SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Albertstraße 10 | 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Sebastian Wippel, AfD-Fraktion Drs.-Nr.: 6/10246 Thema: Fälle von Sozialleistungsbetrug durch Asylbewerber im 2. Quartal 2017 Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: In wie vielen Fällen wurde in Sachsen im 2. Quartal 2017 ein Betrug zur Erlangung von Sozialleistungen oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz durch Asylbewerber, anerkannte Asylberechtigte, Flüchtlinge, subsidiär Schutzbedürftige und Geduldete festgestellt und zur Anzeige gebracht? Laut dem polizeilichen Auskunftssystem Sachsen (PASS) wurden im 2. Quartal 2017 acht Straftaten des Sozialleistungsbetruges zur Anzeige gebracht, bei denen die Tatverdächtigen einen Aufenthaltsstatus im Sinne der Fragestellung hatten. Für die Staatsanwaltschaften können die Fragen wegen des hierfür erforderlichen unverhältnismäßigen Aufwandes nicht beantwortet werden. Eine statistische Erfassung im Sinne der Fragestellungen findet nicht statt. Da der Umstand, dass ein Betrug gemäß § 263 StGB der Erlangung von Sozialleistungen oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz dient und der tatverdächtige Ausländer Asylbewerber, anerkannter Asylberechtigter , Flüchtling, subsidiär Schutzbedürftiger oder Geduldeter ist, in den Die Staatsministerin für Gleichstellung und Integration Durchwahl Telefon +49 351 564-54905 Telefax +49 351 564-54909 Ihr Zeichen Ihre Nachricht vom Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) INT-0141.51-17/686 Dresden, 22. August 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz Albertstraße 10 01097 Dresden Besucheradresse: Bautzner Straße 19a 01099 Dresden www.sms.sachsen.de Seite 2 von 4 Datenbanken der Staatsanwaltschaften nicht erfasst wird, können die Fragen auch nicht aufgrund einer Datenbankauswertung beantwortet werden. Die vollständige Beantwortung der Fragen würde daher die Durchsicht und händische Auswertung aller aufgrund des Tatvorwurfs des Betruges in Betracht kommenden Ermittlungsverfahren der sächsischen Staatsanwaltschaften erfordern. Wegen dieses Tatvorwurfs ermittelten die sächsischen Staatsanwaltschaften im zweiten Quartal 2017 gegen 1.226 bekannte ausländische Beschuldigte. Zur Beantwortung müssten daher die Papierakten aller gegen diese Beschuldigten eingeleiteten Ermittlungsverfahren händisch durchgesehen und ausgewertet werden. Zur vollständigen Beantwortung der Frage wären somit umfangreiche und zeitaufwendige Recherchen in den Aktenbeständen der sächsischen Staatsanwaltschaften erforderlich . Dabei ist der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Geschäftsstellen und staatsanwaltschaftlichen Archiven, der Aufwand zur Beiziehung versendeter Akten, z. B. von Verteidigern, Gerichten, Sachverständigen und Polizei, das Auswerten der Akten im Sinne der Fragestellung durch einen Staatsanwalt und die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses zu berücksichtigen. Die Staatsregierung kam daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr nachgeordneten Ermittlungsbehörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Strafrechtspflege nicht zu leisten ist. Frage 2: Aus welchen Herkunftsländern stammen die Tatverdächtigen; anerkannte Asylberechtigte, Flüchtlinge, subsidiär Schutzbedürftige und Geduldete? Zu den acht Straftaten wurden im PASS acht Tatverdächtige mit folgenden Staatsangehörigkeiten erfasst: Staatsangehörigkeit Anzahl Libyen 2 Russische Föderation 1 Syrien, Arabische Republik 3 Tunesien 2 Seite 3 von 4 Für die Staatsanwaltschaften können die Fragen wegen des hierfür erforderlichen unverhältnismäßigen Aufwandes nicht beantwortet werden (s. zu Frage 1). Frage 3: Wie viele Ermittlungsverfahren wurden im 2. Quartal 2017, wegen welcher Delikte, seitens der sächsischen Polizei oder Staatsanwaltschaften gegen Menschen eingeleitet, die sich mittels falscher Angaben zu ihrer Identität einen Aufenthaltstitel erschleichen wollten? Von einer Beantwortung wird abgesehen. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. SächsVerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Die angefragten Daten werden statistisch nicht erfasst. Zur vollständigen Beantwortung der Frage müssten daher alle in Betracht kommenden Ermittlungsverfahren händisch ausgewertet werden. Für die Polizei betrifft dies 679 gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG, § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG, § 267 StGB oder § 271 StGB registrierte Ermittlungsverfahren gegen Ausländer . Wenn man einen Zeitansatz von 30 Minuten für die Auswertung eines Ermittlungsverfahrens ansetzt, wären dies 381 Stunden für die Auswertung aller Ermittlungsverfahren . Bei einer 40-Stunden-Woche wäre ein Sachbearbeiter über neun Wochen mit dieser Auswertung befasst. Dieses Personal stünde dann für Kernaufgaben des Seite 4 von 4 Polizeivollzugsdienstes nicht bzw. nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Die Staatsregierung kam daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr zugeordneten Polizeibehörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der sächsischen Polizei nicht zu leisten ist. Für die Staatsanwaltschaften sind mindestens alle in den Datenbanken als Verstoß gegen § 95 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG, § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG, § 267 StGB oder § 271 StGB eingetragene Verfahren gegen Ausländer entsprechend der Fragestellung auszuwerten. Mit diesen vier Tatvorwürfen wurden im zweiten Quartal 2017 in den Datenbanken 2.693 beschuldigte Ausländer erfasst. Zur Beantwortung müssten daher die Papierakten aller gegen diese Beschuldigten eingeleiteten Ermittlungsverfahren händisch durchgesehen und ausgewertet werden. Die Staatsregierung kam daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr nachgeordneten Ermittlungsbehörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Strafrechtspflege nicht zu leisten ist. Mit freundlichen Grüßen Petra Köpping 2017-08-25T10:03:46+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes