Ihre Nachricht vom 4. August 2017 Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) Z-1050/1/995 Dresden, Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft Archivstraße 1 01097 Dresden www.smul.sachsen.de Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Für Besucher mit Behinderungen befinden sich gekennzeichnete Parkplätze am Königsufer. Für alle Besucherparkplätze gilt: Bitte beim Pfortendienst melden. *D 20 17 /2 94 69 * 2 0 1 7 /2 9 4 6 9 Seite 1 von 5 * Kein Zugang für elektronisch signierte sowie für verschlüsselte elektronische Dokumente Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Jana Pinka, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/10348 Thema: EU-BREF-Richtlinie: strengere Grenzwerte bei Schadstoffen wie Stickstoffoxid, Quecksilber und Rußpartikeln Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Künftig müssen Europas Kraftwerke strengere Grenzwerte bei Schadstoffen wie Stickstoffoxid, Quecksilber und Rußpartikel einhalten. Das sieht die neue, sogenannte BREF-Richtlinie vor, die im April 2017 von den Mitgliedsstaaten genehmigt und am 31.08.2017 vom Kollegium der Kommissionsmitglieder formell vereinbart wurde. Über 3.000 Großfeuerungsanlagen in der EU müssen die neuen Regeln bis Juli 2021 – also in vier Jahren - einhalten, nach denen Kraftwerke dann bspw. höchstens 175 Milligramm Stickoxid pro Kubikmeter ausstoßen dürfen. ln Bezug auf NOx, SO2 und Staub dürften zum Zeitpunkt 2021 lediglich knapp 18% der Kraftwerkskapazitäten in der BRD konform in Bezug auf die EU-Anforderungen sein – immerhin knapp 7% mehr als in der EU28 (vgl. vgl. https://europeanclimate.org/wp-conten/uploads/2017/06/16-1213-rev2- DNV-GL-report-ECFBREF-LCP2.pdf). ln Sachsen gibt es sieben Braunkohlekraftwerke mit einer kumulierten elektrischen Bruttoleistung von 4.550 MW, die von insgesamt 3 Unternehmen (bzw. 4, wenn LEAG und MIBRAG -beide EPH- getrennt betrachtet werden) betrieben werden. Braunkohlekraftwerke gelten als besonders kritisch in Bezug auf Schadstoffausstöße. Luftverschmutzung kann eine Vielzahl von Krankheiten verursachen, einschließlich Lungenkrankheit und Atemwegsinfektionen. Umweltverbände gehen davon aus, dass die neuen Regeln bis zu 20.000 Leben pro Jahr retten könnten. Die Richtlinie 2010/75/EU sieht bereits vor, in Abgasen bei jeder Feuerungsanlage mit einer Feuerungswärmeleistung von 100 MW oder mehr kontinuierlich bestimmte Stoffgehalte zu messen.“ Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Postfach 10 05 10 | 01076 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Durchwahl Telefon +49 351 564-2000 Telefax +49 351 564-2009 poststelle@ smul.sachsen.de* Ihr Zeichen Seite 2 von 5 Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Entsprechend der vorangestellten Ausführungen der Abgeordneten wird in der Antwort davon ausgegangen, dass sich alle Fragen auf die bestehenden Braunkohlekraftwerke in Sachsen beziehen. Frage 1: Welche konkreten Emissionsbegrenzungen bzw. Emissionsgrenzwertverschärfungen für welche abstrakte Art von Kraftwerken und jeweils welche Stoffe ergeben sich zu jeweils welchem Zeitpunkt aus der o.g. Neuregelung (mit konkreter Fundstelle)? Der Durchführungsbeschluss (EU) 2017/1442 der Kommission vom 31. Juli 2017 über Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken (BVT) gemäß der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates für Großfeuerungsanlagen (Aktenzeichen C(2017)522) wurde am 17. August 2017 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Gemäß § 7 Abs. 1 a Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) obliegt es der Bundesregierung, innerhalb eines Jahres nach Veröffentlichung eine Überprüfung und Anpassung der betroffenen Rechtsverordnungen vorzunehmen. Das betrifft in diesem Fall die 13. und die 17. Bundes-Immissionsschutzverordnung (BImSchV). Außerdem ist dort geregelt, dass die betreffenden Anlagen die Emissionsgrenzwerte innerhalb von vier Jahren, also spätestens am 16. August 2021, einhalten. Welche Emissionsgrenzwerte dann einzuhalten sein werden, entscheidet sich erst im Verfahren zur Änderung der 13. und 17. BImSchV, da in den Schlussfolgerungen zu den BVT keine eindeutigen Werte, sondern Bandbreiten enthalten sind. Frage 2: Welche Kenntnisse hat die Staatsregierung darüber, welche Kraftwerksblöcke in Sachsen die jeweiligen Anforderungen der o.g. Neuregelung in Bezug auf welche Stoffe aktuell bereits erfüllen? Dazu lässt sich derzeit noch keine verbindliche Aussage treffen (siehe Antwort zu Frage 1). Sofern die Bundesregierung die oberen Werte der Bandbreiten als Basis für die Grenzwertfestlegung in der 13. und 17. BImSchV heranzieht, können diese Grenzwerte mit Ausnahme von Stickstoffoxiden und Quecksilber von den Kraftwerksblöcken im Freistaat Sachsen nach derzeitigem Kenntnisstand eingehalten werden. Von den sechs Kraftwerksblöcken im Freistaat Sachsen werden derzeit drei bezüglich Quecksilber und alle sechs bezüglich Stickstoffoxiden kontinuierlich überwacht. Eine kontinuierliche Emissionsmessung ist Voraussetzung für den Vergleich mit den ab 16. August 2021 geltenden Jahresmittelwerten. Von den drei Blöcken, welche bereits beide Schadstoffe kontinuierlich überwachen, hält derzeit keiner beide künftigen Jahresmittelwerte ein. Am Kraftwerksstandort Lippendorf wird in beiden Blöcken mitteldeutsche Braunkohle mit hohem Quecksilbergehalt eingesetzt. Trotz Umsetzung einer Reihe technischer Maßnahmen kann der ab 16. August 2021 einzuhaltende weiter verschärfte Jahresmittelwert nicht eingehalten werden. Der Block R am Kraftwerksstandort Boxberg, wo quecksilberarme Lausitzer Seite 3 von 5 Braunkohle eingesetzt wird, kann den künftigen Stickstoffoxidgrenzwert derzeit nicht einhalten. Darüber hinaus ist bekannt, dass die Blöcke N und P am Kraftwerksstandort Boxberg den künftigen Stickstoffoxidgrenzwert nicht einhalten. Demgegenüber halten die beiden Blöcke am Kraftwerksstandort Lippendorf und der Block Q am Kraftwerksstandort Boxberg diesen Wert bereits heute ein. Frage 3: lnwiefern wurde, wird oder soll bis wann ein Austausch mit den Kraftwerksbetreibern darüber stattfinden, inwiefern diese in der Lage sind bzw. beabsichtigen, ihre Kraftwerke bzw. einzelne Blöcke in einer Weise zu ertüchtigen, die diese die Anforderungen der o.g. Neuregelung erfüllen lässt? Der Kraftwerksbetreiber LEAG hat im Sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft seine Bedenken bezüglich der Erarbeitung und Umsetzung der Schlussfolgerungen zu den BVT Schlussfolgerungen vorgetragen. Zu möglicherweise erforderlichen Ertüchtigungen einzelner Kraftwerksblöcke wurden dabei keine abschließenden Aussagen getroffen. Frage 4: Welche Emissionswerte für SO2, NOX, CO, CO2, Quecksilber und Rußpartikel in Abgasen sind bei den jeweiligen Großfeuerungsanlagen- Kraftwerksblöcken in Sachsen aktuell jeweils auf Grundlage welcher Genehmigungsentscheidung genehmigt, welche konkreten Emissionsgrenzwertverschärfungen aufgrund der in Frage 1 erfragten Umstände bzw. bereits früher bekannter Regelungen (bspw. § 30 13. BlmSchV) sind jeweils ab welchem Zeitpunkt zu erwarten und wie stellt sich vergleichsweise der Ausstoß von diesen Stoffen jeweils in den Kraftwerken zum jüngsten bekannten Zeitraum oder Zeitpunkt (Einzelmessung oder kontinuierliche Messung, vgl. KIA 6/502 - hier fehlen Werte für KW Lippendorf in Bezug auf Quecksilberemissionen) dar? (bitte um Beantwortung in Tabellenform) Die emissionsbegrenzenden Anforderungen für die in der Tabelle genannten Großfeuerungsanlagen ergeben sich aus § 4 Abs. 1 der 13. BImSchV. Der Verordnungsgeber begrenzt Tagesmittelwerte (TMW) und Halbstundenmittelwerte (HSMW) für die Emissionen an - Gesamtstaub, - Quecksilber und seine Verbindungen, angegeben als Quecksilber (Hg), - Kohlenmonoxid (CO), - Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid angegeben als Stickstoffdioxid (NO2) und - Schwefeldioxid und Schwefeltrioxid, angegeben als Schwefeldioxid (SO2). Die aufgeführten Emissionsgrenzwerte für die einzelnen Anlagen beziehen sich auf trockenes Abgas im Normzustand (273,15 Kelvin, 1013 Hektopascal) und einen Bezugssauerstoffgehalt von sechs Prozent. Alle Großfeuerungsanlagen dürfen einen Schwefelabscheidegrad von 96 Prozent (TMW) nicht unterschreiten. Seite 4 von 5 Für Ruß besteht keine Emissionsbegrenzung, da mit Gesamtstaub eine weitergehende Festlegung getroffen ist. Für Kohlendioxid (CO2) sind keine Emissionsgrenzwerte festgelegt . Die Begrenzung der CO2-Emissionen erfolgt ausschließlich auf Grundlage des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes (TEHG). Die einzigen derzeit konkret absehbaren Emissionsgrenzwertverschärfungen ergeben sich aus § 11 Abs. 1 und 2 der 13. BImSchV zum 1. Januar 2019 (§ 30 Abs. 1 Ziff. 2 der 13. BImSchV) durch die Einführung von Jahresmittelwerten für Gesamtstaub [zehn Milligramm pro Kubikmeter (mg/m³) und Quecksilber (0,01 mg/m³]. Im Übrigen bleibt die Umsetzung der BVT-Schlussfolgerungen in nationales Recht abzuwarten (siehe Antwort zu Frage 1). Eine Abschätzung der Emissionsminderung ist deshalb derzeit nicht möglich und wäre auch dadurch eingeschränkt, dass bisher keine Festlegungen zum Jahresmittelwert gelten. Nr. Anlage Staub in mg/Nm³* Hg in mg/Nm³* CO in mg/Nm³* NO2 in mg/Nm³* SO2 in mg/Nm³* 1 HKW Nord II Block B – TMW HSMW 20 40 0,03 0,05 250 500 200 400 400 800 2 HKW Nord II Block C – TMW HSMW 20 40 0,03 0,05 250 500 200 400 400 800 3 KW Boxberg Block N TMW HSMW 10 20 0,025 0,050 179 358 200 400 333 666 4 KW Boxberg Block P TMW HSMW 10 20 0,025 0,050 179 358 200 400 333 666 5 KW Boxberg Block Q TMW HSMW 20 40 0,030 0,050 200 400 200 400 400 800 6 KW Boxberg Block R TMW HSMW 20 40 0,030 0,050 200 400 200 400 400 800 7 Kraftwerk Lippendorf TMW HSMW 10 20 0,030 0,050 178 356 200 400 375 750 * mg/Nm³ - Milligramm pro Normkubikmeter Die in der Tabelle genannten Emissionsgrenzwerte wurden für die einzelnen Großfeuerungsanlagen in den folgenden Entscheidungen der Regierungspräsidien Chemnitz, Dresden und Leipzig, der Landesdirektionen Chemnitz, Dresden und Leipzig sowie der Landesdirektion Sachsen festgelegt: - Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Anlagen Nr. 1 und 2 vom 31. Juli 2007 sowie Aktualisierung gemäß der 13. BImSchV; Seite 5 von 5 - Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Anlagen Nr. 3 und 4 vom 19. Mai 1998 (Mitverbrennung von Klärschlamm in den Dampferzeugern N2 und P1) und vom 4. März 2013 (Mitverbrennung von Sekundärbrennstoffen, Fleisch- und Knochenmehl und getrocknetem Klärschlamm in den Dampferzeugern N 1 und P 2) sowie Aktualisierung gemäß der 17. BImSchV; - Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Anlage Nr. 5 vom 9. November 1995 sowie Aktualisierung gemäß der 13. BImSchV; - Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Anlage Nr. 6 vom 18. Dezember 2006 sowie Aktualisierung gemäß der 13. BImSchV; - Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Anlage Nr. 7 vom 31. März 2004 sowie immissionsschutzrechtlicher Bescheid vom 14. Dezember 2016. Frage 5: Welche konkreten Möglichkeiten (mit konkreter Fundstelle) für Ausnahmeregelungen und Kraftwerksweiterbetrieb nach 2021 ggf. mit Überschreitung der Emissionsgrenzwerte bieten die o.g. Neuregelungen und inwiefern ist der Staatsregierung durch die Kraftwerksbetreiber signalisiert, dass diese Ausnahmeregelungen in Anspruch nehmen möchten? Der Durchführungsbeschluss (EU) 2017/1442 über Schlussfolgerungen zu den BVT konkretisiert die Anforderungen der Richtlinie 2010/75/EU für Großfeuerungsanlagen. Dieser Durchführungsbeschluss beschreibt die BVT. Ausnahmeregelungen sind nach Artikel 15 Abs. 4 Richtlinie 2010/75/EU zulässig. Für die Umsetzung der Schlussfolgerungen in nationales Recht und dessen Vollzug durch die zuständigen Behörden unterscheidet das BImSchG zwei grundsätzliche Möglichkeiten , weniger strenge Emissionsgrenzwerte ausnahmsweise zuzulassen: - abstrakt-generell im Rahmen der Verordnungsgebung gemäß § 7 Abs. 1b Nr. 1 BImSchG oder - im konkreten Einzelfall durch die zuständige Behörde gemäß § 7 Abs. 1 b Nr. 2 BImSchG oder § 26 Abs. 1 der 13. BImSchV sowie § 24 Abs. 1 der 17. BImSchV. Der zuständigen Behörde liegen bisher keine Ausnahmeanträge vor. Mit freundlichen Grüßen Thomas Schmidt 2017-09-04T07:42:56+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes