STAATSMINISTERIUI\4 DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 (0)351 564 1500 Telefax +49 (0)351 564 1509 staatsminister@ smj.j ustiz.sachsen.de" Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 10408-KLR-2071t17 SACHSISCHES STMTSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hospitalstr. 7 | 0'1097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Enrico Stange, Fraktion DIE LINKE Drs,-Nr.: 6/10187 Thema: Anordnung der Abschiebehaft gegen einen mutmaßlichen ,,islamistischen Gefährder" durch das Amtsger¡cht Leipzig Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,ln einer Pressemitteilung der Sächsischen Staatsregierung vom 21.04.2017 ist zu lesen: ,Für den lllarokkaner, der aufgrund von Hinweisen der Sicherheitsbehörden auf e¡nen geplanten Anschlag in Berlin am 8. April 2017 in einer Flüchtlingsunterkunft in Borsdorf (Landkreis Leipzig) festgenommen wurde, hat heute das zuständige Leipziger Amtsgericht die Abschiebungshaft angeordnet.' (Quelle: https ://www.med ienservice.sachsen.de/med ien/news/21 0338, zu leEt aufgerufen am 13.07.2017)" Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Dresden. fi August 2017 Hausanschrlft: Sächslschos Staatsministerl um der Justiz Hospitalstr, 7 01 097 Dresden Briefpost tiber Deutsche Post 01095 Dresden www.justiz.sachsen.de/smj Verkehrsverblndung Zu erreichen mit Straßenbahnlinien 3,6,7,8,11 Parken und behindertengerechter Zugang i¡ber Einfahrt Hospitalstraße 7 "Zugang für êloktronisch sign¡erta sowiê für varschlüssolte elektron¡sche Dokumente nur über das EleKron¡sche Gerichts- und VeMaltungspostfach; nåhBre lnformationen unler w.egvp.de Seite 1 von 4 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN ñE-RHÈrurlw Frage 1: Unter welchem Aktenzeichen hat das Amtsger¡cht Leipzig das Verfahren zur Anordnung der Abschiebehaft gegen den mutmaßlichen ,,islamistischen Gefährder" nach $ 62 AufenthG gefi,ihrt? Das Verfahren wurde beim Amtsgericht Leipzig unter dem Aktenzeichen 281 XIV 61/17 geführt . Frage 2: Wie wurde die Anordnung der Abschiebehaft gegen den mutmaßlichen ,,islamistischen Gefährder" aus der Vorbemerkung durch das Amtsgericht Leipzig begründet und welche Hinderungsgründe einer Abschiebung gemäß $ 60 AufenthG wurden durch das Amtsgericht Leipzig mit welchem Ergebnis geprüft? Die Anordnung der Abschiebungshaft hat das Amtsgericht Leipzig damit begründet, dass die Haftanordnung unumgänglich war, um die vom Betroffenen ausgehende Gefährdungslage für die Allgemeinheit sicher auszuräumen und dessen Abtauchen in den Untergrund zu verhindern . Die Abschiebungshaftanordnung hat das Gericht auf die SS 62 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1a und Nummer 5, 58a AufenthG gestützt: Laut den Entscheidungsgründen sei gegen den Betroffenen am 20. April 2017 eine sofort vollziehbare Abschiebungsanordnung nach $ 58a Absatz 1 AufenthG durch das Staatsministerium des lnnern ergangen, weil eine Vielzahl tatbezogener Feststellungen wie durch ein Foto belegter Waffenbesitz, eine Testamentserrichtung und die Einbindung des Betroffenen in die salafistische Szene in ihrer Gesamtschau den konkreten Verdacht für eine terroristische Gefährdung der Allgemeinheit durch den Betroffenen begründeten. Das Gericht sah auch die weiteren Voraussetzungen für eine Abschiebungshaftanordnung nach $ 62 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1a, Satz 3 AufenthG als erfüllt an, da die Abschiebungsanordnung nicht unmittelbar vollzogen werden konnte, weil noch kein gültiges marokkanisches Reisedokument vorlag, aber aufgrund einer vorhandenen Passkopie zeitnah mit der Ausstellung eines Passersatzes durch die marokkanischen Behörden und in der Folge mit einer Rückführung spätestens bis zum7. Juni 2017 zu rechnen sei. Darüber hinaus bejahte das Gericht auch den Haftgrund nach $ 62 Absatz 3 Satz 1 Nummer 5 AufenthG, da begründete Verdachtsmomente dafür vorlägen, dass der Betrotfene sich im Fall einer Freilassung der Abschiebung durch Flucht entziehen werde, weil er sich bereits in der Vergangenheit verschiedener ldentitäten bedient habe, um staatliche Stellen in Deutschland zu täuschen und eigenen Angaben nach in ltalien für die Mafia tätig gewesen Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN (EI-\tilÈerlÊftJ\€y sei. Das Gericht gelangte zu der Überzeugung, dass eine Freilassung des Betroffenen dessen sofortiges Untertauchen zur Folge hätte, womit die Abschiebungsanordnung des Staatsministeriums des lnnern vereitelt würde, und dass mildere Mittel als der Freiheitsentzug nicht ersichtlich seien. Welche Hinderungsgründe einer Abschiebung gemäß $ 60 AufenthG durch das Amtsgericht Leipzig geprüft wurden, entzieht sich der Kenntnis der Staatsregierung. Die inhaltliche Prüfung ist Gegenstand der richterlichen Entscheidungsfindung und liegt damit wegen des Grundsatzes der Gewaltenteilung nicht im Kenntnisbereich der Staatsregierung. Die Staatsregierung kann allein dasjenige mitteilen, was ihr aufgrund ihrer Beteiligtenstellung im Gerichtsverfahren bekannt geworden ist. Die Staatsregierung kennt lediglich die schriftlichen Entscheidungsgrlinde, die keine näheren Ausführungen zum Ergebnis der Prüfung einzelner Abschiebungsverbote nach $ 60 AufenthG enthalten. Frage 3: Hatte der mutmaßliche ,,islamistische Gefährder" aus der Vorbemerkung während des Verfahrens zur Prüfung des Antrags auf Abschiebehaft anwaltlichen Beistand und wann wurde dieser zum Verfahren hinzugezogen? Ja. Ein Rechtsanwalt wurde bereits im vorangegangenen Verfahren nach $ 22 Absatz 1 Nummer 1 SächsPolG am 8. April 2017 hinzugezogen. Frage 4: Welche Rechtsmittel gegen eine Abschiebehaftanordnung nach $ 62 AufenthG sind möglich und welche Rechtsmittelwurden seitens des Betroffenen bzw. seines anwaltlichen Vertreters gegen die Abschiebehaftanordnung eingelegt und wie wurde über diese Rechtsmittel entschieden? Das Verfahren zur Anordnung von Abschiebungshaft ist in den SS 415ff. des Gesetzes uber das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) geregelt. Gemäß $ 59 Absatz 1 FamFG kann der Betroffene gegen die Anordnung der Abschiebungshaft Beschwerde einlegen. Seite 3 von 4 "oo"'T;'JlllTH I ru Freistaat SACHSEN Soweit ersichtlich wurde gegen die Anordnung der Abschiebungshaft kein Rechtsmittel eingelegt . Mit freundlichen Gräßen Sebastian Gemkow Se¡te 4 von 4 2017-08-10T08:46:14+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes