STAATSM1N1STERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Verena Meiwald, Fraktion DIE LINKE. Drs.-Nr.: 6/10019 Thema: Sind an Bürgerbegehren in Sachsen erhöhte Anforderungen zu stellen? Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: Vorbemerkungen: „Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Kommunalrechts hatte die seinerzeitige CDU/FDP-Koalition auch verschiedene Änderungen im Bereich der Bürgerbegehren und Bürgerentscheide vorgenommen. Insbesondere muss ein Bürgerbegehren einen Entscheidungsvorschlag (statt wie bis zum Jahr 2013 eine Fragestellung) enthalten, welcher mit ja oder nein zu entscheiden ist." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Sind mit der in den Vorbemerkungen beschriebenen Änderung des § 25 Absatz 2 Satz 1 SächsGem0 die Anforderungen an die Formulierung eines zulässigen Bürgerbegehrens gestiegen? Frage 2: Aus welcher Norm lassen sich die formellen und materiellen Anforderungen an einem Entscheidungsvorschlag entnehmen? Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 22-1053/28/92 „ - Dresden, . Juli 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3,6, 7,8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN Frage 3: Müssen seit dem Inkrafttreten des o.g. Gesetzes Bürgerbegehren als unzulässig abgelehnt werden, wenn der Entscheidungsvorschlag ausschließlich als Frage formuliert ist? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 bis 3: Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Kommunalrechts vom 28. November 2013 (SächsGVBI. S. 822ff.) wurden formelle und materielle Änderungen zum Bürgerentscheid (§ 24 Sächsische Gemeindeordnung [SächsGemO]) und zum Bürgerbegehren (§ 25 SächsGem0) vorgenommen. Beim Bürgerentscheid wurde in § 24 Abs. 3 S. 1 SächsGem0 das Wort „Frage" durch das Wort „Entscheidungsvorschlag" ersetzt. Damit hat der Gesetzgeber auch sprachlich verdeutlicht, dass ein Bürgerentscheid einen Gemeinderatsbeschluss gleichsteht und dementsprechend, wie eine Beschlussvorlage zu formulieren ist, vgl. Drs.-Nr. 5/11912, S. 51. Folgerichtig wurde beim Bürgerbegehren in § 25 Abs. 2 S. 1 SächsGem0 ebenfalls das Wort „Fragestellung" durch das Wort „Entscheidungsvorschlag" ersetzt. Daher ist eine bloße Fragestellung nicht mehr ausreichend . Der Gesetzgeber hat seit jeher als Anwendungsbereich des Bürgerbegehrens bzw. Bürgerentscheids auf den interessierten Gemeindebürger abgestellt. Ein Bürgerbegehren bzw. Bürgerentscheid muss daher inhaltlich klar und eindeutig formuliert sein. Der Bürger muss allein aus dem Entscheidungsvorschlag entnehmen können, worüber er abstimmt und seinem demokratischen Willen durch die Stimmabgabe Ausdruck verleihen . Da Bürgerbegehren aber in der Regel durch Bürger ohne Verwaltungserfahrung eingereicht werden, dürfen an ein Bürgerbegehren bzw. Bürgerentscheid andererseits nicht allzu hohe formale Anforderungen gestellt werden. Ein Bürgerbegehren ist daher nicht unzulässig, wenn es in Frageform formuliert ist, ansonsten aber alle materiellen Anforderungen des § 25 SächsGem0 erfüllt sind. In dieser genannten Fallkonstellation muss der Gemeinderat die Frage in seiner Zulassungsentscheidung ausnahmsweise unter strikter Wahrung aller inhaltlichen Vorgaben des Bürgerbegehrens in einen Entscheidungsvorschlag umformulieren, vgl. Koolman, in: Binus/Sponer/Koolman, Kommentar Sächsische Gemeindeordnung, Kommunalund Schul -Verlag Wiesbaden, 1. Auflage 2016, § 25 Rn. 7, m. w. N. Frage 4: Sind der Staatsregierung seit 2014 Bürgerbegehren bekannt, welche als unzulässig abgelehnt wurden, weil deren Entscheidungsvorschlag als Frage formuliert war? Aus den in der Antwort zu Fragen 1 bis 3 genannten Gründen kann ein Bürgerbegehren , allein aufgrund einer bloßen Fragestellung nicht durch den Gemeinderat als unzulässig abgelehnt werden. Dem Sächsischen Staatsministerium des Innern als oberster Rechtsaufsichtsbehörde über die Gemeinden sind aus der Verwaltungspraxis auch keine Probleme bei der Rechtsanwendung der geänderten Fassung bekannt geworden . Freistaat SACHSEN Seite 2 von 3 STAATSMINISTERIUM DES INNERN N-pw Freistaat SACHSEN Von einer weiterführenden Beantwortung durch die Staatsregierung wird abgesehen. Die Staatsregierung ist dem Landtag nur für ihre Amtsführung verantwortlich. Sie ist daher nur in solchen Angelegenheiten zur Auskunft verpflichtet, die in ihre Zuständigkeit fallen und muss nicht auf Fragen eingehen, die außerhalb ihres Verantwortungsbereichs liegen. Letzteres ist hier der Fall, denn die Frage betrifft ausschließlich Sachverhalte, die von der Gemeinde als Selbstverwaltungsaufgabe wahrgenommen werden. Selbstverwaltungsaufgaben unterliegen nur der Rechtsaufsicht, nicht aber der Fachaufsicht. Im Zu- Iständig eitsbereich der Rechtsaufsicht können die Staatsregierung bzw. die hierfür zustän igen Rechtsaufsichts-behörden vom Informationsrecht nach § 113 SächsGem0 nur G brau machen, wenn im Einzelfall Anhaltspunkte für eine bevorstehende oder bereit erf gte Rechtsverletzung vorliegen. Mit frbundlichen Grüßen Markus Ulbig Seite 3 von 3 2017-07-26T14:10:45+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes