STAATSIVIIN1STERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Enrico Stange, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/10705 Thema: Konzept zum Einsatztraining/Einsatzführungstraining bei lebensbedrohlichen Einsatzlagen (lebEL) der sächsischen Polizei — Nachfrage zur Kleinen Anfrage des Abgeordneten Enrico Stange in Drs. 6/7985 Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Erkenntnisse und Grundannahmen zu den Einsatzlagen, welche inhaltlichen Schwerpunkte und welche Handlungserfordernisse hinsichtlich des polizeitaktischen Vorgehens liegen der Konzeption und dem Einsatztraining sowie Einsatzführungstraining zu lebensbedrohlichen Einsatzlagen (lebEL) zugrunde? Eine lebensbedrohliche Einsatzlage (lebEL) ist eine zunächst nicht eindeutig klassifizierbare Einsatzlage mit hohem Gefährdungspotential für das Leben von Opfern, Unbeteiligten und Einsatzkräften, bei denen ein oder mehrere Täter insbesondere mittels Waffen, Sprengmitteln, gefährlichen Werkzeugen /Stoffen oder außergewöhnlicher Gewaltanwendung gegen Personen vorgehen, diese verletzt oder getötet haben und weiter auf Personen eingewirkt werden kann. Das Handeln der Täter kann dabei extremistisch ausgerichtet sein und eine politisch/religiöse Tatmotivation beinhalten. Für das polizeitaktische Vorgehen bei lebEL ist zunächst eine intensive Informationsgewinnung und -verdichtung für eine valide Lagequalifizierung unerlässlich. Lageabhängig ist ein offensives, zielgerichtetes und koordiniertes Vorgehen gegen den/die Täter mit allen verfügbaren Kräften und Einsatzmitteln notwendig. Dabei kann es sich erforderlich machen, bei einem Höchstmaß an Eigensicherung und unter Inkaufnahme einer hohen, aber kalkulierbaren Eigengefährdung der Einsatzkräfte und größtmöglichem Schutz von Menschenleben, die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Anwendung des unmittelbaren Zwangs, bis hin zur Tötung der Täter, auszuschöpfen . Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 35-1053/36/45 Dresden, 11. Oktober 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6,7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN Frage 2: Welche inhaltlichen Schwerpunkte umfassen das Einsatztraining sowie das Einsatzführungstraining zur Umsetzung des Einsatzkonzepts für lebensbedrohliche Einsatzlagen (lebEL)? Im Rahmen des Vorbereitungsdienstes werden angehenden Beamten der zweiten Einstiegsebene der Laufbahngruppe 1, Fachrichtung Polizei, im polizeilichen Lagetraining zunächst fachtheoretische Grundlagen zur Bewältigung von lebEL, beispielsweise Einsatzgrundsätze , taktische Ziele und Maßnahmen, vermittelt. Anschließend erfolgt ein praktisches Elementetraining in Teams und Trupps, insbesondere bei der Annäherung an und dem Bewegen/Durchsuchen in Gebäuden unter Verwendung der Schutzausrüstung . Abschließend erfolgt ein komplexes Training von der Auftragserteilung bis zum Abschluss der Durchsuchung eines Gebäudes. Im Rahmen der Fortbildung in den Dienststellen beinhaltet derzeit das Basistraining für Ersteinsatzkräfte vor allem eingangs die Vermittlung der fachtheoretischen Grundlagen, wie Einsatzleitlinien, -grundsätze, -ziele und —maßnahmen, sowie die Sensibilisierung der Beamten für die Bewältigung von lebEL. Übungen zum Vorgehen im Gelände und bei Annäherung an und den Handlungen in Gebäuden sowie komplexe Handlungstrainings in Teams und Trupps unter Anwendung der Einsatzmittel schließen sich an. Zudem ist entsprechendes Schießtraining vorgesehen. Im Aufbautraining für die Einsatzeinheiten werden insbesondere Maßnahmen der Aufklärung sowie das taktische Vorgehen in Trupp-, Gruppen- und Zugstärke unter Nutzung von sondergeschützten Fahrzeugen trainiert. Zudem wird das Zusammenwirken mit Spezialeinheiten und -kräften geübt. Außerdem sind verschiedene Schießübungen vorgesehen. Frage 3: Mit welchen Waffen und welchen Einsatzmitteln wird bzw. wurde jeweils beim Einsatztraining sowie beim Einsatzführungstraining zu lebensbedrohlichen Einsatzlagen (lebEL) trainiert? Das Schießtraining zu lebEL absolvieren die Beamten mit den ihnen jeweils zugewiesenen Pistolen, Maschinenpistolen und Mitteldistanzwaffen. Im Handlungstraining werden Rotwaffen (nicht schussfähige Trainingswaffen) und Farbmarkierungssysteme (sogenannte FX-Waffen) verwendet. Im Training soll außerdem die Anwendung der zugewiesenen personengebundenen Einsatzmittel (insbesondere Handfessel, Einsatzstock, Reizstoffsprühgerät) vertiefend geübt werden. Zudem wird der Einsatz der in den Polizeidirektionen vorhandenen sondergeschützten Fahrzeuge bei der Bewältigung von lebEL trainiert. Frage 4: Wann wurden jeweils das Einsatztraining sowie das Einsatzführungstraining zu lebensbedrohlichen Einsatzlagen (lebEL) erstmals durchgeführt? Seit dem ersten Quartal 2017 findet auf der Grundlage des Handbuches „Polizeitraining lebensbedrohliche Einsatzlagen" ein planmäßiges Handlungstraining für die Ersteinsatzkräfte bei lebEL statt. Freistaat SACHSEN Seite 2 von 3 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Frage 5: Wann und aufgrund welcher Erkenntnisse wurde Amok -Konzept zum Konzept „lebEL" und Konzept zum Einsatztraining bzw. Einsatzführungstraining zum Amok -Konzept zum Einsatztraining bzw. Einsatzführungstraining zum Konzept zu lebensbedrohlichen Einsatzlagen (lebEL) umgearbeitet bzw. überarbeitet oder jeweils das eine durch das andere ersetzt? Insbesondere nach den terroristischen Anschlägen in Paris, Belgien und Nizza, den Anschlägen in Würzburg und Ansbach mit Bezügen zum sog. Islamischen Staat sowie dem Amoklauf von München wurden für alle Arten von Bedrohungslagen mit bewaffneten Gewalttätern bundesweit abgestimmte Eckpunkte insbesondere für die Erstinterventionsphase ausgearbeitet. Damit wird insbesondere dem Umstand Rechnung getragen , dass Erstinformationen über Gewalttaten mit akuter Lebensgefahr für Personen i. d. R. zunächst keine eindeutige phänomenspezifische Zuordnung ermöglichen. Das Spektrum derartiger Taten reicht von Fällen gewalttätiger Beziehungstaten im sozialen Nahbereich, über vorsätzliche Tötungsdelikte oder Geiselnahmen bis hin zu Amoktaten und alle Formen terroristischer Anschläge. In dieser Phase ist es Ersteinsatzkräften häufig nicht möglich, differenzierte Einsatzkonzeptionen umzusetzen. Vielmehr müssen Sofortmaßnahmen auf einem allgemein gültigen Handlungskonzept für lebensbedrohliche Einsatzlagen aufbauen, das die Möglichkeit gibt, in standardisierten Handlungsabläufen jede Art von Bedrohungslagen mit bewaffneten Gewalttätern in der Anfangsphase zu bewältigen. Auf di er Grundlage wurde für die sächsische Polizei das Handbuch „Polizeitraining lebens edr hliche Einsatzlagen" (VS-NfD) mit hauptsächlich der Einsatztaktik für die Erstei sa kräfte zur Bewältigung von lebEL und die erforderliche Aus- und Fortbildung dieserIKrfte Anfang 2017 eingeführt. Mit freiuniliehen Grüßen MaNus Ulbig Freistaat SACHSEN Seite 3 von 3 2017-10-11T14:35:06+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes