STAATSMINISTERìUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT SÄCHSISCHES STAATSMIN¡STERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Postfach 100510 | 01076Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bern hard-von-Lindena u-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfram Günther, Fraktion BUNDNIS 90/DlE GRUNEN Drs.-Nr.: 6111116 Thema: Insektensterben bzw. Biodiversitätsverlust Sachsen lnsekten in Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,lm Sommer 2017 legte der Krefelder Entomologische Verein mit seiner Langzeitstudie Zahlen für den lnsektenschwund in Deutschland vor. lm Ergebnis der Messung von lnsektenbiomasse an 63 verschiedenen Standorten vorwiegend in und um Krefeld, aber auch im gesamten Rheinland und anderen Bundesländern Nordwestdeutschlands über die Dauer von 27 Jahren wurde ein Rückgang um 70 bis 80 Prozent festgestellt. Jetzt wurde in der internationalen Fachzeitschrift PLOS ONE eine Studie von Forschern aus den Niederlanden, Großbritannien und Deutschland veröffentlicht, wonach seit den l990er-Jahren 76 bis 8l Prozent der Biomasse an Fluginsekten verloren gegangen sind. Die vorliegende Arbeit basiert auf einer sehr großen und breiten Datenbasis aus 90 Standorten über verschiedene Regionen verteilt. Die Studie wird von der Wissenschaft als als repräsentativ für Deutschland bewertet." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage l: Welche Schlussfolgerungen zieht die Staatsregierung aus den Ergebnissen der Studien zum Rückgang der lnsekten bzgl. lndividuenzahl und Artenanzahl allgemein und im Besonderen etwa zur Entwicklung der Vogelbrutpaare oder zur Funktion von lnsekten als Nützlinge für die Landwirtschaft u.a. als Bestäuber? 5 FreistaatSACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564-2000 Telefax +49 351 564-2009 poststelle@ smul.sachsen.de* lhr Zeichen lhre Nachricht vom 24. Oklober 2O17 Aktenzeichen (bitte bei Antwoñ angeben) z-1050t1t',t069 Dresden, ,4rJ,4f . /l s¡mut+ - -Cl !!-=! Dk ¿uluntuhldrdr &¡ StrttuM'ñthdúft ftrùtrnulndHdebft Hausanschrift: Sächs¡sches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft Archivstraße 1 01 097 Dresden wlvw.smul.sachsen. de Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlin ¡en 3, 6, 7, 8, 13 Für Besucher mit Behinderungen beflnden sich gekennzeichnete Parkplätze am Königsufer. Für alle Besucherparkplätze gilt: Bitte beim Pfortendienst melden. * Kêin Zugang für elektronisch sign¡erte sowie fiir verschlússelte elektron¡schê DokumenteSeite 1 von 3 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSENl5 Die in PLOS ONE publizierte Studie (Hallmann C.4., Sorg M., Jongejans 8., Siepel H., Hofland N., Schwan H. et al. 120171. More than 75 percent decline over 27 years in totalflying insect biomass in protected areas.PLoS ONE 12 [10]: e0185809 https://doi.oro/10.1371liournal.pone.0185809) beruht auf den Erfassungsergebnissen des Krefelder Entomologischen Vereins e. V. Darin wird die Entwicklung der Biomasse von Fluginsekten untersucht, die in Schutzgebieten, die überwiegend im nordrheinwestfälischen Tiefland liegen, gefangen wurden. Die lndividuen- und Artenzahlen von lnsekten und Vögeln und die Pflanzenbestäubung waren keine Studiengegenstände. Die Staatsregierung nimmt keine Einschätzungen vor. Frage 2: Welche Daten liegen für Sachsen vor und welche Schlussfolgerungen zieht die sächsische Staatsregierung daraus? Die Untersuchung der Biomasse von Fluginsekten in der in Rede stehenden Studie ist in Europa einzigartig. lnsofern liegen der Staatsregierung keine entsprechenden Daten vor. Rückschlüsse auf die Entwicklung der lnsektenfauna sind mithilfe von Roten Listen möglich . Dabei handelt es sich um Sachverständigengutachten, die unter anderem ausgestorbene beziehungsweise verschollene Arten einer Artengruppe identifizieren. Rote Listen, die den Fluginsekten zuzuordnen sind, wurden im Freistaat Sachsen zum Beispiel für Tag- und Eulenfalter, Libellen, Steinfliegen und Grabwespen veröffentlicht. Darin wird deutlich, dass die Zahl der ausgestorbenen beziehungsweise verschollenen Arten bei einigen lnsektengruppen, zum Beispiel den Tagfaltern, in den letzten Jahrzehnten angestiegen ist. Bei einigen Artengruppen, zum Beispiel Libellen und Steinfliegen , gibt es aber auch positive Entwicklungen. Die Staatsregierung verwendet Rote Listen, um Rückschlüsse für den Handlungsbedarf zur Erhaltung der Biodiversität zu ziehen. Frage 3: Welche möglichen Ursachen werden nach Kenntnis der Staatsregierung diskutiert und welche Ursachen sind aus Sicht der Staatsregierung für das Insektensterben (auch in Sachsen) verantwortlich? ln der Studie, die in der Antwort auf Frage 1 zitiert wird, wurden als mögliche Ursachen für den Biomasseverlust bei Fluginsekten klimatische Einflüsse, Anderungen der Landnutzung sowie eine Veränderung der Lebensräume im Umfeld der Probeflächen untersucht . Die Studie kommt zum Ergebnis, dass der Rückgang mit diesen Faktoren nicht allein erklärt werden kann. Obwohl die Einfliisse aus der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung nicht Gegenstand der Untersuchung waren, nehmen die Autoren in der Diskussion die landwirtschaftliche lntensivierung als eine weitere mögliche Ursache an. Frage 4: Welche Maßnahmen sind in Sachsen geplant oder werden bereits ergriffen, um explizit dem dramatischen lnsektensterben entgegenzuwirken und wie und mit welchen Ergebnissen werden diese auf ihren Erfolg evaluiert bzw. sollen sie evaluiert werden? Seite 2 von 3 STAATSMINISTERIUIVI FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 Frage 5: Falls keine Maßnahmen geplant sind, warum nicht? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 4 und 5: Maßnahmen, die dem allgemeinen, das heißt, nicht auf einzelne Arten ausgerichteten lnsektenschutz dienen, sind die Erhöhung des insektenfreundlich bewirtschafteten Anteils an der landwirtschaftlichen sowie fischereiwirtschaftlichen Nutzfläche mithilfe von Anreizen aus Mitteln des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) sowie des Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF). Hier sind insbesondere Maßnahmen der Richtlinien Agrarumwelt und Klimamaßnahmen (RL AUI(2015), Ökologischer und Biologischer Landbau (RL ÖBL/2015), Teichwirtschaft und Naturschutz (RL TWN/2015) und des Greenings zu nennen. Mit der AUK-Maßnahme AL.5 wird zum Beispiel die Anlage von Naturschutzbrachen und Blühflächen auf Ackerland gefördert. Diese flächenbezogenen Maßnahmen werden ergänzt durch Maßnahmen der investiven Naturschutzförderung nach der Richtlinie Natürliches Erbe (RL NE/ 2014). Relevant sind insbesondere Vorhaben der Biotopgestaltung und der Anlage und Sanierung von Landschaftsstrukturelementen. Weitere Maßnahmen, die dem lnsektenschutz dienen, sind auf dem Gebiet der Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung angesiedelt. Mit einem Fokus auf der insektenfreundlichen Freiflächenbewirtschaftung im dörflichen und urbanen Raum führt zum Beispiel die Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt die Aktion ,,Puppenstuben gesucht - Blühende Wiesen für Sachsens Schmetterlinge" durch. lm Rahmen der Begleituntersuchungen zu den Maßnahmen des ELER werden unter anderem auch die Effekte auf bestimmte Insektengruppen untersucht. Beispielsweise soll auf ausgewählten Förderflächen zu den AUK-Maßnahmen AL.5 a, b, c, d, GL.3 die Lebensraumeignung gutachterlich eingeschätzt werden. Für die Maßnahmen AL.5 c, d soll zudem die Trachteignung der Blütenpflanzen insbesondere für Wildbienen auf voraussichtlich etwa 50 Untersuchungsflächen bewertet werden. Auf den Förderflächen mit der speziellen Grünlandmaßnahme GL.5 d sollen die Bläulingsvorkommen auf 25 Untersuchungsflächen erfasst werden. Mit freundlichen Grüßen ln Vertretung \3. Barbara Kle Seite 3 von 3 2017-11-24T10:16:27+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes