STAATSMINISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/10273 Thema: Abschiebung von Menschen aus der Untersuchungshaft Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Der Fragestellerin wurde von zivilgesellschaftlichen Akteurinnen darauf aufmerksam gemacht, dass Geflüchtete auf Grund von Strafvorwürfen in Untersuchungshaft genommen wurden und innerhalb weniger Tage beziehungsweise Wochen die Abschiebung auf Basis von § 456a StPO und § 72 AufenthG erfolgte. Dies widerspricht der erfahrungsgemäß längeren Zeit, die es für die Vorbereitung einer Abschiebung bedarf." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welchen Zeitraum für die Vorbereitung einer Abschiebung kann die Landesregierung für straffällig gewordene und Menschen, die keine Straftat begangen haben, angeben? Die Staatsregierung kann für die Vorbereitung einer Abschiebung weder für straffällige noch für Menschen, die keine Straftaten begangen haben, einen verlässlichen Zeitraum benennen. Diese können zwischen mehreren Tagen und mehreren Monaten liegen und sind von verschiedenen Faktoren abhängig : so z. B. von der Beschaffung oder dem Vorliegen gültiger Rückreisedokumente , der Mitwirkung der Behörden der Herkunftsstaaten, der Verfügbarkeit von Flügen, der Notwendigkeit und Organisation einer Sicherheitsbegleitung , von anhängigen Ermittlungsverfahren oder dem Einvernehmen der Staatsanwaltschaft. Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 24a-1052/31/31 Dresden, 25. August 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7. 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN Frage 2: Wie viele der in der Drs. 6/9230 angegebenen Abschiebungen aus sächsischen Justizvollzugsanstalten geschahen aus der Untersuchungshaft und wie viele weitere Abschiebungen wurden nach der Beantwortung der genannten Drucksache aus Haft wie Untersuchungshaft vollzogen (Bitte nach Haftdauer und Herkunftsländern der Betroffenen aufschlüsseln)? a) Abschiebungen aus der Untersuchungshaft (1. April 2016 bis 18. April 2017 — gemäß . Drs.-Nr. 6/9230) Justizvollzugsanstalt Haftdauer Herkunftsland JVA Bautzen - - JVA Chemnitz - - JVA Dresden 09.01.2017 — 08.03.2017 Tunesien JVA Görlitz - - JVA Leipzig mit Krankenhaus 22.06.2016 — 05.10.2016 Litauen 09.11.2016 — 11.01.2017 Tunesien JSA Regis-Breitingen - - JVA Torgau - - JVA Waldheim - - JVA Zeithain - - JVA Zwickau 12.05.2016 — 19.10.2016 Kosovo Seit dem 19. April 2017 erfolgten bis zum Stichtag 31. Juli 2017 keine weiteren Abschiebungen aus der Untersuchungshaft. b) Abschiebungen aus der Haft (19. April 2017 bis 31. Juli 2017) Justizvollzugsanstalt (JVA) Haftdauer Herkunftsland JVA Bautzen 29.07.2015 — 21.06.2017 Tunesien JVA Chemnitz - - JVA Dresden 10.07.2014 — 06.06.2017 Algerien 10.01.2016 — 27.06.2017 Algerien 29.06.2016 — 08.06.2017 Algerien 03.04.2017 — 23.06.2017 Kosovo Seite 2 von 5 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN 22.04.2017 — 23.06.2017 Marokko 30.09.2014 — 10.05.2017 Tunesien 14.05.2016 — 10.05.2017 Tunesien JVA Görlitz - - JVA Leipzig mit Krankenhaus 30.05.2017 — 22.06.2017 Albanien 18.01.2017 — 12.05.2017 Georgien 26.01.2017 — 21.06.2017 Tunesien 20.04.2017 — 10.05.2017 Tunesien JSA Regis-Breitingen 30.11.2015 — 22.06.2017 Albanien 14.04.2015 — 10.05.2017 Tunesien 28.08.2016 — 21.06.2017 Tunesien 27.01.2017 — 21.06.2017 Tunesien JVA Torgau - - JVA Waldheim - - JVA Zeithain 10.12.2015 — 07.06.2017 Algerien 11.03.2017 — 04.07.2017 Algerien 10.05.2015 — 21.06.2017 Tunesien 20.11.2015 — 21.06.2017 Tunesien 19.12.2015 — 21.06.2017 Tunesien JVA Zwickau - - Frage 3: In welchen der Fälle, der aus der Untersuchungshaft Abgeschobenen, wurden im Vorfeld der Inhaftierung Vorbereitungsmaßnahmen für die Abschiebung getroffen ? JVA Herkunftsland Abschiebung Vorbereitungsmaßnahmen am zur Abschiebung Dresden Tunesien 08.03.2017 Passbeschaffungsmaßnahmen seit dem Jahr 2014 Leipzig Litauen 05.10.2016 Sächsische Behörden für die Abschiebung nicht zuständig.* Leipzig Tunesien 11.01.2017 Sächsische Behörden für die Abschiebung nicht zuständig.* * Für diese Fälle kann keine Auskunft darüber gegeben werden, wann die zuständige Behörde welche Maßnahmen getroffen hat. Seite 3 von 5 STAATS1V11N1STER1UNI DES INNERN Frage 4: Nach welchen Kriterien sehen Vollstreckungsbehörden von der Vollstreckung der Freiheitsstrafe ab um die Betroffenen abschieben zu können? Die „Kriterien" für ein Absehen von der (weiteren) Vollstreckung einer Freiheitsstrafe sind in Ziffer III der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Europa über das Absehen von Strafverfolgung und Strafvollstreckung bei auszuliefernden oder abzuschiebenden Ausländern (§§ 154 b, 456 a StPO) (VwV Absehensentscheidung bei Ausländern — VwV AbsAus) vom 21. Juli 2011 geregelt. Gemäß Ziffer III Nummer 1 VwV AbsAus kann von der Vollstreckung einer zeitigen Freiheitsstrafe ganz oder schon vor Verbüßung der Hälfte abgesehen werden, wenn neben der Verurteilung eine in dem Verfahren erlittene Freiheitsentziehung oder die Auslieferung, Ausweisung oder Abschiebung selbst zur Einwirkung auf den Verurteilten und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheinen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob der Verurteilte für die abgeurteilte oder für eine andere Tat im Ausland eine weitere Strafe zu erwarten hat. Ein Absehen von Vollstreckung vor Verbüßung der Hälfte kann insbesondere in Betracht kommen, wenn a) bei Fortsetzung der Vollstreckung mit der bedingten Entlassung der Verurteilten gemäß § 57 Abs. 2 Strafgesetzbuch zum Halbstrafenzeitpunkt zu rechnen wäre oder b) die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt war und der Widerruf der Bewährungsaussetzung allein auf der Verletzung von Auflagen und Weisungen oder auf einer neuen Straftat beruht, die nicht zu einer Freiheitsstrafe geführt hat. Gemäß Ziffer III Buchstabe c) VwV AbsAus ist nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe in der Regel von der weiteren Vollstreckung abzusehen. Eine darüber hinausgehende Vollstreckung kommt nur dann in Betracht, wenn aus besonderen, in der Tat oder in der Person des Verurteilten liegenden Gründen oder zur Verteidigung der Rechtsordnung eine nachhaltige Vollstreckung geboten ist. In diesen Fällen kann jedoch nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafzeit von der weiteren Vollstreckung abgesehen werden. Bei lebenslanger Freiheitsstrafe kommt ein Absehen von weiterer Vollstreckung in der Regel nicht vor Verbüßung von 15 Jahren in Betracht. In Ausnahmefällen kann schon vor diesem Zeitpunkt gemäß § 456 a StPO verfahren werden. Dies gilt insbesondere, wenn der Verurteilung eine Konflikttat zugrunde lag, der Gesundheitszustand des Verurteilten schwerwiegend beeinträchtigt oder nicht sicher ist, dass eine vollziehbare Ausweisungsverfügung auch zu einem späteren Zeitpunkt durchgesetzt werden kann (Ziffer III Buchstabe d) VwV AbsAus). Nach Ziffer III Buchstabe e) VwV AbsAus gelten die dargestellten Bestimmungen für die Vollstreckung der Jugendstrafe entsprechend, soweit nicht im Hinblick auf § 88 Jugendgerichtsgesetz eine frühere Entscheidung angemessen ist. Freistaat SACHSEN Seite 4 von 5 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Bei einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung ist für jeden Einzelfall möglichst frühzeitig zu prüfen, ob von der Vollstreckung gemäß § 456a StPO abgeset en werden kann. Bei einer in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entzie ngsanstalt untergebrachten Person, die für die Allgemeinheit gefährlich ist, komm ein Absehen von der Vollstreckung erst dann in Betracht, wenn ausreichende Vorso ge ff deren Sicherung oder Behandlung im Ausland getroffen worden ist (Ziffer III Bui hst4be f VwV AbsAus). Mit frläurtlichen Grüßen Jr Lis Ulb Seite 5 von 5 2017-08-25T10:02:17+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes