STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/11160 Thema: Aktivitäten von „Scenario Lok" Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Die im Jahr 2005 gegründete rechtsextreme Vereinigung ,Scenario Lok' war bis zur Erklärung ihrer Selbstauflösung im Oktober 2014 ein Beobachtungsobjekt des Landesamtes für Verfassungsschutz." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Der Sächsischen Staatsregierung liegen zu der Kleinen Anfrage auch Erkenntnisse vor, deren Mitteilung überwiegende Belange des Geheimschutzes (Art. 51 Abs. 2 Sächsische Verfassung — SächsVerf) entgegenstehen. Es handelt sich dabei um Informationen, die gemäß Nummer 8 in Verbindung mit der Nummer 3.3 der Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Staatsregierung über die Behandlung von Verschlusssachen vom 4. Januar 2008 (SächsABI. Sonderdruck Jg. 2008) als Verschlusssache eingestuft wurden. Die Einstufung erfolgte zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen und zum Schutz nachrichtendienstlicher Zugänge. Die Informationen sind durch nachrichtendienstliche Mittel (§ 5 Abs. 1 Sächsisches Verfassungsschutzgesetz — SächsVSG) erlangt worden. Die Weitergabe dieser Informationen würde die eingesetzten Methoden der Nachrichtenbeschaffung den im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens zu beteiligenden Personen offenbaren oder Rückschlüsse auf die Art nachrichtendienstlicher Zugänge ermöglichen und somit die Arbeitsfähigkeit des LfV Sachsen gefährden. Im Falle des Einsatzes von Personen nach § 5 Abs. 1 SächsVSG stehen zudem Rechte Dritter im Sinne von Art. 51 Abs. 2 SächsVerf entgegen. Diese Personen wären bei einer Mitteilung in ihren Grundrechten auf Leben, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit der Person gefährdet. Die Staatsregierung trifft eine Schutz- Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 16-0141.50/3157 Dresden, 30. November 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www,smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6,7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN pflicht gegenüber ihren nachrichtendienstlichen Quellen und sie hat insoweit jegliche Handlungen zu unterlassen, die zu einer Enttarnung der Quelle führen können. Darüber hinaus ist das Vertrauen in die Fähigkeit eines Nachrichtendienstes, die Identität seiner Quellen zu schützen, für seine Funktionsfähigkeit essentiell. Die Mitteilung von Erkenntnissen im gewählten Verfahren, die Rückschlüsse auf nachrichtendienstliche Zugänge zulassen, würde sich nachhaltig negativ auf die Fähigkeit des LA/ Sachsen auswirken, solche Zugänge zu gewinnen bzw. solche Kontakte fortzuführen. Diese teils dauerhafte Beeinträchtigung von Rechtsgütern war mit dem Informationsinteresse der Abgeordneten abzuwägen. Die Abwägung ergab, dass dem Geheimschutz und dem Schutz der Rechte Dritter Vorrang vor dem Informationsanspruch der Abgeordneten zukommt. Die Sächsische Staatsregierung hat in die Abwägung einbezogen, ob andere Formen der Informationsübermittlung möglich sind, die das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Regierung befriedigen . Mit Blick auf den im Rahmen der Beantwortung zu beteiligenden Personenkreis kam die Staatsregierung zu dem Ergebnis, dass der erforderliche Geheimschutz sowie der Schutz Dritter nur dann hinreichend gewährleistet werden kann, wenn die Informationsübermittlung unterbleibt. Es wird darauf hingewiesen, dass der Parlamentarischen Kontrollkommission auf deren Verlangen weitergehende Auskunft erteilt wird. Frage 1: Wie viele Mitglieder umfasste die Vereinigung „Scenario Lok" nach Kenntnisstand der Staatsregierung und liegt der Staatsregierung ein namentliches Mitgliederverzeichnis bzw. eine ähnliche Aufstellung von Personen vor, die das LfV Sachsen aufgrund konkreter Anhaltspunkte/Tatsachen dieser Vereinigung zugerechnet hat? Der Personenkreis der rechtsextremistischen Gruppierung „Scenario Lok" umfasste insgesamt ca. 70 Personen. Dem LfV Sachsen liegt kein namentliches Mitgliederverzeichnis der Gruppierung „Scenario Lok" vor. Im Rahmen der Übermittlung von KTA/PMK-Meldungen im Zusammenhang mit der Gruppierung „Scenario Lok" erfolgte in diesen eine Auflistung von tatverdächtigen Personen. Freistaat SACHSEN Seite 2 von 4 STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Frage 2: Welche Aktivitäten von „Scenario Lok" sind der Staatsregierung seit 2005 — abgesehen von gemeinsamen Fußballspielbesuchen - bekannt geworden (bitte vollständig tabellarisch aufführen)? Es wird auf die nachfolgende Tabelle verwiesen: Datum Veranstaltung/Aktivität 18.08.2012 Feier von „Scenario Lok" 19.08.2012 Störung des Sommerfestes eines Kunstvereins in Leipzig 27.07.2013 Fanturnier von „Scenario Lok" 03.08.2013 Beteiligung von Angehörigen von „Scenario Lok" an einem Landfriedensbruch gem. §125 StGB in Potsdam -Babelsberg (Brandenburg) im Zusammenhang mit einem Regionalligaspiel des 1. FC Lok Leipzig. Laut Internetinformationen soll es außerdem während der Abreise zu weiteren Straftaten gekommen sein. 10.08.2013 Feier von „Scenario Lok" Darüber hinaus liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, die aus Gründen der Geheimhaltung nicht mitgeteilt werden können. Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Frage 3: Aufgrund welcher Straftaten wurde gegen (frühere) Mitglieder von Scenario Lok bis zum heutigen Tage durch welche Staatsanwaltschaften unter welchen Aktenzeichen ermittelt und wie sind diese Verfahren jeweils abgeschlossen worden? Eine vollständige Beantwortung der Frage ist nicht möglich, da eine statistische Erfassung im Sinne der Fragestellung nicht stattfindet. Es ist nicht möglich in den Datenbanken der sächsischen Staatsanwaltschaften nach der Eigenschaft als Mitglied der Gruppierung „Scenario Lok" zu suchen. Eine vollständige Beantwortung der Frage würde daher die händische Auswertung aller in Betracht kommenden Ermittlungsverfahren im Sinne der Frage erfordern. Eine solche händische Auswertung ist innerhalb der zur Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Frist nicht zu leisten. Es wären umfangreiche und zeitaufwendige Recherchen in den Aktenbeständen der sächsischen Staatsanwaltschaften und Gerichte erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Geschäftsstellen und staatsanwaltschaftlichen Archiven, der Aufwand zur Beiziehung versendeter Akten, z. B. von Verteidigern, Gerichten, Sachverständigen und Polizei, das Auswerten der Akten und die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses zu berücksichtigen . Für die entsprechende Auswertung der Akten ist daher von einem Arbeitsaufwand von durchschnittlich mindestens 30 Minuten je Akte auszugehen. Eine händische Auswertung aller anhängigen Ermittlungsverfahren wäre daher nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand möglich, der ohne den Verlust der Funktionsfähigkeit der Staatsanwaltschaften in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Frist nicht zu leisten wäre. Seite 3 von 4 Freistaat SACH SEN STAATSM1NISTER1UM DES INNERN Die Staatsregierung kam daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr nachgeordneten Ermittlungsbehörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine weitergehende Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Strafrechtspflege nicht zu leisten ist. In die Abwägung hat die Staatsregierung jeweils auch das Interesse der anderen Abgeordneten und der Öffentlichkeit an der erfragten Information einbezogen. Die Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung ist jedoch so erheblich, dass dies zu keinem anderen Ergebnis führt. Frage 4: An welchen Kampfsportveranstaltungen im In- und Ausland haben seit 2005 jeweils wie viele (frühere) Mitglieder von „Scenario Lok" nach Kenntnisstand der Staatsregierung teilgenommen? Der Staatsregierung liegen keine Erkenntnisse über die Teilnahme von ehemaligen Mitgliedern der Gruppierung „Scenario Lok" an rechtsextremistischen Kampfsportveranstaltungen vor. Es ist jedoch bekannt, dass eine ehemalig der Gruppierung „Scenario Lok" angehörende Person als professioneller Kampfsportler aktiv ist und regelmäßig an nichtextremistischen Kampfsportveranstaltungen als Kämpfer bzw. Zuschauer oder Betreuer teilnimmt. Frage 5: Welche Folgeaktivitäten früherer Mitglieder von „Scenario Lok" sind der Staatsregierung seit Oktober 2014 bekannt geworden? Ehemalige Angehörige von „Scenario Lok" beteiligten sich seit Oktober 2014 unter anderem an rechtsextremistischen Veranstaltungen wie beispielsweise an Zeitzeugenvorträgen oder Konzerten, waren in die Organisation von rechtsextremistischen Veranstatzttungen ingebunden, fungierten als Inhaber eines rechtsextremistischen Versandhandels b . sind als Tatverdächtige von rechtsextremistischen Straftaten, wie beispielsweise m Fe des besonders schweren Landfriedensbruchs am 11. Januar 2016 in Leip , begannt geworden. Darüber hinaus wird auf die Antwort auf die Frage 4 verwies (M 1 -i f eurtchen Grüßen i Markus Ulbigl Freistaat SACHSEN Seite 4 von 4 2017-11-30T13:56:37+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes