STAATSM1N1STEREJM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/10966 Thema: Erneute Familientrennung durch Abschiebung im Landkreis Leipzig Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Laut Auskunft des Sächsischen Flüchtlingsrats und des Vereins Bon Courage wurde am 18. September 2017 eine Familie aus Georgien durch Abschiebung getrennt. In der gemeinsamen Pressemitteilung heißt es: ,Im Landkreis Leipzig stand die Polizei vor der Tür einer Familie georgischer Staatsbürgerschaft. In rasender Angst sprang die Mutter aus dem Fenster der Wohnung. Sie blieb unverletzt. Ihr Mann und die Kinder wurden abgeschoben.' Der älteste Sohn leidet unter schwerer Epilepsie und geistiger wie körperlicher Behinderung und sitzt im Rollstuhl. Zur Linderung der Anfälle und Schmerzen benötigt er laut Aussagen des Flüchtlingsrates und Bon Courage e. V. spezifische Medikamente, die es in Georgien nicht gibt." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie konnte es zu der Trennung der Familie durch Abschiebung kommen , welche Behörden und welche Mitarbeiterinnen haben diese Entscheidung auf welcher Rechtsgrundlage getroffen und welche Behörden und welche Mitarbeiterinnen wussten davon? (bitte detailliert und einzeln auflisten) Die Familie war nach erfolglosem Asylverfahren vollziehbar ausreisepflichtig . Duldungsgründe oder Abschiebungshindernisse lagen nicht vor. Da die Familie ihrer gesetzlichen Ausreisepflicht nicht nachgekommen ist, war die Beendigung des Aufenthaltes durch Abschiebung zu vollziehen. Im Rahmen des Abschiebungsversuchs flüchtete die Mutter aus dem Fenster und ließ ihren Ehemann und die Kinder zurück. Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 24a-1053/37/40 Dresden, 3. Oktober 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSM1NISTER11JM DES INNERN Freistaat SACHSEN Art. 6 Grundgesetz verpflichtet als Grundsatznorm dazu, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des Ausländers pflichtgemäß zur Geltung zu bringen. Bei der Abschiebung ist dem Schutz von Ehe und Familie , also der Familieneinheit, dadurch Rechnung zu tragen, dass im Regelfall die vollziehbar ausreisepflichtigen Familienangehörigen zusammen abgeschoben werden. Der Schutz von Ehe und Familie gebietet es aber nicht, generell von der Abschiebung eines Familienangehörigen nur deshalb abzusehen, weil andere Familienmitglieder, die ausreisepflichtig sind, sich der Abschiebung entziehen. Bevor eine Entscheidung über die getrennte Abschiebung einzelner Familienmitglieder getroffen wird, werden jedoch die Umstände des Einzelfalles eingehend geprüft. Im vorliegenden Fall hat die Mutter die Familientrennung durch ihr Verhalten eigenständig herbeigeführt. Vor dem Hintergrund wurde durch die Zentrale Ausländerbehörde entschieden, die Abschiebung der übrigen Familie durchzuführen. Im Rahmen ihrer Zuständigkeiten waren die mit den Maßnahmen betrauten Behördenmitarbeiter mit der Angelegenheit befasst. Frage 2: Wie vollzog sich die Abschiebung genau, warum wurde der Familie keine Zeit gelassen sich anzuziehen und ihre Habseligkeiten zu packen und was haben die eingesetzten Vollzugsbeamten unternommen um die Familie nicht zu trennen? Das Polizeirevier Borna erhielt die Abschiebungsanordnung von der Ausländerbehörde des Landkreises Leipzig mit der Bitte um Vollzug der Abschiebung. Es wurde darauf hingewiesen, dass eine Trennung der Familie möglich ist, sofern ein Kind bzw. die Kinder durch einen Erwachsenen betreut werden können. Am 18. September 2017 wurde die Wohnanschrift der Familie durch Polizeibeamte aufgesucht. Dort wurde die Familie angetroffen. Die Familienmitglieder erhielten die Möglichkeit, persönliche und sonstige Sachen zusammenzupacken und sich entsprechend anzukleiden, was durch die Betroffenen auch genutzt wurde. Hierfür standen ca. zweieinhalb Stunden zur Verfügung. Im Zuge dieser Maßnahmen stieg die Mutter in einem unbeobachteten Moment durch ein Zimmerfenster nach außen auf ein Baugerüst, über welches sie sich entfernen konnte. Insofern sind die Formulierungen in der Fragestellung und aus den Vorbemerkungen der Abgeordneten nicht zutreffend. Eine Suche in der Umgebung blieb erfolglos . Frage 3: Inwieweit wurde die gesundheitliche Situation des älteren Sohnes — sowohl im Hinblick auf die Reisefähigkeit als auch auf die medizinische Versorgung im Zielland der Abschiebung — bei der Entscheidung berücksichtig? Das zehnjährige Kind der Familie leidet von Geburt an unter Epilepsie sowie einer komplexen Entwicklungsverzögerung und ist auf den Rollstuhl angewiesen. Dies fand im Asylverfahren Berücksichtigung und führte nicht zur Feststellung von zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Eine ärztliche Versorgung in Georgien hat das BAMF als gegeben eingeschätzt . Die Entscheidung des BAMF ist für die sächsischen Behörden bindend. In einem für das Kind erstellten amtsärztlichen Gutachten wurde die Reise- und Flugfähigkeit festgestellt. Die zuständige Ausländerbehörde stellte keine Duldungsgründe und Seite 2 von 3 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Abschiebungshindernisse fest. Die Abschiebungsmaßnahme wurde von Beginn des Zugriffs an bis zur Ankunft in Georgien ärztlich begleitet. Frage 4: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über den Verbleib der Mutter und über Aufenthalt und Lebenslage der Rest -Familie in Georgien? Die Meer hat sich bei der Ausländerbehörde des Landkreises Leipzig gemeldet undM 4 er sich nunmehr um eine freiwillige Ausreise bemühen. Darüber hinaus liegen der Staatsregiering keine Erkenntnisse über Aufenthalt und Lebenslage der Restfamilie in Georgen vgSr. Mit frundllichen Grüßen i k • \k Mitus Ulbig Seite 3 von 3 2017-11-03T09:03:16+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes