STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/10486 Thema: Neuvergabe der Betreibung der Erstaufnahmeeinrichtungen im Raum Dresden Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Zum 1. August 2017 wurde die Trägerschaft der Erstaufnahmeeinrichtungen in Dresden (Hamburger Straße, Bremer Straße und Stauffenbergallee 2b sowie in Tharandt an die European Homecare GmbH übergeben. In der Sächsischen Zeitung vom 16.8.2017 werden diverse problematische Praktiken dieses Betreibers beschrieben (Misshandlung von Bewohnerinnen durch den Wachdienst, Missachtung von Arbeitnehmerinnenrechten, rassistische Äußerungen von Angestellten etc.) Aufgrund der Neuvergabe richteten sich unter anderem mehrere Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten vom Team Krisensprechstunde EAE Hamburger Straße und Bremer Straße mit einem offenen Brief an Innenminister Markus Ulbig (CDU) sowie Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP), das auch dem sächsischen Ausländerbeauftragten , Geert Mackenroth (CDU) sowie der sächsischen Integrationsministerin Petra Köpping (SPD). Sie äußerten die Sorge, dass sie ihre Arbeit unter dem neuen Träger nicht mehr fortsetzen können, da die bisherige Arbeit über Spenden finanziert wurde, die vom DRK eingeworben wurden." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Bieter beteiligten sich an der Vergabe von Leistungen zur Unterbringung , Betreuung und Versorgung von Asylbewerbern in den Unterbringungsobjekten der Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) im Raum Dresden und gingen als unterlegene Bieter in Widerspruch gegen die Vergabe an die European Homecare GmbH mit welchem Ergebnis? Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 24b-1053/31/58 Dresden, 20. September 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Frage 2: Gab es Widersprüche gegen die Vergabe der Trägerschaften an die European Homecare GmbH durch unterlegene Bieter, wenn ja wie viele und mit welchem Ergebnis? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2: Im Vergabeverfahren „Betrieb der Unterbringungsobjekte der Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber am Standort Dresden" reichte die „Bietergemeinschaft Deutsches Rotes Kreuz Humanitäre Nothilfe" zwar einen Vergabenachprüfungsantrag ein, nahm diesen jedoch noch vor der Antragserwiderung durch die Landesdirektion Sachsen (LDS) wieder zurück. Insofern gab es keine Widersprüche gegen die Vergabe der Betreibung der EAE im Raum Dresden an die European Homecare GmbH. Frage 3: Welche Position vertritt die Staatsregierung zu den im o.g. Artikel in der Sächsischen Zeitung vorgetragenen Vorwürfen gegen European Homecare in Bezug auf das Verhalten des Wachdienstes und den Umgang mit Arbeitnehmerinnenrechten ? Im Zuge der Angebotsprüfung wurden die in Pressemitteilungen erwähnten vergaberelevanten Vorwürfe in der EAE Burbach durch die Vergabestelle der LOS geprüft. Im Ergebnis konnten jedoch keine vergaberechtlich zu beachtenden Sachverhalte ermittelt werden. Die European Homecare GmbH hat im Ergebnis der Vorfälle in der EAE Burbach umfangreiche organisatorische Maßnahmen (bspw. Einstellungsstandards, Anweisung, Aus- und Fortbildung, Schulungen, Kontrollen, Beschwerdemanagement, Qualitätssicherung und transparente Strukturen) getroffen, um ein Fehlverhalten zu vermeiden. In den Erstaufnahmeeinrichtungen im Freistaat Sachsen werden Wachschutzunternehmen zudem über separate Vergabeverfahren unabhängig von dem jeweiligen Betreiber beauftragt. Zu den im Artikel benannten Vorwürfen zum Umgang mit Arbeitnehmerrechten liegen keine belastbaren Hintergrundinformationen vor, so dass hierzu keine Stellung genommen werden kann. Zudem betreffen die dargestellten Vorwürfe nicht die Betreibung der Erstaufnahmeeinrichtungen im Freistaat Sachsen. Die Einhaltung von Mindestlohn und anderen gesetzlichen Bestimmungen über Mindestentgelte sind Vertragsbestandteil. Seite 2 von 4 STAATSTVI1NISTER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN Frage 4: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über die Fortführung der Angebote des Teams Krisensprechstunde, die sich mit einem offenen Brief an Verantwortungsträger aus Land und Stadt Dresden gewendet hatten? Nach derzeitigem Kenntnisstand der LOS bleiben die Netzwerke zur Krisensprechstunde weiterhin bestehen. Von Seiten des Betreibers besteht die Zielstellung, die Kontakte zu halten und die Krisensprechstunden weiterhin durchzuführen. Entsprechende Räumlichkeiten wurden durch den Betreiber zur Verfügung gestellt. Frage 5: Welche Vereinbarungen wurden zwischen dem Freistaat Sachsen und der European Homecare GmbH für die Betreibung der EA Bremer Straße 25, Hamburger Straße 19, Stauffenbergallee 2b und Hauptstraße 9, Tharandt zur Höhe der Vergütung der durch die European Homecare GmbH bei der Betreibung der genannten vier Erstaufnahmeeinrichtungen zu erbringenden Leistungen getroffen? (bitte pro Standort aufschlüsseln nach Pauschal Vergütung, Vergütung je vorgehaltenem Platz, Vergütung je tatsächlich belegtem Platz, Kilometer -Pauschale für Transport der Asylbewerber nennen) Die geforderten Angaben legen die Grundlagen für die Kalkulation des durch die European Homecare GmbH angebotenen Preises offen. Dessen Offenlegung beträfe die Geschäftsinteressen der EHC in erheblichem Ausmaß, da ansonsten potentielle Konkurrenten bei zukünftigen Vergabeverfahren einen unzulässigen wettbewerblichen Vorteil hätten. Gemäß § 5 Vergabeverordnung (VgV) dürfen diese Angaben durch den Auftraggeber nicht weitergegeben werden. Dies gilt gemäß § 5 Abs. 2 VgV auch nach Abschluss des Vergabeverfahrens. Das Gebot, die Inhalte der Angebote auch nach Abschluss des Vergabeverfahrens vertraulich zu behandeln, dient der Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Bieter sowie der Gewährleistung des Wettbewerbs auch für zukünftige Vergabeverfahren. Der durch den Bieter konkret angebotene Preis ist das maßgebliche Kriterium für die Erteilung des Zuschlages und lässt Rückschlüsse auf die Kalkulation des Bieters zu. Eine Weitergabe der Daten an Dritte ist daher — auch mit Blick auf den vergaberechtlichen Grundsatz der Verschwiegenheitspflicht - grundsätzlich nicht zulässig. Der Grundsatz der Wahrung der Vertraulichkeit von Angeboten und ihren Anlagen kollidiert hier aber mit dem Recht der Abgeordneten aus Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 Sächsische Verfassung. Beide Interessen müssen durch Abwägung in einen Ausgleich gebracht werden, wobei der LDS der hohe Rang des parlamentarischen Fragerechts bewusst ist. Die Abwägung zwischen dem verfassungsrechtlich geschützten Interesse der Abgeordneten an der Beantwortung ihrer Frage und dem ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Betriebs- und Geschäftsgeheimnis ergibt, dass die Frage nicht öffentlich beantwortet werden kann. Dem Interesse der Abgeordneten auf umfassende Information kann hier durch eine Beantwortung der Frage nur ihr gegenüber und eine Veröffentlichung der Antwort mit Schwärzungen Rechnung getragen werden. Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Die vereinbarten Tagessätze betragen (nicht zur Veröffentlichung bestimmt): Ein Transport von Asylbewerbern ist nicht Vertragsbestandteil. Es wird darauf hingewiesen, dass die Verträge mit den verschiedenen Betreibern von Erstaufnahmeeinrichtungen nicht direkt vergleichbar sind. Beim vorliegenden Vertrag sind vom Betreiber umfangreiche Maßnahmen, die über die reine soziale Betreuung hinausgehen, mit zu gewährleisten. Darüber hinaus sind Kapazitäten für eine schnelle Inbetriebnahme der Standby-Objekte innerhalb von 48 Stunden vorzuhalten. Eine gesonderte Erstattung erfolgt lediglich noch für Verbrauchsmittel der Gesundheitsstation und für Aufwandsentschädigungen für Arbeitsleistungen nach § 5 Abs. 1 AsylbLG, soweit diese nicht Aufgaben des Betreibers betreffen. Es wird darum gebeten, die Antwort im Parlamentsdokumentationssystem EDAS nur mit geschwärzten Angaben zu veröffentlichen. Eine geschwärzte Version ist beigefügt. Darüber hinaus wird gebeten, der Fragestellerin nicht öffentlich die Antwort vollständig zu übergeben. Auf die Nichtöffentlichkeit ist explizit hinzuweisen. Mit freundlichen Grüßen Markus Ulbig Seite 4 von 4 2017-09-20T14:52:11+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes