STAATSM1N1STER1UM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/11477 Thema: Polizeieinsatz in der Dresdner/ Wurzner Straße am 2. Dezember 2017 Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Am 02. Dezember 2017 kam es in Leipzig Anger-Crottendorf zu einem im Nachhinein öffentlich kontrovers diskutierten Polizeieinsatz. Aufgrund einer öffentlich angekündigten, aber per Bauordnungsamt untersagten Tanzveranstaltung trat die Polizei laut Presseberichten mit den Veranstalterinnen in Kontakt, die sich kooperativ zeigten und die Veranstaltung absagten. Nichts desto trotz verwehrte die Polizei einigen Hausbewohnerinnen sowie deren persönlichen Begleiterinnen den Zutritt zu ihren Wohnhäusern an der Ecke Wurzner Straße/ Dresdner Straße. Dies wurde mit dem Verbot der privaten Veranstaltung begründet . In einer Pressemitteilung von Anwohnerinnen heißt es dazu: ,Dennoch blieb die Polizei vor Ort und kontrollierte sowohl den Eingang des Hauses, in dem die Veranstaltung stattfinden sollte, als auch benachbarte Wohnhauseingänge. Jede Person, die die Häuser betreten wollte, musste sich als Anwohner ausweisen. Anderen Personen, etwa Freundinnen und Freunden der Anwohner, wurde der Zutritt verwehrt. Zu Rate gezogene Anwälte wurden mit Verweis auf Polizeirecht abgewiesen .' Infolge dieser als unverhältnismäßig wahrgenommenen Maßnahmen kam es zu einer Spontanversammlung, mit der die ,sofortige Beendigung dieser enormen Einschränkung der Hausbewohner' gefordert wurde. Daraufhin wurden die Polizeieinheiten verstärkt, es soll zum Einsatz von Pfefferspray gekommen und auch körperlicher Zwang angewendet worden sein." Freistaat SACHSEN;e71: Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 31-1053/41/15 Dresden, 4. Januar 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3,6, 7,8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINI STEMM DES INNERN Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie stellt sich der Sachverhalt aus Sicht der Staatsregierung dar? Frage 2: Warum wurde der trotz der einvernehmlichen Lösung der Absage der Tanzveranstaltung die Polizeipräsenz aufrecht erhalten, warum und auf welcher Rechtsgrundlage wurden Ausweise von Personen, die das betreffende und benachbarte Wohnhäuser betreten wollten, kontrolliert und nicht dort gemeldeten Personen der Zutritt verwehrt? Wie viele und welche Wohnhauseingänge wurden entsprechend von der Polizei kontrolliert? Frage 3: Inwieweit wurde durch die Polizei die Ausübung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit respektiert und gewährleistet, auch vor dem Hintergrund, dass es zum Einsatz von Pfefferspray und körperlichem Zwang durch die Polizei gegen die Spontandemonstrierenden gekommen sein soll? Frage 4: Wie viele Polizeibeamtinnen waren in diesem Zusammenhang im Einsatz? (bitte nach Einheiten und Dienststellen aufschlüsseln sowie auch Anzahl der eingesetzten zivilen Beamtinnen angeben) Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 bis 4: Die Bauaufsichtsbehörde der Stadt Leipzig hat aufgrund eines Hinweises auf eine mit mehreren hundert Gästen geplante Veranstaltung in Leipzig, Ortsteil Anger-Crottendorf eine Sachverhaltsprüfung vorgenommen. Die Behörde ist zu der Wertung gelangt, dass von der formellen und materiellen Baurechtswidrigkeit der geplanten Veranstaltung auszugehen ist und hat wegen der Dringlichkeit der Sache den Versuch unternommen, eine baurechtliche Nutzungsuntersagungsverfügung fernmündlich gegenüber dem Grundstückseigentümer auszusprechen. Dieser Versuch ist mangels Erreichbarkeit des Adressaten gescheitert. Daraufhin hat die Bauaufsichtsbehörde der Stadt Leipzig die Polizeidirektion Leipzig und das städtische Ordnungsamt am 1. Dezember 2017 hiervon in Kenntnis gesetzt. Die Polizeidirektion Leipzig führte in der Nacht vom 2. zum 3. Dezember 2017 polizeiliche Einsatzmaßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch. Der Polizeivollzugsdienst (PVD) verzeichnete in dem Bereich, in dem die öffentlich durch Plakatierung sowie in sozialen Netzwerken beworbene Veranstaltung stattfinden sollte, verstärktes Personenaufkommen. Obgleich gegenüber der Polizei vor Ort bekannt gegeben wurde, dass die Veranstaltung durch die Veranstalter abgesagt worden sei, wurde insbesondere aufgrund des untypisch hohen Personenaufkommens die Durchführung einer Ersatzveranstaltung einkalkuliert. Aus diesem Grund wurden neben den polizeilichen Präsenzmaßnahmen Personenkontrollen zur Gefahrenabwehr auf der Grundlage des Polizeigesetzes des Freistaates Sachsen durchgeführt. Hierbei wurden die Zugänge zu den Objekten auf der Wurzner Straße 2 und 2a einbezogen. Freistaat SACHSEN Seite 2 von 3 STAATSM1NISTER1UM DES INNERN Etwa 50 Personen begaben sich lautstark aus Protest auf die Straße und später auf den Kreuzungsbereich Wurzner Straße/Dresdner Straße. Dadurch wurden der Fahrverkehr und der Straßenbahnverkehr behindert. Die Gruppe führte ein weißes Tuch mit schwarzer Aufschrift: „AGAINST ALL REPRESSION" bei sich. Der PVD wertete das Verhalten zunächst als Spontanversammlung. Aus diesem Grund wurde mehrfach versucht , die Personen anzusprechen und einen Versammlungsleiter ausfindig zu machen . Jedoch wurden alle Bemühungen des PVD, eine kooperative Kommunikation zu der Personengruppe aufzubauen, durch die Teilnehmer ignoriert und letztlich durch Lärm abgewehrt sowie niedergeschrien. Aufgrund dessen schätzte der PVD ein, dass die gemeinschaftliche Handlung der Gruppierung lediglich darauf ausgerichtet schien, an dem Ort den öffentlichen Straßenverkehr zum Erliegen zu bringen. Aufgrund dieser Lageeinschätzung entschied der PVD die nunmehr als Ansammlung gewertete Personengruppe, die innerhalb kurzer Zeit auf ca. 150 Personen angestiegen war, zur Beseitigung der bereits eingetretenen Störung aufzulösen. Der insgesamt dreimaligen Aufforderung über Lautsprecher, den Platz zu verlassen, leisteten die Personen keine Folge. Daraufhin wurde durch den PVD versucht, die Personen mittels einfacher körperlicher Gewalt von der Straße zu schieben. Diese Maßnahme führte nicht zum beabsichtigten Erfolg. Im Ergebnis einer fortwährenden Verhältnismäßigkeitsprüfung wurde von eingriffsintensiveren Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs abgesehen. Es wurden keine Hilfsmittel körperlicher Gewalt, zu den auch Reizstoffe gehören, eingesetzt. Die Personenansammlung löste sich letztendlich von selbst auf. Im Laufe der Einsatzmaßnahmen wurden ca. 80 Polizeibedienstete der Polizeireviere und der Inspektion Zentrale Dienste der Polizeidirektion Leipzig eingesetzt. Es waren keine Einsatzkräfte in ziviler Bekleidung im Einsatz. Mit,ffeedlichen ßrüßen Pröf. Dr. Roland Wöller Freistaat SACHSEN Seite 3 von 3 2018-01-05T08:53:52+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes