STAATSMINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST Freistaat SACHSEN Die Staatsministerin STAATSMINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST Postfach 10 09 20 I 01079 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Aktenzelchen (bitte bei Antwort angeben) L-1053/2/234-2017/ resden, Dezember 2017 Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs.-Nr.: 6/11187 Thema: Altersversorgung für Professoren und Hochschullehrer nach 1990 Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Der Verein Alters versorgung für angestellte Professoren und Hochschullehrer neuen Rechts und Angestellte im höheren Dienst der Behörden in den neuen Bundesländern e. V. hat sich an Abgeordnete des Sächsischen Land tags gewandt und unter Verweis auf einen Beitrag in der Frankfurter All gemeinen Sonntagszeitung vom 15. Oktober 2017 („Leben in der Lü cke") auf die im Vergleich geringe Altersversorgung seiner Mitglieder hingewiesen. Nach 2011 sei für die Problematik eine Bund-Länderlö sung erarbeitet worden, die jedoch bislang keine Mehrheit in den Bun desländern gefunden habe. Dem Verein sei Jedoch die Prüfung einer sächsischen Seperatlösung zugesagt worden." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Zum Verständnis der Problematik des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) ist auf die Ausgangslage Anfang der 90er Jahre abzustellen. Ausgangspunkt ist der Staatsvertrag zur Schaf fung einer Währungs- und Wirtschafts- und Sozialunion vom 18.05.1990 zwi schen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Durch diesen Vertrag wurde beschlossen, die bestehenden Zusatz- bzw. Sonderversorgungssysteme der DDR mit Wirkung vom 01.07.1990 zu schließen. Bestehende Sonderversorgungs- und Zusatzver sorgungssysteme sollten mit dem Ziel überprüft werden, ungerechtfertigte Leistungen abzuschaffen. Der Einigungsvertrag vom 31.08.1990 wiederum übertrug die Verantwortung für die Überleitung der Versorgungssysteme dem gesamtdeutschen Gesetzgeber. Ferner wurde in diesem Vertrag auch fest gelegt, dass die Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Versor gungssystemen der DDR bis zum 31.12.1991 zu geschehen habe. Für Ren- "ir Zertifikat seit 2007 audit berufundfamilie Hausanschrift: Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst Wigardstraße 17 01097 Dresden www smwk Sachsen de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßen bahnlinien 3, 6, 7, 8. 13 Für Besucher mit Behinderungen befinden sich gekennzeichnete Parkplätze am Hintereingang der Wigardstraße 17. Für alle Besucherparkplätze gilt: Bitte beim Pfortendienst melden. 'Kein Zugang für elektronisch signierte sowie für verschlüsselte elektronisctie Dokümente, STAATSMINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST Freistaat SACHSEN tenbezleher, die am 03.10.1990 bereits Leistungen bezogen, wurde ein „Zahlbeitragsbe sitzschutz" eingeführt. Des Weiteren wurde für Personen mit einer Versorgungszusage eine Vertrauensschutzregelung eingeführt, die bis zum 30.06.1995 galt. In diesem Zu sammenhang ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass der Einigungsvertrag auch Rege lungen darüber enthält, wer für die Finanzierung der übergeleiteten Ansprüche auf kommt. Diese Verpflichtung wurde durch § 15 Absatz 2 AAÜG umgesetzt. Demnach er stattet der Bund der Deutschen Rentenversicherung die Mehraufwendungen, dieser sei nerseits erhält Erstattungen von den sog. Funktionsnachfolgern. Diese Funktionsnach folger sind in Artikel 13 Absatz 1 des Einigungsvertrages aufgeführt. Danach sind die Länder als Funktionsnachfolger für die Erstattung der entsprechenden Beträge an den Bund verantwortlich. Gemäß Artikel 13 Absatz 3 des Einigungsvertrages sind die Länder auch Funktionsnachfolger für die Bereiche Kultur, Bildung und Wissenschaft sowie des Sports, mithin also auch der Hochschulen. Dem sächsischen Staatshaushalt entstehen aus dieser Verpflichtung derzeit Belastun gen in Höhe von rund 812 Mio. Euro im Haushaltsjahr 2017, vergl. Einzelplan 15, Kapitel 1540 Titel 63141 und 63142. Diese Aussagen sind für das Verständnis der Problematik insgesamt von Bedeutung. In der Öffentlichkeit - so auch in dem Artikel der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 17.10.2017 - wird das Problem in der Regel auf die Professoren neuen Rechts (auch „Lückeprofessoren" genannt) reduziert. Tatsächlich betrifft die Problematik einen zahlenmäßig nicht näher bezifferbaren Personenkreis mit einer vergleichbaren Erwerbsbiografie . Frage 1: Wie stellt sich der Sachverhalt aus Sicht der Staatsregierung dar? In der Antwort auf die Kleine Anfrage 5/7796 ist der rentenrechtliche Sachverhalt darge stellt. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass das Bundesverfassungsgericht die Ren tenüberleitung mit ihrem derzeitigen Inhalt mehrfach für verfassungsmäßig erklärt hat (vgl. Urteil vom 28. April 1999, 1 BvL 32/95, Beschluss vom 9. Oktober 2006, 1 BvR 1484/06). Verfassungsbeschwerden betroffener Professoren gegen arbeitsgerichtliche Entscheidungen, mit denen ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf beamtengleiche Alters versorgung verneint wurde, wurden vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entschei dung angenommen (vgl. Beschlüsse vom 16. Januar 2017, 1 BvR 861/13, 1 BvR 3378/14). Verfassungsrechtlich ist also davon auszugehen, dass kein Rechtsanspruch der betroffe nen Professoren auf eine höhere Altersversorgung oder auf zusätzliche Rentenansprü che besteht. Frage 2: Wann haben sich seit 2011 welche Vertreter der Staatsregierung mit Ver tretern des Vereins getroffen und dabei welche Lösungen diskutiert oder verein bart? Vertreter der Sächsischen Staatsregierung haben sich am 10. August 2011 im Staatsmi nisterium für Wissenschaft und Kunst mit Mitgliedern des Vereins Altersversorgung für angestellte Professoren und Hochschullehrer neuen Rechts und Angestellte im Höheren Dienst der Behörden in den Neuen Bundesländern (VAV) getroffen. Zwischen dem 04.04.2011 und dem 09.10.2012 kam es zu insgesamt mindestens sieben Treffen mit Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST Freistaat SACHSEN Mitgliedern des VAV unter Leitung des seinerzeitigen Chefs der Staatskanzlei, Herrn Staatsminister a. D. Dr. Beermann. Weitere Gespräche fanden am 28.11.2016 auf Ab teilungsleiterebene sowie am 09.08.2017 unter Leitung des Chefs der Staatskanzlei, Herrn Staatsminister Dr. Jaeckel, statt. Die Gespräche dienten dazu, den Betroffenen die Gelegenheit zu geben, den Sachverhalt aus ihrer Sicht darzustellen. Vonseiten der Ver treter des VAV wurde in diesem Zusammenhang der Gedanke einer Stiftungslösung auf Landesebene in die Diskussion eingebracht. Durch die Gesprächspartner aufseiten der Staatsregierung wurde Unterstützung zugesagt, das Anliegen gemeinsam mit den übri gen neuen Bundesländern gegenüber dem Bund zur Sprache zu bringen. Weitere Zusa gen oder Vereinbarungen wurden nicht gemacht bzw. getroffen. Auf die Anlage zu Frage 2 wird verwiesen. Frage 3: Wie sieht die erarbeitete Bund-Länder-Lösung zum Ausgleich der gerin gen Altersversorgung aus und aus welchen Gründen wurde sie nicht verabschie det und umgesetzt? Eine zwischen dem Bund und den ostdeutschen Ländern gemeinsam vereinbarte Lö sung gibt es nicht. Eine einvernehmliche Lösung scheiterte bisher insbesondere daran, dass keine eindeutige und rechtssichere Abgrenzung im Hinblick auf den Personenkreis gefunden werden konnte. Frage 4: Wie sieht die Übergangslösung („Seperatlösung") einschließlich des Zeit plans zur Umsetzung für Sachsen aus, die den Mitgliedern des Vereins im August dieses Jahres vom Chef der Sächsischen Staatskanzlei in Aussicht gestellt wurde? In dem Gespräch am 9. August 2017 haben die Vertreter des VAV ihre Einschätzung vorgetragen, dass sie aufgrund derförderalen Struktur Deutschlands eine Gesamtlösung mit allen beteiligten Bundesländern und dem Bund für schwer realisierbar erachten. Sie machten daher die Forderung auf, dass nunmehr eine sachspezifische Klärung unab dingbar sei. Eine entsprechende Zusage wurde gegenüber dem VAV nicht ausgespro chen. Frage 5: Welche (sonstigen) Maßnahmen hat die Staatsregierung wann konkret unternommen, um der Berufsgruppe eine verbesserte Altersversorgung zu gewäh ren? Die angesprochene Professorengruppe hat wesentlichen Anteil am erfolgreichen Aufbau der Hochschullandschaft im Freistaat Sachsen. Die Staatsregierung hat sich insbeson dere in der Regionalkonferenz Ost für die Lösung der Problematik eingesetzt. So wurde im Rahmen der 44. Regionalkonferenz der ostdeutschen Länder am 06.07.2017 in Bad Muskau über das Thema gesprochen. Die Regierungen der ostdeutschen Länder haben ihre Auffassung bekräftigt, sie seien nicht die primären Ansprechpartner, da die Verant wortung für das Thema in erster Linie beim Bund liegt, weil die Problematik aus der DDR resultiert. Bei der Versorgung der Betroffenen hat der Bundesgesetzgeber eine Rege lungslücke hinterlassen. Im Kreise der ostdeutschen Länder bestand auch Einigkeit da hingehend, das Thema erst wieder aufzugreifen, wenn ein entsprechender Vorschlag durch die Bundesregierung unterbreitet wird. Diese Position hat der Ministerpräsident Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST Freistaat SACHSEN des Freistaates Sachsen In seiner Eigenschaft als seinerzeitiger Vorsitzender der Regi onalkonferenz Ost gegenüber der Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Län der, Frau Staatssekretärin Iris Gleicke, mit Schreiben vom 16. Mai 2017 übermittelt. Diese hat mit Schreiben vom 4. Juli 2017 die Position des Bundes bekräftigt, dass die Altersversorgung für die in Rede stehende Personengruppe zuvorderste in der Zustän digkeit der Länder liege. Voraussetzung für weitere Gespräche mit dem Bund sei eine bindende Einigung der Länder über eine Beteiligung an einer möglichen Lösung. Herr Ministerpräsident Tillich hat sich im Rahmen der laufenden Sondierungen auf Bun desebene mit Nachdruck eingebracht, um eine politische Lösung zwischen Bund und Ländern voranzutreiben. Nach einhelliger Meinung der ostdeutschen Länder gilt es, so ziale Härten und unbeabsichtigte Ungleichbehandlungen der Rentenüberleitungen noch mals in den Blick zu nehmen. Die künftige Bundesregierung wurde daher von den ost deutschen Ministerpräsidenten aufgefordert, Vorschläge zu unterbreiten, wie diese sozi alen Fragestellungen, aber auch die teilweise bestehenden Regelungslücken beim Über gang vom Recht der DDR hin zum Recht der Bundesrepublik Deutschland behoben wer den können. Mit freundlichen Grüßen Dr. Eva-Maria Stange/ Anlage Seite 4 von 4 Anlage zu Frage 2 der Kleinen Anfrage Drs. 6/11187 Ulli Datum Gesprächsteilnehmer (Amts- bzw. Funktionsbezeichnungen zum Gesprächszeitpunkt) diskutierte oder vereinbarte Lösungen 4. April 2011 vorgesehen: Gespräch bei Herrn StM Dr. Beermann Es liegen keine Aufzeichnungen vor. 6. April 2011 Einladung durch Herrn MdB Vaatz; Vertreter des VAV, SK: Herr StM Dr. Beermann; weitere Teilnehmer Thema „Sonderfonds" für Professoren und Wissenschaftler aus universitären und außeruniversitären Einrichtungen des öffentlichen Dienstes der Neuen Bundesländer". Als Lösungswege wurden eine „Ehrenpension" im Rahmen der Landesbesoldungsgesetze der Neuen Bundesländer auf Basis eines vom Bund und den neuen Bundesländern finanzierten Sonderfonds und eine Nachversicherung in der VBL auf der Basis einer Satzungsänderung der VBL, ebenfalls finanziert vom Bund und den neuen Bundesländern, diskutiert. Über die Wahl der zweckmäßigen und machbaren Variante sollte kurzfristig zwischen Bund und den neuen Bundesländern entschieden werden. (Quelle: Gesprächsvermerk der Betroffenenverbände Akademikerverband Berlin, Verband Hochschule und Wissenschaft, VAV) März bis Juni 2011 Herbst 2011 bis März 2012 Gespräche zwischen Herrn StM Dr. Beermann, Interessenvertretungen der Professoren, weiteren Teilnehmern Zu den Gesprächen von März bis Juni 2011 liegen keine Aufzeichnungen vor. Ziel bleibt eine Lösung durch den Bund. Weitergehende Aufzeichnungen liegen nicht vor. 3. Januar 2012 Gespräch bei Herrn StM Dr. Beermann mit Vertretern des VAV, weiterer Teilnehmer Erörterung der Thematik. Gerichtsfeste Abgrenzung des Kreises der Anspruchsberechtigten als Hauptproblem. Diskutierter Lösungsweg öffentliche-rechtliche Stiftung. Ziel einer Verständigung zwischen Herrn StM Dr. Beermann und Herrn PStS Dr. Bergner, ehemaliger Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Bundesländer. (Quelle: Gesprächsvermerk VAV) 20. Januar 2012 Gespräch bei Herrn StM Dr. Beermann mit Vertretern des VAV, weiterer Teilnehmer Im Anschluss übersendet der VAV ein Papier, das Aufschluss über die berufliche Entwicklung, Tätigkeit in Lehre und Forschung sowie die Wahrnehmung von hoheitlichen Aufgaben durch die Professoren gibt. Weitergehende Aufzeichnungen liegen nicht vor. 9. Oktober 2012 Vorgesehen: Gespräch bei Herrn Herr StM Dr. Beermann mit Vertretern des VAV Es liegen keine Aufzeichnungen vor. Seite 1 von 2 Anlage zu Frage 2 der Kleinen Anfrage Drs. 6/11187 28. November 2016 9. August 2017 Gespräch bei Herrn Dr. Rohde (AL2 SK) mit Vertretern des VAV, weitere Teilnehmer Gespräch bei Herrn StM Dr. Jaeckel mit Vertretern des VAV Erörterung der Thematik. Feststellung, dass an den Beschluss der 43. Regionalkonferenz angeknüpft werden soll (Anm.: In deren Rahmen hatten die ostdeutschen Länder festgestellt, dass sich an ihrer Bereitschaft, einen Beitrag zur Lösung des Problems der Altersversorgung von angestellten Professoren neuen Rechts in den neuen Ländern leisten zu wollen, nichts geändert habe. Der Bund wurde gebeten, zu dem ausstehenden Bund-Länder-Gespräch einzuladen. Dabei vertraten die Regierungschefs der ostdeutschen Länder die Auffassung, dass auch das weitergehende Ziel eines Rentenüberleitungsabschlussgesetzes in das Gespräch aufgenommen werden müsse.), dass Sachsen nicht aus dem Konzert aller Ostländer ausscheren werde, eine Einmalzahlung seitens der Professoren nicht gewollt sei, bis zu MPK- Ost am 6. April 2017 eine Entscheidung der Ländergemeinschaft und des Bundes herbeigeführt werden soll und ein konzeptionelles Gerüst erforderlich sei, auf dessen Basis eine Einladung der ostdeutschen Länder und des Bundes durch Sachsen Ende Januar durchgeführt werden könne. Im Falle einer grundsätzlichen Verständigung der Länder und des Bundes müsse ein konkretes Umsetzungskonzept für die nächste Regionalkonferenz erstellt werden. Austausch der gegenseitigen Positionen. Seitens der SK wurden die politischen Grenzen des Freistaates Sachsen insbesondere vor dem Hintergrund der Besprechungsergebnisse der letzten MPK-Ost am 6. April 2017 ausführlich dargelegt. Im Ergebnis des Gesprächs wurde gegenüber dem VAV die Position dargelegt, dass ein Alleingang eines Landes vor den tatsächlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen der Thematik, insbesondere bezogen auf andere ähnlich betroffene Personengruppen kaum bzw. nicht leistbar und dass eine politische Verständigung aller beteiligten Länder sowie des Bundes daher nach wie vor alternativlos sei. Seite 2 von 2 2017-12-01T10:40:30+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes