STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hospitalstraße 7 101097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Durchwahl Telefon +49 (0)351 564-1500 Telefax +49 (0)351 564-1509 staatsminister® smj.justiz.sachsen.de* Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 1040E-LR-639/15 Dresden, ■ März 2015 Kleine Anfrage der Abgeordneten Klaus Bartl und Dr. Jana Pinka, Fraktion DIE LINKE, Drs.-Nr.: 6/1046 Thema: Drohende Verjährung der Strafverfolgung von Ex-Geschäfts-führer und Mitgesellschafter der insolventen PSW Schmiedetechnik GmbH Brand-Erbisdorf Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Unter der Überschrift: „PSW - Chefs noch immer nicht vor Gericht“, berichtete die Freie Presse in ihrer Ausgabe vom 12. Februar 2015, dass die gegen die seinerzeitigen Geschäftsführer der seit 29. Januar 2009 insolventen PSW Schmiedetechnik GmbH in Brand-Erbisdorf geführten Strafverfahren bzw. die erhobenen Strafvorwürfe zu verjähren drohen: „Seit sechs Jahren warten 260 frühere Mitarbeiter darauf, dass sich die Ex-Geschäftsführer des Brand-Erbisdorfer Schmiedebetriebes vor Gericht verantworten. Die Geschädigten befürchten nun, dass Vorwürfe gegen die Männer verjähren. [...] Ein Betrugsprozess gegen Listner und den ehemaligen PSW Gesellschafter Michael Theerkorn könnte daran scheitern, dass die in der Anklageschrift benannten Vorwürfe verjähren.“ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium der Justiz Hospitalstraße 7 01097 Dresden Briefpost über Deutsche Post 01095 Dresden www.justiz.sachsen.de/smj Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8,11 Parken und behindertengerechter Zugang über Einfahrt Hospitalstraße 7 *Zugang für elektronisch signierte sowie für verschlüsselte elektronische Dokumente nur über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach; nähere Informationen unter www.egvp.de Seite 1 von 4 STAATSM1N1STER1U1VI DER JUSTIZ M..II Freistaat ||| SACHSEN Frage 1: Seit wann wurden/werden (Vor)Ermittlungsverfahren und nachfolgende Strafverfahren gegen die in der o.g. Presseberichterstattung der Freien Presse vom 12. Februar 2015 genannten Ex-Geschäftsführer Mathias Listner und Ex-Mit-gesellschafter Michael Theerkorn der seit Anfang 2009 insolventen PSW Schmiedetechnik GmbH in Brand-Erbisdorf mit welchem konkreten Strafvorwurf geführt? Frage 2: Wie viele Strafanzeigen sind mit welchem konkreten Strafvorwurf/Straftatenver-dacht gegen Geschäftsführer, andere verantwortliche Mitarbeiter oder Mitgesellschafter der PSW Schmiedetechnik GmbH in Brand-Erbisdorf sowie gegen weitere Dritte seit dem Jahre 2008 im Vorfeld und nach Eintritt der Insolvenz der PSW Schmiedetechnik GmbH erstattet worden? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2: Ein erstes Ermittlungsverfahren wurde gegen die Beschuldigten Listner und Theerkorn am 22. Januar 2009 eingeleitet. Gegenstand des Ermittlungsverfahrens waren Strafanzeigen von zwölf natürlichen und juristischen Personen im Hinblick auf die Tatvorwürfe Insolvenzverschleppung, Bankrott, Untreue, Unterschlagung und Betrug. Weiterhin bestand gegen die Beschuldigten der Anfangsverdacht des Vorenthaltens und Verun-treuens von Arbeitsentgelt, des Kapitalerhöhungsschwindels und des Vereitelns der Zwangsvollstreckung. Sämtlichen Tatvorwürfen wurde im Rahmen der geführten Ermittlungen nachgegangen. Am 22. März 2012 erhob die Staatsanwaltschaft Chemnitz zum Landgericht Chemnitz Anklage, in der den beiden Beschuldigten vorsätzliche Insolvenzverschleppung und Betrug zur Last gelegt wird. Von der Verfolgung der übrigen Tatvorwürfe, die Gegenstand des Ermittlungsverfahrens waren, wurde nach § 154 Absatz 1 Strafprozessordnung (StPO) vorläufig abgesehen. In einem weiteren, mit Anklageerhebung von Amts wegen aus dem obigen Verfahren abgetrennten Ermittlungsverfahren erhob die Staatsanwaltschaft Chemnitz am 27. März 2013 eine zweite Anklage gegen den Beschuldigten Listner wegen Betruges, Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ kü... Freistaat |1| SACH SEIM nachdem sich aufgrund eines im ersten Ermittlungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens ein weiterer Betrugsverdacht ergeben hatte. Frage 3: Ob und inwieweit eine Verjährung der derzeitig durch die Staatsanwaltschaft an-geklagten Straftaten - wie in der Presseberichterstattung dargestellt, im März 2015 tatsächlich droht, wenn es bis dahin nicht zur gerichtlichen Hauptverhandlung kommen sollte? Frage 4: Inwieweit ist die o.g. Presseberichterstattung, wonach das zuständige Landgericht im Jahre 2014 erklärt habe: „Die Strafkammer geht davon aus, dass der Prozess rechtzeitig vor Verjährung beginnt.“ sowie die Presseberichterstattung der Freien Presse vom 19. Februar 2015, wonach die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Chemnitz erklärt habe: „Die angeklagten Taten verjähren frühestens Anfang 2017.“, sachlich-inhaltlich wie auch straf- bzw. strafprozessrechtlich zutreffend sind? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 3 und 4: Die Pressemitteilungen des Landgerichts Chemnitz und der Staatsanwaltschaft Chemnitz wurden in Frage 4 korrekt zitiert. Soweit beide Fragen sich darauf beziehen, ab wann, soweit es nicht zur gerichtlichen Hauptverhandlung kommt, (erstmals) angeklagte Taten verjähren und danach gefragt wird, ob insoweit von der Staatsanwaltschaft Chemnitz getätigte Angaben straf- bzw. strafprozessrechtlich zutreffend sind, sind die Fragen auf eine rechtliche Bewertung gerichtet. Gemäß Artikel 50 der Verfassung des Freistaates Sachsen (SächsVerf) ist die Staatsregierung verpflichtet, den Landtag über ihre Tätigkeit zu informieren, soweit dies zur Erfüllung von dessen Aufgaben erforderlich ist. Der Informationspflicht der Sächsischen Staatsregierung nach Artikel 50 SächsVerf entspricht das Frage- und Auskunftsrecht der Abgeordneten gegenüber der Staatsregierung nach Artikel 51 SächsVerf. Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Das Fragerecht dient jedoch nicht dazu, die Staatsregierung zu einer Bewertung anzuhalten, sondern nur dazu, den Abgeordneten Informationen zu verschaffen (SächsVerfGH, Urteil vom 22. April 2004, Vf. 44-1-03). Von der erfragten Bewertung durch die Staatsregierung wird abgesehen, zumal es sich bei der Frage der Verjährung um eine Rechtsfrage handelt, über die im Rahmen des noch nicht abgeschlossenen Gerichtsverfahrens in richterlicher Unabhängigkeit zu entscheiden ist (Artikel 77 Absatz 2 SächsVerf). Welche konkreten personellen, strukturellen und organisatorischen Ursachen liegen dafür vor, dass sich die strafrechtlichen Ermittlungen und das anschließende Strafverfahren - wie in der o.g. Presseberichterstattung dargestellt - über nunmehr über mehr als sechs Jahre und damit unter dem vermeintlich akuten Risiko eines drohenden Verjährungseintritts hinzogen? Die umfangreichen und komplexen Ermittlungen wurden von der Staatsanwaltschaft mit dem gebotenen Nachdruck geführt. Nach Anklageerhebung veranlasste das Landgericht Chemnitz die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den angeklag-ten Betrugsvorwürfen. Das Gutachten liegt noch nicht vor. Über die Eröffnung der Hauptverfahren und Zulassung der Anklagen soll nach Eingang des Gutachtens entschieden werden. Mit freundlichen Grüßen Frage 5: Sebastian Gemkow Seite 4 von 4