STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOllALES UND VERBRAUC~ERSC~UTZ SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM F0 R SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Albertstraße 10 1 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Piatz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Andre Wendt, AfD-Fraktion Drs.-Nr.: 6/10461 Thema: Schutzauftrag der Schwangerschaftskonfliktberatung Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: "Die Schwangerschaftskonfliktberatung ist im Sinne des Lebensschutzes durchzuführen. Nach Urteil des Bundesverfassungsgerichtes hat der Gesetzgeber eine Beobachtungspflicht, ob diese tatsächlich gegeben ist und ggf. eine Nachbesserungspflicht, um diesen Schutz zu gewährleisten (2. Abtreibungsurteil des BVerfG vom 28. Mai 1993, BVerf- GE 88, 203-366). Im Jahre 2015 führte der Verein "pro familia" in Sachsen 848 von 7.849 Schwangerschaftskonfliktberatungen nach §§5-7 SchKG durch. Ebenso betreibt "pro familia" in Bremen, Mainz und Rüsselsheim medizinische Zentren, in denen u.a. Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden. Im §3 SächsSchKGAG ist gesetzlich geregelt, dass das SMS für die Anerkennung von Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen zuständig ist. ln Sachsen wurden 2015 8.064 Schwangerschaftskonfliktberatungen durchgeführt, daraus resultierten 5.083 Schwangerschaftsabbrüche nach§ 218a StGB." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie ist der Freistaat seiner Beobachtungspflicht seit diesem Urteil nachgekommen? Frage 2: Ist - bezugnehmend auf o.g. Zahlen - nach Ansicht der Staatsregierung eine Schwangerschaftskonfliktberatung sichergestellt, die eigentlich dem Schutz des ungeborenen Lebens dienen sollte? Freistaat SACHSEN Die Staatsministerin Durchwahl Telefon +49 351 564-5601 Telefax +49 351 564-5791 Ihr Zeichen Ihre Nachricht vom Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 41-0141 .51-17/747 Dresden, i- September 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz Albertstraße 1 0 01097 Dresden www.sms.sachsen.de Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2: STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOllALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ 1995 hat der Gesetzgeber mit dem Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz das Strafrecht bezüglich des Schwangerschaftsabbruchs geändert und mit dem Schwangerschaftskonfliktgesetz einen umfassenden Rechtsanspruch auf Beratung während der Schwangerschaft geregelt. Kern der unter Berücksichtigung des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 28. Mai 1993 gefundenen Lösung ist die Beratungsregelung für Schwangerschaftsabbrüche. Die Beratungsregelung folgt der Erkenntnis, dass ungeborenes menschliches Leben in der Frühphase der Schwangerschaft nur mit der Frau und nicht gegen sie zu schützen ist. Sie hat sich von dem Bemühen leiten zu lassen, die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu ermutigen und ihr Perspektiven für ein Leben mit dem Kind zu eröffnen. Die Beratung ist nach § 219 StGB ergebnisoffen zu führen und geht von der Verantwortung der Frau aus. Dem Bundesgesetzgeber obliegt nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 28. Mai 1993 eine Beobachtungs- und ggf. Nachbesserungspflicht im Hinblick auf das dem Schwangerschaftskonfliktgesetz zugrunde liegende Beratungskonzept Für die Beratung nach den §§ 5 und 6 Schwangerschaftskonfliktgesetz haben die Länder ein ausreichendes plurales Angebot wohnortnaher Beratungsstellen sicherzustellen . Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen bedürfen einer besonderen staatlichen Anerkennung(§ 9 SchKG). Voraussetzung hierfür ist, dass sie eine fachgerechte Schwangerschaftskonfliktberatung nach § 5 SchKG leisten und zur Durchführung der Beratung entsprechend den gesetzlichen Anforderungen in der Lage sind. Die landesrechtlichen Anforderungen an Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen im Freistaat Sachsen regelt§ 4 des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Schwangerschaftskonfliktgesetz (SächsSchKGAG). Das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz ist nach § 3 SächsSchKGAG für die Anerkennung der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen zuständig und überprüft diese regelmäßig. Die Zulassung zur Schwangerschaftskonfliktberaterin unterliegt im Freistaat Sachsen hohen Standards. Schwangerschaftsberaterinnen, die sich als Konfliktberaterin qualifizieren wollen, müssen innerhalb von drei Jahren den Erwerb einer Zusatzqualifikation im Umfang von mindestens 100 Stunden nachweisen und eine eidesstattliche Erklärung vorlegen, dass sie Schwangerschaftskonfliktberatung nach den Grundsätzen der §§ 5 und 6 SchKG durchführen. Die Staatsregierung sieht aus den o.g . Gründen eine Schwangerschaftskonfliktberatung sichergestellt, die den Grundsätzen des Schwangerschaftskonfliktgesetzes entspricht und dem Schutz des ungeborenen Lebens dient. Frage 3: Ist aus Sicht der Staatsregierung sichergestellt, dass die Schwangerschaftskonfliktberatung beim Träger "pro familia" dem Schutz des ungeborenen Lebens dient? Die Staatsregierung prüft regelmäßig das Vorliegen der Anerkennungsvoraussetzungen bei den Beratungsstellen nach §§ 3 und 8 SchKG, so auch beim Träger "pro familia ". Die Beratungsstellen haben nach § 10 Absatz 1 SchKG jährlich einen schriftlichen Bericht über ihre Beratungstätigkeit niederzulegen, der die Maßstäbe der Tätigkeit und die gesammelten Erfahrungen enthält. Dieser jährliche Bericht dient der Überprüfung der Beratungsstelle durch die zuständige Behörde. Seite 2 von 3 Freistaat SACHSEN STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUC~ERSC~UTZ Die Staatsregierung kann aufgrund der vorgenommenen Prüfungen davon ausgehen, dass die Schwangerschaftskonfliktberatung beim anerkannten Träger pro familia nach den Grundsätzen des Schwangerschaftskonfliktgesetzes (§§ 5 und 6) durchgeführt wird. Frage 4: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über den Umfang illegal durchgeführter Schwangerschaftsabbrüche im Freistaat? Zu illegal durchgeführten Schwangerschaftsabbrüchen liegen der Sächsischen Staatsregierung keine Erkenntnisse vor. Frage 5: Kann nach Ansicht der Staatsregierung bei Betrachtung der hohen Abbruchquote davon ausgegangen werden, dass das Ziel der Schwangerschaftskonfliktberatung - nämlich der Schutz des ungeborenen Lebens - gewährleistet ist oder ist diese Zahl nicht vielmehr Ausdruck davon, dass dieses Ziel nicht erreicht wird I worden ist? Die Schwangerschaftskonfliktberatung im Freistaat Sachsen dient dem Schutz des ungeborenen Lebens unter Beachtung der Verantwortung der Frau und dem Anspruch eines ergebnisoffenen Beratungsprozesses. Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Sachsen ist seit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 28. Mai 1993 kontinuierlich rückläufig . Kamen im Jahr 1993 auf 10 000 Frauen 104,6 Schwangerschaftsabbrüche, so waren es im Jahr 2015 67,9 Abbrüche . Sachsen befindet sich hierbei im Mittelfeld der Bundesstatistik. Demgegenüber steht eine stetig steigende Geburtenzahl im Freistaat Sachsen: Auf 5,1 Lebensgeborene je 1000 Einwohner im Jahr 1993 kommen 9,0 Lebendgeborene je 1000 Einwohner im Jahr 2015. Mit einer zusammengefassten Geburtenziffer von 1 ,59 Kindern pro Frau steht Sachsen an der Spitze der Bundesländer. Die Staatsregierung kann weder aus den dargestellten statistischen Daten noch im Rahmen der Prüfung der Jahresberichte der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen erkennen, dass das Ziel der Schwangerschaftskonfliktberatung, ungeborenes Leben zu schützen, nicht erreicht würde. Mit freundlichen Grüßen '7-, ~.( ~ra Klepsch · Seite 3 von 3 Freistaat SACHSEN 2017-09-11T12:18:32+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes