STAATSMINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST Freistaat SACHSEN Die Staatsministerin STAATSMINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST Postfach 10 09 20 | 01079 Dresden Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 3-0141.51/27/90 Präsidenten des Sächsischen Landtages Dresden, Herrn Dr. Matthias Rößler & ■April 2015 Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Volkmar Zschocke, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs.-Nr.: 6/1145 Thema: Tierverbrauch im Studium Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Bei einigen Studiengängen (z. B. Biologie) an sächsischen Hochschulen werden zu Lehrzwecken von Studierenden Tiere seziert, die teilweise direkt für diesen Zweck erworben und getötet werden.“ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: In welchen Studiengängen an sächsischen Hochschulen werden Tiere a) direkt für Zwecke der Lehre getötet, b) für Zwecke der Lehre nach Tötung aus einem anderen vernünftigen Grund nach TierSchG weiterverwendet oder c) zu Zwecken der Lehre beobachtet und aufgrund dessen in ihren Lebensfunktionen gestört oder unplanmäßig getötet? (bitte für die letzten drei Jahre aufschlüsseln). Nachfolgende Angaben basieren auf den Meldungen der dazu abgefragten Hochschulen. Eine weitergehende Aufschlüsselung darüber, in welchen Studiengängen an sächsischen Hochschulen Tiere in der Lehre nach den Kategorien a bis c verwendet werden, war den Hochschulen mit Rücksicht auf die Kürze der zur Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Im Folgenden werden die Hochschulen aufgeführt, die in ausgewählten Studiengängen Tiere für Lehrzwecke einsetzen: Hausanschrift: Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst Wigardstraße 17 01097 Dresden www.smwk.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Für Besucher mit Behinderungen befinden sich gekennzeichnete Parkplätze am Hintereingang der Wigardstraße 17. Für alle Besucherparkplätze gilt; Bitte beim Pfortendienst melden. ‘Kein Zugang für elektronisch signierte sowie für verschlüsselte elektronische Dokumente. STAATSMINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST Freistaat SACHSEN Universität Leipzig Die Universität Leipzig gibt an, dass an der Universität sowohl im Studium der Humanmedizin als auch der Tiermedizin seit Jahren grundsätzlich keine Tiere zu Ausbildungszwecken getötet werden. An der Veterinärmedizinischen Fakultät werden Tiere, die verendet sind oder aufgrund medizinischer Indikation euthanasiert werden, für Lehrzwecke verwendet, sofern die Zustimmung der Besitzer/Besitzerinnen dafür vorliegt. Diese Tiere werden nicht für Lehrzwecke getötet. In den an der Fakultät für Biowissenschaften. Pharmazie und Psychologie etablierten Studienqänqen Bachelor Biologie sowie Staatsexamen Lehramt Biologie werden im obligatorischen Modul „Allgemeine Zoologie“ u. a. Praktika absolviert, in denen es auch um die Morphologie ausgewählter Vertreter der verschiedenen Tierstämme geht. Dabei müssen neben wirbellosen Tieren, die nicht anzeigepflichtig sind, auch Krebse sowie Wirbeltiere, wie Karpfenfische und Mäuse, präpariert werden. Die Gehirne der Tiere werden außerdem im Folgesemester einem anderen Lehrmodul (Struktur und Funktion des Wirbeltiergehirns) verwendet. Technische Universität Dresden Im Studienqang Biologie und Molekulare Biotechnologie (Fachbereich Biologie) werden Tiere in der Lehre eingesetzt. Ebenfalls am BIOTEC werden im Studienqang Molecular Bioengineering in geringem Umfang Mäuse zu Übungszwecken und zur Zellgewinnung seziert, jedoch nicht für die Beobachtung o. ä. genutzt. Abgesehen von der notwendigen Zellgewinnung für Experimente werden die Mäuse nicht weiterverwendet. In der medizinischen Ausbildung (Medizinische Fakultät) wird das Sezieren von Tieren (Modellorganismus Maus) auf das absolut notwendige Maß beschränkt. Frage 2: Wie viele und welche Tiere (Wirbeltiere, Cephalopoden und wirbellose Tiere) werden jährlich für die Lehre an sächsischen Hochschulen verbraucht und woher stammen diese Tiere (Bitte aufschlüsseln nach Tierarten und Studiengang für die letzten drei Jahre)? Universität Leipzig Veterinärmedizinische Fakultät Für die Lehre werden keine Tiere verbraucht. Die in der Lehre genutzten Tiere (Nutztiere, Heimtiere inkl. Exoten, Wildtiere) befinden sich und verbleiben im eigenen Tierbestand oder werden zwecks Prophylaxe bzw. Therapie in den klinischen Einrichtungen vorgestellt, teilweise auch zu diesem Zweck im Herkunftsbestand aufgesucht. Das Patientenspektrum umfasst Nutz- und Liebhabertiere (ca. 400 - 800 Pferde, 400 - 500 Rinder, 9.000 - 11.000 Hunde, Katzen und kleine Heimtiere), darüber hinaus Pelztiere, Wild- und Zootiere. Schweine und Geflügel werden üblicherweise im Tierbestand vorgestellt. Bei den fakultätseigenen Tieren handelt es sich um Rinder, Pferde, Schweine, Schafe, Hunde, kleine Heimtiere, Nutz- und Ziervögel sowie Exoten. Gezielt als Schlachttiere (gesunde Tiere, die der Lebensmittelgewinnung dienen) werden für die Lehre zu Anatomie erworben: 70 Hühner und ein Pferd. Seite 2 von 5 STAATSMINISTERIUM FTJR WISSENSCHAFT UND KUNST Freistaat SACHSEN Fakultät für Biowissenschaften. Pharmazie und Psychologie Studiengänge: Bachelor Biologie und Lehramt Biologie 2012 2013 2014 Amerik. Flusskrebse 60 50 70 Karpfenfische 60 50 70 Mongol. Wüstenrennmaus 57 42 58 Anzahl Studierende 100 129 138 Herkunft der Tiere: • Flusskrebse und kleine Karpfenfische stammen aus dem Beifang von Fischereibetrieben, die nach Wissen der Fakultät entweder entsorgt oder anderweitig verwertet werden (ggf. Tierfutter). • Mongolische Wüstenmäuse gehören zu den Versuchstieren der Institution und werden innerhalb der Fakultät gezüchtet. Technische Universität Dresden Fachbereich Biologie Die Wirbeltiere, die seziert werden, sind ausnahmslos Tiere, die nach Tötung aus einem anderen vernünftigen Grund weiterverwendet werden. Wirbellose im Sinne des TSchG sind Cephalopoden und Dekapoden. Diese werden gefroren oder fixiert verwendet und stammen aus dem Nahrungsmittelhandel oder von Forschungseinrichtungen. Die hierfür verwendeten Tiere sind gemeldet, deshalb wird auf eine Aufschlüsselung verzichtet. Eine Aufschlüsselung aller wirbellosen Tiere ist nicht möglich und gesetzlich nicht vorgesehen. BIOTEC Für das einmal jährlich angebotene Praktikum werden ca. 50 Mäuse aus dem Bestand der Forschungsgruppe Stewart verwendet. Medizin Im Studiengang Medizin werden im Praktikum „Biologie für Mediziner“ Tiere in der Lehre eingesetzt. Im Kurs präparieren die Studierenden Organe von Mäusen, die im Rahmen der medizinischen Forschung an der Medizinischen Fakultät geboren werden, jedoch nicht für die Forschungsarbeiten verwendbar sind, weil z. B. Genotyp oder Geschlecht der Tiere nicht den spezifischen wissenschaftlichen Anforderungen entsprechen. Bei vielen Forschungsvorhaben kommt es aufgrund natürlicher genetischer Gesetzmäßigkeiten vor, dass nur ein Teil der gezüchteten Mäuse für ein bestimmtes Experiment verwendbar ist. Die Tiere, die im Biologiepraktikum eingesetzt werden, werden also nicht für Zwecke der Lehre gezüchtet und getötet. Vielmehr werden Mäuse, die aus Forschungsvorhaben stammen und in jedem Fall getötet werden, einer sinnvollen Verwendung in der Lehre zugeführt. Pro Jahr werden ca. 120 Mäuse im Praktikum präpariert. Sie werden unmittelbar vor dem Kurs im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften eingeschläfert. Weiterhin werden im Praktikum des Instituts für Physiologie Fische verwendet. Alle Präparate werden von Schlachtkarpfen gewonnen. Die Gewebe, die in der Regel nicht verspeist werden können, werden für Versuche genutzt. Pro Jahr werden ca. 110 Karpfen für das Praktikum verwendet. Seite 3 von 5 STAATSM1N1STER1UM FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST Freistaat SACHSEN Frage 3: Welche alternativen Lehrmethoden werden an sächsischen Hochschulen in den Studiengängen aus 1. eingesetzt um den Tierverbrauch zu verringern? (Bitte nach Fachrichtung/Studiengängen und nach Aus-, Fort- und Weiterbildung gemäß dem § 8a 1(4) TierSchG getrennt aufführen). Universität Leipzig Veterinärmedizinische Fakultät Im sog. SkillsLab werden Simulatoren eingesetzt, mit deren Hilfe Untersuchungsprozeduren trainiert (z. B. die Untersuchungen des Geburtskanals oder der Geschlechtsorgane beim weiblichen Rind) oder bestimmte Maßnahmen als Bestandteil tierärztlicher Tätigkeiten geübt werden können (z. B. intravenöse Injektion). Diese Simulatoren dienen der Vorbereitung auf weiterführende Lehrveranstaltungen am Tier, können jedoch entsprechende Maßnahmen am lebenden Tier selbst naturgemäß nicht ersetzen. Fakultät für Biowissenschaften. Pharmazie und Psychologie Alternativ werden in o. g. Lehrveranstaltungen Lehrvideos, mikroskopische und makroskopische Dauerpräparate sowie Modelle aus der umfangreichen zoologischen Sammlung des Institutes eingesetzt. Technische Universität Dresden Fachbereich Biologie Als alternative Lehrmethoden werden Dauerpräparate und Modelle in der anatomischen Ausbildung der FR Biologie verwendet. Eine Aufschlüsselung nach § 8a Tierschutzgesetz kann nur durch die zuständige Behörde erfolgen. BIOTEC Mit Übungsvideos und Präsentationen werden Studierende auf die Sezierung vorbereitet, diese können aber die praktische Arbeit nicht ersetzen. Grundsätzlich arbeiten u. a. Wissenschaftler des CRTD an Tierverbrauchsalternativen für Forschung und Lehre. Medizin Als Alternative Lehrmethoden werden Dauerpräparate und Modelle in der anatomischen Ausbildung verwendet. Weiterhin finden Video- und Computersimulationen Anwendung. Frage 4: In welchen Studiengängen aus 1. können Studierende aus ethischen Gründen den Tierverbrauch in ihrem Studium verweigern, wie viele Studierende machen jährlich davon Gebrauch? Universität Leipzig Veterinärmedizinische Fakultät Lehr- und Lernziel sind die fachgerechte Untersuchung und Behandlung von Tieren zum Zweck der Prophylaxe oder Therapie. Diese Zielstellung ist mit einer Weigerung, in der Lehre am Tier zu arbeiten, nicht vereinbar. Fakultät für Biowissenschaften. Pharmazie und Psychologie Ca. 2 % der Studierenden o. g. Studiengänge verweigern aus ethischen Gründen die Präparation von Wirbeltieren. Seite 4 von 5 STAATSMINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST Freistaat SACHSEN Technische Universität Dresden Fachbereich Biologie Die überwiegende Zahl der Studierenden der FR Biologie ist an einer Ausbildung in der ganzen Breite der Biologie und damit an den Angeboten sehr interessiert, der Tierverbrauch ist akzeptiert. Generell ist eine Verweigerung von Studienleistungen in der Studienordnung der FR Biologie nicht vorgesehen. Einzelfallentscheidungen können in Absprache mit den Dozenten jedoch getroffen werden. Durchschnittlich werden einzelne Präparationsleistungen an einzelnen Kurstagen von drei Studierenden abgelehnt (von 90 Immatrikulierten). Die Ablehnung jeglichen Tierverbrauchs wurde in den letzten neun Jahren erst durch eine/n Studierende/n vorgebracht. BIOTEC Die Studierenden können jederzeit die Sezierung aus ethischen Gründen verweigern. Es ist kein Fall bekannt, bei dem Studierende ethische Bedenken gegenüber Sezierungen geäußert haben. Die Teilnahme an dem Kurstag im Praktikum „Biologie für Mediziner“, in dem die Präparation der Mäuse durchgeführt wird, ist nicht verpflichtend, da im Rahmen der Studienordnung 15 % Fehlzeiten erlaubt sind. Die Nichtteilnahme an der Präparation führt daher nicht zu Studienabbrüchen. Einen Abbruch der Ausbildung aufgrund des Praktikumsinhaltes hat es bisher nicht gegeben. Frage 5: Gibt es Überlegungen von Seiten der Landesregierung einen Lehrstuhl für tierversuchsfreie Ausbildung einzurichten? Von Seiten der Landesregierung gibt es keine Überlegungen, einen Lehrstuhl für tierversuchsfreie Ausbildung einzurichten. Medizin Seite 5 von 5