STAATSMINISTERIUM DES INNERN SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Enrico Stange, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/10083 Thema: Anwendung des Risikobewertungsinstruments RADAR-iTE und des Risiko -Analyse -Systems RISKANT in Sachsen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „In einer Pressemitteilung des Bundeskriminalamtes vom 2.02.2017 ist zu lesen: ,Vor diesen Hintergrund hat das Bundeskriminalamt (BKA) in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Forensische Psychologie der Universität Konstanz das Risikobewertungsinstrument RADAR-iTE entwickelt. [...] Im September 2016 wurde RADAR-iTE fertiggestellt. Die stufenweise bundesweite Einführung wird voraussichtlich im Sommer 2017 abgeschlossen sein. [...] Die individuellen Merkmale eines Falls müssen noch stärker berücksichtigt und fachlich eingeordnet werden, um ein genaues Bild über die Problembereiche, aber auch die Schutzbereiche der einzelnen Personen zu erhalten. Darum wird auf RADAR-iTE aufbauend das zweistufige Risiko -Analyse- System RISKANT entwickelt, das eine einzelfallorientierte Bedrohungsbeurteilung und individuelle Maßnahmenberatung für die festgestellten Hoch -Risiko -Personen ermöglicht.' (Quelle: https://www.bka.de/DE/Presse/Listenseite Pressemitteilumen/2017/Pr esse2017/170202 Radar.html, zuletzt aufgerufen am 30.06.2017)" Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wann wurden die Analyse -Systeme RADAR-iTE und RISKANT in Sachsen in welchen Dienststellen bzw. Behörden eingeführt bzw. für wann ist die Einführung vorgesehen bzw. beabsichtigt und wie hoch waren bzw. sind die Kosten für die Anschaffung und Einführung der Analyse -Systeme aus Frage 1? e FreistaatSACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 33-1053/30/63 Dresden, . August 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIIJIM DES INNERN Freistaat SACHSEN Frage 2: Wie viele Bedienstete der sächsischen Polizei und des sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz wurden wann in die Anwendung der Analyse -Systeme aus Frage 1 eingewiesen oder sollen ab wann eingewiesen werden? (Bitte aufschlüsseln nach Behörden und Dienststellen, Beamten und Laufbahngruppen, Tarifbeschäftigten!) Frage 3: Durch wen erfolgte die Unterweisung aus Frage 2 und welchen zeitlichen Umfang umfassen die Unterweisungen? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 bis 3: Bei RISKANT handelt es sich um ein derzeit noch in der Entwicklung befindliches Projekt . Daher sind hierzu noch keine Angaben möglich. RADAR-iTE wird durch das BKA kostenfrei seit dem 4. Quartal 2016 bundesweit stufenweise implementiert und betreut. In Sachsen ist die für die polizeiliche Risikobewertung von potenziellen Gewaltstraftätern des islamistischen Spektrums vorgesehene Anwendung im 2. Quartal 2017 beim Landeskriminalamt (LKA) eingeführt worden. In die Anwendung wurden ein Polizeibeamter der Laufbahngruppe (LG) 1.2 und fünf Polizeibeamte der LG 2.1 des LKA eingewiesen . Die Unterweisungen erfolgten durch das BKA und dauerten drei Tage. Frage 4: Welche Daten und Informationen über die zu bewertenden Personen werden erhoben bzw. beschafft und herangezogen und nach welcher Analysemethode werden die Risikobewertungen durchgeführt? Das Instrument RADAR-iTE besteht aus den drei Elementen Fallchronologie, Risikobewertungsbogen und Verrechnungsmodell. Für die Anwendung von RADAR-iTE bedarf es mithin zunächst einer strukturierten Informationszusammenführung in Form einer tabellarischen Fallchronologie, in der alle für die Risikobewertung relevanten Aspekte einer Person festgehalten werden. Die Polizei nutzt hierfür alle ihr zur Verfügung stehenden Informationen. Die sich daran anschließende Risikobewertung erfolgt mit Hilfe eines standardisierten Bewertungsbogens auf Grundlage der zuvor erstellten Fallchronologie . Die im Risikobewertungsbogen enthaltenen, thematisch nach Bereichen wie „Gewalt", „Waffen", „Militär und Ausreise" gegliederten Fragen bilden sowohl risikoerhöhende als auch risikomindernde Merkmale ab. Die Interpretation der Merkmalsbewertung erfolgt sodann durch ein programmiertes Verrechnungsmodell. Dieses basiert auf der Zuordnung der o. g. Risiko- und Schutzmerkmale zu bestimmten Dimensionen wie z. B. „Gewalt gegen Personen und Sachen", „Waffen/Sprengstoffe" und „Soziale Kontakte", die wiederum in einzelne Kategorien wie „Werdegang", „Aktuelle Situation" und „Deliktsnähe (Terror)" unterteilt sind. Bei der Verrechnung werden unterschiedliche Aspekte berücksichtigt. Darunter fallen die Anzahl der berührten Dimensionen (Breite), das Hervorstechen einzelner Dimensionen (Höhe), die Kombination aus statischen und dynamischen Merkmalen und das zeitliche Auftreten der Risiko- und Schutzmerkmale. Als Ergebnis der Anwendung von RADAR-iTE wird für die bewertete Person die Zuordnung zu einer dreistufigen Risikoskala (moderates, auffälliges, hohes Risiko) vorgenommen sowie ein Risikoprofil erstellt, die eine Priorisierung polizeilicher Maßnahmen ermöglichen bzw. unterstützen. Seite 2 von 3 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Weitergehende Einzelheiten können aus Gründen des Geheimschutzes nicht bekannt gegeben werden. Bei den die Anwendung RADAR-iTE betreffenden Unterlagen handelt es sich um polizeiinterne Arbeitsmittel, die Rückschlüsse auf taktische und operative Aspekte der Polizeiarbeit zulassen. Ein Bekanntwerden dieses polizeitaktischen Arbeitsmittels kann dazu führen, dass polizeiliche Bekämpfungsansätze gezielt unterlaufen werden, indem sich — hier — potenzielle islamistische Gewaltstraftäter die Überlegungen zu Eigen machen und ihr Verhalten danach ausrichten. Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall notwendige Wahrung der polizeilichen Arbeitsfähigkeit sind die Unterlagen zu RADAR-iTE durch das BKA als Verschlusssache mit dem Geheimhaltungsgrad VS -NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH eingestuft und insoweit nicht zur Veröffentlichung frei gegeben worden. Die aufgeführten Gründe hindern auch eine Weitergabe der darin enthaltenden Einzelheiten in einer nichtöffentlichen Sitzung des Landtages oder mit entsprechendem Geheimhaltungsvermerk. Polizeitaktische Vorgehensweisen gerade im Bereich der Terrorismusbekämpfung bedürfen besonderer Geheimhaltung . Auch bei einer unter solchen Umständen erfolgenden Bekanntgabe ist im vorliegenden Fall nicht mit Sicherheit auszuschließen, dass diesbezügliche Informationen über Funktion und Inhalte von RADAR-iTE an Personen gelangen, die letztlich ihrerseits aus den veröffentlichten Bezügen und aus ihren sonstigen Kenntnissen auf entsprechende Inhalte schließen können. Jenen könnte dadurch Gelegenheit gegeben werden, möglicherweise in Betracht kommende Gefahrenabwehr- bzw. Ermittlungsmaßnahmen durch gezieltes Unterlaufen zu vereiteln. Auch innerhalb der polizeilichen Sachbearbeitung hat aus diesem Grund nur ein begrenzter Kreis Zugriff auf die RADAR-iTE-Unterlagen. Frage 5: Welche signifikanten Unterschiede in Zielsetzung, Analysemethode, verwendeten Daten und Bewertungsmaßstäben bestehen zwischen RADAR-iTE und RISKANT? In Anbetracht der bundesweit aktuell hohen Anzahl an Gefährdern soll RADAR-iTE die Polizei dabei unterstützen, potenzielle Gewalttäter des islamistischen Spektrums hinsichtlich ihres Risikopotenzials (moderat, auffällig, hoch) zu differenzieren und diesbezügliche Maßnahmen zu priorisieren. Um das polizeiliche Risikomanagement in diesem Bereich noch weiter zu verbessern, soll RISKANT ein darüber hinausgehendes einzelffallorie tiertes Bedrohungsmanagement für die mit einem hohen Risiko identifizierten poten iellen Gewalttäter ermöglichen. Wie bereits oben dargelegt, handelt es sich bei RISK NT ürn ein derzeit in der Entwicklung befindliches Projekt des BKA, sodass zu den erfragten Unterschieden noch keine näheren Angaben möglich sind. Mit .feundlichen Grüßen Mä(küs Ulbig Freistaat SACI-1SEN Seite 3 von 3 2017-08-02T09:29:09+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes