SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hosp¡talstr. 7 | 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindena u-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Enrico Stange, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/10660 Thema: Digitale Schnittstellen zwischen sächsischen Staatsanwaltschaften und Gerichten Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,ln einer Pressemitteilung der Sächsischen Staatsregierung unter dem Thema,,Digitale Schnittstelle realisiert - Arbeitserleichterung für sächsische Strafgerichte" ist zu lesen: ,,Der Name des Angeschuldigten , Namen und Anschriften aller Zeugen, der Tatvorwurf - wann immer Staatsanwälte Anklage erhobenn begann in den Geschäftsstellen der Strafgerichte das große Tippen. Denn sämtliche Namen und weitere Verfahrensdaten mussten manuell erneut elektronisch erfasst werden. Der Grund: Wie in allen anderen Bundesländern auch nutzen Staatsanwälte und Richter unterschiedliche lT- Fachprogramme. Und die konnten bisher nicht ,miteinander reden'. Doch das ist nun vorbei. Denn der massive Einsatz des Freistaates Sachsen in den Verfahrensverbünden der Länder hat dazu geführt, dass eine Schnittstelle programmiert wurde, die mittlerweile erfolgreich am Amtsgericht Zwickau erprobt wurde." (Quelle: https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/21 2777, zulelzt aufgerufen am 05.09.20171" STAATSI\4INìSTERIUM DER JUSTìZ Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 (0)351 564 1500 Telefax +49 (0)351 564 1509 staatsminister@ smj.j ustiz. sachsen.de* Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 1040E-KLR-2734t17 Dresden, ¿l'. Oktober 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsminister¡um der Justiz Hospitalstr. 7 01 097 Dresden Briefpost über Deutsche Post 01095 Dresden www,justiz,sachsen.de/smj Verkehrsverbindung: Zu erre¡chen m¡t Straßenbahnlinien 3,6,7,8,1l Parken und behindertengerechter Zugang über Einfahrt Hospitalstraße 7 Zugang für elektron¡sch s¡gn¡êrte sow¡e fúr verschlilsselte elektronische Dokumente nur tlber das Elektronische Gerichts- und VeNaltungspostfach; nåhere lnformationon unter www.egvp.de Seite 1 von 6 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN lilI MnlI N¿:JI rr&I ttti Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Worüber ,,reden" die lT-Fachprogramme von Richtern und Staetsanwälten länderübergre ¡fend verm¡ttelt über die Datenschnittstelle zw¡schen Staatsanwaltschaften und Gerichten miteinander? (Bitte exakte Aufstellung zu Art der Daten, Format der Daten, Quelle der Daten (Ursprungsdatenbanken) insbesondere: zu den Personendaten und weiteren Verfahrensdaten, die ausgetauscht werden!) Die in der Medieninformation vom 14. August 2017 erwähnte Schnittstelle zwischen den Staatsanwaltschaften und Gerichten ermöglicht eine elektronische Kommunikation zwischen dem bei den sächsischen Staatsanwaltschaften eingesetzten Fachverfahren web.sta und dem Fachverfahren forumSTAR der sächsischen Strafgerichte. Hierdurch wird der Prozess der Verfahrensneuanlage bei den Strafgerichten erheblich vereinfacht und beschleunigt, da die verfahrensrelevanten Daten nicht mehr manuell erfasst werden müssen. Eine länderübergreifende Kommunikation findet nicht statt. Sobald die Staatsanwaltschaft bei Gericht die öffentliche Klage erhebt oder einen anderen Antrag stellt (2. B. Antrag auf Erlass eines Haftbefehls oder eines Durchsuchungsbeschlusses ), werden über die Schnittstelle folgende Daten bereitgestellt: o AktenzeichenderStaatsanwaltschaft, o KürzelAktenzeichenzusatz, . Eingangsdatum bei der Staatsanwaltschaft, . Erledigungsart und Erledigungsdatum bei der Staatsanwaltschaft, o Herkunftsaktenzeichen, ¡ Tatvoruvurf, . Jugend- bzw.Jugendschutzsache, o Asservatenhinweis, o Fahndungshinweis, o Archivvermerk, o Name, akademischer Titel, Adels- bz w. Namensvorsatz, Namenszusatz, Vorname, Geburtsname, Geburtsname der Mutter, Geburtsdatum, Geburtsort, Geburtsland, Be- Seite 2 von 6 STAATSMINISTERIUM DER JUSTìZ Freistaat SACHSEN rc]-\bNirlHY¿d\ejry ruf, Familienstand, Staatsangehörigkeit, Geschlecht, Aliasnamen und Anschrift des Beschuldigten, o Mitbeteiligung-Kennzeichen . Rolle, Geschäftszeichen, Name, Vorname, Anschrift und Vertreter von Beteiligten, . Tatzeit, o Tatort. Nach der gerichtlichen Verfahrensneuanlage exportiert das Strafgericht zum Verfahren der Staatsanwaltschaft zudem das gerichtliche Aktenzeichen. Der Datenaustausch erfolgt jeweils mithilfe eines strukturierten Datensatzes im XML-Format (XJustiz). Eine spezifizierte Auskunft zu der jeweiligen Quelle der an die Strafgerichte elektronisch übermittelten Daten ist nicht möglich. ln der Regel stammen die Daten aus schriftlichen Strafanzeigen und sonstigen Dokumenten der Verfahrensbeteiligten, Vorortermittlungen der Polizeibehörden des Bundes und der Länder, der Zollfahndungsämter, der Bußgeld- und Strafsachenstellen der Finanzämter sowie aus Vernehmungsangaben von Beschuldigten und Zeugen . Hinzu kommen Recherchen dieser Behörden in den ihnen zugänglichen Datenbanken, z. B. INPOL. Soweit erforderlich, speichern die Polizeibehörden des Bundes- und der Länder, die Zollfahndungsämter und die Bußgeld- und Strafsachenstellen der Finanzämter die von ihnen erhobenen Personen- und Verfahrensdaten in ihren Vorgangsbearbeitungssystemen. Diese Daten werden an die Staatsanwaltschaften durch Vorlage der Papierermittlungsakten oder - soweit technisch umgesetzt - in elektronischer Form durch Export strukturierter Daten (Format: XML) übermittelt. Bei der Datenübermittlung durch Papierakten werden die Daten nach Akteneingang von den Staatsanwaltschaften im Fachverfahren web.sta manuell erfasst. Ferner erheben auch die Staatsanwaltschaften aus den Papierakten, mittels Anfragen aus den zentralen Registern und aus dem Sächsischen Kernmelderegister Daten zum Zwecke der Strafuerfolgung, die sie ebenfalls im Fachverfahren web.sta speichern. Frage 2: Welche Daten werden in welchem Format im Rahmen des elektronischen Datenaustausches zwischen Staatsanwaltschaften u nd der Bu ndespol izei ausgetauscht? Zwischen dem Vorgangsbearbeitungssystem der Bundespolizei @rtus und dem Fachverfahren der sächsischen Staatsanwaltschaften web.sta werden ebenfalls Metadaten über eine XML-Schnittstelle im Format XJustiz ausgetauscht. Der Export aus dem Verfahren @rtus in web.sta erfolgt automatisiert immer nach der Abgabe eines Ermittlungsvorgangs der Bundes- Seite 3 von 6 STAATSMINISTERIUM DER JUSTìZ Freistaat SACHSEN ßwFaÐN¿ilJl¡rñÞJ\(=y' polizei an die Staatsanwaltschaft. Dabei werden die folgenden Daten - sofern sie polizeilich erhoben und in @rtus gespeichert wurden - elektronisch übermittelt: . Vorgangsnummer, o Personentyp-lD, . Herkunftsbehörde, o Namensart, o Geschlecht, Nachname, Vorname, Adelstitel, Namensvorsatz (akademischer Titel), Geburtsdatum, Geburtsort, Geburtsland, Staatsangehörigkeit, Familienstand, Beruf und Anschrift (bzw. ohne festen Wohnsitz) des Beschuldigten, o Bezug zur Firma, o Stellung im Verfahren, Name, Vorname und Anschrift von Beteiligten, o Tatkennzeichen (Tatvonrvurf), o Einleitungsdatum, o Schaden, o Tatzeit, o Tatort. Zudem übermittelt web.sta an @rtus elektronisch das Aktenzeichen der Staatsanwaltschaft, die staatsanwaltschaftliche Erledigung (Anklage oder Einstellung) und die gerichtliche Erledigung (Verurteilung, Einstellung oder freisprechendes Urteil). Frage 3: Welche originär im polizeilichen Bereich erhobenen Daten, die über die Datenschnittstelle zwischen Bundespolizei und Staatsanwaltschaft in die Staatsanwaltschaften gelangen , werden in die Datenschnittstelle zwischen Staatsanwaltschaften und Gerichten übernommen? Die folgenden im polizeilichen Bereich erhobenen und über die Datenschnittstelle zwischen @rtus und web.sta ausgetauschten Daten werden auch über die Datenschnittstelle zwischen web.sta und forumSTAR an die sächsischen Strafgerichte übermittelt: ¡ Name, Vorname, akademischer Titel, Adelstitel- und Namensvorsatz, Geburtsdatum, Geburtsort, Geburtsland, Geburtsname, Geschlecht, Beruf, Familienstand, Staatsangehörigkeit , Aliasnamen (gesteuert über Namensart) und Anschrift des Beschuldigten, o Rolle (= Stellung im Verfahren), Name, Vorname und Anschrift von Beteiligten, o Tatvonruurf, Seite 4 von 6 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN Nã!-\Y¿'_N¿¡ll¡¡ÀVùd\r.iry o Tatzeit, o Tatort. Frage 4: lnwieweit ist die Entwicklung der Datenschnittstellen zw¡schen Bundespolizei und Staatsanwaltschaften sow¡e zw¡schen Staatsanwaltschaften und Gerichten verbunden mit oder gar Teil der EU-Strategie zur Herstellung einer ,,echten Sicherheitsunion" auch im |KT-Bereich, in der EU-weite lnformationssysteme und d¡e Herstellung der lnteroperabilität von lT-Großsystemen im Sicherheits- und Justizbereich angestrebt werden, wie dem Abschlussbericht einer hochrangigen Expertengruppe vom ll. Mai 2017 und dem siebten Fortschrittsbericht der Kommission ,,Auf dem Weg zu einer wirksamen und echten Sicherheitsunion" vom 16. Mat 2017 entnommen werden kann? Frage 5: Sind die genannten Datenschnittstellen als Teil eines übergreifenden Daten-Verbundsystems der EU im Bereich Sicherheit und Justiz konzipiert, das zukünftig auch den EU-weiten länderübergreifenden Austausch von Ermittlungsergebnissen und elektronischen Beweismitteln (electronic evidence) in Strafverfahren ermöglichen soll? (siehe httos ://ec.eu roDe-eu/home-affairs/wh licies/oroan ized-crime-and-h umantraffickinq /e-evidence en) Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 4 und 5 Mit der Mitteilung der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über solidere und intelligentere lnformationssysteme für das Grenzmanagement und mehr Sicherheit vom 6.April 2016 wurde - ausgehend von den Synergien zwischen der Europäischen Sicherheitsagenda und der Europäischen Migrationsagenda - eine Diskussion darüber angestoßen, wie bestehende und künftige lnformationssysteme in der EU das Außengrenzen- Management verbessern und die innere Sicherheit erhöhen können. ln dieser Mitteilung wurde unter anderem die Entscheidung über die Einsetzung einer hochrangigen Expertengruppe ,,lnformationssysteme und lnteroperabilität" erläutert. Die Expertengruppe befasste sich mit der Herstellung der lnteroperabilität von lnformationssystemen in der EU wie z. B. das Schengener lnformationssystem (SlS), das Visa-lnformationssystem (VlS) oder das Europäische Strafregisterinformationssystem (ECRI S). Weder das Fachverfahren der Bundespolizei @rtus noch die Fachverfahren der sächsischen Staatsanwaltschaften und Gerichte web.sta und forumSTAR sowie deren Schnittstellen zuein- Seite 5 von 6 STAATSMINISTERIUM DER JUSTìZ Freistaat SACHSEN Ð\lär'JN¿r¡dïtrJ\:Èv ander stellen derartige lnformationssysteme dar; sie sind demnach nicht Teil der genannten europäischen Sicherheitsstrategie. Die Fachverfahren dienen der elektronischen Unterstützung der Prozesse innerhalb der Behörden, und die benannten Schnittstellen ermöglichen den Austausch von Metadaten zwischen diesen Fachverfahren zur Beschleunigung der Datenerfassung . Auch das Ziel der Umsetzung eines Daten-Verbundsystems der EU und eines EUweiten länderübergreifenden Austausches von Ermittlungsergebnissen und elektronischer Beweismittel wurde mit diesen Datenschnittstellen nicht verfolgt. Mit freundlichen Grüßen tn Thomas Schmidt Seite 6 von 6 2017-10-06T08:45:15+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes