2015/9738 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Postfach 10 0510 | 01076 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Gerd Lippold, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs.-Nr.: 6/1098 Thema: Tagebau Vereinigte Schleenhain und Kraftwerk Lippendorf -Quecksilberfrachten und Emissionsdaten Durchwahl Telefon +49 351 564-2000 Telefax +49 351 564-2009 Poststelle© smul.sachsen.de* Ihr Zeichen PD 2-2012 Pa/Ho Ihre Nachricht vom 5. März 2015 Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) Z-0141.50/19/4819 Dresden, Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Nach Aussage des Umweltministers (Drs. 5/11593) sind die schwankenden Quecksilberemissionen aus den Kohlekraftwerken hauptsächlich auf den schwankenden Quecksilbergehalt der verbrannten Kohle zurückzuführen. In Drs. 6/835 gibt der Umweltminister Jahresmittelwerte für den Quecksilbergehalt der Rohbraunkohle aus dem Tagebau Schleenhain an, die auf Betreiberdaten des Kraftwerks Lippendorf basieren. Das Kraftwerk Lippendorf wird über eine Bandanlage direkt aus vom Misch- und Stapelplatz mit Kohle versorgt. Die gesamte dort vermischte Kohle kommt aus dem Tagebau Vereinigtes Schleenhain, so dass abweichend von der Antwort auf Frage 5 der Drs. 6/835 sehr wohl aus den Betreiberdaten auf den durchschnittlichen Quecksilbergehalt der Kohle aus dem Tagebau Vereinigtes Schleenhain geschlossen werden kann. Die in Tabelle 3 der Drs. 6/835 genannten Betreiberdaten zeigen an, dass die Rohbraunkohle aus Schleenhain durchschnittlich 8-10 fach höhere Quecksilbergehalte aufweist als etwa die in Tabelle 2 dargestellte Braunkohle aus den Tagebauen Nochten und Reichwalde in der Lausitz. Schätzt man aus den ebenfalls im PRTR angegebenen C02-Jahres-emissionsmengen die Menge der verbrannten Braunkohle ab, so lassen sich aus den angegebenen Jahresdurchschnitten des Quecksilbergehaltes die Jahresmengen an Quecksilber berechnen, die mit der Braunkohle in die Feuerungsanlagen des Kraftwerks Lippendorf gefahren werden. Seite 1 von 4 Jetzt v. schalten Energieeffizienz in Sachsen Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft Archivstraße 1 01097 Dresden www.smul.sachsen.de Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Für Besucher mit Behinderungen befinden sich gekennzeichnete Parkplätze am Königsufer. Für alle Besucherparkplätze gilt: Bitte beim Pfortendienst melden. * Kein Zugang für elektronisch signierte sowie für verschlüsselte elektronische Dokumente D2015/9738 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN So ergeben sich für das Kraftwerk Lippendorf rund 2010 rund 5,2 t, 2011 rund 4,6 t und 2012 rund 2,71. Hinzu kommen 226 kg, 241 kg bzw. 218 kg aus den in Drs 6/835 angegebenen Mengen und Quecksilberbelastungen Klärschlamm. In der Summe wurden damit nach den Zahlen aus Drs. 6/835 und den Angaben des Europäischen Emissionsregisters 2010 rund 5,4 t, 2011 rund 4,9 t und 2012 rund 2,91 Quecksilber in die Dampferzeuger des Kraftwerks Lippendorf gebracht Das Europäische Schadstoffregister PRTR gibt die in der Drs. 5/14430 bestätigten Quecksilber-Emissionsdaten für das Kraftwerk Lippendorf an. Danach wurden im Jahr 2010 1160 kg, in 2011 647 kg und in 2012 482 kg Quecksilber emittiert. Vergleicht man diese Daten mit den oben gemachten Abschätzungen zum Quecksilber im Brennstoffmix, so wären 2010 etwa 21% des Quecksilbers aus dem Brennstoff in die Atmosphäre gelangt, 2011 etwa 13% und 2012 rund 17%. Nach Betreiberangaben arbeiten die Dampferzeuger des Kraftwerkes Lippendorf mit Braunkohlenstaub. Die Rauchgasreinigung erfolgt durch Elektrofilter und Rauchgasentschwefelungsanlagen nach dem Kalkstein-Additiv-Verfahren. Für solche Feuerungsanlagen ist aus der Literatur ( beispielsweise Folie 11 der Präsentation http://tudresden.de/die tu dresden/fakultaeten/fakuitaet maschinenwesen/iet/vw s/Lehre/Vorlesuna Kraftwerkstechnik/09 Feuerunassvsteme.pdf ) bekannt, dass typisch 25-50% der eingebrachten Quecksilberfracht auch nach der Filterung im Abgas verbleiben. Das Kraftwerk Boxberg hat mit einer elektrischen Leistung von 2575 MW gegenüber den 1867 MW des Kraftwerkes Lippendorf auch einen entsprechend höheren Brennstoffverbrauch. Allerdings ist der Quecksilbergehalt des eingesetzten Brennstoffs laut Drs. 6/835 8-10 fach geringer als der des Brennstoffs im Kraftwerk Lippendorf.“ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Fragei: Welche technischen Maßnahmen wurden im Kraftwerk Lippendorf getroffen, um trotz der im Vergleich der Jahre 2011 und 2010 nur um etwa 10% reduzierten Quecksilberfracht im Brennstoff den Quecksilberausstoß in 2011 um etwa 45% gegenüber 2010 zu verringern? Nachdem in den Jahren 2009 und 2010 ein Anstieg der Quecksilberemissionen des Kraftwerkes Lippendorf festgestellt wurde, startete die Vattenfall Europe Generation AG eine umfassende Ursachenforschung. Es wurde festgestellt, dass der Quecksilbergehalt der im Tagebau Vereinigtes Schleenhain geförderten Braunkohle stark schwankt. Es wurden Messreihen und Analysen durchgeführt, um durch zusätzliche technische Maßnahmen eine Senkung der Quecksilber-Emission zu erreichen. Eine wesentliche Randbedingung ist dabei der Halogenidgehalt der Braunkohle, da eine Quecksilber-Halogenid-Bindung im Kessel wichtige Voraussetzung für die nachfolgende Abscheidung ist. Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN Durch die Optimierung der Fahrweise der Rauchgasentschwefelungsanlage (REA) wurde die Re-Emission des Quecksilbers aus den Halogenverbindungen gebremst und damit die Abscheidung der Quecksilberverbindungen durch eine Fällung verbessert. Frage 2: Wie ist zu erklären, dass im Jahr 2012 gegenüber 2011 wieder ein höherer Anteil der Quecksilberfracht aus dem Brennstoff in die Atmosphäre emittiert wurde? Die in der Verordnung über Großfeuerungsanlagen und Gasturbinenanlagen (13. Bundesimmissionsschutzverordnung - BImSchV) festgelegten Emissionsgrenzwerte für Quecksilber von 0,05 mg/m3 als Halbstundenmittelwert und 0,03 mg/m3 als Tagesmittelwert wurden nachweislich eingehalten. Der Anlagenbetrieb ist nicht zu beanstanden. Insofern kann es dahingestellt bleiben, aus welchem Grund der Anteil der Quecksilberfracht jährlich schwankt. Es obliegt dem Betreiber, die REA so zu fahren, dass alle Emissionsgrenzwerte eingehalten werden. Die REA arbeitet dabei nicht nach dem Kalkstein-Additiv-Verfahren (siehe Vorbemerkung), sondern setzt Kalkmilch als Absorbens in Sprühtürmen ein (Verfahren der Firma Lurgi-Lentjes-Bischoff). Die REA wird so betrieben, dass sowohl der Emissionsgrenzwert für Schwefeloxide und der geforderte Schwefelabscheidegrad als auch der Emissionsgrenzwert für Quecksilber eingehalten werden. Aufgrund der schwankenden Schwefel-, Quecksilber- und Halogenidgehalte in der Braunkohle ist es aufwendig, die chemischen Verhältnisse in der REA für die mehrfache Schadstoffab-scheidung zu optimieren. Zwar wurden im Jahr 2012 gegenüber dem Jahr 2011 ein höherer Anteil der Quecksilberfracht aus dem Brennstoff in die Atmosphäre emittiert, die absolute Emission an Quecksilber wurde jedoch von 647 Kilogramm auf 482 Kilogramm, also um circa 25 Prozent verringert. Frage 3: Welches Rückhaltevermögen (prozentualer Anteil des emittierten Quecksilbers in Bezug auf die Quecksilberfracht im Brennstoff) erreichen die Abgasreinigungsanlagen des Kraftwerkes Lippendorf derzeit? In Abhängigkeit vom Quecksilbergehalt und der sonstigen chemischen Braunkohle-Zusammensetzung beträgt der prozentuale Anteil des mit dem Abgas emittierten Quecksilbers in letzter Zeit nach Angabe des Betreibers etwa 20 bis 40 Prozent vom Eingangswert. Frage 4: Welche Auflagen sind wegen der besonders quecksilberhaltigen Braunkohle aus dem Tagebau Schleenhain durch die Staatsregierung an den Betreiber des Tagebaus ergangen oder vorgesehen, um die Verbrennung der Kohle in Anlagen mit geringerem Quecksilberrückhaltevermögen an anderen Orten zu kontrollieren und zu beschränken? Durch die Staatsregierung sind keine Auflagen mit der genannten Zielstellung an den Betreiber des Tagebaus Schleenhain ergangen oder vorgesehen. Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACH SEM Frage 5: Warum wurde in der Antwort auf die Frage 5 der Drs. 6/835 die Nichtverfügbarkeit von Originaldaten mit der Vermischung unterschiedlicher Kohlequalitäten begründet, wo doch Betreiberdaten für die Durchschnittsgehalte der Mischung bekannt waren und die ins Kraftwerk gefahrene Mischung repräsentativ für die in Schleenhain geförderte Braunkohle ist? Die Mitteldeutsche Braunkohle AG (MIBRAG) beliefert mit der Braunkohle aus dem Tagebau Vereinigtes Schleenhain nicht nur das Kraftwerk Lippendorf, sondern auch andere Abnehmer. Die Abbau-, Sortier-, Mischungs- und Vermarktungs-Strategie der MIBRAG für die im Tagebau Vereinigtes Schleenhain abgebauten Braunkohlen unterschiedlicher Qualitäten ist der Staatsregierung nicht bekannt. Deshalb kann sie auch nicht einschätzen, ob die Quecksilber-Durchschnittsgehalte der Kohlemischung, die vom Kohlemisch- und Stapelplatz im ehemaligen Tagebau Peres ins Kraftwerk Lippendorf geliefert wird, tatsächlich repräsentativ für die in Schleenhain geförderte Braunkohle sind. Für die Beantwortung der Drs. 6/835 wurden der Landesdirektion Sachsen, als zuständiger Genehmigungsbehörde, die Jahresmittelwerte der Quecksilbergehalte der in den Jahren 2009 bis 2014 ins Kraftwerk Lippendorf geförderten Kohlemischung durch die Vattenfall Europe Generation AG auf Anfrage übermittelt. Der Genehmigungsbehörde liegen keine Monatsmittelwerte für die ins Kraftwerk Lippendorf gelieferte Kohlemischung vor, da wegen der verfügten kontinuierlichen Quecksilber-Emissionsmessung die alternativ zu fordernde Ermittlung und Registrierung des Quecksilbergehaltes in der Braunkohle im Genehmigungsbescheid für das Kraftwerk Lippendorf nicht erforderlich war. Mit freundlichen Grüßen Thomas Schmidt Seite 4 von 4