SACHSìSCHE STAATSKANZLEI SÂCHSISCHE STAATSKANZLEI 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bern hard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Uwe Wurlitzer, AfD-Fraktion Drs.-Nr.: 6/10191 Thema: Fake News im Rahmen der Bundestagswahl20lT Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,Eine allgemein gültige oder juristische Definition des Begriffs Fake News gibt es derzeit nicht (WD-f0-003117 Fake-News Definition und Rechtslage, siehe Anlage). Es wird davon ausgegangen, dass in der Kleinen Anfrage mit Fake News Nachrichten gemeint sind, die absichtlich falsch sind und die eigens zum Zweck der viralen Verbreitung üb..er das lnternet und die sozialen Neta¡rerke produziert wurden, um die Offentlichkeit zu manipulieren." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage l: Sind der Staatsregierung Falschmeldungen, sog. Fake News, zur Einflussnahme auf die Bundestagswahl 2017 bekannt, die in Sachsen verbreitet wurden? Frage 2= Falls die Frage 1 bejaht wurde: a) Welchen Inhalt hatten die Fake News, b) wer wurde als Urheber der Fake News festgestellt, c) welches Ziel hatten die Fake News und wurde es erreicht, d) an welche Zielgruppe waren die Fake News gerichtet? l5 FreistaatSACHSEN Chef der Staatskanzlei und Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten Durchwahl Telefon +49 351 564-1020 Telefax +49 351 564-1025 poststelle@ sk.sachsen.de Dresden T August 201 7 DI€ KAMPAGN€ D€S FRCISTAAT€s SACHSCN. Hausanschrift: Sächsische Staatskanzle¡ Arch¡vstraße 1 01097 Dresden .. SO GCHT SACHSISCH Seite 1 von 2 www.sachsen.de 5ÄcHSIScHE STAATSKANZLEI l5 FreistaatSACHSEN Frage 3: Was wurde von wem konkret gegen die Fake News unternommen? Zusammenfassende Antwort zu den Fragen 1 bis 3: Der Staatsregierung sind gegenwärtig keine im Freistaat Sachsen verbreiteten Falschmeldungen (sog. Fake News) zur Einflussnahme auf die Bundestagswahl 2017 bekannt . Frage 4: Welche Präventiven Maßnahmen hat die Staatsregierung vor der Bundestagswahl 2017 ergriffen, um Fake News einzudämmen und die Bevölkerung auf den Umgang mit Fake News hinzuweisen? Der Bund, namentlich das Bundesamt für Sicherheit in der lnformationstechnik (BSl), und der Bundeswahlleiter haben zur Vorbereitung der Bundestagswahl 2017 alle Wahlakteure auf die Verantwortung für die jeweils eigenen lT-Systeme hingewiesen und hierzu umfassend beraten. Dies betraf auch die an der Bundestagswahl beteiligten Parteien und die darüber berichtenden Medien. Für die Prävention gilt grundsätzlich, dass sich die Staatsregierung für politische Bildung und Medienkompetenz einsetzt. Um im Kontext der Bundestagswahl 2017 die Bevölkerung auf den Umgang mit Fake News hinzuweisen, wurden und werden beíspielsweise im Bereich der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung (SLpB) vielfältige Maßnahmen ergriffen. Dazu gehören u. a. Veranstaltungen im Rahmen der Reihe Donnerstagsgespräche, in denen seit Ende 2Q16 auf die Problematik von Fake News eingegangen wird sowie zahlreiche Print- und Online-Publikationen der SLpB zum Thema Fake News. Frage 5: Welche Konsequenzen für zuktinftige Wahlen zieht die Staatsregierung im Hinblick auf Fake News? Gegenwärtig gibt es keine belastbaren Erkenntnisse, ob und in welcher lntensität Fake News in Sachsen zur Einflussnahme von Wahlen auftreten werden. Die Staatsregierung wird den Ablauf der kommenden Wahlen in Deutschland im Hinblick auf Fake News beobachten und daraus die gegebenenfalls zu treffenden Maßnahmen, insbesondere zur Gewährleistung des ordnungsgemäßen Ablaufs von Wahlen, ableiten. Mit freundlichen Grüßen Dr. Fritz Anlage Seite 2 von 2 e¿ Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag Sachstand Fake-News Definition und Rechtslage @ 2O't7 Deutscher Bundestag wD 10 - 3ooo - oognz Wissenschaftliche Dienste Sachstand wD 10 - 3000 - oo3l1,7 Seite 2 Fake-News Definition und Rechtslage Aktenzeichen: Abschluss der Arbeit: Fachbereich: wD L0 - 3000 - oo3l1,7 1"7.02.201.7 WD 10: Kultur, Medien und Sport Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder, Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung, Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Aufuagsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar, Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand wD 10 - 3000 - 00311,7 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1.. Problemaufriss Fake News t Begriffliche Klärung Schutzbereich der Meinungsfreiheit Schutzbereich der Meinungsfreiheit des Art, 5 Abs. 1 Hs. 1 GG Schranken der Meinungsfreiheit Beispiele aus der (aktuelleren) Rechtsprechung 4 6 3. 3.1.. 3.2. 3.3. 4, 4.1. 4.2 4.3. 4.3.1.. 4.3.2. 4.3.3. 7 7 B I Derzeitige Rechtslage Strafbarkeit von Falschmeldungen Zivilrechtliche Ansprùche auf Löschung, Berichtigung und Unterlassung Presse- und Medienrecht Presserechtliche Haftung einer Redaktion Presserechtliche Verbreiter-Haftung Haftung von Diensteanbietern wie Facebook nach Telemediengesetz Recht auf Gegendarstellung Aktuelle Vorschläge für eine Anpassung des Rechts Verschärfung des Strafrechts Einrichtung einer Rechtsschutzstelle Gleichstellung von Facebook mit Presseverlagen Freiwillige Verpflichtung zu Ehren-Kodex Kontrolle durch die Offentlichkeit Fazit TL 1.1. 4.3.4 1.2 13 1.3 '1.4 '1.4 15 5. 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 16 16 16 17 1B 18 6. Lg Wissenschaft liche Dienste Sachstand wD 10 - 3000 - 003/17 Seite 4 1.. Problemaufriss Fake News In letzter Zeit haben Falschmeldungen unter dem Namen der Fake News giobal für Aufsehen gesorgt . Bereits 20L6 bauschte sich das Problem im Internet - z.B. ein erfundener Kommentar von Renate Künast zu einem Gewaltverbrechen auf Facebookl - auf, erreichte nunmehr jedoch einen erneuten Höhepunkt durch die Äußerung des jüngst vereidigten Präsidenten der USA Donald J. Trump durch seine Äußerung gegenüber des CNN2 Journalisten lim Acosta auf einer Pressekonfererlz am 1"1,,01,.201,7: ,,You are fake news!"3. Damit hat er das Diskussionsfeld auf den Bereich der etablierten Medien ausgeweitet.a Fake News in sozialen Netzwerken werden ais große Gefahr für eine ausgewogene und sachliche öffentliche Meinungsbildung empftinden. Falsche Nachrichten verbreiten sich im Internet mit rasender Geschwindigkeit und erreichen binnen kürzester Zeit viele tausende Leser. Dabei kann es sehr schwierig - wenn nicht unmöglich - sein, die jeweiligen Verantwortlichen zu identifizieren und somit zur Rechenschaft zu ziehen. Der angerichtete Schaden in Form von Desinformation und Rufschädigung ist - auch im Falle einer baldigen Löschung oder Berichtigung der Nachricht - häufig irreversibel.5 An dieser Stelle wird eine große Diskrepanz zwischen dem derzeit geltenden presse- und medienrechtlichen Haftungssystem und der heutigen Praxis der Informationsgewinnung aus dem Internet offensichtlich. Immer mehr Menschen informieren sich weitgehend oder sogar ausschließlich über soziale Netzwerke und Interneþortale. In den USA gaben bei einer Umfrage 44o/o der Erwachsenen an, ihre Informationen und Nachrichten ausschließIich über Facebook zu http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/kampf-gegen-fake-news-kuenast-stellt-strafanzeige-wegen-falschnachricht -auf-facebook-t+5oa+72.html (alle Internetseiten wurden zuletzt abgerufen am:15.02.2o1.7). CNN - Cable News Network ist ein US-amerikanischer Nachrichtensender, der dem Time Warner Medienkonzern zuzuordnen ist. Er hatte seither eine dominante Marktposition und liegt derzeit an zweiter Stelle hinter Fox News Channel und vor MSNBC. Vgl, Wikipedia, CNN, https://de.wikipedia.org/wiki/CNN. Hintergrund dieser Äußerung war eine Veröffentlichung eines sog. ,,schmutzigen Dossiers" seitens des US-amerikanischen Online-Medienunternehmens BuzzFeed, welches CNN als etablierter Nachrichtensender - auf seiner Homepage verlinkte. Inhalt des umstrittenen Dossiers waren unverifizierte, schwerwiegende rufschädigende Vorwürfe gegenüber Trump. Er soll im Vorfeld gegenüber Buzzfeed klargestellt haben, dass es sich bei den Vorwürfen um falsche Nachrichten gehhandelt habe. Vgl. u. a. http://www.usatoday.com/story/news/politics/onpolitics /2017l01.h1ltrump-cnn-press-conference/96447880/; http://www.theverge .com/2017hl11/14238768/tmmp-fake-news-press-conference-buzzfeed-cnn; Vgl. auch zu BuzzFeed und zum ,,schmutzigen Dossier" Wikipedia, BuzzFeed und die dort angegebenen weiterführenden Links, https ://de.wikipedia. ory/wiki/BuzzFeed. In seiner Twitter-Nachricht vom L5,o2.20L7 hat Trump dies nochmals hervorgehoben: ,,The fake news media is going crazy with their conspiracy theories and blind hatred. @MSNBC & @CNN are unwatchable. @foxandhiends is sreat!". httos://twitter.com/realdonaldtmmn/status/B3tB30s+8565852160. Kritisch dazu vgl. z. B. Hammer, Alexander und Hammer, Bettina, Für die beschworene Gefahr durch Fake News fehlt es selbst an Fakten, Telepolis, 07.02.201.7, https://www.heise.de/tplfeatures/Fuer-die-beschworene- Gofahr-durch-Fako-Nows-fohlt-os-selbst-an-Fakton-3 61 B5 B 5.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand wD 10 - 3000 - 00311.7 Seite 5 erlangen.G Auch wenn eine Falschmeldung wenige Stunden später am Ort ihres ersten Auftauchens gelöscht oder korrigiert wird, erreicht diese Konektur die Leser häufig nicht mehr. Diesen Effekt nutzen Einzelpersonen oder Gruppen aus, urn die (politische) Meinungsbildung mit Falschmeldungen zu beeinflussen oder gezielt einzelne Personen zu diskreditieren. Eine besondere Rolle spielt in diesem Zusammenhang das soziale Netzwerk Facebook: Facebook ist mit weltweit mehr als einer Milliarde Nutzern das größte Netzwerk dieser Art. Das Unternehmen ist in den letzten Monaten immer wieder dafür kritisiert worden, nicht in ausreichendem Maße gegen verleumderische, rassistische und falsche Nachrichten vorzugehen.T Unter anderem auf Facebook eingestellte Fake News sollen auch im US-Wahlkampf eine wichtige Rolle gespielt haben. So hätten zwanzig, erfundene Nachrichten bei Facebook insgesamt 8,7 Miilionen Reaktionen (Shares, Links, Kommentare) generiert.B Bin geringer Wahrheitsgehalt habe nach Analysen dabei eher einen positiven Effekt auf die Verbreitung als einen negativen.e Falschmeldungen wie die angebliche Empfehlung von Papst Franziskus, Trump zu wählen, könnten einen erheblichen Einfluss auf Wähler gehabt haben.'0 Fake News in Medien aller Art, hat es bereits immer gegeben, aber erst durch diverse Möglichkeiten der digitalen Verbreitung über das Internet und soziale Netzwerke können sie offenbar viralelt und destruktivel2 Wirkungen entfalten. 6 7 http://nJ¡mag.com/selectall/2016h 1/donald-trump-won-because-of-facebook.html. http://meedia.de/2016h1/18/fake-news-warum-facebook-verdammt-nochmal-seiner-verantwortung-gerechtwerden -muss/, https://beck-online.beck.de/Dokument?vpath=bibdata/zeits/mmraktuell/2016/384364.htm&pos=0&hlwords=on. https://beck-online.beck.de/Dokument?vpath=bibdata/zeits/mmraktuell/2016/384364.htm&pos=0&hlwords=on. Zu Beschleunigungseffekten bei der Verbreitung von Fake News durch die Vorselektion von Nachrichten auf der Social Media Plattform Facebook vgl. z.B. Effenberger, Fritz, Wa¡um Facebook schuld ist an Fake News, Telepolis, 06.O2.201.7, https://www.heise.de/tp/features/Warum-Facebook-schuld-ist-an-Fake-News- 361Bzz2.html. Eine generell destruktive Wirkung von Fake News lässt sich nur schwer nachweisen, wenn wie weiter unten dargestellt es noch keine allgemeingültige Definition von Fake News gibt. So gibt es laut Hammer auch noch keine belastbaren Studien zu deren Gefahrenpotential, Vgl. Hammer et al, Für die beschworene Gefahr durch Fake News fehlt es selbst an Fakten, a.a,O, Zum anderen können bei Fake News Tatsachenbehauptungen mit Meinungsäußerungen untrennbar verknüpft sein, Diese sog. ,,Mischäußerungen", bei denen Tatsachengehalt und Meinungsäußerung untrennbar vermischt sind, hat das BVerfG (BVerß NJW 1992, 1,439, 1.442) in ihrer Gesamtheit als grundsätzlich geschützte Meinungsäußerung angesehen. Vgl. hierzu z. B. Ladeur, Karl-Heinz, Zum Umgang mit Fake News im Internet, epd medien, Nr. 4, 2017, S: 5. a s 10 11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand wD 10 - 3000 - 00311.7 Seite 6 2. BegriffIiche Klärung Übersetzt heißt der Begriff ,,Fake News" nichts anderes als ,,falsche Nachrichten". Falsche Nachrichten sind unter dem Begriff der ,,Zeitungsente" schon seit dem L9. Jahrhundert bekannt. Dabei bezeichnet der Begriff sowohl irrtümliche Meldungen als auch absichtlich falsche Nachrichten.13 Eine allgemein gültige oder gar iuristische Definition des Begriffs Fake News gibt es derzeit nicht. In der seit dem Sommer 2016 verbreiteten Verwendung bezeichnet er jedoch absichtlich falsche Nachrichten, die eigens zum Zweck der viralen Verbreitung über.das Internet und die sozialen Netzwerke produziert wurden.la Ziel solcher Nachrichten ist, die Offentlichkeit für bestimmte politische und/oder kommerzielle Ziele zu manipulieren.ls Dabei kann es sich um bewusst manipulative Geschichten handeln, die beispielsweise Politiker diskreditieren oder die öffentliche Meinung manipulieren sollen. Auch kommerzielle Interessen können ein Motiv für Fake News sein. So werden die Nutzer durch vöIlig frei erfundene Geschichten auf bestimmte Seiten gelockt, um durch dort platzierte Werbung Geld zu verdienen - sogenarìntes Clickbaiting.lô Bei Falschmeldungen muss unterschieden werden zwischen falschen Tatsachenbehauptungen und Meinungen. Eine Differenzierung ist hier mit Blick auf eine eventuelle Strafbarkeit geboten. Des Weiteren bietet sich eine Abgrenzung zur sog. Hate Speech an, welche sich diffamierend gegenüber Minderheitsgruppierungen äußert. Tatsachenbehauptungen beziehen sich auf Umstände in der Wirklichkeit, die bewiesen oder widerlegt werden können.17 Sie können also richtig oder falsch sein. Fiir die Strafbarkeit einer falschen Tatsachenbehauptung kommt es darauf an, ob eine Person Gegenstand der Behauptung ist. Meinungen sind dagegen Ausdruck einer persönlichen Stellungnahme und damit keinem Beweis zugänglich.l8 Wenn Meinungsäußerungen die Ehre einer Person verletzen, kann sich der Autor z.B. wegen Beleidigung strafbar machen. Meinungsäußerungen können aber nicht falsch sein und fallen daher nicht unter den Begriff der ,,Fake News". Nur wenn eine Meinungsäußerung auf falsche Tatsachen gestützt wird, kann die Gesamtnachricht als ,,Fake News" gelten. Wikipedia, Zeitungsente, https://de.wikipedia.org/wiki/Zeitungsente. Reinbold, Fabian, Die Wahrheit über Fake News, Spiegel Online, http;//www.spiegel.de/netzwelt/web/donaldtrump -die-wahrheit-ueber-fake-news-a-1 1 2 96 2B.html. 15 Reuter, Markus, Fake-News, Bots und Sockenpuppen - eine Begriffsklärung, netzpolitik.org,29.1,1,.2o'J,6, https://netzpolitik.org/20t6lfakenews-social-bots-sockenpuppen-begriffsklaerung/. 18 Wikipedia, Clickbaiting, https://de.wikipedia.org/wiki/Clickbaiting. 17 Aufwändige Recherchen, um den Wahrheitsgehalt einer Tatsachenbehauptung zu überprùfen, werden auf der Ebene des grundrechtlichen Schutzbereichs nicht gefordert. Lediglich die bewusste Lüge oder andere Unwahrheiten , die für den Äußernden erkenntlich bereits ím Zeitpunkt der AuJSerung aLs unwahr einzuordnen sind, genießen nach der Judikatur des BVerfG nicht den Schutz der Meinungsfreiheit. 18 BVerfGE v. 13,4.1994, 1 BvR 23194, BVerfGE 90,24'1.,247. 13 14 Wissenschaftliche Dienste Sachstand wD 10 - 3000 - 003117 Seite 7 Da insbesondere Meinungen einer Auslegung bedürfen, stellt sich die Frage, was vom Schutzbereich des Artikels 5 Grundgesetz (GG) umfasst ist. 3. SchutzbereichderMeinungsfreiheit 3.1. Schutzbereich der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Hs. L GG Der sachliche Schutzbereich der Meinungsfreiheit lässt sich in die Meinungsbildungsfreiheit, die Meinungsäußerungsfreiheit und die Meinungsverbreitungsfreiheit gliedern.le Der Begriff der Meinung in Art. 5 Abs. 1 S. 1 ist grundsätzlich weit zu verstehen. Unerheblich ist, ob eine Á.ußerung wertvoll oder wertlos, richtig oder falsch, emotional oder rational begründet ist.20 Der Tatbestand der Meinungsfreiheit schützt links- oder rechtsextremistische Meinungen sowie Wertungen von Glauben und Religion.2l Grundrechtlicher Meinungsschutz hängt nicht davon ab, ob die liußerung Rechtsgüter Dritter oder der Allgemeinheit verletzt. Auch Formalbeleidigungen und Schmähkritiken22 sind daher - bedingt - unter dem Begriff geschützt.23 In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob in einem solchen Fall der persönliche Ehrenschutz als zulässige Schranke nach Art. 5 Abs. 2 GG die Meinungsfreiheit einschränkt.2a Ob und inwieweit auch Tatsachen und insbesondere unwahre Tatsachen vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit umfasst werden, wird nicht eindeutig beurteilt. Vom Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 Hs. 1 GC könnte man annehmen, nur Werturteile, das heißt stellungnehmende Äußerungen seien erfasst, nicht jedoch reine Tatsachenbehauptungen. Je nach Präsentation und Form einer Tatsa- 19 BVerfGE 5a,2oB 57 ,,,Heinrich Böll" - Entscheidung vom 03.06.1980, 295 (319 f.); Schulze-Fielifz in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, Bd. I, 2. Aufl. 2004, Art. 5 I, II Rn. 67; Fechnet'in Stern/Becker, Grundrechte-Kommentar , 2010, Aft. 5 Rn, 82; Sfa¡ck in v. Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1, 6. Aufl. 2010, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 37 f.; Bethge in Sachs, Grundgesetz, 6. Aufl. 2\'l"l', Art.5 Rn. 24; lat'ass inlarass /Pieroth, Grundgesetz, 12. Aufl. zo't2, Art.5 Rn. 6., bemerkt, dass es ,,[u]nklar ist, wieweit die Meinungsbildung geschützt wird"; ebenso offen lassend, ob die Meinungsbildung durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit geschütz|ísI, Wendt in v. Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Bd. I, 6. Aufl. 201,2, Art.5 Rn. 18. BVerfGE 67,1. (7). Zum Ganzen mit Nachweisen Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Band t, 2013, Art. 5 Rn.62. Das Bundesverfassungsgericht fúhrte 1990 in einem wegweisenden Urteil zur Schmähkritik aus: ,,Eine Íiberzogene und selbst eine ausfâllige Kritik macht für sich genommen eine Außerung noch nicht zur Schmähung. Eine herabsetzende Äußerung nimmt vielmehr erst dann den Charakter der Schmähung an, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht." Siehe hierzu auch das Beispiel zur Böhmermann-Afftire in 3.3. BVerfGE 93, 266 (28s, 2s4). 20 27 24 Vgl. zum Ganzen Schemmer, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck'scher Online-Kommentar Grundgesetz, Stand. '1,1.2,20L6, Art. 5 Rn. 4. Wissenschaftliche Dienste Sachstand wD 10 - 3000 - 00311.7 Seite B chenmitteilung kann in ihr jedoch auch ein Werturteil liegen. Da die Abgrenzung zwischen Wertung und Tatsachenbehauptung in vielen Fällen nicht möglich ist, erscheint eine weitgezogerre Auslegung der Meinungsfreiheit erforderlich.2s Nach dieser Auffassung, die sich im Einklang mit dem weiten Tatbestandsverständnis des Art. L0 Abs. L EMRK befindet, ist unter Meinung im Sinne von Art. 5 Abs. L GG jede Äußerung von (auch unrichtigen) Ansichten und/oder (auch unwahren ) Tatsachen zu verstehen, die einem individuellen Mitteilungsbedürfnis entspricht. Erst bei der Abwägung im Konflikt mit entgegenstehenden Rechten soll Unrichtigkeit und Unwahrheit der Meinungen eine gewichtsmindernde Bedeutung zukommen.2ô Nach einer engeren Auffassung soII die Richtigkeit der Information Bedeutung für den grundrechtlichen Schutz haben, da unwahre Äußerungen kein schützenswertes Gut sind. Kennt der sich Äußernde die Unwahrheit, Iügt er also bewusst, oder ist die Unwahrheit der Tatsache im Zeitpunkt der.liußerung erwiesen, soll grundrechtlicher Schutz entfallen, da diese Außerungen nicht einmal vom Schutzbereich erfasst sind.27 Nach dieser Auffassung sind Fake News als gezielte Falschnachrichten nicht vom Schutz der Meinungsfreiheit erfasst. 3.2. Schranken der Meinungsfreiheit Aber auch die umfassender verstandene Meimrngsfreiheit wird nicht grenzenlos gewährleistet. Gemäß Art. 5 Abs. 1 Abs. 2 Satz 1 GG findet sie ihre Schranken in den Vorschriften der aligemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre. Die Gesetze zum Schutz der persönlichen Ehre, die die Meinungsfreiheit beschränken können, sind ihrerseits verfassungsrechtlich im allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1, Abs. 1 Satz 1 GG verankert. Es muss also ein Ausgleich zwischen Grundrechten stattfinden . In diesem Zusammenhang kommt die vom Bundesverfassungsgericht in seinem für die Meinungsäußerungsfreiheit maßgeblichen Lüth-Urteil entwickelte sog. Wechselwirkungstheorie zum Tragen. Um ein Leerlaufen der Kommunikationsfreiheiten des Art. 5 Abs. 1 auszuschließen, findet eine Wechselwirkung in dem Sinne statt, dass die allgemeinen Gesetze zwar dem Wortlaut nach Art. 5 Abs. L GG Schranken setzen, ihrerseits aber in ihrer das Grundrecht begrenzenden Wirkung selbst wieder eingeschränkt werden müssen.28 Das Recht zur Meinungsäußerung muss zurücktreten, wenn schutzwürdige Interessen eines anderen von höherem Rang verletzt werden; So Fechner, Medienrecht, 17. Auflage 2016, 3. Kapitel Rn. 51; ausführlich zum Ganzen Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Band 1, 201.3, Art. 5 Rn. 63 ff. So Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Band 1, 2013, Art. 5 Rn. 66. Schemmer, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck'scher Online-Kommentar Grundgesetz, Stand. 1..1.2.201.6, Art.5 Rn. 6, 126. 28 26 27 28 BVelfGE 7, 198 (208 fl. Wissenschaftliche Dienste Sachstand wD 10 - 3000 - oo3l1.7 Seite I dies ist auf Grund einer Würdigung ailer Umstände des Einzelfalles durch Abwägung zu ermitteln .2e Dass danach beleidigende oder verleumderische Äußerungen im Nachhinein untersagt werden können (siehe hierzu unten unter +.), stellt keine Zensur dar. Eine Zensur darf nach Art. 5 Abs' 1 Satz 3 GG nicht stattfinden. Das Zensurverbot meint begrifflich aber nur die Vorzensur, nicht eine Nachzensut. Als Vor- oder Präventivzensur werden einschränkende Maßnahmen vor der Herstellung oder Verbreitung eines Geisteswerkes, insbes. das Abhängigmachen von behördlicher Vorprüfung und Genehmigung seines Inhalts (Verbot mit Brlaubnisvorbehalt) bezeichnet.30 3.3. Beispiele aus der (aktuelleren) Rechtsprechung Eine einschlägige ludikatur im Zusammenhang mit Fake News besteht in Deutschland nicht. Aktuell liegt nicht einmal der Fall eines Präjudizes vor. Dies war mithin auch Appell von Bundesjustizminister Maas, der jüngst auf eine entsprechende Regelungslücke hinwies.3l Eine einschlägige Kasuistik lässt sich im weiteren Kreis durch eine generelle Inaugenscheinnahme der Rechtsprechung zur Meinungsfreiheit aufbauen. Wirtschaftsunternehmen genießen durch ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb den Schutz durch unrichtige oder sachfremde Informationen wirtschaftlich schlechter gestellt zu werden.32 Nichtsdestotrotz müssen sich auch Unternehmen Missbilligungen wie bspw. ,,Betrug", ,,Schwindel" etc. gefallen lassen, wenn eine Geschichte solcher Verbrauchertäuschungutt .rroiliugt. Eine Einschränkung findet hier lediglich dann statt, wenn sich Außerungen auf Basis privater Fehden motivieren. Ein Poiitiker muss es laut des OLG Kö1n33 hinnehmen, wenn man ihn im Laufe einer Diskussion als ,,Borderliner" bezeichnet oder darauf hinweist, dass er ,,einen an der Waffel habe". Macht sich eine Zeitung eine Einschätzung eines Juristen zu eigen, wenn es um Bewertung recht- Iicher Merkmale geht (wie bspw. den der Volksverhetzung), so umfasst dies den Schutzbereich der Meinungsfreiheit, sofern die Zeitung zu erkennen gibt, dass sie sich entsprechend fachlichen BVerfGE 7,1,58 (272)i ausführlich zum Ganzen Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Band t, 2018, A,rt. 5 Rn. 150, 158 ff; Beck'scher Online-Kommentar Grundgesetz, Stand. 1.12.2016, Art. 5 Rn, 100 ff. Beck'scher Online-Kommentar Grundgesetz, Stand. '1,.1,2.2016, Art. 5 Rn. 6, 114. httos://beck-online.beck.de/Dokument?vpath=bibdata% 2F redd ok% 2Fbeck- Iink% 2F2005302.htm&Dos=2&hlwords=on Sanjutz, Sascha ,,Die Entwicklung des Presse- und Äußerungsrechts im lahr 2015" in NJW 2016, Seite 1921 r\I fì zxì- ÀTI^7 oô4 a e. 7nn ffvLU r\urrrr Lr)vü .w tvt 2S 30 31 Wissenschaftliche Dienste Sachstand wD 10 - 3000 - oo3/1.7 Seite 10 Rat eingeholt hat.34 Zusätzlich ist im Anschluss ebenfalls geschützt, wenn aufgrund dieser fachli chen Einschätzung Folgeschlüsse geäußert werden. Es gibt durchaus umstrittene Rechtsprechungen. Hierzu zählt u. a. die sog. Spickmich-Bntscheidung des BGH. Spick-mich.de war ein Internetportal auf dem Schüler als User ihre Lehrer in diversen Kategorien (Bekleidung, S¡rmpathie, faire Prüfungen etc.) bewerten konnten. Ein entsprechender Rechtsstreit einer Lehrerin aus Köln folgte sodann im Jahr 2007, daVerletzungen in ihren Persönlichkeits- und Datenschutzrechten gerügt wurden. Das Kölner Landgericht wies diese Klage zunächst zu Gunsten des Internetportals ab, indem es anführte, dass es sich bei den Benotungen auf dem Internetportal um Werturteile handele. Der Rechtszug endete letztlich mit einer Entscheidung des BGH, der eine Verletzung der Meinungsfreiheit beim Verbot des Internetportals bejaht hatte.3s Kritik löst sich vor Allem aus dem Grundgedanken, dass personenbezogene Daten nur an denjenigen übermittelt werden sollen, der ein Interesse an ihrer Kenntnis glaubhaft darlegen kann. Ein solcher Grundgedanke wird nicht dadurch hinfällig, dass mit dem Internet nunmehr die Möglichkeit eröffnet ist, dass jeder mit jedem nahezu kosten- und grenzenlos kommunizieren kann. Im Gegenteil: Gerade weil Kommunikation im Netz so leicht und grenzenlos ist und damit auch der Persönlichkeitsschutz immer mehr unter Druck gerät, müssen datenschutzrechtliche Vorgaben konsequent beachtet werden.36 Der BGH betonte bei der Entscheidung, dass es bei Abwägungen, die Art. 5 GG betreffen, auf Grund der bereits genannten Schranken stets einer Einzelfallb ewertung bedarf. Bin weiteres aktuelles Beispiel lässt sich auch an der sogenannten Böhmermann-Affáre aufzeigen . Am 3L.03.20L6 trug der Fernsehmoderator Jan Böhmermann in der ZDF-Sendung ,,Neo Magazin Royale" ein Gedicht mit dem Namen ,,Schmähgedicht" vor, in dem er das Staatsoberhaupt der Türkei massiv beleidigte. Das Gedicht beinhaltet verschiedene sexuell konnotierte Schmähungen und andere offenkundig unwahre rufschädigende Behauptungen.3T Die Republik Türkei und der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdo$an stellten daraufhin in Deutschland einen Antrag auf Strafuerfolgung des Moderators. Die Staatsanwaltschaft Mainz prüfte, ob Verstöße gegen $ 103, 185 SIGB38 vorlägen. Sie stellte das Verfahren nach S 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung ein, weil u. a. bereits fraglich sei, ob der objektive Tatbestand eines Beleidigungsdeliktes nach $S L03, 185 Strafgesetzbuch in rechtswidriger Weise erfüllt sei, und insbesondere nach Ab- OLG Rostock, NJOZ 2016, S: 740 ff. Eine Verfassungsbeschwerde wurde vom BVerfG nicht angenommen. Buchner, in: https://beck-online.beck.de/?vpath=bibdata\komm\BeckOKDatenS-18\BDSG\cont\BECKOKDA- TENS.BDSG.P2 e.glC.gll.gl6.htm http s : //de.wikipedia. org/wiki I J an_Bo/o CSo/oB 6hmermann#cite_ref-6 t S 103 SIGB: Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten. Durch die Böhmermann-Afftire hat dic Gcsctzgcbung cntschicdcn, dass dcr Straftal"bcstand des S 10e StCB bis 2018 entfallen soll. 34 35 36 37 38 Wissenschaft Iiche Dienste Sachstand wD 10 - 3000 - oosl17 Seite 11 wägung verschiedener Rechtsgùter der Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG ein besonderer Stel- Ienwert einzuräumen sei.3e Die Beschwerde des türkischen Staatspräsidenten gegen die Einstel- Iung des Verfahrens wies die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz als unbegründet zurück.ao Die Beleidigung und Rufschädigung des türkischen Präsidenten wurden somit als strafhei gewertet. Ob und inwieweit das Schmähgedicht zu untersagen ist, hat das Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg gepnift. Es hat seine Entscheidung vom 1"7. Mai 2016 im einstweiligen Verfügungsverfahrenal zur Unterlassungsklage des türkischen Staatspräsidenten im Hauptsacheverfahren am L0. Februar 2017 bestätigt.a2 Danach bleibt es bei der Untersagung bestimmter Passagen des Schmähgedichts. Es hat damit im konkreten Binzelfall Schutzbedürfnisse des Persönlichkeitsrechts dem Schutz des Rechts auf Kunstfreiheit Vorrang gegeben. So das Gericht: ,,Auch eine durch die Kunstfreiheit geschützte Satire könne jedoch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen so in seinem Kernbereich berühren, dass sie zu untersagen sei."a3 4, DerzeitigeRechtslage 4.1.. Strafbarkeit von Falschmeldungen Für die Strafbarkeit muss unterschieden werden zwischen Behauptungen über Menschen und allgemeinen Falschnachrichten. Die Veröffentlichung von allgemeinen Falschnachrichten ohne Bezug zu einer bestimmten Person oder Personengruppe (,,Der Burokurs ist heute Nacht abgestürzt ") ist grundsätzlich nicht strafbar.aa (Eine eng gefasste Ausnahme stellt die Leugnung des Holocausts nach S l30 Abs. 3 und 4 StGB unter Strafe - auch hier geht es jedoch um den Ehrenschutz der Opfer.) Die Straftatbestände der Beleidigung, Verleumdung und üblen Nachrede (SS 185tr StGB) können nur dann erfüllt sein, wenn Menschen verunglimpft oder verleumdet werden. Die À.ußerung Zur detaillierten Begründung vgl. Staatsanwaltschaft Mainz, Pressemeldung, Ermittlungsverfahren gegen Jan Bömermann wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts eingestellt, 04.10.2016, http://www2.mjv.rlp.de/icc/¡ustiz/nav/634/broker.jsp?uMen=634b8385-d698-11d4-a73d-0050045687ab&u- Con=86c6d096-9ddB-75 Le-6a1a-b5402e4e2 711&uTem=aaaaaaaa-aaaa-aaaa-aaaa-000000000042. Vgl. hierzu Brauer, Generalstaatsanwalt, Koblenz, Ermittlungsverfahren gegen Jan Böhmermann wegen Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten usw., Vermerk zur rechtlichen Bewertung, 1,3.1,0,2O16, http://www2.mjv.rlp.de/icc/justiz/nav/634/binar]¡writerservlet?imgUid=b3420dc9-0951-c751-b5eB- 0d0102e4e271&uBasvariant=11 1 1 11 1 1-1 1 11-1 11 1-1 11 1-1 11 1 11 11 1 11 1. Vgl. Hanseatischen Oberlandesgericht, Einstweiliges Verfügungsverfahren gegen Böhmermann, '1.7 . Ì|i4ai 201.6, http://ju sl iz.hamburg.de/oberlandesgericht/6103290/pressemeldung-2016-05-1 7-olg-01 /. Vgl. Hanseatischen Oberlandesgericht, Entscheidung im Verfahren Erdofian gegen Böhmermann, 10. Februar 2017, http://iustiz.hambure.de/pressemitteilungen/8138326/pressemitteiìung-201 7-02-10-olg-01 /. Vgl. ebenda. Weun Journalisteu bern¿usst falsche Nachlichteu in einem Presseorgan veröffentlichen, verstoßen sie gegen journalistische SorgfaÌtspflichten und den presserechtlichen Ehrenkodex. Sie machen sich jedoch nicht strafbar. 39 40 41 42 43 44 Wissenschaft Iiche Dienste Sachstand wD 10 - 3000 - 00311,7 Seite 12 muss dann geeignet sein, den Betroffenen verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzusetzen. Das muss im Einzelfall geprüft werden. Voraussetzung ist außerdem, dass jemand bewusst die Unwahrheit sagt oder dies im Fall der üblen Nachrede bewusst riskiert. a Wegen Beleidigung nach S L85 StGB macht sich strafbar, wer einen anderen durch eine Äußerung oder Handlung herabwürdigt. In der beleidigenden Äußerung oder Handlung iiegt eine Meinungskundgabe, es geht nicht um die Behauptung von Tatsachen. Das Strafmaß sieht eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis ztt zweiJahren vor. a Wer über einen anderen Menschen Tatsachen behauptet, die ihn in der öffentlichen Meinung herabwürdigen können, kann sich wegen übler Nachrede nach S l.BG SIGB strafbar machen, wenn er die Tatsachen nicht beweisen kann. Hier ist ein Strafmaß von maximal einem Jahr Freiheitsstrafe vorgesehen. Wer über einen anderen Menschen bewusst unwahre Tatsachen behauptet, die ihn in der öffentlichen Wahrnehmung verächtlich machen können, macht sich wegen Verleumdung nach g Ls7 SIGB strafbar. Das Strafmaß beträgt Geldstrafe oder bis zt rwei Jahren Freiheitsstrafe . S L8S SIGB stellt die üble Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens unter eine besondere Strafe - hier ist eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis fünfJahren vorgesehen. In der Praxis stellt sich bei Meldungen im Internet häufig das Problem, dass der Verfasser der Nachricht nicht identifiziert und kontaktiert werden kann. Eine Strafanzeíge kann dann nur gegen ,,unbekannt" gestelit werden, die Strafuerfolgungsbehörden müssen bei erfolgloser Suche nach dem Autor ihre Brmittlungen einstellen. 4.2. Zivilrechtliche Ansprüche auf Löschung, Berichtigung und Unterlassung Durch Strafuerfolgung kann iemand für eine Falschnachricht zur Verantwortung gezogen werden - damit ist die Nachricht jedoch noch nicht beseitigt. Hierfür muss der Betrofiene einen zivilrechtlichen Anspruch auf Löschung, Berichtigorg oder Unterlassung einer Nachricht geltend machen. Die Ansprüche auf Löschung, Berichtigung oder Unterlassung einer Nachricht sind nicht explizit geregelt, sondern wurden von den Gerichten aus allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) entwickelt. Der Berichtigungsanspruch wird analog auf den allgemeinen Schadensersatzanspruch nach S 823 Abs. 1 BGB und den Beseitigungsanspruch nach $ 1004 Abs. 1 S. 2 BGB gestützt. Art und Umfang des Schadensersatzes bestimmt sich nach S 2a9 Abs. 1 BGB. Der Betroffene muss dariegen , dass die behauptete Tatsache unwahr ist und dass er durch die Behauptung in seinem AIIgemeinen Persönlichkeitsrecht (APR) beeinträchtigt ist. Wissenschaftliche Dienste Sachstand wD 10 - 3000 - 003/1,7 Seite 13 Der Löschungsanspruch wird ebenfalls auf SS 823 Abs. 1,1004 Abs. L S. 2 BGB gestützt. Wenn dies notwendig ist, um die fortdauernde Rufbeeinträchtigung zu beenden, kann der Betroffene den Autor auf Löschung der rechtswidrigen Behauptung im Internet in Anspruch nehmen.ns Gleichzeitig mit einem Anspruch auf Löschung oder Berichtigung einer bereits veröffentlichten Nachricht kann der Betroffene nach $$ 823 i.V.m. 1004 BGB analog eine Erklärung des Verantwortlichen verlangen, dass er derartige Nachrichten auch in Zukunft unterlassen werde (Unterlassungsanspruch ). Bei Zuwiderhandlung muss der Verantwortliche im Sinne des Presserechts eine Vertragsstrafe zahlen. Auch bei allen zivilrechtlichen Ansprüchen stellt sich häufig das Problem, dass der Autor der falschen Nachricht nicht identifizierbar ist und daher keine Anspr[iche gegen ihn gerichtet werden können. Wenn eine falsche Nachricht auf einem Portal veröffentlicht wird, muss also gegebenenfalls der Betreiber des Portals kontaktiert werden, auf dem die Meldung veröffentlicht wurde. Er wird aufgefordert, den Beitrag zu löschen oder die Weiterverbreitung zu unterbinden. 4.3. Presse- und Medienrecht 4.3.'J... PresserechtlicheHaftungeinerRedaktion Die presserechtliche Haftung einer Redaktion ergibt sich aus den Landespressegesetzen. Danach (2.8. in Berlin $ 7 Abs. 2 LPIG) muss für jedes periodische Druckwerk ein ,,verantwortlicher Redakteur " bestellt und im lmpressum benannt werden. Er ist dann dafür verantwortlich, das Druckwerk von strafbaren Inhalten freizuhalten. Wenn er diese Pflicht schuldhaft verletzt, macht er sich strafbar. Wer also im Sinne des Presserechts iournalistisch tätig ist, muss vor der Veröffentlichung sicherstellen , dass er keine falschen oder rechtswidrigen Nachrichten oder Äußerungen veröffentlicht . Inhalt, Herkunft und Wahrheitsgehalt von Nachrichten müssen also überprüft werden und so dargestellt werden, dass ihr Sinn nicht entstellt wird. Auch der Pressekodex des Deutschen Presserates benennt und konkretisiert diese Sorgfaltspflichten der Presseotgane.'6 Wer im Sinne des Presserechts als Redaktion gilt, ist für im eigenen Namen veröffentlichten Inhalte verantwortlich . Nach g 10 Abs. 1 Berliner Pressegesetz haben Personen ein Recht auf Gegendarstellung, wenn sie durch eine in einem Druckwerk aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen sind. Nicht eindeutig geklärt ist, welche Stellen als Presseorgane im Sinne des Presserecþts gelten. Die Landespressegóseke gelten nach ihrem Wortlaut nur für periodische Druckwerke. Über SS 5a Abs. 2, 55 Abs. 2 Rundfunkstaatsvertrag haben jedoch auch Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten, in denen teilweise Inhalte von Pressedruckerzeugnissen wiedergebgeben werden, den journalistischen Presse-Grundsätzen zu entsprechen. Facebook selbst gestaltet bislang kein eigenes redaktionelles Angebot, sondern bietet nur die Plattform. Allerdings BGH, Urteil v. 28,7.2015,Vl2R 34011,4, WM 2015, 1664 (1665) http : //wvwv.presserat.de/pressekodex/pressekodex/. 45 48 Wissenschaft liche Dienste Sachstand wD 10 - 3000 - o03l't7 Seite 14 können einzelne von Nutzern gestaltete Facebook-seiten (Fan-Seiten, Gruppenseiten, etc.) ein solches Angebot gestalten, weswegen sie dann nach SS 54, 55 RSIV ein Impressum haben müssen und an die journalistischen Sorgfaltspflichten gebunden sind. 4.3.2. Presserechtliche Verbreiter-Haftung Bin medialer Dienstleister kann auch haften, wenn er sich die strafrechtlich oder zivilrechtlich relevante Äußerung eines anderen ,,zu eigen gemacht hat". Ein Zu-Eigen-Machen liegt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs vor, wenn die fremde Äußerung so in den eigenen Gedankengang eingefügt wird, dass die gesamte Áußerung als eigene erscheint.aT Dadurch soll sichergestellt werden , dass niemand sich der Haftung entziehen kann, indem für eine bestimmte Aussage fremde Aussagen oder Bilder genutzt werden. Diese Haftung wird bei Facebook regehnäßig nicht relevant, weil sich die Plattform die von den Nutzern geteilten Inhalte gerade nicht zu eigen macht. 4.3.3. Haftung von Diensteanbietern wie Facebook nach Telemediengesetz Wer im Internet eine Plattform für die Nachrichten, Kommentare etc. bestimmter Nutzer anbietet, fällt als ,,Diensteanbieter" unter das Telemediengesetz (TMG). Dazu gehören Plattformen wie Facebook , aber auch die Betreiber von Blogs und Internetforen. ,,Hosþrovider" (Gastgeber) nach S i.0 Telemediengesetz wie Facebook haben keine proaktive Pflicht, die Nachrichten der Nutzer auf strafbare und rechtswidrige Inhalte zu kontrollieren. Aus S 10 Telemediengesetz (TMG) ergibt sich aber die Pflicht der Diensteanbieter, rechtswidrige Handlungen und Informationen unverzüglich zu entfernen, sobald sie davon Kenntnis erlangt haben. Wenn Facebook also über die Meldefunktion auf einen rechtswidrigen Inhalt hingewiesen wird, hat das Unternehmen eine Prüfuflicht, die es im,,Rahmen des Zumutbaren" erfüllen muss. Bei über einer Milliarde Nutzern ist eine sofortige Prüfung schwierig, aber ein zeitnahes Bingreifen ist trotzdem gefordert. In der Praxis scheitert die Löschung von Facebook-Posts iedoch häufig nicht an der fehlenden Prúfung, sondern an den sogenannten Gemeinschaftsstandards des Unternehmens , die vom US-amerikanischen Umgang mit ,,hate speech" geprägt sind. Viele Nutzer, die z.B. fremdenfeindliche Kommentare gemeldet haben, erhalten die standardisierte Antwort von Facebook, dass der gemeidete Beitrag ,,nicht gegen den Gemeinschaftsstandard verstoße". Das in Deutschland geltende ZivíI- und Medienrecht ist jedoch für Facebook verbindlich. Ihm kann sich das Unternehmen nicht mit Verweis auf eigene Nutzungsbedingungen und Standards entziehen. 47 BGH, Urreil v. 30.6.2009, VIZF'21,0lOB, WRP 2009, 1,62 (1264). Wissenschaftliche Dienste Sachstand wD 10 - 3000 - oo3l1,7 Seite 15 4.3.4. Recht auf Gegendarstellung g LL der Landespressegesetze regelt das Recht auf Gegendarstellung. Im Internet besteht ein Anspruch auf Gegendarstellung gegen Anbieter von Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten, wenn eine Person oder Stelle, durch eine in dem Onlineangebot aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen ist (S sO Rundfunkstaatsvertrag (RStV)). Bei Internetseiten wie einem privaten Blog handelt es sich um ein Telemedium i.S.v. S 56 RStV, wenn die Internetseite über ein journalistisch-redaktionell gestaltetes Angebot verfügt, selbst wenn die Blogger sich nur gelegentiich zu gesellschaftlichen, kulturellen, politischen oder anderen Themen äußern und damit auf Meinungsbildung abzielen.a8 Mit einer Gegendarstellung widerspricht der Betroffene den Fakten (nicht der Meinung) eines Berichts und präsentiert die Faktenlage, die er f{ir richtig hält. Voraussetzung für das Recht auf Gegendarstellung ist nicht, ob die beanstandete Tatsachenbehauptung wahr oder falsch war. Dem Betroffenen soll dadurch vielmehr ermöglicht werden, sich auch zur Sachlage zu äußern. Wer den Anspruch geltend machen will, muss daher selbst von der Behauptung betroffen sein und ein berechtigtes Interesse geltend machen. Festzuhalten bleibt, gegen Fake News, die mit frei erfundenen Geschichten der Stimmungsmache dienen und keine konkreten Personen betreffen, kann mit den bestehenden Rechtsmitteln nicht vorgegangen werden.ae AIs Beispiel einer privaten Initiativeso, die im Sinne einer Gegendarstellung und ohne Veranlassung durch die Betroffenheit konkreter Personen arbeitet, sei die Internet-Plattform HOAXmapsl genannt. Sie nimmt sich des verdächtigten Informationsflusses in den sozialen Medien an. Dabei geht es vorrangig um ,,Gerüchte und deren Widerlegungen im Zusammenhang mit Geflüchteten". 48 49 Kammergericht Berlin, Beschluss vom 28.11.2016 (Az. 1.0W 1.7311.6), zitiert nach Blind, lulia, Besteht der Anspruch auf Gegendarstellung auch bei einem BIog? Internetworld, Rechtstipp, L5.12.2016, http:i/www.internetworld .de/social-media/rechtstipp/anspruch-gegendarstellung-blog-1178544.html?ganzseitig=1. Vgl. Solmecke, https://www.wbs-law.de/internetrecht/fake-news-gibt-es-aus-iuristischer-sicht-nicht-neue-gesetze -sind-nicht-erforderlich-meint-ra-christian-solmecke-71 0 2 3/. HOAXmap - Neues aus der Gerúchteküche, http://hoaxmap.org/. Auf der Internetseite der Initiatoren gibt es keine expliziten Aussagen zu ihrer Finanzierung. Es gibt offenbar Unterstützer, die aber namentlich nicht genannt werden: ,,Wir möchten uns an dieser Stelle bei allen beda¡ken, die uns bei dem Projekt geholfen und unterstützt haben. Wir bitten um Entschuldigung, wenn wir nicht immer alle Anfragen beantworten konnten - die Arbeit an der Hoaxmap muss bis heute nach dem Feierabend unseres Broterwerbs erfolgen. Wir machen weiter und haben noch viel vor!" Auch werden behauptete Finanzierungen von bestimmten Dritten nicht explizit verneint . Sie verweisen lediglich auf eine ,,verschwörungstheoretische" Seite als ihr ,,absoluter Favorit", der offenbar als Kritiker der Initiative anzusehen ist: shoebat.com, http://archive.is/o4GAl¡. http:i/hoaxmap.org/. Vgl. auch das Interview der Initiatoren dieser Internetseite mit Simon Rebiger, Interview mit Hoaxmap.org über Falschmeldungen: Medienkompetenz statt gesetzliche Maßnahmen, Netzpolitik.org, 27 .1,2.201,6, https://netzpolitik.org/2016/interview-mit-hoaxmap-org-ueber-falschmeldungen-medienkompetenzsta Lt-sesetzl iche-massnahmen/. 51 Wissenschaft liche Dienste Sachstand wD 10 - 3000 - oo3/17 Seite 16 Auf einer Landkarte werden ankiickbare Punkte angezeigt, die aufgelöstes2 Gerüchte symbolisieren . Bei einem Klick darauf werden der Inhalt des aufgelösten Gerüchts zusammengefasst widergegeben , Datum, Ort, Gerüchtekategorie und ein weiterer Link zur Quelle der Richtigstellung (Auflösung) angezeigt. Dieser Link führt regelmäßig auf Internetseiten etablierter Medien, die die Auflösung liefern.s3 Bin Link zur Ursprungsfassung bzw. zum Urheber des Gerüchts wird in der Regel dort nicht angegeben. Es obliegt dem interessierten Nutzer, die Originalfassung des Gerüchts selbst zu recherchieren, um sich über den Vorgang umfassend zu informieren. 5. Aktuelle Vorschläge für eine Anpassung des Rechts Im Zuge der Diskussion über den Umgang mit ,,Fake News" in sozialen Netzwerken wie Facebook wurden mehrere Vorschläge gemacht, um dagegen vorzugehen. Beispielhaft seien hier einige Vorschläge aufgeführt. 5.1,. Verschärfung des Strafrechts So wurde gefordert, das Strafrecht zu verschärfen und das als groß eingeschätzte Schädigungspotential von viral verbreiteten ,,Fake News" in einem besonderen Straftatbestand oder einem gesteigerten Strafmaß auszudrücken. Insbesondere wenn die Verbreitung von Falschmeldungen einen ,,gezielten Kampagnencharakter" habe, solle ein härteres Strafmaß gelten,sa Eine Verschärfung des Strafrechts hätte allerdings keine Auswirkung auf die praktische Schwierigkeit , bei Äußerungen im Internet den einzelnen Straftäter zu ermitteln. Außerdem ist ungewiss , wie der ,,gezielte Kampagnencharakter" als subjektives Tatbestandsmerkmal in der Praxis nachgewiesen werden kann. SchließIich beseitigt eine Strafuerschärfung nicht das derzeit bestehende Problem, dass Falschmeldungen häufig tagelang auf Facebook oder ähnlichen Portalen stehen und verbreitet werden, bevor sie beseitigt werden. 5.2. Einrichtung einer Rechtsschutzstelle Der Bundesminister der Justiz und fïir Verbraucherschutz, Heiko Maas, krindigte am I6.L2.20'J"6 einen Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Fake News an. So sollen marktbeherrschende Plattformen wie Facebook gesetzlich dazu verpflichtet werden, eine Rechtsschutzstelle in Deutschland s2 Mit Stand 15.02.2017 wurden hier 458 Gerüchte aufgelöst, vgl. http://hoaxmap.org/, 53 http://hoaxmap.org/ueber,html. ¡s Dies äußerte der Vorsitzende des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, Ansgar Heveling, MdB, gegenüber der Rheinischen Post am 13.12.2o't6, http://www.rp-online.de/politik/deutschland/cdu-politiker-wollenfake -news-haerter-bestrafen-aid-1. 6461405. Wissenschaft liche Dienste Sachstand wD 10 - 3000 - 00311,7 Seite 17 zu schaffen, die 24 Stunden am Tag erreichbil ist. Geplant seien ,,empfindliche Bußgelder bis zu b00.000 Euro" für den Fall, dass die Plattform die beanstandete Meldung nicht binnen einer Frist voî 24 Stunden löschten. Außerdem soll das Gesetz einen Anspruch auf ,,Richtigstellung mit der gleichen Reichweite" eimäumen.ss Dieser Vorschlag ziele auf den Aufbau einer Infrastruktur, welche die Durchsetzbarkeit des bereits bestehenden zivilrechtlichen Anspruchs gegen Unternehmen wie Facebook auf Löschung von Falschmeldungen verbessern soll. Ein weiterer Vorschiag aus dem Bundesministerium des Innern stelit auf die Einrichtung eines ,,Abwehrzentrum gegen Falschmeldungen" ab.56 Zur Kritik derartiger staatlicher und auch privater Binrichtungen für eine Wahrheitskontrolle siehe Ausführungen zu Gliederungspunkt s.s. 5.3. Gleichstellung von Facebook mit Presseverlagen Ebenfalls wurde von einzelnen Politikern vorgeschlagen, Plattformen wie Facebook rechtlich mit Presseverlagen gleichzustellen. Damit müsste Facebook wie eine Redaktion im Sinne des Presserechts dafür Sorge tragen, dass falsche Nachrichten erst gar nicht auf der Plattform veröffentlicht werden. Internetplattformen hätten somit auch die gleichen journalistischen Sorgfaltspflichten wie Presseorgane. Dieser Vorschlag wurde von Vertretern der deutschen Verlegerbranche als zu weitgehend kritisiert . Plattformbetreiber wie Facebook sollen keine presserechtliche Verantwortung erhalten, die ihnen auch die wichtigen Aufgaben und Privilegien der Presse vermitteln könnten.s7 Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG garantiere die Pressefreiheit, aus der bestimmte Rechte abgeleitet würden. So komme der Presse z. B. wegen ihrer wichtigen Funktion in einer freiheitlichen Demokratie ein Anspruch auf ungehinderten Zugang zu Informationen zu.s8 Das Unternehmen Facebook selbst lehnt die Übernahme redaktionelier Verantwortung ab und möchte nicht als ,,Schiedsrichter der Wahrheit" fungieren.se httns://www.tasesschau.de/inland/facebook-fakenews-1 03.html. Vgl. z. B. Knaup, Horand und Traufetter, Gerald, Innenministerium will Abwehrzentrum gegen Falschmeldungen einrichten, SPIEGEL-ONLINE, 23.1.2.2076, http:/iwww.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/fake-news-bundesinnenministerium -will-abwehrzentrum-einrichten-a-l 1 2 71 74.html. http://www,focus.de/finanzen/news/gegendarstellung-und-unterlassung-mehr-rechte-fuer-user-politiker-wollen -facebook-dem-nresserecht-unterwerfen id 63 6 73 03.html, BVerfG, 06.02.1 I 79, 2 BvR 1,54 I 7 B, BVerfGE 50, 23 4 (24O). 55 56 57 http://www.zeit.de/digital/internet/2016-12/fake-news-facebook-massnahmen-details-news-feed/komplettansicht , Wissenschaftliche Dienste Sachstand wD 10 - 3000 - oo3l1.7 SeÍte 18 5.4. Freiwillige Verpflichtung zu Ehren-Kodex Auch gibt es einen Vorschlag, dass sich soziale Netzwerke wie Facebook freiwillig einem ,,Kodex ethischer-informationspolitischer Grundsätze" verpflichten.6o Nach eigener Aussage arbeiten Facebook und andere Diensteanbieter bereits daran, eine schnel- Iere Korrektur von Falschmeidungen und Verleumdungen durch (bessere) Meldefunktionen, Browser-Add-Ons etc. zu ermöglichen.61Außerdem hat Facebook angekündigt, Fake News auf der Plattform kenntlich zu machen. Dazu soll mit dem journalistischen Recherchezusantmenschluss Correctiv62 zusaÍtmengearbeitet werden.63 Auch Nutzer des Netzwerks sind aufgerufen, verdächtige Beiträge zu melden.ôn 5.5. Kontrolle durch die Öffentlichkeit In der aktuellen Diskussion stehen vor allem Fragen zur Kompetenz, Unabhängigkeit, Zuständigkeit und Legitimität der Fakten-Checker im Mittelpunkt. Dabei werden Gefahren einer Zensur gesehen und beftirchtet, dass auch eine staatliche ,,Wahrheitseinrichtung" einer Zensurbehörde gleich kommen könnte65. AIs Konsequenz der Problematik, die im Zusammenhang mit den diskutierten Fragen stehen, kommt Ladeur66 zu dem Ergebnis: ,,Grundsätzlich sollte aber die ,,Wahrheitspflege" auch im Internet zunächst den in ihren Rechten oder Interessen Betroffenen überlassen bleiben, vor allem aber nicht vom Staat übernommen werden . Es gibt jenseits der beschriebenen Grenzen keine rechtlich sanktionierte Pflicht zur Wahrheit . Die Frage nach der Wahrheit muss in einer liberalen Öffentlichkeit grundsätzlich an die Öffentlichkeit zurückverwiesen werden." Auch der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger, Mathias Döpfner, vertritt eher einen offenen Ansatz. Br hält staatliche Stellen oder Hilfen für Facebook nicht geeignet, falsche Nachrichten in den sozialen Medien zu entlarven. ,,Der beste Garant für den mündigen Bür- Ein derartiger Vorschlag wurde von der Vorsitzenden der Partei Die Linke., Katja Kipping, MdB, vorgelegt, vgl. dpa-Dossier Medien, Nr. 50/2016, 14. Dezember 2016, S: 30. https://www.tagesschau.dei inland/fake-news-politik-t 0t.html. https://correctiv.org/. Vgl. ZEIT ONLINE, Facebook will Fake-News kennzeichnen, 15. Januar ZOtZ, http://www.zeit.de/digital/internet /2017-01/soziale-medien-facebook-fake-news-falschmeldungen-massnahmen. Vgl. Meier, Christian, Facebook und seine Faktencheck-Helferlein, WELT, 1.6.O1,.2077, https://www.welt.de/kultur /medien/article161237271lFacebook-und-seine-Faktencheck-Helferlein.html. Der Begriff ist an George Orwells dystopischen Roman ,,L984" (Nineteen EÍghty-Four) angelehnt, 61 a2 64 Vgl. Ladeur, a.a.O,, S: 5f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand wD 10 - 3000 - 00311.7 Seite 19 ger sei die Vielfalt der Informationen, der Meinungen und Wahrheiten unterschiedlicher Verleger , TV- und Radiosender oder Online-Anbieter".ô7 Die beste Methode, die Leute vom Konsum von Fake News abzuhalten sei eine authentische und wahrhaftige Berichterstattung. Das heiße, durch gute Recherche die Wahrheit ans Licht bringen und sie veröffentlichen, auch wenn es unbequem sei. 68 6. Fazit Zusammenfassend lässt sich hervorheben, dass Judikatur und auch Legislatur noch am Beginn ihrer Auseinandersetzung mit Fake News sind. Insbesondere im Hinblick auf Maßnahmen gegen Fake News, die zum aktuellen Zeitraum jedoch noch in der Diskussion sind, gilt es, in Zukunft ein besonderes Augenmerk zu werfen. rt** Döpfner, Mathias, Medien müssen Glaubwürdigkeit zurückgewinnen, dpa-Dossier Medien, Nr. 6/2017, o8,o2.2077, s:72. a7 68 Ebenda, 2017-08-09T07:46:30+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes