STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Enrico Stange, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/11059 Thema: Anpassung des Trainings der Polizei zur Bewältigung von lebensbedrohlichen bzw. terroristischen Einsatzlagen nach dem „Fall Al-Bakr" — Nachfrage zur Kleinen Anfrage in Drs. 6/9617 Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „In der Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Enrico Stange in Drs. 6/9617 ist zu lesen: ,Vor diesem Hintergrund erfolgt derzeit eine Priorisierung hinsichtlich des Umfanges und der Zeitpunkte der Umsetzung im Gesamtkontext mit den Maßnahmen zur Umsetzung der Empfehlungen der Fachkommission zur Evaluation der Polizei des Freistaates Sachsen. [...] Die Bewertung und Priorisierung der im Ergebnisbericht der Arbeitsgruppe enthaltenen Umsetzungsvorschläge , und darauf aufbauend die Spezifizierung erforderlicher Folge- bzw. Trainingsmaßnahmen, ist noch nicht abgeschlossen und befindet sich damit im internen Abstimmungs- und Willensbildungsprozess , der Staatsregierung" Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Sind die Priorisierung sowie der Abstimmungs- und Willensbildungsprozess der Staatsregierung bezüglich der Umsetzungen der Empfehlungen der Expertenkommission „Polizeiliche Ermittlungsarbeit und Strafvollzug bei terroristischen Selbstmordattentätern am Fall Al-Bakr" nunmehr abgeschlossen? Frage 2: Welche Empfehlungen der Expertenkommission „Polizeiliche Ermittlungsarbeit und Strafvollzug bei terroristischen Selbstmordattentätern am Fall Al-Bakr" werden in welcher Reihenfolge wann umgesetzt? (Bitte aufschlüsseln nach Maßnahmen im Verantwortungsbereich des Staatsministeriums der Justiz und im Verantwortungsbereich des Staatsministeriums des Innern!) Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 32-1053/38/89 Dresden, 21. November 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6,7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMIN1STEREJM DES INNERN Freistaat SACHSEN Für den Verantwortungsbereich des Sächsischen Staatsministeriums des Innern erfolgt eine zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2: Die Priorisierung der im Ergebnisbericht der Arbeitsgruppe enthaltenen Umsetzungsvorschläge für die sächsische Polizei ist noch nicht abgeschlossen und befindet sich weiterhin im internen Abstimmungs- und VVillensbildungsprozess. Für den Verantwortungsbereich des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz wird wie folgt auf die Fragen 1 und 2 zusammenfassend geantwortet: Die Empfehlungen der Expertenkommission wurden wie nachfolgend dargestellt umgesetzt bzw. befinden sich in der Umsetzung. 1. Sachgerechte Ausübung des Evokationsrechts durch den Generalbundesanwalt Mit Blick auf die Anregung, Regelbeispiele zur Begründung einer „besonderen Bedeutung des Falles" i. S. d. § 120 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) einzuführen und eine klarere Zuständigkeitsabgrenzung zu schaffen, wurde eine Bund -Länder -Umfrage auf den Weg gebracht. Sämtliche Bundesländer, die sich an der Umfrage beteiligt haben, sowie das BMJV haben sich dabei gegen eine Änderung der derzeitigen Regelung ausgesprochen und dies nachvollziehbar damit begründet, dass es auf den Einzelfall ankomme und Regelbeispiele der Vielgestaltigkeit und Vielschichtigkeit möglicher Fallgestaltungen durch eine damit einhergehende gewisse Starre nicht gerecht würden. Vor diesem Hintergrund wird eine auf die Änderung des GVG abzielende Bundesratsinitiative derzeit nicht angestrebt. 2. Übermittlung der notwendigen Informationen an die zuständige Justizvollzugsanstalt (JVA) nach Erlass eines Untersuchungshaftbefehls Um den Informationsfluss zwischen Justiz und Justizvollzug zu optimieren, wurden unter Beteiligung der staatsanwaltschaftlichen, gerichtlichen und vollzuglichen Praxis konkrete Hinweise und Handlungsempfehlungen an die nachgeordneten Behörden mit der Bitte übermittelt, diese entsprechend umzusetzen. Dies dient dem Ziel, die Praxis entsprechend zu sensibilisieren und etwaige Anwendungsdefizite auszuschließen. 3. Länderübergreifende Sicherstellung von Fachdienstpersonalpools zur Bewertung der Suizidalität von Angehörigen spezieller Gefangenengruppen Bei schwer überschaubaren Konstellationen — wie es auch bei der Einlieferung des Untersuchungsgefangenen Albakr der Fall war — zu denen wenig gesichertes Grundlagenwissen und bei den vor Ort befassten Bediensteten kein ausreichendes Erfahrungswissen vorliegt, wird zukünftig unverzüglich ein psychologisches Konsil — ggf. unter Teilnahme externen Fachpersonals — durchgeführt. Länderübergreifender Fachberaterpool Soweit die Expertenkommission mit Blick auf die angestrebte Effektivierung des Verfahrens empfohlen hat, die Kräfte in länder- und institutionenübergreifender Zusammenarbeit zu bündeln und zu diesem Zweck einen entsprechenden — länderübergreifenden — Fachberaterpool einzurichten, hat sich auf Veranlassung des Sächsischen Seite 2 von 10 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SAC1-I SEN Staatsministeriums der Justiz eine vom Strafvollzugsausschuss der Länder eingesetzte Arbeitsgruppe „Umgang mit radikal -islamistischen Gefangenen" mit dieser Fragestellung befasst. Nach fachlichem Austausch sieht die Arbeitsgruppe eine Institutionalisierung eines länderübergreifenden Fachdienstpersonalpools jedoch als nicht zwingend erforderlich an. Vielmehr wird in dem ergänzenden Bericht der Arbeitsgruppe betont, dass länderübergreifende Beratungsbedarfe in entsprechenden Fällen — wie bereits erfolgreich praktiziert — auf bilateralem Weg kurzfristig abgestimmt werden können. Als sinnvoll erachtet wird jedoch eine Spezialisierung von einzelnen Bediensteten des Justizvollzugs , die als Multiplikatoren eingesetzt und anstaltsübergreifend beratend tätig werden können. Der Strafvollzugsausschuss hat im Rahmen seiner 126. Tagung vom 11. bis 13. Oktober 2017 in Cottbus beschlossen, den Ergänzungsbericht der Arbeitsgruppe zur Kenntnis zu nehmen und der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister empfohlen, den Ergänzungsbericht mit Blick darauf, dass dieser geeignete Vorschläge zur Unterbringung dieser Gefangenen und zur Suizidpräventionen enthalte, ebenfalls zur Kenntnis zu nehmen. Landesweiter Fachberaterpool Unabhängig davon ist bereits ein landesweiter Fachberaterpool eingerichtet worden, der unter der Führung der Leiterin der Landesarbeitsgruppe Suizidprävention steht und welchem zwölf Psychologen und ein Psychiater aus den sächsischen Justizvollzugsanstalten angehören. Die Mitglieder des Fachberaterpools erhalten eine zusätzliche spezielle Fortbildung. Sie sollen bei der Beurteilung des Suizidrisikos und der Fremdgefährdung sowie zur Unterstützung bei der Behandlung von Inhaftierten, bei denen ein konkreter Verdacht auf terroristische Aktivitäten besteht, bei Inhaftierten, bei denen sowohl Hinweise auf akute Suizidalität als auch Fremdgefährdung vorliegen, und bei suizidalen Inhaftierten mit schwierigen Behandlungsverläufen oder Unsicherheiten bei der Gestaltung von Sicherungsmaßnahmen beteiligt werden. Darüber hinaus können die Mitglieder des Fachberaterpools bei Fällen, in denen die Einschätzung der Suizidalität eines Gefangenen besonders schwierig ist, einbezogen werden. 4. Einrichtung eines Austausch- und Informationsportals Für die betroffenen Fachdienste und Behörden soll ein länderübergreifendes Austausch - und Informationsportal eingerichtet werden. Hierüber ist eine Abstimmung im Rahmen der 126. Tagung des Strafvollzugsausschusses der Länder, der die Einrichtung empfiehlt, herbeigeführt worden. Ausgewiesenen wissenschaftlichen Einrichtungen , wie z. B. den Kriminologischen Diensten der Länder, soll es so künftig ermöglicht werden, geprüfte Informationen und Beiträge einzustellen und in einen fachlichen Erfahrungsaustausch zu treten. Es ist geplant, die Bundesarbeitsgemeinschaft Suizidprävention mit der Ausarbeitung einer Konzeption zu beauftragen. 5. Sicherstellung der Kommunikation mit fremdsprachigen Gefangenen Einstellung von Dolmetschern Soweit die Expertenkommission die Bedeutung der Kommunikation mit Gefangenen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, für eine effektive Betreuung und die Sicherstellung einer angemessenen Verständigung insbesondere in komplexen Situationen hervorgehoben hat, wurden die mit dem Doppelhaushalt 2017/2018 zur Verfügung gestellten zehn Projektmittelstellen mit dem Ziel ausgeschrieben, Dolmetscher in den Anstalten einzustellen, die von einem hohen Anteil fremdsprachiger Gefangener Seite 3 von 10 STAATSMIMSTERRAT DES INNERN Freistaat SACHSEN besonders betroffen sind. Dabei orientiert sich die Verteilung der Dolmetscher maßgeblich an der Verteilung der Gefangenen entsprechend der jeweiligen Sprachen in den Justizvollzugsanstalten. Nach Durchführung des Auswahlverfahrens ist folgende Verteilung vorgesehen: Sprachen Stellenverteilung Arabische Sprache • zwei Stellen bei der JVA Leipzig mit Krankenhaus • zwei Stellen bei der JVA Dresden • eine Stelle bei der JVA Zwickau • eine Stelle bei der JSA Regis- Breitingen Polnische Sprache • eine Stelle bei der JVA Görlitz Tschechische Sprache • eine Stelle bei der JVA Bautzen Englische und französische Sprache • eine Stelle bei der JVA Chemnitz Russische Sprache • eine Stelle bei der JVA Dresden Die Dolmetscherin für die polnische Sprache hat zum 1. November 2017 den Dienst bei der Justizvollzugsanstalt Görlitz angetreten. Zum gleichen Zeitpunkt wurden zwei arabisch -sprachige Dolmetscher in der Jugendstrafvollzugsanstalt Regis-Breitingen und der Justizvollzugsanstalt Leipzig mit Krankenhaus eingestellt. Die Dolmetscher für die russische (JVA Dresden), die englische und französische (JVA Chemnitz) und die tschechische Sprache (JVA Bautzen) haben ihre Tätigkeit jeweils bereits zum 15. Oktober 2017 aufgenommen. Die Verfahren zur Einstellung von weiteren vier arabischsprachigen Dolmetschern in den Justizvollzugsanstalten Dresden, Leipzig mit Krankenhaus und Zwickau dauern derzeit noch an, ihr zeitnaher Abschluss ist aber geplant. Die Dolmetscher sind zwar bei einer Justizvollzugsanstalt eingestellt, sollen bei Bedarf aber auch in anderen Justizvollzugsanstalten zum Einsatz kommen. Videodolmetschen Den Empfehlungen der Expertenkommission entsprechend wurden die Möglichkeiten des Einsatzes eines Videodolmetsch -Systems im Justizvollzug geprüft. Nunmehr soll in der JVA Dresden im Wege eines Pilotprojektes zeitnah ein entsprechender Testbetrieb aufgenommen werden. Auf dieser Grundlage soll dann darüber entschieden werden, ob das System — auch in anderen Anstalten — in den Regelbetrieb überführt werden soll. 6. Einsatz von Fallkoordinatoren bei islamistisch -extremistischen Gefangenen Soweit die Expertenkommission für die Betreuung islamistisch -extremistischer Gefangener die Einsetzung sog. Fallkoordinatoren empfohlen hat, denen die Aufgabe zukommen soll, sämtliche diese speziellen Gefangenen betreffende Belange zu koordinieren , wurden die damit in Zusammenhang stehenden fachlichen und anstaltsspezifischen Aspekte mit den Anstaltsleitern erörtert. Die Anstalten sind angehalten, unter Berücksichtigung der anstaltsspezifischen Belange die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen, um den erforderlichen und umfassenden Informationsaustausch der an der Betreuung des jeweiligen besonderen Gefangenen beteiligten Bediensteten im Sinne der von der Expertenkommission empfohlenen Fallkoordination sicherzustellen. Dabei sollen alle hierfür geeigneten Instrumente eingesetzt und erforderlichenfalls auch die Seite 4 von 10 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Möglichkeiten der Beratung durch die Sicherheitsgruppe Justizvollzug oder Mitglieder des Fachberaterpools genutzt und ausgeschöpft werden. 7. Eigen- und Fremdgefährdungspotential: Einrichtung und Ausstattung der besonderen Hafträume Beim Umgang mit mutmaßlich terroristischen Selbstmordattentätern spielen, worauf die Expertenkommission ausdrücklich verwiesen hat, auch bauliche Erwägungen eine entscheidende Rolle. Neuer Haftraumtvp Mit Blick auf das im Fall Albakr deutlich gewordene Spannungsfeld zwischen Fremdund Eigengefährdung ist von Vollzugspraktikern ein neuer Haftraumtyp (sog. Präventions - und Sicherheitshaftraum) entwickelt worden, der beiden Aspekten Rechnung tragen und in dem auch eine mittel- bis langfristige Unterbringung besonders betreuungsbedürftiger Gefangener möglich sein soll. Durch einen an diesen Haftraum unmittelbar angrenzenden Dienstraum, der über Telefon-, IT-Anschluss und Notrufknopf verfügt und über eine Glasscheibe mit dem Haftraum verbunden sein wird, soll eine umfassende Betreuung und Überwachung des Inhaftierten sichergestellt werden. Die Planungen hierfür sind abgeschlossen und sollen nunmehr schnellstmöglich baulich umgesetzt werden. Ein entsprechender Musterhaftraum soll bis Ende 2017 in der JVA Dresden eingerichtet werden. Bauliche Veränderungen in den vorhandenen und verstärkt gesicherten Hafträumen Die bereits vorhandenen, verstärkt gesicherten Hafträume (für fremdgefährdende oder fluchtgefährliche Gefangene) sollen unter suizidpräventiven Gesichtspunkten schrittweise baulich optimiert werden. So soll die Innenseite der Zwischengitter mit einer Polycarbonat -Scheibe ausgekleidet werden, damit sich daran kein Gefangener strangulieren kann. Die Umsetzung ist insoweit — mit Ausnahme der JVAen Leipzig mit Krankenhaus und Torgau, die bauliche Besonderheiten aufweisen — weitgehend abgeschlossen . Zusätzlich sollen die Räume mit einer Fußbodenheizung ausgestattet werden. Wegen des Umfanges können diese baulichen Maßnahmen allerdings nur schrittweise erfolgen . Angestrebt wird, bis Ende 2017 in jeder JVA zunächst einen (in Dresden und Leipzig je zwei) und später weitere dieser Hafträume zu optimieren. Suizidpräventionsraum In der JVA Leipzig mit Krankenhaus wurde ausschließlich für die Betreuung und Überwachung suizidgefährdeter Gefangener ein spezieller Suizidpräventionsraum eingerichtet und in Betrieb genommen, der über eine Sicherheitsglasscheibe eine lückenlose Überwachung und Betreuung des suizidalen Gefangenen ermöglicht. 8. Beobachtung und Überwachung von Gefangenen Zu der von der Kommission ausgesprochenen Empfehlung, den Einsatz von Videotechnik in den Justizvollzugsanstalten unter Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Rechtspositionen der Gefangenen zu prüfen, werden derzeit sowohl fachliche als auch verfassungsrechtliche Belange abgewogen. Aktuell wird an einem Refe- Seite 5 von 10 STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Freistaat SADA SEN rentenentwurf, der auf die Änderung der sächsischen Justizvollzugsgesetze abzielt, gearbeitet. Die Willensbildung der Staatsregierung zur möglichen Einführung der optisch -technischen Überwachung von Hafträumen mittels Videotechnik ist noch nicht endgültig abgeschlossen. 9. Einrichtung von Aufnahmestationen und Konzentration der Zuständigkeiten für islamistisch -extremistische Gefangene Die Expertenkommission hat sich, wie auch die vom Strafvollzugsausschuss der Länder zu Fragen des Umgangs mit radikal -islamistischen Gefangenen beauftragte Länder -Arbeitsgruppe, gegen eine zentrale Unterbringung islamistisch -extremistischer Gefangener in einer JVA ausgesprochen, hält aber eine Konzentration in den JVAen Dresden und Leipzig sowie für weibliche Gefangene in Chemnitz für sinnvoll. Dementsprechend erfolgt die Unterbringung von entsprechenden Gefangenen auch in den genannten JVAen, da diese die entsprechenden Sicherheitsanforderungen erfüllen. 10. Ausstellung über Suizidprävention im Justizvollzug Die Kommission hat die im Dezember 2016 in der JVA Chemnitz eröffnete Ausstellung „(Aus) -Wege?! — Suizide und Suizidprävention im Justizvollzug" als ein gelungenes Beispiel für eine didaktisch anspruchsvolle Ausstellung hervorgehoben, welche nachhaltig Informationen und Werthaltungen zu diesem Thema vermittelt. Die Ausstellung wurde zwischenzeitlich in fünf sächsischen JVAen präsentiert und wird noch bis Ende des zweiten Quartals 2018 in den sächsischen JVAen gezeigt werden. Die Rückmeldungen sind durchweg positiv. Der Landesarbeitsgruppe Suizidprävention wurde für diese Ausstellung am 29. Mai 2017 durch die Bundesarbeitsgruppe Suizidprävention im Justizvollzug der Suizidpräventionspreis verliehen. 11. Generelle Einbindung des ärztlichen Dienstes in die Suizidprophylaxe- Dokumentation Die insoweit von der Expertenkommission aufgeworfene Frage nach einer generellen Einbindung des ärztlichen Dienstes in die Suizidprophylaxe-Dokumentation wurde geprüft . Auf der Grundlage einer Empfehlung durch die Vorsitzende der Landesarbeitsgruppe Suizidprävention soll der ärztliche Dienst künftig in allen Fällen eingebunden werden, in denen eine eingeschätzte Suizidgefährdung im Zusammenhang mit somatischen oder psychischen Erkrankungen steht. 12. Personalausstattung im allgemeinen Vollzugsdienst und in den Fachdiensten, Ausstattung der Justizvollzugsanstalten mit Seelsorgern Bei allen Anstrengungen, die auf der Grundlage der bisherigen Erfahrungen und Expertisen auf eine Optimierung der vollzugsspezifischen Verfahrensabläufe abzielen, bleibt es vordringliches Ziel, insbesondere den allgemeinen Vollzugsdienst zu stärken, zugleich aber auch mit Blick auf die wachsenden Herausforderungen den Fachdiensten das zur Erfüllung der Aufgaben erforderliche Personal zur Verfügung zu stellen. Personalschlüssel mit Stand zum 1. Oktober 2017 Der Haushaltsgesetzgeber hat dem Justizvollzug seit dem 1. Januar 2017 mit dem Doppelhaushalt 2017/2018 insgesamt 105 zusätzliche (Plan -)Stellen zur Verfügung Seite 6 von 10 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN gestellt. Dadurch konnte in der Personalausstattung im Justizvollzugsdienst eine positive Entwicklung eingeleitet werden. Das Staatsministerium der Justiz ist bestrebt, die Personalausstattung im allgemeinen Vollzugsdienst (aVD) auch weiterhin mindestens an diejenige der westdeutschen Flächenländer anzunähern. Einstellung von Tarifbeschäftiqten Bereits zum 1. Januar 2017 wurden als entlastende Sofortmaßnahme insgesamt 30 Tarifbeschäftigte in den sächsischen Justizvollzugsanstalten eingestellt, die zunächst ein Jahr in den Anstalten eingesetzt werden. Zum 1. Juli 2017 wurden weitere 15 Tarifbeschäftigte befristet bis Ende 2018 in den Anstalten eingestellt. Es ist zudem geplant, möglichst viele der Tarifbeschäftigten in eine spätere Ausbildung zum Justizvollzugsbediensteten zu übernehmen. Personelle Verstärkung des psychologischen Dienstes und des Sozialdienstes Auch die Fachdienste wurden entsprechend verstärkt. So wurden in den JVAen Chemnitz , Dresden, Görlitz, Torgau, Zeithain und Zwickau insgesamt sieben Stellen des Psychologischen Dienstes besetzt. Darüber hinaus wurden vier weitere Stellen des Sozialdienstes in den JVAen Zeithain und Dresden sowie der JSA Regis-Breitingen besetzt. Erhöhung der Anzahl der Ausbildunqsplätze Um einer Schwächung der Justizvollzugsanstalten durch die zu erwartenden Altersabgänge entgegenzuwirken, wurden die Kapazitäten für die Ausbildung im aVD bereits seit dem Jahr 2016 von 20 auf jährlich 60 Ausbildungsplätze erhöht. Dementsprechend sind auch die Voraussetzungen geschaffen worden, um die berufspraktische Ausbildung in allen Anstalten durchführen zu können. In jeder Anstalt wurden Ausbildungsbedienstete bestellt, die die Ausbildung der Anwärter entsprechend begleiten werden. Werbekampagne Zur Vorbereitung der geplanten Werbekampagne ist eine Werbeagentur mit der Erstellung eines Konzepts beauftragt worden. Ziel ist es, möglichst viele qualifizierte Bewerber anzusprechen und für eine Ausbildung zum Justizvollzugsbediensteten zu gewinnen . Anzahl der im Justizvollzuq tätigen Seelsorger Aktuell sind — nach Köpfen — 21 Seelsorger (neun evangelische und zwölf katholische) im Justizvollzug tätig, die den Justizvollzugsanstalten mit einem Arbeitskraftanteil (AKA) von 10,05 (6,25 AKA evangelische und 3,80 AKA katholische Seelsorge) zur Verfügung stehen. 13. Behördenaufbau der Justizvollzugsanstalt Leipzig mit Krankenhaus Mit dem Leiter der JVA Leipzig wurde die Empfehlung der Expertenkommission erörtert , auch dort einen Vollzugsleiter einzusetzen, um Doppelvertretungssituationen für den stellvertretenden Anstaltsleiter zu vermeiden. Seite 7 von 10 STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Frage 3: Wie oft wurde seit dem „Fall AI-Bakr" die Zusammenarbeit zwischen Mobilen Einsatzkommandos (MEK), Spezialeinsatzkommando (SEK) und weiteren Dienststellen der sächsischen Polizei sowie die Informationsweitergaben unter einander und in Zusammenarbeit mit anderen Sicherheitsbehörden trainiert, um ähnliche Einsatzlagen wie im „Fall Al-Bakr" zu bewältigen? (Bitte aufschlüsseln nach Datum und Dienststellen!) Frage 4: Welche Erkenntnisse aus dem „Fall Al-Bakr" wurden bei den Trainingsmaßnahmen gemäß Frage 3 berücksichtigt? Frage 5: Welche Maßnahmen sind hinsichtlich der Erkenntnisse aus dem „Fall AI-Bakr" zu den Erfordernissen einer reibungslosen Kommunikation zwischen allen am Einsatz beteiligten Einsatzkräften ergriffen worden oder noch in Vorbereitung bzw. geplant? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 3 bis 5: Die Staatsregierung sieht von einer Beantwortung der Fragen ab. Einer Beantwortung der Fragen stehen überwiegende Belange des Geheimschutzes entgegen (Art. 51 Abs. 2 SächsVerf). Die mit den Fragen begehrten Auskünfte beziehen sich zum Teil auf Vorgänge, die gemäß Nummer 8 der Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Staatsregierung über die Behandlung von Verschlusssachen vom 4. Januar 2008 (SächsABI. Sonderdruck Jg. 2008) als Verschlusssache eingestuft wurden. Die Einstufung erfolgte, da eine Kenntnisnahme durch Unbefugte die Wirksamkeit der den polizeilichen Maßnahmen zugrundeliegenden taktischen Konzepte beeinträchtigt. Damit werden insbesondere Leib, Leben und Gesundheit der in die Einsatzmaßnahmen eingebundenen Polizeibediensteten sowie Unbeteiligter gefährdet. Eine Verbreitung dieses Wissens an Unbefugte steht im Widerspruch zu den Schutzpflichten des Bundes und der Länder und schadet ihren Interessen. Die Schutzpflicht des Staates für Leben und körperliche Unversehrtheit ist umfassend. Sie verbietet nicht nur unmittelbare staatliche Eingriffe, sondern gebietet dem Staat auch, sich schützend vor dieses Leben zu stellen, das heißt vor allem, es auch vor rechtswidrigen Eingriffen von Seiten anderer zu bewahren. Die Offenbarung der gewünschten Informationen gewährt Rückschlüsse auf den Ausbildungsstand von Einsatzkräften zur Erstintervention bei lebensbedrohlichen Einsatzlagen, einschließlich terroristischer Angriffe, sowie auf die taktischen Einsatzkonzepte. Die Wirksamkeit solcher polizeilicher Maßnahmen wäre somit gefährdet und damit insbesondere gleichfalls die Rechtsgüter Leib, Leben und Freiheit aller Beteiligten. Freistaat SACHSEN Seite 8 von 10 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Würde bekannt, mit welchem Ausbildungsstand und mit welchen Erkenntnissen Polizeivollzugsbedienstete für Einsatzmaßnahmen aus Anlass lebensbedrohlicher Einsatzlagen trainieren, wären die polizeilichen Maßnahmen für Straftäter, insbesondere für solche, denen daran gelegen ist, in der Öffentlichkeit eine größtmögliche Opferzahl durch Waffengewalt zu verursachen, ausrechenbar. Solche potenziellen Angreifer würden auf der Grundlage regierungsamtlicher Angaben in die Lage versetzt abzuschätzen , wie seitens der Spezialkräfte agiert wird. Dass potentielle Angreifer dies aufgrund der Geheimhaltung nicht können, ist ein eigenständiger Sicherheitsfaktor. Es gilt als wesentlicher taktischer Vorteil, dass das polizeiliche Gegenüber die Einsatzkraft der handelnden Polizeikräfte nicht kennt. Damit wird es dem Täter erschwert, sich auf polizeiliche Interventionsmaßnahmen einzustellen oder gar auf diese einzuwirken. Diese drohenden Beeinträchtigungen waren mit dem Informationsinteresse der Abgeordneten abzuwägen. Die Abwägung ergab, dass dem Geheimschutz zum Schutz der Rechte Dritter und der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr nachgeordneten Behörden Vorrang vor dem Informationsanspruch der Abgeordneten zukommt. Es ist selbstverständlich nachvollziehbar, dass das parlamentarische Informationsinteresse sich etwa darauf bezieht, ob polizeiliche Maßnahmen in Fällen von lebensbedrohlichen Einsatzmaßnahmen in hinreichendem Umfang vorbereitet sind. In diesem Fall würde jedoch die Beantwortung der Frage gefahrerhöhend für die Rechtsgüter Leib, Leben und Freiheit einer unbestimmten Anzahl von Personen wirken, da - wie dargelegt - durch diese Informationen taktische Konzepte gerade einschätzbar und damit Gegenmaßnahmen eines potenziellen Angreifers planbar bzw. machbar erscheinen würden. Die Offenlegung von Ausbildungsständen und Erkenntnisse zu den Erfordernissen einer reibungslosen Kommunikation würde einen dauerhaften Schaden für die Wirksamkeit polizeilicher Einsatzkonzepte im Zusammenhang mit lebensbedrohlichen Einsatzlagen und damit einen dauerhaften Schaden für die Interessen der Bundesrepublik und der Länder bedeuten. Die Sächsische Staatsregierung hat in die Abwägung einbezogen, ob andere Formen der Informationsübermittlung möglich sind, die das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Regierung befriedigen könnten. Nach § 56 der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages (GO) für die 6. Legislaturperiode hat das Parlament für die Behandlung der Antworten auf Kleine Anfragen ein konkretes Verfahren vorgegeben. Danach wird die Antwort zunächst dem Präsidenten zugeleitet, der sie wiederum dem Fragesteller übermittelt, § 56 Absatz 4 GO. Gemäß § 56 Absatz 5 GO werden zudem die Kleine Anfrage und die Antwort vervielfältigt und den Abgeordneten zur Kenntnis gebracht. Dies bedeutet für den 6. Sächsischen Landtag neben der erforderlichen Kenntniserlangung durch die mit der Verwaltung des Eingangs, der Vervielfältigung und der Übermittlung der Verschlusssache betrauten Personen der Landtagsverwaltung, eine Vervielfältigung der die Antwort enthaltenden Verschlusssache in weitere 125 Exemplare und deren jeweilige Übermittlung an die Empfänger. Für diese unmittelbare Zuleitung von Verschlusssachen besteht kein besonderer strafrechtlicher Schutz, da eine Regelung fehlt, wie sie gemäß § 7 der Geheimschutzordnung des Sächsischen Landtages für die Unterrichtung über jene Verschlusssachen gilt, die in einem Ausschuss behandelt werden. Nach dieser Vorschrift kann den Mitgliedern des Landtages nur dann Zugang zu und Kenntnis von Verschlusssachen gegeben werden, wenn entweder ein Geheimhaltungsbeschluss im Sinne des § 353b StGB bezüglich der Verschlusssache besteht oder wenn das Landtagsmitglied unter Hinweis auf die Strafbarkeit der Geheimnisverletzung zur Geheim- Freistaat SACHSEN Seite 9 von 10 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN haltung förmlich verpflichtet wurde. Mit Blick auf den im Rahmen der Beantwortung zu beteiligenden Personenkreis und in Anbetracht der spezifischen Geheimschutzrege- / , lungen am die Staatsregierung zu dem Ergebnis, dass der erforderliche Geheimschutz nd der durch diesen geleistete Schutz Dritter nur dann hinreichend gewährleistet we en k nn, wenn die Informationsübermittlung unterbleibt. Sollten Informationen selbst unbe sichtigt an die Öffentlichkeit gelangen, bestünde eine Gefahr für die benannt n R chtsgüter, die gerade verhindert werden soll. Mit freuncillichpn Grüßen Markus Ulbig Seite 10 von 10 2017-11-23T08:38:50+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes