STAATSMINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST Freistaat SACHSEN Die Staatsministerin STAATSMINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST Postfach 10 09 20 I 01079 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) L-1053/2/228-2017 Dresden, November 2017 Kleine Anfrage des Abgeordneten Rene Jalaß, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/11079 Thema: Barkhausen Institut Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Im Haushaltsplan des Freistaates Sachsen für den Doppelhaushalt 2017/2018 (Einzelplan 12, Kapitel 1203, Titelgruppe 77) sind für das Haushaltsjahr 2018 erst mals Ausgaben für die Errichtung eines ,Barkhausen Instituts Dresden' veranschlagt, welches sich thematisch auf das sog. ,lnternet der Dinge' (internet of things, loT) bezieht. Die damit verbundene Datenerhebung kann u.U. erheblich in die informationelle Selbstbestimmung eingreifen, bspw. im Bereich der Erfassung, Speicherung und Bearbeitung von per sonenbezogenen Gesundheits- oder Geodäten. Das vorliegende Kon zept vermittelt den Eindruck, dass hauptsächlich Vermarktungsinteres sen im Vordergrund stünden. Da das Barkhausen Institut mit Steuergel dern finanziert werden soll, ergeben sich nachstehende Fragen." Namens und im Auftrag der Sächsischen Stäätsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welchen Stellenwert nimmt die allgemeine Aufklärung über Da tenverarbeitungsprozesse, die Beachtung des Prinzips der informierten Einwilligung, das Transparenzgebot, das Prinzip der Datensparsamkeit und/oder eine Risikobewertung bzw. die Vermittlung von Risikokompe tenz in Bezug auf Erkenntnisse und Entwicklungen im beabsichtigten Tätigkeitsfeld in Aufgabenplanung des geplanten Instituts ein? Frage 2: Wird das Barkhausen-Institut einen gesellschaftspolitischen Beitrag derart leisten können, dass Forschung und Entwicklung im Be reich loT - auch vor dem Hintergrund der Zusammenarbeit mit Akteur *innen aus der Wirtschaft - die Bürgerinnen und Bürger davor schützt, primär als zu vermarktende Ressourcen oder gar als Hindernis für das Potenzial des loT verstanden zu werden? Frage 3: Soll das Barkhausen-Institut lediglich als Motor und Partner in Fragen der technologischen Machbarkeitsforschung fungieren oder ist gleichermaßen beabsichtigt, ethische und moralische Fragestellungen bzw. Technikfolgeabschätzungen hinsichtlich ggf. nötiger (freiwilliger) ir Zertifikat seit 2007 audtt tserufundfamilie Hausanschrift: Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst Wigardstraße 17 01097 Dresden www.smwk.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßen bahnlinien 3. 6, 7, 8, 13 Für Besucher mit Behinderungen befinden sich gekennzeichnete Parkplätze am Hintereingang der Wigardstraße 17. Für alle Besu cherparkplätze gilt: Bitte beim Pfortendienst meiden. *Kein Zugang für elektronisch signierte sowie für verschlüsselte elektronische Dokumente. STAATSMINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST Freistaat SACHSEN Kodexe, (legislativer) Regulierungsrahmen oder partizipativer Kompetenzvermitt lung (nach dem Ansatz des public understanding of science und dem Verständnis von Wissenschaft als kulturelle Leistung und gesellschaftlichen Prozess) theore tisch und auch praktisch zu be- und erarbeiten? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 bis 3: Aufgabe des Barkhausen Instituts ist die Grundlagenforschung an einer künftigen loT- Plattform. Die hinterfragten Entwicklungen in einer digitalen Gesellschaft sind nicht Teil dieses Forschungsauftrages. Gleichwohl sind die sichere Übertragung von Daten und die gesellschaftspolitischen Aus wirkungen der Anwendungsmöglichkeiten im Internet der Dinge, ihre Gefahren und mög lichen Grenzen wichtige Fragestellungen, die beantwortet werden müssen. Mit diesem Fokus haben sich inzwischen bundesweit eine Reihe von Forschungseinrichtungen etab liert, insbesondere die durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten drei „Kompetenzzentren für IT-Sicherheitsforschung", das European Center for Security and Privacy by Disign (EG SPRIDE) in Darmstadt, das Kompetenzzentrum für angewandte Sicherheitstechnologie (KASTEL) in Karlsruhe und das Center for IT Security, Privacy and Accountability (CISPA) in Saarbrücken. Das CISPA befasst sich insbesondere mit den Kernproblemen „verlässliche, sichere Computersysteme", „freie, verantwortliche Interaktion unter Wahrung der Privatsphäre" und „Schutz persönlicher Daten in der digitalen Welt". Am 21.09.2017 wurde zudem das „Weizenbaum-Institut für die vernetzte Gesellschaft - Das Deutsche Internet-Institut" in Berlin eröffnet, das den Wandel der Gesellschaft durch die Digitalisierung wissenschaftlich begleiten will. Das BMBF fördert dieses Institut in den ersten fünf Jahren mit 50 Mio. EUR. Die Aufgabe dieses Internet-Instituts wird es sein, aktuelle gesellschaftliche Veränderungen, die sich im Zusammenhang mit der Digitali sierung abzeichnen, zu untersuchen und künftige politische und wirtschaftliche Hand lungsoptionen zu skizzieren. Vor diesem Hintergrund wird keine Notwendigkeit gesehen, zusätzlich sächsische For schungskapazitäten auf diesem Gebiet aufzubauen und zu finanzieren. Frage 4: Ist vor dem Hintergrund des Einsatzes von Steuergeldern beabsichtigt, Ergebnisse der Arbeit des Instituts im Geiste von Open Knowledge (Open Source, Open Access,...) gemeinfrei zugänglich zu machen oder anderweitig vergleichbar der Gesellschaft partizipativ zur Verfügung zu stellen, ohne das vordergründig Vermarktungsinteressen z.B. über proprietäre/closed-source Anwendungen ver folgt werden? Die Wissenschaft ist ein öffentliches Gut. Der Staat fördert Forschung und Entwicklung, insbesondere die zeitaufwändige und kostenintensive Grundlagenforschung, mit öffent lichen Mitteln, weil eine unmittelbare wirtschaftliche Verwertung des generierten Wissens nicht möglich ist. Insoweit kommen die Erträge aus der Grundlagenforschung der Allge meinheit zugute. Soweit aus diesen Erkenntnissen Innovationen und Produkte entwickelt werden, ist es allerdings auch sachgerecht, wenn durch Patente und Verwertungsrechte ein Teil dieser öffentlichen Mittel wieder zurückfließt, um damit wiederum Grundlagen forschung betreiben zu können. Seite 2 von 3 STAATSMINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST Freistaat SACHSEN Zur aktuellen Nutzung von Open Access an sächsischen Hochschulen und außeruniver sitären Forschungseinrichtungen wird auf die Antwort der Staatsregierung zu der Kleinen Anfrage 6/8088 verwiesen. Inwieweit Forschungsdaten des Barkhausen Instituts künftig frei nutzbar sein werden, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht absehbar. Frage 5: Insoweit das Barkhausen Institut nicht als zuständiger Akteur betrachtet wird, wie wird die Staatsregierung gegenüber den Bürger*innen als Trägern zu schützender und ggf. betroffener Rechtsgüter Verantwortung durch aufklärerische Maßnahmen im Sinne der Fragen 1 bis 4 übernehmen? Die Anwendungsmöglichkeiten im Internet der Dinge werden weitreichende Auswirkun gen auf unsere Gesellschaft haben, die das Deutsche Internet-Institut wissenschaftlich aufarbeiten und veröffentlichen wird. Die Staatsregierung wird diese Themen zu gege bener Zeit aufgreifen. Es bleibt eine wichtige gemeinsame Aufgabe von Politik, Gesetz gebung und allen relevanten Akteuren, das Grundrecht auf informationeile Selbstbestim mung auch in Zukunft wirkungsvoll zu schützen. Mit freurrdlichen Grüßen Dr. Eva-Maria Stange Seite 3 von 3 2017-11-23T08:59:49+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes