STAATSMIN1STER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs.-Nr.: 6/10837 Thema: Immobilien und Treffobjekte der Extremen Rechten im Freistaat Sachsen Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Der Fragesteller verwendet in der Kleinen Anfrage den Begriff „extreme Rechte". Für die Beantwortung wird insoweit auf die Vorbemerkung Nummer I. in der Antwort der Sächsischen Staatsregierung auf die Große Anfrage Drs.-Nr. 5/4956 verwiesen. Der Fragesteller begehrt zum Teil Auskünfte über personenbezogene Daten , insbesondere Namen von Geschehensbeteiligten. Personennamen unterliegen dem Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 33 Sächsische Verfassung — SächsVerf —). Gleiches gilt für Angaben , wenn durch ihre Nennung Rückschlüsse auf Personen gezogen werden könnten. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist ein Recht Dritter im Sinne des Art. 51 Abs. 2 SächsVerf. Die Staatsregierung hat den Informationsanspruch der Fragestellerin mit den Rechten Dritter am Schutz ihrer persönlichen Daten abgewogen. Die Abwägung hat in den Fällen, in denen der Staatsregierung über die in der Beantwortung enthaltenen Angaben hinaus personenbezogene Daten bekannt sind, zu dem Ergebnis geführt, dass dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung Vorrang zukommt, so dass die Angabe dieser Daten mit Extremismusbezug unterbleiben musste. Gerade die Unterrichtung darüber, dass bestimmte Daten im Sinne des § 2 Sächsisches Verfassungsschutzgesetz (SächsVSG) über eine Person bekannt sind, betrifft einen auch in Bezug auf den öffentlichen wie nichtöffentlichen parlamentarischen Umgang besonders geschützten Datenkreis, nämlich Daten, die Rückschlüsse auf politische Meinungen zulassen. Der Schutzgedanke hat umso nachhaltiger zu wirken, als es hier nicht allein um eine schlichte politische Betätigung geht, sondern die betroffene Person einem extremistischen Kontext und einem Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 16-0141.50/3137 Dresden, 20. Oktober 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6,7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSM1N1STER1JM DES INNERN Freistaat SACHSEN bestimmten — in der Auseinandersetzung mit anderen befindlichen — Lager zugeordnet werden soll. Der Sächsischen Staatsregierung liegen zu der Kleinen Anfrage auch Erkenntnisse vor, deren Mitteilung überwiegende Belange des Geheimschutzes (Art. 51 Abs. 2 SächsVerf) entgegenstehen. Es handelt sich dabei um Informationen, die gemäß Nummer 8 in Verbindung mit den Nummern 3.3 und 3.4 der Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Staatsregierung über die Behandlung von Verschlusssachen vom 4. Januar 2008 (SächsA61. Sonderdruck Jg. 2008) als Verschlusssache eingestuft wurden. Die Einstufung erfolgte zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des LfV Sachsen und zum Schutz nachrichtendienstlicher Zugänge. Die Informationen sind durch nachrichtendienstliche Mittel (§ 5 Abs. 1 SächsVSG) erlangt worden. Die Weitergabe dieser Informationen würde die eingesetzten Methoden der Nachrichtenbeschaffung den im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens zu beteiligenden Personen offenbaren oder Rückschlüsse auf die Art nachrichtendienstlicher Zugänge ermöglichen und somit die Arbeitsfähigkeit des LfV Sachsen gefährden . Im Falle des Einsatzes von Personen nach § 5 Abs. 1 SächsVSG stehen zudem Rechte Dritter im Sinne von Art. 51 Abs. 2 SächsVerf entgegen. Diese Personen wären bei einer Mitteilung in ihren Grundrechten auf Leben, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit der Person gefährdet. Die Staatsregierung trifft eine Schutzpflicht gegenüber ihren nachrichtendienstlichen Quellen und sie hat insoweit jegliche Handlungen zu unterlassen, die zu einer Enttarnung der Quelle führen können. Darüber hinaus ist das Vertrauen in die Fähigkeit eines Nachrichtendienstes, die Identität seiner Quellen zu schützen, für seine Funktionsfähigkeit essentiell. Die Mitteilung von Erkenntnissen im gewählten Verfahren, die Rückschlüsse auf nachrichtendienstliche Zugänge zulassen, würde sich nachhaltig negativ auf die Fähigkeit des LfV Sachsen auswirken, solche Zugänge zu gewinnen bzw. solche Kontakte fortzuführen. Diese teils dauerhafte Beeinträchtigung von Rechtsgütern war mit dem Informationsinteresse des Abgeordneten abzuwägen. Die Abwägung ergab, dass dem Geheimschutz und dem Schutz der Rechte Dritter Vorrang vor dem Informationsanspruch des Abgeordneten zukommt. Die Sächsische Staatsregierung hat in die Abwägung einbezogen, ob andere Formen der Informationsübermittlung möglich sind, die das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Regierung befriedigen. Mit Blick auf den im Rahmen der Beantwortung zu beteiligenden Personenkreis kam die Staatsregierung zu dem Ergebnis, dass der erforderliche Geheimschutz sowie der Schutz Dritter nur dann hinreichend gewährleistet werden kann, wenn die Informationsübermittlung unterbleibt . Es wird darauf hingewiesen, dass der Parlamentarischen Kontrollkommission auf deren Verlangen weitergehende Auskunft erteilt wird. Seite 2 von 5 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Frage 1: Welche Immobilien im Freistaat Sachsen befinden sich seit wann im Besitz der Extremen Rechten, wer ist der Besitzer, durch welche Gruppen und Personen werden diese Immobilien genutzt und welche Veranstaltungen fanden dort statt, seit diese im Besitz der Extremen Rechten sind? (Bitte tabellarische Übersicht nach Landkreisen /kreisfreien Städten.) Es wird davon ausgegangen, dass sich die Fragestellung auf Immobilien im Eigentum von Rechtsextremisten bezieht. Die Frage kann nur teilweise beantwortet werden. Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen führt aus rechtsstaatlichen und Datenschutzgründen kein allgemeines Verzeichnis über Immobilien (d. h. Wohnimmobilien, Geschäftsimmobilien etc.) die sich im Eigentum von Rechtsextremisten befinden. Eine besondere Relevanz für die Aufgabenerfüllung des LfV Sachsen hatten im Jahr 2017 bislang die in der nachfolgenden Tabelle aufgeführten Immobilien im Eigentum von Rechtsextremisten: Landkreis/ Anzahl der Objekte Nutzung seit/durch Kreisfreie Stadt (Gemeinde) Landkreis Bautzen 1 Siehe Vorbemerkung Landkreis Görlitz 1 (Zittau) 2004/„Nationaler Jugendblock e. V." für Veranstaltungen Landkreis Leipzig 1 (Grimma, 1996/NPD, JN, parteiunabhängige Rechts- OT Roda) extremisten Landkreis Meißen 1 (Riesa) 2000 / NPD, Sitz der „Deutschen Stimme Verlagsgesellschaft mbH" Landkreis 0 - Mittelsachsen Erzgebirgskreis 0 - Landkreis 0 - Nordsachsen Landkreis Sächsi- 1 (Pirna) 2013/NPD, JN für Treffen und Parteiveransche Schweiz - staltungen Osterzgebirge Landkreis Zwickau 2 (davon 1 2009/Büro der NPD-Ortsgruppe Oberlungwitz in Oberlungwitz) Siehe Vorbemerkung Stadt Chemnitz 2 2011/bis zum Verbot 2014 durch die „Nationalen Sozialisten Chemnitz" (NSC), seit 2015 Landesgeschäftsstelle der JN Sachsen, Nutzung für Vortragsveranstaltungen und Treffen 2005/Szeneladen, Vertriebsunternehmen Stadt Dresden 0 - Stadt Leipzig 1 Siehe Vorbemerkung Vogtlandkreis 0 - Seite 3 von 5 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Darüber hinaus liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, die aus Gründen der Geheimhaltung nicht mitgeteilt werden können. Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Frage 2: Welche weiteren Immobilien/Objekte dienen der Extremen Rechten darüber hinaus als Veranstaltungsorte/Treffobjekte, in wessen Besitz befinden sich diese Immobilien , welche Gruppen und Personen nutzen diese Objekte und welche Veranstaltungen fanden dort statt, seit diese von der Extremen Rechten genutzt werden? (Bitte tabellarische Übersicht nach Landkreisen/kreisfreien Städten.) Folgende weitere Objekte, bei denen Rechtsextremisten bspw. aufgrund von Pacht- oder Mietverhältnissen über die Schlüsselgewalt verfügen, waren im Jahr 2017 bislang von Relevanz: Landkreis/ Kreisfreie Stadt Anzahl der Objekte (Gemeinde) Nutzung seit/durch Landkreis Bautzen 1 2016/„Aryan Brotherhood Eastside" (ABE) Landkreis Görlitz 3 (davon 2 in Weißwasser ) März 2015 bis Juni 2017/„Brigade 8" für Treffen, Partys und Konzerte 2017/„Kollektiv Oberlausitz" Siehe Vorbemerkung. Landkreis Leipzig 0 - Landkreis Meißen 0 - Landkreis Mittelsachsen 2 Siehe Vorbemerkung. Erzgebirgskreis 0 - Landkreis Nordsachsen 1 (in Torgau, OT Staupitz) 2008Neranstaltungsort für rechtsextremistische Konzerte Landkreis Sächsische Schweiz - Osterzgebirge 1 (Pirna) 2017/NPD, JN Landkreis Zwickau 1 (Meerane) 2005/Bürgerbüro der NPD Stadt Chemnitz 0 - Stadt Dresden 1 Siehe Vorbemerkung/JN Dresden für Treffen und Veranstaltungen Stadt Leipzig 0 - Vogtlandkreis 3 (Plauen) Siehe Vorbemerkung. Siehe Vorbemerkung. 2017/Bürgerbüro „Der Dritte Weg" Außerdem nutzen Rechtsextremisten anlassbezogen öffentliche Gaststätten für Treffen und Vortragsveranstaltungen. Seite 4 von 5 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Darüber hinaus Hegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, die aus Gründen der Geheimhaltung nicht mitgeteilt werden können. Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Frage 3: Hinsichtlich welcher Einrichtungen im Sinne der Fragen 1 und 2 bestehen Auflagen, Untersagungen und/oder Verbote welcher Art? Bei dem Objekt in Torgau, OT Staupitz, beschränken baubehördliche Auflagen die Durchführung von Musikveranstaltungen auf max. zehn pro Jahr an jeweils höchstens zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden. Ausgehend von der Raumgröße dürfen an diesen Veranstaltungen max. 239 Personen teilnehmen. Es muss ein Betriebstagebuch geführt werden . Bei einem Objekt in Pirna untersagen Bauauflagen und Nutzungsvereinbarungen die Durchführung größerer öffentlichkeitswirksamer Veranstaltungen oder Konzerte. Frage 4: Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung ergriffen um die Nutzung von Immobilien durch die Extreme Rechte, insbesondere wenn sich diese in öffentlicher Hand befinden, zu be- bzw. verhindern, welche Maßnahmen sind geplant und welche grundsätzliche Strategie liegt diesen Maßnahmen zugrunde? Das LfV Sachsen stellt bei Gemeinden und Kommunen und bei Bedarf auch anderenorts jederzeit sein Lagebild zu extremistisch relevanten Szenen im Freistaat Sachsen vor. Das schließt regelmäßig auch das Thema der Nutzung von Immobilien durch (Rechts-) Extremisten ein. Das LfV Sachsen geht bei ihm bekanntgewordenen verfassungsschutzrelevanten örtlichen Problemlagen jedoch auch initiativ auf Behörden oder andere Bedarfsträger zu und sucht den Austausch mit den zuständigen Stellen, um mit Hilfe der zur Verfügung gestellten Erkenntnisse diese in die Lage zu versetzen, geeignete Maßnahmen gegen extremistische Bestrebungen vor Ort zu ergreifen. Die Übermittlung muss nach § 12 Abs. 1 SächsVSG dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder sonst dem Zweck der öffentlichen Sicherheit dienen. Hierfür müssen entsprechende Anhaltspunkte vorliegen. Bei Grundstücksgeschäften ist dies im Falle des Verdachts gegeben, dass das Objekt für extremistische Aktivitäten genutzt werden soll. Das LI Sac sen bietet darüber hinaus weiteres Informationsmaterial (z. B. die Broschüre „Kom une für Freiheit und Dialog") an, um mittels einer gezielten Sensibilisierung und Aufkl. rung Möglichkeiten aufzuzeigen, wie extremistische Gruppierungen in ihren Handlungs piel äumen eingeschränkt werden können. Mit frpunplichen Grüßen MaYkus Ulbig Seite 5 von 5 2017-10-23T09:35:41+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes