STAATSMINISTERIUM DES INNERN SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion Die LINKE Drs.-Nr.: 6/10969 Thema: Kostenhaftung für Abschiebungen nach § 66 AufenthG Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Werden Geflüchtete dazu aufgefordert, für die Kosten der Durchsetzung einer räumlichen Beschränkung oder ihrer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung gemäß § 66 AufenthG zu haften, nachdem sie nach Ablauf der Wiedereinreisesperre wieder in die Bundesrepublik eingereist sind oder erfolgt die Aufforderung auch in anderen Fallkonstellationen? Soweit eine zustellfähige Anschrift eines Kostenschuldners nach § 66 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) im In- oder Ausland bekannt ist oder ermittelt werden kann, wird geprüft, ob im Rahmen der Vorbereitung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen im Auftrag der Landesdirektion Sachsen als Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) nach § 67 Abs. 1 AufenthG erstattungsfähige Kosten entstanden sind und diese geltend gemacht werden können. Liegen die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen vor, wird ein Leistungsbescheid festgesetzt und den Betroffenen zugestellt. Frage 2: Fordert lediglich die Zentrale Ausländerbehörde Geflüchtete dazu auf, für die Kosten einer räumlichen Beschränkung oder ihrer Zurückweisung , Zurückschiebung oder Abschiebung zu haften oder ergehen auch durch untere Ausländerbehörden Aufforderungen gemäß § 66 AufenthG? Die ZAB ist für Maßnahmen zur Beendigung des Aufenthaltes abgelehnter Asylbewerber bzw. ausreisepflichtiger Asylbewerber, die ihren Asylantrag zurückgenommen haben einschließlich deren Familienangehörigen zuständig . Das gilt auch für die Kostenforderungen gegenüber diesem Personen- Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 24a-1053/37/41 Dresden, 6. November 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6,7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN e FreistaatSACHSEN kreis. Im Übrigen sind die unteren Ausländerbehörden für die Durchsetzung der Kosten für die Nichteinhaltung einer räumlichen Beschränkung zuständig. Frage 3: Müssen Geflüchtete nach ihrer Abschiebung, Zurückweisung oder Zurückschiebung ebenso für deren Kosten gemäß § 66 AufenthG aufkommen und wenn ja, wie wird die Haftung in welchen Ländern vollstreckt? Eine Einschränkung auf im Bundesgebiet befindliche Kostenschuldner ist gesetzlich nicht vorgesehen. Auf die Antwort auf die Frage 1 wird verwiesen. Gegenwärtig besteht nur mit der Republik Österreich ein Abkommen zur Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Forderungen, die keine Steuerschulden oder Geldstrafen sind. Soweit der Aufenthalt eines Kostenschuldners in Österreich ermittelt wird und dieser seiner Zahlungspflicht nicht nachkommt, kann ein Vollstreckungsersuchen an die zuständigen österreichischen Behörden gerichtet werden. Frage 4: Welche Möglichkeiten bestehen für mittellose Geflüchtete beziehungsweise Asylbewerberleistungsgesetzbezieher*innen, für die Kosten der Durchsetzung einer räumlichen Beschränkung oder ihrer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung beispielsweise durch Ratenzahlung aufzukommen? Zunächst werden alle entstandenen Kosten ohne Rücksicht auf die tatsächliche Leistungsfähigkeit des Betroffenen geltend zu gemacht. Bereits im Rahmen der Anhörung teilt die ZAB jedoch mit, dass grundsätzlich die Möglichkeit einer Ratenzahlung besteht. In Einzelfällen werden weitere Maßnahmen im Rahmen des § 59 der Sächsischen Haushaltordnung (Veränderung von Ansprüchen) geprüft. Frage 5: Wie viele Geflüchtete wurden in den Jahren 2015, 2016 und 2017 aufgefordert, Kosten gemäß § 66 Abs. 1 AufenthG zu tragen? (bitte aufschlüsseln nach Durchsetzung einer räumlichen Beschränkung, Zurückweisung, Zurückschiebung, Abschiebung ) Von einer Beantwortung seitens der Staatsregierung wird abgesehen. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarischer Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. SächVerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Seite 2 von 3 STAATSMINISTER11JM DES INNERN e FreistaatSACHSEN Die ZAB hat im angefragten Zeitraum (bis einschließlich 16. Oktober 2017) 349 Leistungsbescheide erlassen. In wie vielen Fällen davon Kosten der einzelnen Kostenpositionen des § 66 AufenthG in die Forderung eingeflossen sind, wird statistisch nicht erfasst . Darüber hinaus liegt keine Erfassung vor, ob Kostenschuldner wiederholt zur Kostenerstattung aufgefordert wurden. Zur vollständigen Beantwortung der Frage müssten die in der ZAB vorliegenden Akten händisch ausgewertet werden. Für diese Personen müsste jeweils die Akte angefordert , darin nach diesen zusätzlich abgefragten Daten gesucht und die Akte wieder weggelegt werden. Ausgehend von der Zahl der Leistungsbescheide und dem pro Vorgang zu veranschlagenden Gesamtaufwand für die ZAB von durchschnittlich ca. einer Stunde pro Akte, ergibt sich ein Zeitaufwand der ZAB von ca. 349 Arbeitsstunden, d. h. von meefr als 43 Arbeitstagen zu je acht Stunden. Dieser Aufwand ist innerhalb der zur Verfügtling stehenden Zeit nicht leistbar. Die Staatsregierung kommt daher bei der vorzunehmenden Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses einerseits und der Gi währj4istung der Funktionsfähigkeit der ZAB andererseits zu dem Ergebnis, dass fauch/unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerecht p von/ iner umfassenden Beantwortung abgesehen wird. Mit freundlichen Grüßen MaVrkus Ulbig Seite 3 von 3 2017-11-06T09:38:35+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes