STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtags Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Rico Gebhardt, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/11414 Thema: Verwahrung von Akten der Betriebsarchive der DDR und der Treuhandanstalt / BvS in Sachsen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen ist folgende Vorbemerkung vorangestellt: „Ausweislich der Feststellungen des ,Schlußberichtes der Enquete- Kommission ,Überwindung der Folgen der SED-Diktatur im Prozeß der deutschen Einheit' des Deutschen Bundestages, BT-Drs. 13/11000 vom 10. Juni 1998 zum Umgang mit den Akten der den Betriebsarchive der DDR und der Treuhandanstalt hatte die von der ,Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS), der DISOS GmbH und den Archivreferenten der Länder erarbeitete ,Verfahrens -hinweise zur Zusammenarbeit der D1S0S-Landesdepots mit den Archivreferenten der neuen Länder.' Andere Betriebsakten werden nach Ablauf der handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen kassiert. Zur Verwaltung von Schriftgut privater Unternehmen wurde als Endarchiv mit Unterstützung der Industrie- und Handelskammer Leipzig 1993 das Sächsische Wirtschaftsarchiv gegründet.' (Schlussbericht, Seite 212)" Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: In welchen Archiven oder sonstigen, Akten, Unterlagen oder Schriftgut verwaltenden Stellen im Freistaat Sachsen wurden oder werden seit wann Akten, Unterlagen oder Schriftgut der Betriebsarchive der DDR, von Betrieben der DDR und deren Nachfolgeunternehmen sowie der Treuhandanstalt oder der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) zu welchen konkreten Zwecken amtlich verwahrt ? Archivwürdige Unterlagen staatlicher Betriebe der DDR werden seit Ende der 1970er Jahre, in größerem Umfang seit Beginn der 1990er Jahre, im Sächsischen Staatsarchiv bzw. seinen Vorgängereinrichtungen sowie in den Kommunalarchiven des Freistaates Sachsen mit dem Ziel des dauerhaften Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 15-1053/33/41 Dresden, 29. Dezember 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN Erhalts und der Zugänglichmachung für eine Benutzung auf der Grundlage des Archivgesetzes für den Freistaat Sachsen (SächsArchivG) amtlich verwahrt. Seit dem Jahr 2017 werden vom Sächsischen Staatsarchiv archivwürdige Unterlagen liquidierter Betriebe, deren Aufbewahrungsfristen abgelaufen sind, von der BvS übernommen. Unterlagen der von der Treuhandanstalt bzw. BvS verkauften Unternehmen wurden nicht archiviert, sondern den neuen Eigentümern übergeben. Unterlagen liquidierter Betriebe, deren Aufbewahrungsfristen noch nicht abgelaufen sind, werden weiterhin von der BvS verwahrt. Archivwürdige Unterlagen der Treuhandanstalt und der BvS selbst werden durch das Bundesarchiv archiviert. Frage 2: Auf der Grundlage welcher gesetzlichen Vorschriften wurden oder werden diese jeweiligen Akten, Unterlagen oder das jeweilige Schriftgut an welchen Standorten in Sachsen verwahrt? Das Sächsische Staatsarchiv archiviert Unterlagen der ehemaligen staatlichen oder wirtschaftsleitenden Organe, Kombinate, Betriebe und Genossenschaften aus der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 2. Oktober 1990 auf der Grundlage von § 4 Abs. 2 Satz 2 SächsArchivG an seinen Standorten Chemnitz, Dresden, Freiberg und Leipzig. Die Archive der Landkreise, Städte und Gemeinden des Freistaats Sachsen archivieren Unterlagen der stadt- und kreisgeleiteten Betriebe auf der Grundlage von § 13 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Satz 2 SächsArchivG in eigener Zuständigkeit. Die Übernahme von Unterlagen von Betrieben der DDR vor Inkrafttreten des SächsArchivG am 17. Mai 1993 erfolgte auf der Grundlage der Archivordnung vom 11. März 1976 (Gesetzblatt der DDR, 1976, Teil I, S. 165). Frage 3: Inwieweit, zu welchen Zwecken und unter welchen konkreten Voraussetzungen waren oder sind die jeweiligen Akten, Unterlagen oder das jeweilige Schriftgut für die Nutzung durch Dritte zugänglich? Der Zugang bzw. die Benutzung des Archivgutes erfolgt auf der Grundlage des SächsArchivG. Gemäß § 9 Abs. 1 SächsArchivG hat jedermann das Recht, das Archivgut des Freistaates Sachsen zu benutzen. Generell ist die Benutzung von Archivgut gemäß § 10 Abs. 1 SächsArchivG erst nach dem Ablauf sogenannter Schutzfristen zulässig. Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 SächsArchivG gelten jedoch die allgemeine Schutzfrist des § 10 Abs. 1 Nr. 1 SächsArchivG und die besondere Schutzfrist des § 10 Abs. 1 Nr. 2 SächsArchivG nicht für Archivgut nach § 4 Abs. 2 Satz 2 SächsArchivG (Unterlagen der Rechtsvorgänger des Freistaates Sachsen und der Funktionsvorgänger der in § 4 Abs. 2 Satz 1 SächsArchivG genannten Stellen sowie aus der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 2. Oktober 1990 Unterlagen der ehemaligen staatlichen oder wirtschaftsleitenden Organe, der Kombinate, Betriebe, Genossenschaften, Einrichtungen und Parteien, gesellschaftlichen Organisationen und juristischen Personen). Bei der Benutzung des insoweit einschlägigen Archivgutes ist deshalb nur die Schutzfrist für personenbezogenes Archivgut gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 SächsArchivG zu beachten. Eine Verkürzung dieser Schutzfrist ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 5 Satz 2 SächsArchivG zulässig, wenn die Benutzung für ein konkretes Forschungsvorhaben oder zur Wahrnehmung berechtigter Belange einer anderen Person oder öffentlichen Stelle erforderlich ist und wenn das öffentliche Interesse an der Durchführung Freistaat SACHSEN Seite 2 von 4 STAATSMINISTURM DES INNERN Freistaat SACH SEN des Forschungsvorhabens oder die berechtigten Belange einer anderen Person oder öffentlichen Stelle die schutzwürdigen Belange der Person, auf die sich das Archivgut bezieht, überwiegen. Die Benutzung von Archivgut in den Archiven der Kreise, Städte und Gemeinden des Freistaates Sachsen erfolgt auf der Grundlage kommunaler Satzungen. Gemäß § 13 Abs. 4 SächsArchivG gelten die §§ 9 und 10 SächsArchivG für diese Archive entsprechend . Frage 4: In welchem Umfang wurden oder werden in den in Frage 1 genannten Archiven oder sonstigen Stellen Akten, Unterlagen oder Schriftgut von Betrieben der ehemaligen DDR und deren Nachfolgeunternehmen sowie der Treuhandanstalt oder der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) verwahrt und in welchem Umfang sind diese zu welchem Zeitpukt und aus welchem Grund an welche konkreten Archive oder sonstigen Stellen als Akten- und Archivbestand abgegeben worden? Das Sächsische Staatsarchiv verwahrt gegenwärtig an seinen Standorten Chemnitz, Dresden, Freiberg und Leipzig ca. 28,6 Kilometer Wirtschaftsarchivgut von staatlichen Betrieben der DDR und ihren Vorgängern. Bis zum Ende der DDR wurden von den Vorgängereinrichtungen des Sächsischen Staatsarchivs ca. 3,3 Kilometer Archivgut staatlicher Betriebe der DDR übernommen. Bis 1992 stieg der Umfang auf ca. 7,5 Kilometer Archivgut, bis 2004 auf ca. 26,7 Kilometer. Durch Übernahme archivwürdiger Unterlagen von der BvS ist dieser Bestand im Jahr 2017 um 1.857 Meter Archivgut erweitert worden. Für 2018 werden weitere Unterlagen im Umfang von 1.045 Metern erwartet, so dass Ende 2018 im Sächsischen Staatsarchiv mit Archivgut von DDR- Betrieben und ihren Vorgängern im Gesamtumfang von ca. 29,7 Kilometern gerechnet wird. Die Übergaben erfolgten und erfolgen auf Grundlage der in der Antwort auf die Frage 2 genannten Vorschriften. Die Unterhaltung von Archiven der Kreise, Städte und Gemeinden erfolgt auf der Grundlage des § 13 SächsArchivG als weisungsfreie Pflichtaufgabe im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung. Zu den Umfängen an Archivgut in den Kommunalarchiven des Freistaates Sachsen kann die Sächsische Staatsregierung deshalb keine Angaben machen. Frage 5: In welcher Weise und mit welchen Maßnahmen wurden und werden die in den Archiven oder sonstigen Stellen verwahrten Akten, Unterlagen oder Schriftgut der Betriebsarchive der DDR, von Betrieben der DDR und deren Nachfolgeunternehmen sowie der Treuhandanstalt und der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) vor unberechtigtem Zugriff, vor Verlust, vor Entwendung oder vor Zerstörung u. a. geschützt? Gemäß § 8 Abs. 3 SächsArchivG ist das Archivgut in seiner Entstehungsform zu erhalten und nachhaltig vor Schäden, Verlust, Vernichtung oder unbefugter Nutzung zu schützen. Das Archivgut ist außerdem gemäß § 8 Abs. 4 SächsArchivG Bestandteil des Landeskulturgutes, seine Veräußerung ist verboten. Vor diesem Hintergrund verfügt das Sächsische Staatsarchiv an allen seinen Standorten über moderne Archivbau- Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN ten, die in klimatischer wie sicherheitstechnischer Hinsicht optimale Bedingungen für den dauerhaften Erhalt des Archivgutes bieten. Schutz vor unberechtigtem Zugriff wird ferner durch die in der Antwort auf die Frage 3 genannten gesetzlichen Vorschriften gewährleistet. Das in den Kommunalarchiven des Freistaates Sachsen verwahrte Archivgut unterliegt gemäß § 13 Abs. 4 in Verbindung mit § 8 Abs. 3 und 4 SächsArchivG den gleichen Vorschriften. Aus den in der Antwort auf die Frage 4 genannten Gründen kann die Sächsische Staatsregierung zu den konkreten Bedingungen der Unterbringung und Verwahrung des Archivgutes in den Kommunalarchiven keine Angaben machen. ndlichen Grüßen rof: Dr. Roland Wöller Seite 4 von 4 2017-12-29T10:51:06+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes