STAATSMINISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Enrico Stange, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/10707 Thema: Einsatztraining und Einsatzführungstraining zum Konzept für Lebensbedrohliche Einsatzlagen (lebEl) — Nachfrage zur Kleinen Anfrage des Abgeordneten Enrico Stange in Drs. 6/7984 Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „In der Sächsischen Zeitung vom 09.09.2017 ist unter der Überschrift ,Weniger Warten auf das SEK' auf Seite 10 zu lesen: ,Mehrmals pro Woche rücken die Männer und Frauen der sogenannten ,lebE12- Gruppe aus — immer dann, wenn Menschen in Lebensgefahr sind oder zumindest die Möglichkeit droht. debEL` steht für lebensbedrohliche Einsatzlagen. [...] Hendrik Schlicke, der 36 -jährige Polizeioberrat ist Chef der Inspektion Zentrale Dienste, zu dem die Dresdner Einsatzzüge gehören. Seine Beamten sind darin geschult und trainieren regelmäßig , die Brisanz solcher Situationen zu erkennen und danach zu handeln.' Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche und wie viele Bedienstete welcher Dienststellen der sächsischen Polizei sind verpflichtet, mit welchem Stundenvolumen an einem Einsatztraining bzw. Einsatzführungstraining zum Einsatzkonzept zu lebensbedrohlichen Einsatzlagen (lebEL) teilzunehmen? (Aufstellen nach Schutzpolizei, Kriminalpolizei, Streifendienst etc.!) Frage 2: Wie viele Bedienstete welcher Dienststellen der sächsischen Polizei nahmen bisher an einem Einsatztraining oder Einsatzführungstraining zu lebensbedrohlichen Einsatzlagen (lebEL) teil? (Bitte aufschlüsseln nach Datum und Dienststellen der Teilnehmer!) Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 35-1053/36/47 Dresden, 11. Oktober 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Frage 3: Wie viele Einsatztrainings bzw. Einsatzführungstrainings zu lebensbedrohlichen Einsatzlagen (lebEL) wurden bisher geplant, wie viele wurden bisher durchgeführt und wie viele wurden abgesagt? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren, Monaten, Teilnehmern und Grund für die Absage!) Frage 4: Wie viele Trainingsstunden sind jeweils beim Einsatztraining und beim Einsatzführungstraining für lebensbedrohliche Einsatzlagen (lebEL) zu absolvieren? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 bis 4: Die Staatsregierung sieht von einer Beantwortung der Fragen ab. Einer Beantwortung der Fragen stehen überwiegende Belange des Geheimschutzes entgegen (Art. 51 Abs. 2 SächsVerf). Die mit der Frage begehrten Auskünfte beziehen sich zum Teil auf Vorgänge, die gemäß Nummer 8 der Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Staatsregierung über die Behandlung von Verschlusssachen vom 4. Januar 2008 (SächsABI. Sonderdruck Jg. 2008) als Verschlusssache eingestuft wurden. Die Einstufung erfolgte, da eine Kenntnisnahme durch Unbefugte die Wirksamkeit der den polizeilichen Maßnahmen zugrundeliegenden taktischen Konzepte schädigt. Damit werden insbesondere Leib, Leben und Gesundheit der in die Einsatzmaßnahmen eingebundenen Polizeibediensteten sowie Unbeteiligter gefährdet. Eine Verbreitung dieses Wissens an Unbefugte steht im Widerspruch zu den Schutzpflichten des Bundes und der Länder und schadet ihren Interessen. Die Schutzpflicht des Staates für Leben und körperliche Unversehrtheit ist umfassend. Sie verbietet nicht nur unmittelbare staatliche Eingriffe, sondern gebietet dem Staat auch, sich schützend vor dieses Leben zu stellen, das heißt vor allem, es auch vor rechtswidrigen Eingriffen von Seiten anderer zu bewahren. Die Offenbarung der gewünschten Informationen gewährt Rückschlüsse auf die Verfügbarkeit und den Ausbildungsstand von Einsatzkräften zur Erstintervention bei lebensbedrohlichen Einsatzlagen, einschließlich terroristischer Angriffe, sowie auf die taktischen Einsatzkonzepte. Die Wirksamkeit solcher polizeilicher Maßnahmen wäre somit gefährdet und damit insbesondere gleichfalls die Rechtsgüter Leib, Leben und Freiheit aller Beteiligten. Würde bekannt, in welcher Personalstärke und mit welchem Ausbildungsstand Polizeivollzugsbedienstete für Einsatzmaßnahmen aus Anlass lebensbedrohlicher Einsatzlagen an welchen Dienstorten einsatzbereit zur Verfügung stehen, wären die polizeilichen Maßnahmen für Straftäter, insbesondere für solche, denen daran gelegen ist, in der Öffentlichkeit eine größtmögliche Opferzahl durch Waffengewalt zu verursachen, ausrechenbar. Solche potenziellen Angreifer würden auf der Grundlage regierungsamtlicher Angaben in die Lage versetzt abzuschätzen, mit welchem Umfang von Gegenwehr in welchen Zeiten zu rechnen ist. Dass potentielle Angreifer dies aufgrund der Geheimhaltung nicht können, ist ein eigenständiger Sicherheitsfaktor. Es gilt als wesentlicher taktischer Vorteil, dass das polizeiliche Gegenüber die Einsatzstärke und Einsatzkraft der handelnden Polizeikräfte nicht kennen. Damit wird es dem Täter erschwert, sich auf polizeiliche Interventionsmaßnahmen einzustellen oder gar auf diese einzuwirken. Dabei spielt es nur eine untergeordnete Rolle, ob die aus umfassenden Antworten gezogenen Schlussfolgerungen korrekt oder unrichtig sind. Denn in beiden Fällen droht die Tatentschlossenheit gestärkt zu werden . Seite 2 von 3 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Diese drohenden Beeinträchtigungen waren mit dem Informationsinteresse der Abgeordneten abzuwägen. Die Abwägung ergab, dass dem Geheimschutz zum Schutz der Rechte Dritter und der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr nachgeordneten Behörden Vorrang vor dem Informationsanspruch der Abgeordneten zukommt. Es ist selbstverständlich nachvollziehbar, dass das parlamentarische Informationsinteresse sich etwa darauf bezieht, ob polizeiliche Maßnahmen in Fällen von lebensbedrohlichen Einsatzmaßnahmen in hinreichendem Umfang vorbereitet sind. In diesem Fall würde jedoch die Beantwortung der Frage gefahrerhöhend für die Rechtsgüter Leib, Leben und Freiheit einer unbestimmten Anzahl von Personen wirken, da - wie dargelegt - durch diese Informationen taktische Konzepte gerade einschätzbar und damit Gegenmaßnahmen eines potenziellen Angreifers planbar bzw. machbar erscheinen würden. Die Offenlegung von konkreten Einsatzbereitschaftsstärken, der Einsatzkraft und dem Ausbildungsstand würde einen dauerhaften Schaden für die Wirksamkeit polizeilicher Einsatzkonzepte im Zusammenhang mit lebensbedrohlichen Einsatzlagen und damit einen dauerhaften Schaden für die Interessen der Bundesrepublik und der Länder bedeuten. Die Sächsische Staatsregierung hat in die Abwägung einbezogen, ob andere Formen der Informationsübermittlung möglich sind, die das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Regierung befriedigen könnten. Nach § 56 der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages (GO) für die 6. Legislaturperiode hat das Parlament für die Behandlung der Antworten auf Kleine Anfrage ein konkretes Verfahren vorgegeben. Danach wird die Antwort zunächst dem Präsidenten zugeleitet , der sie wiederum dem Fragesteller übermittelt, § 56 Absatz 4 GO. Gemäß § 56 Absatz 5 GO werden zudem die Kleine Anfrage und die Antwort vervielfältigt und den Abgeordneten zur Kenntnis gebracht. Dies bedeutet für den 6. Sächsischen Landtag neben der erforderlichen Kenntniserlangung durch die mit der Verwaltung des Eingangs, der Vervielfältigung und der Übermittlung der Verschlusssache betrauten Personen der Landtagsverwaltung , eine Vervielfältigung der die Antwort enthaltenden Verschlusssache in weitere 125 Exemplare und deren jeweilige Übermittlung an die Empfänger. Für diese unmittelbare Zuleitung von Verschlusssachen besteht kein besonderer strafrechtlicher Schutz, da eine Regelung fehlt, wie sie gemäß § 7 der Geheimschutzordnung des Sächsischen Landtages für die Unterrichtung über jene Verschlusssachen gilt, die in einem Ausschuss behandelt werden. Nach dieser Vorschrift kann den Mitgliedern des Landtages nur dann Zugang zu und Kenntnis von Verschlusssachen gegeben werden, wenn entweder ein Geheimhaltungsbeschluss im Sinne des § 353b StGB bezüglich der Verschlusssache besteht oder wenn das Landtagsmitglied unter Hinweis auf die Strafbarkeit der Geheimnisverletzung zur Geheimhaltung förmlich verpflichtet wurde. Mit Blick auf den im Rahmen der Beantwort ng zu beteiligenden Personenkreis und in Anbetracht der spezifischen Geheimschutz gelu gen kam die Staatsregierung zu dem Ergebnis, dass der erforderliche Geheimsqhutzjtind der durch diesen geleistete Schutz Dritter nur dann hinreichend gewährleistet er en kann, wenn die Informationsübermittlung unterbleibt. Sollten Informationen selbslfunL absichtigt an die Öffentlichkeit gelangen, bestünde eine Gefahr für die benannten R chtsgüter, die gerade verhindert werden soll. Mit Neueichen Grüßen Mätkus Ulbig Seite 3 von 3 2017-10-11T14:37:04+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes