STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Enrico Stange, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/10170 Thema: Soziologische Abhandlung über das Frauenbild im Islam durch den Pressesprecher der Leipziger Polizeidirektion Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Auf der Internetseite www.mdr.de ist unter der Überschrift ,Leipzigs Polizei liefert Abhandlung zum Frauenbild im Islam' zu lesen: ,Eine Syrerin hat ihren prügelnden Mann bei der Leipziger Polizei angezeigt. Diesen Vorfall hat der Polizeisprecher Andreas Loepki in seinem täglichen Bericht zum Anlass genommen, das in seinen Augen rückständige Frauenbild der Muslime ausführlich zu kritisieren. Unter der Überschrift ,Artikel 3 und 4 Grundgesetz vs. Sure 4:34' philosophiert er zwischen zwei Polizeimeldungen über Dieseldiebstahl und einen gesprengten Fahrkartenautomaten in einer längeren Abhandlung über die Unterdrückung der Frau im Islam. Er schreibt, abgesehen vom allgemein rückständigen Frauenbild in weiten Gesellschaftsteilen des arabischen Sprachraums, wende ein Muslim die Gewalt gegen seine Ehefrau nicht zuletzt auf religiöser Basis an, auch wenn ihm der Koran hierbei kein schrankenloses Züchtigungsrecht einräume.' (Quelle: http://www.mdr.de/sachsen/leipzig/ polizeimeldung-behandelt-denkoran -100.html, zuletzt aufgerufen am 12.07.2017)" Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welchen genauen Wortlaut hat die Abhandlung des Pressesprechers der Leipziger Polizeidirektion, Andreas Loepki, über das Frauenbild im Islam gemäß Vorbemerkung? Ein Ausdruck der Medieninformation der Polizeidirektion Leipzig vom 10. Juli 2017 (https://www.polizei.sachsen.de/de/MI_2017_51110.htm) ist als Anlage beigefügt. Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) PB-1053/30/93 Dresden, 2,0 . Juli 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN e FreistaatSACHSEN Frage 2: In welchen weiteren religiösen oder anderen Weltanschauungen herrscht nach Einschätzung der Polizeidirektion Leipzig ein „allgemein rückständigen Frauenbild ", welches Gewalt gegen Frauen rechtfertigt, und welche dienstlichen Anforderungen oder begleitenden Hinweise hat die Polizeidirektion Leipzig daraus für ihre Bediensteten geschlussfolgert? Eine solche Bewertung hat die Polizeidirektion Leipzig bisher nicht vorgenommen. Von einer weiterführenden Beantwortung seitens der Staatsregierung wird abgesehen. Die Frage ist auf eine Bewertung gerichtet. Zur Abgabe einer Bewertung ist die Staatsregierung nicht verpflichtet. Frage 3: In welche soziologischen Forschungen über das Frauenbild in religiös geprägten Gesellschaften bzw. in muslimischen Familien oder Menschengruppen in Migrationssituationen ist die Polizeidirektion Leipzig einbezogen bzw. der Pressesprecher der Polizeidirektion Leipzig bislang in Erscheinung getreten? Keine. Frage 4: Hat der Pressesprecher der Polizeidirektion Leipzig oder die Polizeidirektion Leipzig bislang auch vergleichende theologische oder soziologische Studien zwischen den heiligen Schriften der monotheistischen Religionen hinsichtlich der Entwicklung des Frauenbildes in den durch die entsprechende Religion geprägtein Gesellschaften erstellt? / Nein. / Mit fr,leundlichen Grüßen i Markus Ulbig Anlage Seite 2 von 2 Anlage zur Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Enrico Stange, Drs. 6/10170 Auszug aus der im Internet (https://www.polizei.sachsen.de/de/MI_2017_51110.htm) veröffentlichten Pressemitteilung der Polizeidirektion Leipzig vom 10. Juli 2017, 15:43 Uhr Artikel 3 und 4 Grundgesetz vs. Sure 4:34 Ort: Zuständigkeitsbereich der PD Leipzig und andernorts in Deutschland Zeit: wohl tagtäglich Eine Anwohnerin (67) bemerkte gestern Nachmittag eine augenscheinlich dem arabischen Raum entstammende Frau, welche Angst zu haben schien und versuchte, sich hinter parkenden Autos zu verstecken. Daraufhin bot sie ihr Einlass auf das eigenen Grundstück. Trotz der bestehenden Sprachbarriere konnte die Syrerin (30) durch Gesten vermitteln, von ihrem Mann geschlagen worden und vor ihm auf der Flucht zu sein. Wie sich bei der späteren Anzeigenerstattung im Beisein eines Dolmetschers herausstellte, ist das kinderlose Ehepaar seit November 2016 in Deutschland, war zunächst in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht und bewohnt nunmehr eine Wohnung. Seit etwa fünf Jahren, also schon in Syrien, würde ihr Ehemann (35) sie grundlos und im teilweise wöchentlichen Rhythmus schlagen. Die Schläge führe er dabei mit der flachen Hand, der Faust und auch unter Benutzung von Gegenständen (Stöcke u. a.) gegen das Gesicht, den Bauch und den Rücken aus, wodurch er ihr auf der Flucht nach Deutschland sogar die Schulter gebrochen hätte. Ferner würde er in seiner Rage mitunter auch mit Gegenständen (z. B. Tassen) nach ihr werfen. Der Grund ihrer Flucht sei eine Ohrfeige vom Vortag und die Furcht um weitere Gewalt gewesen. Aufgrund ihrer Aussagen wurden strafrechtliche Ermittlungen wegen Körperverletzung eingeleitet. Allerdings wird die größere Hilfestellung wohl darin bestehen, ihr beratende Personen vermittelt zu haben, die ihren kurzfristigen (sichere Bleibe fern ihres Mannes) und mittelfristigen Wunsch (Scheidung) begleiten. Nein, dies ist keine Vorverurteilung des Ehemannes; die Ermittlungen werden objektiv, also auch in entlastender Hinsicht geführt. Und ja, auch nicht wenige im hiesigen Kulturkreis aufgewachsene Männer neigen dazu, ihre Partnerinnen zu schlagen und zu misshandeln. Doch so vergleichbar die schlagenden Handlungen und körperlich -seelischen Folgen fir die geschädigten Frauen sind oder so gleich der statistische Vermerk über häusliche Gewalt gesetzt wird, bleiben markante Unterschiede der Taten bestehen. Denn abgesehen vom allgemein rückständigen Frauenbild in weiten Gesellschaftsteilen des arabischen Sprachraums wendet ein Muslim die Gewalt gegen seine Ehefrau nicht zuletzt auf religiöser Basis an, auch wenn ihm der Koran hierbei kein schrankenloses Züchtigungsrecht einräumt. Sollten sich beispielsweise die Schilderungen der Syrerin bewahrheiten, hätte ihr Ehemann selbst diesen Bogen weit überspannt. Insgesamt offenbart sich hier wohl eine der Herausforderungen nachhaltiger Integrationsarbeit, denn ein über Jahrhunderte geprägtes, gelebtes, erfahrenes und in der Religion verankertes Frauenbild geht auf der Suche nach einem sicheren und besseren Leben nicht irgendwo auf dem Balkan verloren und es wird auch nicht bei der Überfahrt ins Mittelmeer geworfen. Es reist mit, wird fortgelebt und wird sich nicht binnen Monaten westlich -europäischen Standards anpassen. Angesichts einer Frauenrechtsbewegung, die trotz aller hochgelobten westlichen Aufklärung hierzulande bereits seit der Französischen Revolution für gleiche Rechte kämpfen muss, wäre eine solche Erwartung schlicht naiv. Da Frauen aus fremden Kulturkreisen die Gewalt zudem womöglich als gerechtfertigte Normalität erleben und die Dunkelziffern mithin nochmals höher ausfallen dürfte, sind und bleiben ein offenes Ansprechen und Gegensteuern — inklusive einer gezielten Ermutigung und Hilfestellung ftir betroffene Frauen — zwingend notwendig. (Loe) 2017-07-21T10:43:36+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes