STAATSUMSTER1IA/1 DES INNERN Freistaat SACHSEN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Enrico Stange, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/10974 Thema: Eingriffs- und Sonderrechte gemeindlicher Vollzugsbediensteter der unteren sächsischen Polizeibehörden (Orts- und Kreispolizeibehörden) Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Formen des unmittelbaren Zwangs (§31 SächsPolG) sind auf welcher Rechtsgrundlage und unter welchen Voraussetzungen der Ausbildung und des Dienstverhältnisses zulässig anwendbar durch gemeindliche Vollzugsbedienstete der unteren sächsischen Polizeibehörden (Orts- und Kreispolizeibehörden)? Gemäß § 80 Absatz 2 des Sächsischen Polizeigesetzes (SächsPolG) haben die gemeindlichen Vollzugsbediensteten bei der Erfüllung ihrer Aufgaben die Stellung von Polizeibediensteten im Sinne dieses Gesetzes. Im Rahmen der dem gemeindlichen Vollzugsdienst aufgrund der Verordnung über die Wahrnehmung polizeilicher Vollzugsaufgaben durch gemeindliche Vollzugsbedienstete (VO Wahrnehmung polizeiliche Vollzugsaufgaben) tatsächlich durch die jeweilige Gemeinde übertragenen Vollzugsaufgaben sind gemeindliche Vollzugsbedienstete zur Anwendung unmittelbaren Zwangs nach Maßgabe der für Polizeibedienstete geltenden Vorschriften gemäß §§ 30 bis 34 SächsPolG befugt. Die Befugnis zur Anwendung unmittelbaren Zwangs im Allgemeinen oder zur Anwendung bestimmter Zwangsmittel besteht jedoch nicht, soweit die Ortspolizeibehörde bei der Übertragung der Aufgaben auf ihre gemeindlichen Vollzugsbediensteten eine entsprechende Einschränkung vorgenommen hat. Welche Mittel des unmittelbaren Zwangs im Sinne des § 31 Absatz 1 SächsPolG im Einzelfall angewandt werden dürfen , hängt von der Art und Weise der übertragenen Vollzugsaufgaben sowie dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ab. So dürfte der Gebrauch von Schusswaffen allenfalls in den Fällen des Vollzugs der Vorschriften zum Schutze der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden nach § 1 Satz 1 Nummer 9 der VO Wahrnehmung polizeiliche Vollzugsaufgaben in Betracht kommen. Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 361053/38/43 Dresden, 6. November 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6,7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN Die Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs nach dem Sächsischen Polizeigesetz gelten sinngemäß auch für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz . Bezüglich der Ausbildung der gemeindlichen Vollzugsbediensteten enthält das Sächsische Polizeigesetz keine Regelung. Die Gemeinde entscheidet darüber in eigener Verantwortung unter Beachtung der allgemeinen Vorschrift des § 61 der Sächsischen Gemeindeordnung . Auch kann die Gemeinde darüber entscheiden, welche Bediensteten des gemeindlichen Vollzugsdienstes zur Anwendung des unmittelbaren Zwangs nach § 31 Absatz 1 SächsPolG unter Anwendung welcher Mittel des unmittelbaren Zwangs befugt sind. Frage 2: Welche Waffen und welche Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind auf welcher Rechtsgrundlage und unter welchen Voraussetzungen der Ausbildung und des Dienstverhältnisses zulässig anwendbar durch gemeindliche Vollzugsbedienstete der unteren sächsischen Polizeibehörden (Orts- und Kreispolizeibehörden)? § 31 Absatz 2 Satz 1 SächsPolG regelt, welche Hilfsmittel der körperlichen Gewalt bei der Anwendung von unmittelbarem Zwang zulässig sind. Zudem kann gemäß § 31 Abs. 2 Satz 2 SächsPolG das Sächsische Staatsministerium des Innern weitere Hilfsmittel der körperlichen Gewalt zulassen. Unter den Voraussetzungen des § 32 Absatz 1 und 2, Satz 1 und 2, 4 Satz 1 und 3, 5 SächsPolG darf unmittelbarer Zwang angewandt werden. § 31 Absatz 3 SächsPolG regelt abschließend die zulässigen Waffen, die im Wege des unmittelbaren Zwangs bei Vorliegen der Voraussetzungen des §§ 32 bis 34 SächsPolG eingesetzt werden dürfen. Bezüglich der Voraussetzungen der Ausbildung wird auf die Ausführungen in der Antwort auf die Frage 1 verwiesen. Frage 3: Auf welcher Rechtsgrundlage und in welchem Umfang können den gemeindlichen Vollzugsbediensteten der unteren sächsischen Polizeibehörden (Orts- und Kreispolizeibehörden) durch welche Behörde Anhalterechte im fließenden Verkehr übertragen werden und inwieweit können diese u. a. Radfahrerinnen und Radfahrer unmittelbar ohne Hinzuziehung des Polizeivollzugsdienstes anhalten? Zur Beantwortung der Frage, inwieweit der gemeindliche Vollzugsdienst Radfahrer unmittelbar ohne Hinzuziehung des Polizeivollzugsdienstes anhalten kann, wird auf die Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage Drs.-Nr. 6/10675 verwiesen. Freistaat SACHSEN Seite 2 von 3 STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Frage 4: Auf welcher Rechtsgrundlage und in welchem Umfang kann gemeindlichen Vollzugsbediensteten der unteren sächsischen Polizeibehörden (Orts- und Kreispolizeibehörden ) durch welche Behörde das Recht zur Wahrnehmung von Sonderund Wegerechten im Sinne der StVO eingeräumt werden? Nach § 59 SächsPolG umfasst die Organisation der Polizei die Polizeibehörden (Nummer 1) und den Polizeivollzugsdienst mit seinen Bediensteten (Polizeibedienstete, Nummer 2). Die Kreispolizeibehörden und die Ortspolizeibehörden sind nach § 64 Absatz 1 Nummer 3 bzw. Nummer 4 SächsPolG allgemeine Polizeibehörden. Mithin gehören sie nach dem Landesrecht nicht zum Polizeivollzugsdienst. Die Wahrnehmung von Sonderrechten nach § 35 Absatz 1 Straßenverkehrs -Ordnung (StVO) ergibt sich für die Polizei aus der Vorschrift selbst. Der Begriff der Polizei ist hierbei allerdings weit auszulegen. Erfasst ist nicht nur die Polizei im „formellen" (uniformierte Schutzpolizei), sondern auch im materiellen Sinn, wie z. B. Ordnungskräfte, soweit ihnen nach den Polizeiaufgabengesetzen der Länder materielle Polizeiaufgaben übertragen sind. Sonderrechte obliegen daher auch den Orts -und Kreispolizeibehörden , soweit diese Aufgaben zur unmittelbaren Gefahrenabwehr wahrnehmen. Der Begriff „Wegerechte" folgt aus der Verpflichtung aller Verkehrsteilnehmer nach § 38 Absatz 1 StVO, bei Blaulicht und Martinshorn freie Bahn zu schaffen und den Weg freizugeben. Von den Normen der StVO dürfen Wegerechtfahrzeuge (d. h. mit blauem Blicklicht ausgerüstete) aber nur dann abweichen, wenn sie zum Kreis der in § 35 StVO genannten Hoheitsträger der Institutionen gehören. Frage 5: Auf welcher Rechtsgrundlage und in welchem Umfang und für welche Fälle kann welche Behörde den unteren sächsischen Polizeibehörden die Berechtigung einräumen , Fahrzeuge der unteren sächsische Polizeibehörden (Orts- und Kreispolizeibehörden ) nach § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVZO mit blauem Blinklicht (Rundumlicht ) und nach § 55 Abs. 3 Satz 1 StVZO mit Einsatzhorn auszurüsten und entsprechend zu nutzen? Das Leidesamt für Straßenbau und Verkehr ist als höhere Straßenverkehrsbehörde gemäe §§ 1 Nummer 3, 15 Nummer 2 Sächsisches Straßenverkehrszuständigkeitsge- .zusetz sta für die Genehmigung von Ausnahmen von allen Vorschriften der Straßenverke rs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) gemäß § 70 Absatz 1 Nummer 1 bzw. 2 StVZO. Mit freu dlichen Grüßen V Markus Ulbig Freistaat SACHSEN Seite 3 von 3 2017-11-06T09:36:29+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes