STAÄTSIVIINISTERIIJIVI DES INNERN Freistaat ^ SACHSEN Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 33-0141.50/^640 Dresden, /iff. März 2015 Kleine Anfrage des Abgeordneten Enrico Stange, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/1042 Thema: Ermittlungen gegen Polizeibeamte im Rahmen von Demonstrationen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Am 24. Februar 2015 berichtet der mdr: ,Die sächsische Polizei ermittelt in den eigenen Reihen wegen eines Angriffs auf einen Demonstranten. Grund ist ein am Dienstag im Internet veröffentlichtes Video zu einem Einsatz bei der Pegida-Veranstaltung und den Gegendemonstrationen in Chemnitz. Es zeigt, wie zwei Beamte in Schutzkleidung einen Teilnehmer der Gegenkundgebung abführen. Dabei versetzt einer der Polizisten dem Festgehaltenen unvermittelt einen Schlag mit der Faust in die Magengrube [...] Die Polizeidirektion Chemnitz teilte mit, sie habe sofort nach Bekanntwerden des Videos ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt eingeleitet. Der Name des Beamten sei noch nicht bekannt.1 Quelle: http://www.mdr.de/nachrichten/polizist-schlaeqt-demonstranten 100 zc-e9a9d57e zs-6c4417e7.htmn“ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Weshalb konnte die Identität des Beamten anfangs nicht ermittelt werden, obwohl auf dem Video die für die Bereitschaftspolizei übliche Kennzeichnung, bestehend aus geometrischen Formen und Ziffern, auf dem Rücken der Schutzkleidung sehr deutlich zu erkennen ist? Durch die normierte Kennzeichnung der Einsatzeinheiten der sächsischen Polizei war erkennbar, dass es sich bei dem tatverdächtigen Polizeibeamten um einen konkret bestimmbaren Gruppenführer einer bestimmten Einheit der Bereitschaftspolizei Sachsen handelte. Zur Ermittlung der Identität des am 23. Februar 2015 die Funktion dieses Gruppenführers ausübenden Polizisten wurde am 24. Februar 2015, unmittelbar nach Bekanntwerden der Videoaufzeichnung, durch die Polizeidirektion Chemnitz ein Ermittlungsersuchen an das Präsidium der Bereitschaftspolizei Sachsen gerichtet. Insofern wurde in Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str, 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACH SEIN der Medieninformation Nr. 112 vom 24. Februar 2015 durch die Polizeidirektion Chemnitz zutreffend mitgeteilt, dass das von Amts wegen eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen einen zur Zeit namentlich noch nicht bekannten Beamten der Bereitschaftspolizei Sachsen geführt werde. Frage 2: Erwägt die Sächsische Staatsregierung eine Ausrüstung sächsischer Polizeibeamter mit sogenannten Body Cams und welche Vorteile wären damit verbunden? Die Sächsische Staatsregierung plant derzeit keinen Einsatz von sogenannten „Body-Cams“ bei der sächsischen Polizei. Frage 3: Wie viele Strafanzeigen gegen Polizeibeamtinnen und -beamte in Bezug auf Einsätze während Versammlungen und Aufzügen, wurden in den Jahren 2013 bis 2015 erstattet? (Bitte aufgeschlüsselt nach Datum, Ort und Art des Tatvorwurfes!) Frage 4: Wie viele der unter Frage 3 genannten Strafanzeigen führten zu Ermittlungsverfahren und welcher Verfahrensstand ist jeweils erreicht? Wie viele Ermittlungen von Amts wegen wurden gegen Polizeibeamtinnen und -beamte in Bezug auf Einsätze während Versammlungen und Aufzügen in den Jahren 2013 bis 2015 eingeleitet? (Bitte aufgeschlüsselt nach Datum, Ort und Art des Tatvorwurfes und Stand des Ermittlungsverfahrens!) Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 3 bis 5: Von einer Beantwortung wird aus Gründen der Zumutbarkeit abgesehen. Gemäß Art. 51 Abs. 1 Sächsische Verfassung ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Bestem Wissen entspricht die Antwort, wenn das Wissen, das bei der Staatsregierung präsent ist, sowie jene Informationen, die innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand zumindest in ihren Geschäftsbereichen eingeholt werden können, mitgeteilt wird (SächsVerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 19-1-97). Vollständig ist die Antwort, wenn alle Informationen, über die die Staatsregierung verfügt oder mit zumutbarem Aufwand verfügen könnte, lückenlos mitgeteilt werden (SächsVerfGH, a.a.O.). Zur Vorbereitung der Beantwortung ist eine umfassende Sachverhaltsermittlung vorzunehmen. Diese Sachverhaltsermittlung ist jedoch im Hinblick auf die zeitlichen Vorgaben der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages beschränkt. Bei der Sachverhaltsermittlung kann daher nicht in jedem Fall das Ausschöpfen jeder denkbaren Erkenntnisquelle verlangt werden (SächsVerfGH, a.a.O.). Eine gesonderte Statistik zu Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte wegen des Bege-hens von Straftaten in Einsätzen während Versammlungen und Aufzügen werden weder von der Polizei noch bei den sächsischen Staatsanwaltschaften geführt. Straftaten von Polizeibediensteten in Ausübung des Dienstes werden nach der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz über die statistische Erhebung bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften (VwV Justizgeschäftsstatistik) vom Frage 5 Seite 2 von 3 STAATS1VI1N1STER11JM DES INNERN Freistaat SACHSEN 22. Dezember 2014 unter den Sachgebietsschlüsseln 52 „Vorsätzliche Tötungsdelikte durch Polizeibedienstete“, 53 „Gewaltausübung und Aussetzung durch Polizeibedienstete“ und 54 „Zwang und Missbrauch des Amtes durch Polizeibedienstete“ sowie unter dem Sachgebietsschlüssel 51 „Verfahren gegen Justizbedienstete, Richter, Notare, sonstige Amtsträger und Rechtsanwälte wegen Straftaten, die im Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung stehen (ohne Korruptionsdelikte)“ erfasst, wobei der letztgenannte Sachgebietsschlüssel auch für Polizisten gilt. Für den angefragten Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 5. März 2015 konnten in den Verfahrensdatenbanken der fünf sächsischen Staatsanwaltschaften 3.321 potentiell unter die Fragestellung fallende Ermittlungsverfahren selektiert werden, die unter den Sachgebietsschlüsseln 51 bis 54 erfasst wurden. Zur Beantwortung der Fragen müssten alle Verfahrensakten der 3.321 Ermittlungsverfahren durch Staatsanwälte der einzelnen sächsischen Staatsanwaltschaften, wo die Verfahren geführt wurden, händisch ausgewertet und durchgesehen werden, ob der Beschuldigte eines unter dem Sachgebietsschlüssel 51 erfassten Verfahrens Polizeibeamter ist und ob die zur Anzeige gebrachte Straftat während eines Einsatzes im Rahmen einer Demonstration begangen wurde. Ein nicht unerheblicher Umfang von Verfahrensakten liegt den einzelnen Staatsanwaltschaften jedoch nicht vor, weil z. B. Rechtsanwälten Akteneinsicht gewährt wurde, die polizeilichen Ermittlungen noch andauern, die Akten im Falle angestrebter Strafverfahren oder noch laufenden Vollstreckungsverfahren den Gerichten vorliegen, die Akten bereits archiviert oder an Sachverständige versandt wurden. Diese Verfahrensakten müssten von Geschäftsstellenmitarbeitern bei der Stelle, wo sie vorliegen, zunächst angefordert werden. Bei archivierten Akten bedeutet dies, dass Mitarbeiter des jeweiligen häufig nicht in den Gebäuden der jeweiligen Staatsanwaltschaften untergebrachten Archivs die Akten heraussuchen und übersenden müssen. Bei gewährter Akteneinsicht müsste die Akte bei einem Rechtsanwalt, in einem laufenden Strafverfahren bei Gericht, bei noch nicht abgeschlossenen Ermittlungen bei der jeweiligen Polizeidienststelle oder bei der Beauftragung eines Sachverständigengutachtens von dem jeweiligen Sachverständigen zurückgefordert werden. Nach erfolgter Aktenbeiziehung müssten die nicht elektronisch geführten Verfahrensakten durch Staatsanwälte gesichtet und das Auswertergebnis in Listen aufgeführt werden. Anschließend müssten die Akten wieder an ihren ursprünglichen Aufbewahrungsort zurückverbracht werden. Für eine Beantwortung der Fragen seitens der Polizei wäre es erforderlich, desgleichen die zuvor benannten Ermittlungsverfahren händisch auszuwerten und diese Auswertung anschließend mit allen polizeilichen Einsatzunterlagen abzugleichen, die zu Versammlungen und Aufzügen durchgeführt worden sind. Die Beantwortung der Fragen ist im Ergebnis der vorzunehmenden Abwägung unverhältnismäßig und in der zur Verfügung stehenden Zeit ohne erhebliche Einschränkung der Strafrechtspflege und Funktionsfähigkeit der sächsischen Justiz sowie der sächsischen Polizei rticht zu leisten. Mit f| freundlichen Grüßen J Markus Ulbig Seite 3 von 3