschützt . 1. Inwiefern wurde bei der Abwägung zwischen den Belangen des Denkmalund denen des Hochwasserschutzes dem Denkmalschutz genügend Rechnung getragen, wenn man bedenkt, dass mit der auf 120 Meter Länge niedriger liegenden Deichkrone eine Schwachstelle geschaffen wurde, die den Bestand des gesamten Gartenreiches Dessau-Wörlitz erheblich gefährdet ? Bei den Planungen zu Deichertüchtigungen nach dem Hochwasser 2002 hatte grundsätzlich der Hochwasserschutz in allen Zielkonflikten zwischen Welterbeschutz und Hochwasserschutz die höhere Priorität. Aufgrund der Anforderungen des Denkmalschutzes wurde als Kompromisslösung der Freibord im Deichbereich Wallwachhaus Mittelhölzer auf einer Länge von ca. 120 m abgesenkt . Eine Schwachstelle im Hochwasserschutz ist aufgrund der Freibordabsenkung in diesem Bereich dennoch nicht gegeben. Der Deich wurde im Deichbereich Wallwachhaus Mittelhölzer wasserseitig verstärkt , die Deichkrone auf 3 m verbreitert und der Deich durch innere Dichtwände stabilisiert. Er entspricht in seiner Konstruktionshöhe etwa dem Höchststand des Jahrhunderthochwassers vom August 2002. Das Schutzniveau entspricht trotz Freibordabsenkung den Anforderungen an ein Hochwasser mit einem hundertjährlichem Wiederkehrintervall (HQ100). Die mobile Deichverteidigung zur Erhöhung des Freibordes wird erst bei der sehr seltenen Überschreitung des Bemessungshochwasserstandes (HQ100), also einem Hochwasserereignis, das statistisch ein Wiederkehrintervall von 100 Jahren aufweist, erforderlich. 2. Welche Behörden waren an der Planung des entsprechenden Deichabschnittes in seiner jetzigen Form beteiligt und welche Behörde war hierbei federführend? Unter Federführung des Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) waren bei der Planung folgende weitere Behörden beteiligt: Kulturstiftung Dessau-Wörlitz Landkreis Wittenberg, Untere Denkmalschutzbehörde Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Landesverwaltungsamt, Obere Denkmalschutzbehörde 3. Welche Rolle spielte das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in diesem Planungsprozess? Wie bei allen Genehmigungsverfahren im Bereich der Baudenkmalpflege hatte das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie (LDA) gemäß § 5 Abs. 3 DenkmSchG LSA als Gutachterbehörde auftragsgemäß eine beratende Rolle. Es hat die fachlichen Interessen der Denkmalpflege zu berücksichtigen. Das LDA formuliert die zu schützenden substantiellen und erscheinungsbildlichen Denkmalwerte im Grundsätzlichen und im Detail. Da für das Welterbe Gartenreich Dessau-Wörlitz der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz (KSDW) von der UNE- 3 SCO die Rolle des „Site Managers" übergeben wurde, formuliert auch die KSDW Ziele für den Welterbeschutz. 4. Welchen Einfluss nahm Herr Harald Meller in seiner Funktion als Behördenleiter des Landesamtes für Denkmalpflege zur damaligen Zeit auf die Planung des betreffenden Deichabschnittes? Keinen. 5. In wessen Eigentum steht das historische Gebäude „Wallwachhaus Mittelhölzer “ heute und wie wird es derzeit genutzt? Das Wallwachhaus Mittelhölzer befindet sich im Eigentum der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz und ist vermietet. 6. Laut Angabe eines MZ-Artikels vom 26. Juli 2015 hätte gemäß Aussage des Landesamtes für Denkmalpflege eine Deicherhöhung über den Bestand von 2002 hinaus „den baulichen Bestand [des Wallwachhauses] arg bedrängt und seine Nutzbarkeit gefährdet.“ Inwiefern ist dies der Fall und wie steht dies im Verhältnis zu der in Kauf genommenen Schwachstelle im Deich? Eine Schwachstelle im Deich liegt nicht vor (siehe Antwort zu Frage 1). Unabhängig der denkmalschutzrechtlichen Belange ist es richtig, dass eine Erhöhung des Deiches im Bereich des Wallwachhauses Mittelhölzer über den Bestand von 2002 hinaus den baulichen Bestand des Wallwachhauses Mittelhölzer zum Beispiel allein durch die dann notwendige Deichfußverbreiterung bedrängt und seine Nutzbarkeit gefährdet hätte. Der Weg zwischen Wallwachhaus und Deichkörper wäre dann ebenfalls für die Deichverteidigung nicht mehr nutzbar. 7. Laut Aussage des Leiters des Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft, Herrn Burkhard Henning, wurde im Zuge der Deicherhöhung mit allen anliegenden Mietern einzeln verhandelt. Herr Harald Meller war mindestens seit Januar 2010 Mieter des Wallwachhauses Mittelhölzer . Wie äußerte sich Herr Meller im Zuge der damaligen Verhandlungen zur geplanten Deicherhöhung? Bitte gewähren Sie ggf. Zugang zu den eventuell vorhandenen Protokollen, Stellungnahmen usw. Mit Herrn Prof. Dr. Meller wurde vom LHW über die Deicherhöhung nicht verhandelt . Auch eine Mieterbefragung durch den LHW hat es nicht gegeben.