STAATSMINISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Carsten Hütter, AfD-Fraktion Drs.-Nr.: 6/11229 Thema: Verhältnismäßigkeit der Anwendung von § 3 Absatz 2 Nr. 7 Sächsisches Verfassungsschutzgesetz, Nachfrage zu der Kleinen Anfrage Drs. 6/10952 Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Laut Kleine Anfrage 6/10952 wird § 3 Absatz 2 Nr.7 des Sächsischen Verfassungsschutzgesetzes (,Zur freiheitlich -demokratischen Grundordnung im Sinne des Gesetzes zählen die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte') nicht als obsolet angesehen. Das Bundesverfassungsgericht führte im Urteil 2 BVB 1/13 wie folgt aus: ,Freiheitliche demokratische Grundordnung und verfassungsmäßige Ordnung sind mithin zu unterscheiden. Die freiheitliche demokratische Grundordnung beschränkt sich auf diejenigen Prinzipien, die unter Ausschluss jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit gewährleisten (vgl. BVerfGE 2, 1 <12 f.>). Davon ausgehend hat das Bundesverfassungsgericht dieser Ordnung aus einer Gesamtinterpretation des Grundgesetzes und seiner Einordnung in die moderne Verfassungsgeschichte (vgl. BVerfGE 5, 85 <112>) zunächst folgende acht Elemente zugeordnet: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition (BVerfGE 2, 1 <13>).` Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 16-0141.50/3165 Dresden, 7. Dezember 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN Das Bundesverfassungsgericht benennt die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte also lediglich als Teil des ursprünglichen Begriffs der freiheitlich -demokratischen Grundordnung. Es führt weiter aus: ,Der Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne von Art. 21 Abs. 2 GG erfordert eine Konzentration auf wenige, zentrale Grundprinzipien, die für den freiheitlichen Verfassungsstaat schlechthin unentbehrlich sind. Ein derartiger reduzierter Ansatz erscheint nicht zuletzt durch den Ausnahmecharakter des Parteiverbots geboten.' und weiter: ,Der Regelungsgehalt des Art. 79 Abs. 3 GG geht über den für einen freiheitlichen demokratischen Verfassungsstaat unverzichtbaren Mindestgehalt hinaus.' und weiter: ,Die Garantie der Menschenwürde umfasst insbesondere die Wahrung personaler Individualität, Identität und Integrität sowie die elementare Rechtsgleichheit (vgl. Dreier, in: ders., GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 1 Abs. 1 Rn. 60 ff.; Höfling, in: Sachs, GG, 7. AufL 2014, Art. 1 Rn. 19). Dem liegt eine Vorstellung vom Menschen zugrunde, die diesen als Person begreift, die in Freiheit über sich selbst bestimmen und ihr Schicksal eigenverantwortlich gestalten kann (vgl. BVerfGE 45, 187 <227>; 49, 286 <298>). Mit der Subjektqualität des Menschen ist ein sozialer Wert -und Achtungsanspruch verbunden, der es verbietet, den Menschen zum „bloßen Objekt" staatlichen Handelns zu degradieren (vgl. BVerfGE 122, 248 <271>).` Mit obigem Absatz wird die Einleitung zur Aufzählung dessen begonnen, was aus heutiger Sicht zur freiheitlich -demokratischen Grundordnung zu zählen ist. Die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte werden nicht im Urteil benannt ." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage: Ist es mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar und insbesondere verhältnismäßig, wenn § 3 Absatz 2 Nr. 7 Sächsisches Verfassungsschutzgesetz weiterhin Anwendung in vorliegender Art durch den Sächsischen Verfassungsschutz findet, obgleich die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte vom Bundesverfassungsgericht nicht mehr (in voller Ausformung) zum Begriff der freiheitlichdemokratischen Grundordnung gezählt werden? Freistaat SACHSEN Seite 2 von 3 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Falls ja: Woraus ergibt sich insbesondere mit Blick auf Art. 2 Absatz 1, Art. 9 und Art. 21 Grundgesetz die Rechtfertigung für den Eingriff durch den Sächsischen Verfassungsschutz? Es gibt nach Auffassung der Staatsregierung keinen Gegensatz zwischen „ursprünglicher " und „heutiger" freiheitlicher demokratischer Grundordnung und ebenso keinen i ii aGegen tz zwischen der Menschenwürde einerseits und den im Grundgesetz konkretisierte Menschenrechten andererseits. Auf die Antwort der Staatsregierung auf die Frage d Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 6/10952, wonach nach Auffassung der Staatsregieru g di Menschenwürde zu den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten (§ 3 bs. Nr. 7 SächsVSG) zählt, wird verwiesen. Mit ffbun'dlichen Grüßen Märkus Ulbi Seite 3 von 3 2017-12-07T09:21:54+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes