STAATSMINISTER11JIM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Carsten Hütter, AfD-Fraktion Drs.-Nr.: 6/11227 Thema: Beobachtung Identitäre Bewegung Nachfrage II, inbesondere Nachfrage zu den Kleinen Anfragen Drs. 6/10522, Drs. 6/10952 und Drs. 6/10954 Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Laut Kleiner Anfrage 6/10522 und 6/10952 spricht sich die Identitäre Bewegung für eine Trennung von Ethnien und Religionen sowie die damit verbundene Rückführung von Personen aus anderen Kulturkreisen und mit anderer Religionszugehörigkeit aus und macht darüber hinaus die Zuerkennung grundlegender Rechte von der ethnischen Abstammung abhängig. In der Antwort zu Frage 1 der Kleinen Anfrage 6/10952 heißt es: ,[...] dass sich aus der Ideologie der Identitären Bewegung tatsächliche Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Verbot rassischer und religiöser Diskriminierung (Art. 3 Abs. 3 GG), das unmittelbar aus der Garantie der Menschenwürde folgt, ergeben. Die Menschenwürde zählt zu den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten (§ 3 Abs. 2 Nr. 7 SächsVSG). In der Antwort zu Frage 2 und 3 heißt es: ,Die Identitäre Bewegung betreibt die Diskriminierung des grundsätzlichen Rechts für Angehörige anderer Kulturkreise oder mit anderer Religionszugehörigkeit, Deutscher zu sein oder zu werden bzw. in Deutschland zu leben'. Mit dieser Begründung beobachtet der Sächsische Verfassungsschutz die Identitäre Bewegung. Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 16-0141.50/3166 Dresden, 7. Dezember 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6,7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SAC1-I SEN Laut Kleiner Anfrage 6/10908 gehört zur Menschenwürde, dass ein Mensch nicht zum ,bloßen Objekt' staatlichen Handelns degradiert wird. Dies bedeutet aber nicht, dass alle Menschen ohne Differenzierung auch in allen Bereich komplett gleiche Rechte haben müssen, sondern dass eine Menschenwürdeverletzung jedenfalls dann vorliegt, wenn eine Rechtsgleichheit ganz oder teilweise verweigert wird, weil die Subjektqualität des Menschen und der daraus folgende Achtungsanspruch grundsätzlich in Frage gestellt werden. In der Antwort auf Frage 5 der Drs. 6/10954 führt die Staatsregierung u. a. in dieser Hinsicht nochmals aus, dass ,die Menschenwürde insoweit lediglich politische Konzepte verbietet, die auf die strikte Exklusion und weitgehende Rechtlosstellung von bestimmten Menschen bzw. Gruppen unter Verneinung von deren Subjektqualität gerichtet sind'. Einzelne Entgleisungen (politischer Gruppen) reichen nicht aus, um auf die Verneinung der Subjektqualität zu schließen." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: In welchen Fallkonstellationen wird Personen(gruppen) die Subjektqualität nach der Praxis des Sächsischen Verfassungsschutzes abgesprochen? (Bitte genau — zur Not unter Beschreibung von Fallgruppen — erläutern, wann die „Subjektqualität " Personen(gruppen) abgesprochen wird.) Frage 2: Was ist nach der Praxis des Sächsischen Verfassungsschutzes unter dem Begriff „weitgehende Rechtlosstellung" zu verstehen? (Bitte genau — zur Not unter Beschreibung von Fallgruppen — erläutern, ab welchem Grad rechtlicher Differenzierung eine „weitgehende Rechtlosstellung" vorliegen soll.) Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2: Eine Liste theoretischer Fallkonstellationen wird im Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) nicht geführt. Sie kann daher auch nicht mitgeteilt werden. Ob in einem konkreten Einzelfall die Voraussetzungen eines Verstoßes gegen die Menschwürde erfüllt sind, bedarf vielmehr stets der Prüfung aller insoweit relevanten Umstände. Frage 3: Ist es richtig, dass die bloße Rückführung von Personengruppen aus anderen Kulturkreisen mit dem Ziel ein ethnisch (weitgehend) homogenes Volk zu schaffen nicht zwangsläufig gegen die Subjektqualität des Menschen und somit auch nicht gegen die Menschenwürde verstößt, weil auch eine (strikte) Exklusion unter Wahrung der Subjektqualität möglich ist? Falls nein: Bitte ausführliche Begründung, warum (strikte) Exklusion stets mit einer Missachtung der Subjektqualität einhergehen soll. Eine Rückführung bedarf stets einer (verfassungsmäßigen) Rechtsgrundlage. Soweit die Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage im Einzelfall erfüllt sind, liegt auch kein Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Verstoß gegen die Menschenwürde der Betroffenen vor. Eine Rechtsgrundlage, die das Ziel beinhalten würde, „ein ethnisch (weitgehend) homogenes Volk zu schaffen", besteht nicht. Es ist daher nicht Aufgabe der Staatsregierung, im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage über rechtliche Fragen einer solchen zu spekulieren. Gemäß Art. 50 der Verfassung des Freistaates Sachsen (SächsVerf) ist die Staatsregierung verpflichtet, über ihre Tätigkeit dem Landtag insoweit zu informieren, als dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Dieser Informationspflicht der Staatsregierung nach Art. 50 SächVerf entspricht das Frage- und Auskunftsrecht des Abgeordneten gegenüber der Staatsregierung nach Art. 51 SächsVerf. Das Fragerecht dient nach der Rechtsprechung des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes nicht dazu, die Staatsregierung zu einer Bewertung anzuhalten, die der Abgeordnete für geboten hält, sondern nur dazu, den Abgeordneten Informationen zu verschaffen (SächsVerfGH, Urteil vom 22. April 2004, Vf. 44-1-03). Frage 4: Laut Kleine Anfrage 6/10522 (Antwort zu Fragen 2 und 3) muss es ein Recht darauf geben Deutscher werden zu können. Weshalb ist dieses Recht zur Wahrung der freiheitlich -demokratischen Grundordnung zwingend erforderlich? (Bitte begründen, weshalb die Verneinung dessen, dass Personen aus anderen Kulturkreisen Deutsche werden können zu einer Aufhebung der Subjektqualität oder zu einer „weitgehenden Rechtlosstellung" führen würde) (Bitte begründen aus welcher Rechtsprechung ein „grundsätzliches Recht darauf Deutscher werden zu können" folgen soll) In der zusammenfassenden Antwort der Staatsregierung auf die Fragen 2 und 3 der Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 6/10522 wurde nicht ausgeführt, dass es zur Wahrung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ein Recht darauf geben müsse, Deutscher werden zu können. Stattdessen wurde darauf hingewiesen, dass es einen Verstoß gegen das Verbot rassischer und religiöser Diskriminierung (Art. 3 Abs. 3 GG) darstellt, wenn dieses Recht dann Personen aus anderen Kulturkreisen und mit anderer Religionszugehörigkeit grundsätzlich und von vornherein verwehrt werden soll, sofern es wie derzeit ein solches Recht, das nicht allein an die Abstammung anknüpft (d. h. Deutscher kann nicht nur derjenige sein, der selbst von Deutschen abstammt), tatsächlich gibt,. Frage 5: Welche grundlegenden Rechte, die die Subjektqualität des Menschen in Frage stellen könnten oder zu einer weitgehenden Rechtlosstellung führen würden, spricht die Identitäre Bewegung Personen aus anderen Kulturkreisen und mit anderer Religionszugehörigkeit ab und was konkret bedeutet das Wort „Diskriminierung " in dem Antwortteil „[..J Diskriminierung des grundsätzlichen Rechts für Angehörige anderer Kulturkreise oder mit anderer Religionszugehörigkeit, Deutscher zu sein oder zu werden bzw. in Deutschland zu leben."? (Bitte begründen, aufgrund welcher ganz konkreten und zurechenbaren Aussagen von Einzelpersonen oder welcher Konzepte der ldentitären Bewegung eine Schlussfolgerung dahingehend möglich ist, dass die ldentitäre Bewegung die Subjektqualität des Menschen verneine oder eine weitgehende Rechtlosstellung von Personen aus anderen Kulturkreisen oder mit anderer Religionszugehörigkeit anstrebe und was genau unter dem Begriff „Diskriminierung" im obigen Kontext zu verstehen ist [völliger Ausschluss, teilweiser Ausschluss, Herabsetzung, Seite 3 von 4 STAATSM1N1STER11JM DES INNERN Freistaat SACHSEN Verächtlichmachung etc.?]) (Bitte Benennung von Einzelaussagen und/oder Konzepten nach Ort, Datum, Verfasser und aus welchem Grund die Einzelaussage od/ das Konzept der Identitären Bewegung zugerechnet werden kann) Auf dib zusammenfassende Antwort der Staatsregierung auf die Fragen 2 und 3 der Klein n Anirage Drs.-Nr. 6/10952 sowie auf den Beitrag zur ldentitären Bewegung im Sächisc2fen Verfassungsschutzbericht 2016, S. 132 ff., wird verwiesen. Mit f ieu dlichen Grüßen H - MaYkus Ulbi Seite 4 von 4 2017-12-07T09:23:38+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes