STAATSMINISTERDJM DES INNERN Freistaat SACHSEN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE LINKE D rs.-Nr.: 6/11044 Thema: Abschiebung einer Mutter und ihrer acht Kinder vom 18. auf den 19. Oktober 2017 Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Am 19. Oktober veröffentlichte der Sächsische Flüchtlingsrat e.V. eine Pressemitteilung mit dem Titel ,Innenministerium erschüttert Vertrauen in Härtefallkommission und Petitionsausschuss': http://wvvw.saechsischer-fluechtlingsrat.de/de/2017/10/19pminnenministerium -erschuettert-vertrauen-in-haertefallkommission-undpetitionsausschuss / Darin heißt es u.a.: ,Das Innenministerium begründet den Widerruf mit dem Verweis darauf, dass der Vater der ‚Stammberechtigte' der Familie sei, sich somit der Aufenthalt aller Familienmitglieder von seinem Status ableite. Der Begriff ‚Stammberechtigter ' kommt beispielsweise beim Familiennachzug zum Tragen, nicht aber beim Paragraphen zu Härtefällen. Er begründet einen Rechtsanspruch . Doch einen Rechtsanspruch auf Anerkennung durch die Härtefallkommission hat niemand. Sie entscheidet allein auf Grund der Entscheidung ihrer Mitglieder." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 24a-1053/37/53 Dresden, 20. November 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Frage 1: Auf welcher Rechtsgrundlage hat das Innenministerium den Aufenthaltstitel pauschal für die Familie widerrufen obwohl nur für den Familienvater Herrn K. ein Auslieferungsgesuch Montenegros vorlag? (bitte mit Bezug auf das oben vorangestellte Zitat aus der Pressemitteilung des Sächsischen Flüchtlingsrat e.V. beantworten ) Die Befugnis der obersten Landesbehörde zur Aufenthaltsgewährung nach § 23a Abs. 1 Satz 4 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) steht ausschließlich im öffentlichen Interesse und begründet keine eigenen Rechte auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Es besteht auch keine Möglichkeit, gerichtlichen Rechtsschutz gegen die Entscheidung der obersten Landesbehörde zu suchen, wenn diese dem Härtefallersuchen nicht entspricht , oder die Anordnung widerruft (vgl. Armbruster, HTK-AusIR / Rechtsschutz / 2.1.6 04/2011). Es wird darauf hingewiesen, dass die Familie entgegen den Ausführungen in der zitierten Pressemitteilung nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels war. Es wurde kein Aufenthaltstitel widerrufen, sondern lediglich die Anordnung auf Erteilung des Aufenthaltstitels gegenüber der Ausländerbehörde. Im Übrigen lagen die Voraussetzungen für einen Widerruf der Anordnung des Sächsischen Staatsministerium des Innern zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vor. Der Widerruf erfolgte gegenüber der Ausländerbehörde der Landeshauptstadt Dresden entsprechend § 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Verwaltungsverfahrens- und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen i. V. m. § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). Werden der Anordnungsbehörde nachträglich Tatsachen bekannt, die eine Aufhebung der Härtefallanordnung rechtfertigen, so darf sie entsprechend dem Rechtsgedanken des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG die Anordnung aufheben. Die Straftat des Familienvaters und seine Verurteilung in Montenegro wurde erst im Rahmen des Anordnungsverfahrens bekannt und rechtfertigen aus Sicht der Sächsischen Staatsregierung einen Widerruf der Anordnung. Dem deutschen Aufenthalts- und Asylrecht (vgl. § 27 AufenthG, § 26 Asylgesetz) liegt der Gedanke der Akzessorietät zugrunde. Die Aufenthaltserlaubnis ist akzessorisch, d. h. sie ist vom Fortbestand des Aufenthaltszwecks abhängig. Die Härtefallanordnung erging im Hinblick auf die gesamte Familie. Die humanitären, einen Härtefall begründenden Umstände sind jedoch mit dem nachträglichen Bekanntwerden der Verurteilung des Familienvaters entfallen. Aus dem Rechtsgedanken des § 52 Abs. 1 Satz 2 AufenthG folgt, dass in solchen Fällen, wenn eine Aufenthaltserlaubnis bereits erteilt wurde und zu widerrufen wäre, auch die Aufenthaltserlaubnis der anderen Familienmitglieder zu widerrufen wäre (vgl. VwV-AufenthG, § 52, 52.1.6.2.). Das gilt erst recht, wenn — wie im vorliegenden Fall — noch gar keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde. Seite 2 von 3 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Frage 2: Warum hat das Innenministerium nicht von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abgesehen bis die durch die Diakonie Sachsen aufgeworfene Frage der Rechtmäßigkeit des pauschalen Widerrufs endgültig geklärt war? Das Sächsische Staatsministerium des Innern war nach den in der Antwort auf die Frage 1 dargelegten Maßstäben gesetzlich zur Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen verpflichtet. Frage 3: Erwägt das Innenministerium die Aufhebung der Wiedereinreisesperre und eine Visumserteilung für alle Familienmitglieder um eine erneute Prüfung des Falls der Familie durch die Härtefallkommission zu ermöglichen? Nein. Frage 4: Wird das Innenministerium, sollte es einen Widerruf eines Aufenthalts nach § 23a AufenthG erwägen, künftig die Mitglieder der Härtefallkommission, vorher in die Entscheidung einbeziehen und wenn ja, wie wird die Entscheidung innerhalb der HFK dann verlaufen? Nein, insoweit wird auf die Antwort auf die Frage 1 verwiesen. Frage 5: War ein Petitionsverfahren anhängig und wenn ja, hat der Petitionsausschuss das Innenministerium ersucht, von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen ? /I Es ist /ein petitionsverfahren anhängig. Der Petitionsausschuss hat das Sächsische Staatshniniterium des Innern nicht darum ersucht, von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen Mit frbundlichen Grüßen Markus Ulbig Seite 3 von 3 2017-11-21T08:15:22+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes