STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hospitalslraßs 7 | 01 097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bern hard-von-Li ndena u-Plalz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage d.er Abgeordneten .fatja Meier und Valentin Lippmann , Fraktion BUNDNIS 90/DlE GRUNEN Drs.-Nr.: 6/11001 Thema: Darstellung der Ermittlungen im Fall Al-Bakr in der ARD- Sendung ,,Der unbekannte Terrorist" am 9.10.2017 Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,Vorbemerkung: ln der o.g. Sendung wurde berichtet, dass sich bereits an der manipulierten Deckenlampe Kleidungsstücke befanden und diese von einem Häftling bei der Reparatur entfernt worden seien. Zudem bemerkte der befragte Rechtsmediziner, dass die VerleEungen am Hals von Al-Bakr auch von einem früheren Selbstmordversuch in der Zelle herrühren könnten. Zudem sei die Anwärterin, die Al-Bakr gefunden habe, vernommen worden . Von der 80-minütigem Vernehmung sei jedoch lediglich eine Seite verschriftlicht worden, der Rest der Aussage befinde sich nicht in der Akte, eine Tonbandaufnahme sei nicht gefertigt worden. Darüber hinaus seien nicht alle Teile des T-Shirts, dass Al-Bakr zur Strangulation verwendet habe, sichergestellt worden. Aus diesen Umständen könne geschlussfolgert werden, dass die Ermittlungen nicht mit der nötigen Sorgfalt geführt wurden." Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 (0)351 564-1500 Telefax +49 (0)351 564-1509 staatsminister@ smj.justiz.sachsen.de* Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) I 040E-KLR-2965/l 7 Dresden,( . November 2017 Hausanschrlft: Sächsisches Staatsmlnistorl um der Justlz Hospitalstraße 7 01097 Dresden Briefpost t¡ber Deutsche Post 01 095 Dresden www.justiz.sachsen.de/smj Verkehrsve.bl ndung: Zu erreichen mit Straßenbahnlinien 3,6,7,8,11 Parken und behindertengerechter Zugang über Einfahrt Hospitalstraße 7 Zugang fûr elektronisch sign¡erle sowie für verschlüsselte elsktronische Dokumente nur úbêr das EleKronische Ger¡chts- und VoMaltungspostfåchi nåher€ lnformationên unter www.ôgvp.da Seite 1 von 5 STAATSMINISTERIUM DER JUSTìZ Freistaat SACHSENffi\=ryv Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie stellt sich der Sachverhalt aus Sicht der Staatsregierung dar? Soweit in der Sendung ,,Der unbekannte Terrorist" die Behauptung aufgestellt wurde, dass sich bereits an der manipulierten Deckenlampe Kleidungsstücke befanden und diese von einem Häftling bei der Reparatur entfernt worden seien, wurde dieser Sachverhalt von der verfahrensbearbeitenden Staatsanwaltschaft Leipzig umfassend untersucht und hat sich im Rahmen der Ermittlungen nicht bestätigt. Dem in der Sendung ausgeführten Sachverhalt lag die Behauptung eines Zeugen zugrunde, der am 12. Oktober 2016 im Haftraum des Jaber Albakr gewesen sein will, um dort Reparaturarbeiten zu verrichten. Nach dessen Angaben, die der Zeuge ausschließlich gegenüber seinem Anwalt getätigt hat, sei im Haftraum des Jaber Albakr die Lampe heruntergerissen und an der Lampe sei ein weißes Feinripp-T-Shirt angebunden gewesen. Die Angaben dieses Zeugen haben sich jedoch im Ergebnis der Ermittlungen als unglaubhaft enruiesen. Der Zeuge selbst hat im Rahmen seiner Vernehmung das Zeugnis unberechtigt verweigerl. Zu den Angaben des Zeugen wurden umfangreiche Ermittlungen getätigt. Diese ergaben, dass die Reparatur der Lampe nicht durch diesen Zeugen, sondern durch andere Personen vorgenommen wurde. Auch waren die von dem Zeugen gemachten Angaben zur Anzahl der Dübel und Schrauben, mit denen er die Lampe befestigt haben will, tatsächlich unzutretfend. Den Aussagen der Personen, die tatsächlich an der Reparatur beteiligt waren, lässt sich entnehmen , dass keine Stücke eines weißen Shirts an der heruntergerissenen Lampe hingen. Soweit in dem Bericht ein Rechtsmediziner zitiert wird, ist anzumerken, dass dieser weder Erkenntnisse aus der eigenen Untersuchung der Leiche des Jaber Albakr, noch aus der Ermittlungsakte hat. Die Ausführungen des zitierten Rechtsmediziners beruhen daher nicht auf Befundtatsachen. Zum lnhalt der ausgestrahlten Außerungen ist zu bemerken, dass im Rahmen der Sektion festgestellt wurde, dass die Strangmarken am Hals weder vom Zeitpunkt des Entstehens, noch vom Verlauf im Widerspruch zu dem tatsächlich vorgefundenen Strangwerkzeug stehen. Es wurden weiterhin alle Zeichen zurückliegender Gewalteinwirkung im Gutachten vermerkt. Solche am Hals wurden dabei nicht festgestellt. Wären sichtba- Seite 2 von 5 STAÀTSMINISTERìUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENw re ältere Strangmarken eines vorangegangenen, fehlgeschlagenen Suizidversuchs vorhanden gewesen, wäre dies während der Sektion bemerkt und entsprechend begutachtet worden . Frage 2= Welche Polizeidienststelle führte die Ermittlungen und befragte die Anwärterin und den Häftling, der laut obengenannter Berichterstattung die Lampe repariert hat? Sofern keine Befragung des Häftlings erfolgte, warum nicht? Die Ermittlungen wurden durch die Polizeidirektion Leipzig geführt. Sowohl die Anwärterin als auch der Zeuge, der behauptete, die Lampe repariert zu haben, wurden durch Beamte der Polizeidirektion Leipzig vernommen. Frage 3: Wer führte die Reparaturen an der manipulierten Lampe in der Zelle durch und wurde diese Person im Rahmen der Ermittlungen durch wen mit welchem Ergebnis befragt? Nach dem Ergebnis der Ermittlungen wurde die Reparatur der Lampe durch einen Gefangenen und einen Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt Leipzig durchgeführt. Es handelt sich dabei aber nicht um den Gefangenen, der gegenüber seinem Anwalt behauptete, die Reparatur vorgenommen zu haben. Alle Personen, die an der Reparatur der Lampe beteiligt bzw. sonst in den Vorfall involviert waren, wurden durch Beamte der Polizeidirektion Leipzig als Zeugen vernommen. Keiner der Zeugen hat dabei angegeben, es sei ein Stück Stoff an der Lampe oder den Kabeln befestigt gewesen. Frage 4: Aus welchen konkreten Gründen wurde die gesamte Aussage der Anwärterin nicht protokolliert (Wortprotokoll, Tonaufzeichnung) sowie das Kleidungsstück an der Lampe und Teile des T-Shirts nicht asserviert und ausgewertet? Die Frage beinhaltet im Kontext mit der Vorbemerkung zunächst die Unterstellung, dass nicht die gesamte Aussage der Anwärterin protokolliert wurde, sondern nur eine Seite ver- Seite 3 von 5 STÀÀTSMINìSTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN Ð\Yml&\=v schriftlicht worden sei und der Rest der Aussage sich nicht bei der Akte befinde. Das ist unzutreffend. Die Zeugin wurde am 12. Oktober 2016 in den Räumen der Justizvollzugsanstalt Leipzig vernommen. Da der Vernehmungsbeamte dort keine technischen Mittel hatte, um die Vernehmung maschinenschriftlich zu verfassen, protokollierte er die Aussage zunächst handschriftlich. Diese Niederschrift umfasst insgesamt fünf DIN-A4-Seiten. Eine maschinenschriftliche Textversion in Form der Abschrift der Vernehmung wurde von dem Vernehmungsbeamten selbst später erstellt und umfasst insgesamt drei Seiten. Es trift zu, dass keine Tonbandaufnahme von der Vernehmung gefertigt und die Aussage der Zeugin daher nicht wörtlich, sondern sinngemäß wiedergegeben wurde. Dies entspricht jedoch dem üblichen Vorgehen. Die Richtigkeit des lnhaltsprotokolls hat die Zeugin im Übrigen mit ihrer Unterschrift bestätigt. Frage 4 beinhaltet weiter die Unterstellung, es habe ein Kleidungsstück an der Lampe gehangen und dies sei nicht asserviert und ausgewertet worden. Nach dem Ergebnis der Ermiülungen hing an der defekten Lampe im Haftraum von Jaber Albakr kein Kleidungsstück, das hätte beschlagnahmt werden können. Auf die Antworten zu den Fragen 1 und 3 wird insoweit verwiesen. Das Kleidungsstück, das am 12. Oktober 2016 tatsächlich als Strangwerkzeug verwendet wurde, wurde insgesamt sichergestellt, nämlich Stoffteile vom Hals der Leiche, Stoffteile vom Gitter und ein augenscheinlich identisches Stoffteil aus einem Schrank im Haftraum. Diese Teile bilden nach einem Gutachten des Landeskriminalamtes Sachsen ein vollständiges T-Shirt. Das in Teilen als Strangwerkzeug verwendete T-Shirt wurde zudem umfangreich untersucht. Die anderweitigen Ausführungen in dem Bericht sind daher unzutreffend. Frage 5: lst auszuschließen, dass sich Al-Bakr bereits vor seinem Selbstmord versucht hat zu töten? Wenn ja, aus welchen Gründen? Wenn nein, welche lndizien für einen vorherigen Selbstmordversuch waren wann welchen Personen bekannt? Die Frage kann nur für die Zeit beantwortet werden, in der sich Jaber Albakr in der Justizvollzugsanstalt Leipzig befand. Seite 4 von 5 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENw Es lässt sich nicht mit Sicherheit ausschließen, dass Jaber Albakr bereits vor seinem Tod versucht hat, sich das Leben zu nehmen, Nach dem Ergebnis der Ermittlungen liegen aber keine lndizien für einen fehlgeschlagenen Suizidversuch vor. Mit freundlichen Grüßen Sebastian Gemkow Seite 5 von 5 2017-11-07T11:15:53+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes