STAATSM1N1STER1UM FÜR SOZ1ALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Freistaat SAC1-ISEN SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Albertstraße 10 I 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/11357 Thema: Notwendig gemachte, amtsärztliche Untersuchungen vor der Weiterbehandlung durch Traumaambulanzen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Im Landkreis Görlitz kommt es laut Informationen der Fragestellerin vor, dass Geflüchtete bel Anzeichen einer psychischen Erkrankung durch den*die Amtsärzt*In gesundheitlich untersucht werden. Ein solches Anzeichen kann offenbar ein anstehender Termin, zum Beispiel bel der Traumaambulanz Dresden sein. Ein Überweisungsschein durch den*die behandelnde Hausärzein sowie ein regulärer Behandlungsschein reichen offenbar nicht aus. Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Bel welchen Anzeichen beziehungsweise bel welchen notwendigen Weiterbehandlungen welcher Institutionen — wie etwa Trauma. oder Flüchtlingsambulanzen, Psychosoziale Zentren, sozialpsychiatrische Dienste — von psychischen Erkrankungen Geflüchteter wird im Landkreis Görlitz und gegebenenfalls weiteren Landkreisen oder kreisfreien Städten eine amtsärztliche, psychische Untersuchung eingeleitet und welche Behörde veranlasst dies?*** Frage 2: Was ist die Rechtsgrundlage hierfür? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2: Die Entscheidung, ob im Rahmen einer fachärztlichen Überweisung oder stationären Einweisung bei dem Verdacht oder Vorliegen einer psychiatrischen Erkrankung eine vorherige Aktenbeurteilung oder auch direkte psychiatrische Untersuchung im Gesundheitsamt des Landkreises Görlitz er- Die Staatsminieterin Durchwahl Telefon +49 351 564-5601 Telefax +49 351 564-5791 lhr Zelchen Ihre Nachricht vom Aktenzelchen (bItte bei Antwort angeben) 53-0141.51-17/949 Dresden, 22. Dezember 2017 Hausanschrlft: Sachs Isches StaatsmInIsterlum für SozIales und Verbraucher. schutz Albertstraße 10 01097 Dresden www.srusachsen.de STAATSM1N1STER1U1V1 FÜR SOZ1ALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Freis taat SACHSEN folgt, obliegt dem Landkreis als untere Unterbringungsbehörde und Kostenträger gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Sächsisches Flüchtlingsaufnahmegesetz. lnnerhalb der Landkreisverwaltung existiert die Absprache, dass bei vorliegenden rechtlichen Voraussetzungen (Schweigepflichtentbindung, Einwilligung zur Untersuchung ) in speziellen Fragen, nicht nur im Bereich psychiatrischer Erkrankungen, eine Stellungnahme des Gesundheitsamtes vor der endgültigen Entscheidung des Ordnungsamtes eingeholt werden kann. Es existieren keine internen Vorgaben, dass grundsätzlich jeder Geflüchtete mit Anzeichen einer psychischen Erkrankung durch den amtsärztlichen Dienst gesundheitlich untersucht werden muss. In der Praxis hat sich erwiesen, dass sowohl durch die vorhandene fachärztliche Absicherung , als auch durch die gegenüber dem hausärztlichen Bereich besseren Kommunikationsbedingungen (Dolmetscher anwesend) deutlich zur Optimierung geplanter Weiterbehandlungen im Rahmen von Beratungsleistungen beigetragen wird. Andererseits sind nur auf diesem Weg fachlich nicht indizierte Überweisungen durch Hausärzte, die in der Regel aus der eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeit (Sprachbarriere) resultieren, zu minimieren. Beim Vorliegen bereits vorhandener externer fachärztlich psychiatrischer Befunde und Einschätzungen für Geflüchtete zur Weiterleitung - beispielsweise an stationäre Einrichtungen oder Trauma-Ambulanzen - erfolgt in der Regel keine erneute Überprüfung durch das Gesundheitsamt im Rahmen einer Direktuntersuchung. Aufgrund der im Landkreis Görlitz vorhandenen Rahmenbedingungen zum Erhalt fachärztlich psychiatrischer Termine sieht sich der Landkreis in der Verantwortung, eine vorhandene Ressource zu nutzen, um Fehlüberweisungen aus dem hausärztlichen Bereich heraus zu vermeiden. Grundsätzlich erfolgt im Gesundheitsamt jedoch keine Behandlung psychiatrischer Patienten. Für den Fall, dass sich Patienten mit Angst, Depressionen und Traumafolgestörungen vorstellen, kann nur bei akuter Eigen- oder Fremdgefährdung ohne Kostenzusage eingewiesen werden. Eine nicht notfallmäßige Einweisung bedarf einer Kostenzusage, die durch die Leistungssachbearbeitung geprüft werden muss. Die für die Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) zuständigen Behörden sind an ärztliche/zahnärztliche Stellungnahmen (hier: Überweisungsschein) rechtlich nicht gebunden (vgl. Langer in: GK-AsylbLG, § 4 Rdn. 61). „Vielmehr sind sie in Ausübung des Untersuchungsgrundsatzes (§ 22 SGB X) gehalten, jedes ärztliche /zahnärztliche Votum auf seine Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit zu überprüfen (ebenso Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. [2014], § 4 AsylbLG Rdn. 16). Dies gilt insbesondere bei Voten niedergelassener Ärzte/Zahnärzte. Denn es kann bei diesem Personenkreis nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden, dass sie Kenntnis vom maßgeblichen rechtlichen Beurteilungsrahmen haben. Bestehen begründete Zweifel an der Plausibilität des vorgelegten ärztlichen/zahnärztlichen Votums, hat die für die Durchführung des AsylbLG zuständige Sozialbehörde die Stellungnahme des zuständigen Gesundheitsamtes einzuholen." (a. a. O.) Im Übrigen entspricht das Vorgehen der "Interpretationshilfe nach Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbrau- Seite 2 von 3 STAATSM1N1STER1UM FUR SOZ1ALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Freistaat SACHSEN cherschutz und der Landesdirektion Sachsen zur Gesundheitsversorgung" vom 22. Januar 2016. Frage 3: Welche Fachexpertise besitzen die untersuchenden Amtsärzrinnen? Die fachliche Einschätzung von vorgelegten Akten als auch die Stellungnahme nach klinischer Untersuchung erfolgt durch eine erfahrene Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie und/oder eine Dipl.-Psychologin. Die Leiterin des Sozialpsychiatrischen Dienstes des Landkreises Görlitz ist Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie und langjährig als erste Oberärztin im Fachkrankenhaus Großschweidnitz tätig gewesen und besitzt ausreichend Erfahrung in der Diagnostik und Therapie psychiatrischer Erkrankungen . Frage 4: Wie viele Menschen mussten sich im Landkreis Görlitz und gegebenenfalls welteren Landkreisen oder kreisfreien Städten einer amtsärztlichen Untersuchung auf psychische Erkrankungen stellen und was waren jewells die Gründe hierfür? lm Jahr 2017 wurden im Gesundheitsamt des Landkreises Görlitz insgesamt 10 Personen im Auftrage des Ordnungsamtes unter der Fragestellung der Notwendigkeit einer weiterführenden psychiatrischen Therapie und Diagnostik untersucht. Auch in den anderen Landkreisen/Kreisfreien Städten wird wie beschrieben verfahren. Genauere Angaben sind nicht möglich, da eine statistische Erfassung der Zahl solcher amtsärztlicher Untersuchungen nicht erfolgt. Frage 5: Wird der hier ersichtlich werdende Sachverhalt der Geflüchteten wie Fachärzr innen beziehungsweise Psychotherapeurinnen unterstellten, missbräuchlicher lnanspruchnahme von ärztlicher beziehungsweise psychotherapeutischer Behandlung durch das Staatsministerium des lnneren juristisch geprüft und werden die Behörden in den Landkreisen beziehungsweise kreisfreien Städten gegebenenfalls dazu aufgefordert, von dieser Praxis künftig abzusehen? Entfällt (vgl. Antwort zu Fragen 1 und 2) Mit freundlichen Grüßen Batbara Kl Seite 3 von 3 2017-12-27T09:02:55+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes