2015/10372 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Postfach 10 05 10 | 01076 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Franziska Schubert, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs.-Nr.: 6/1167 Thema: braunkohletagebaubedingte Gewässerbelastung des Tagebaurestgewässers Friedersdorf (Silbersee) in Lohsa (Landkreis Bautzen) Durchwahl Telefon +49 351 564-2000 Telefax +49 351 564-2009 poststelle@ smul.sachsen.de* Ihr Zeichen PD 2-2012 Pa/Ho Ihre Nachricht vom 13. März 2015 Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) Z-0141.50/19/4830 Dresden, Ot, 0 V. XofC Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die geotechnischen Sicherungsmaßnahmen am Silbersee wurden als Gefahrenabwehrmaßnahme zur Beseitigung der Setzungsfließgefahr durch das Sächsische Oberbergamt (SächsOBA) auf der Grundlage nachfolgender Bescheide angeordnet: Bescheid des SächsOBA vom 27. Oktober 2010 zur Durchführung der Sächsischen Hohlraumverordnung (SächsHohlRV) - Sicherung der Kippenböschungen am Bahnhof Lohsa - ehemaliger Tagebau Werminghoff II, Allgemeinverfügung des SächsOBA vom 2. Mai 2011 über Maßnahmen zur Gefahrenabwehr am Speicher Lohsa I - Erweiterung des Sperrbereiches (Betretungsverbot), Bescheid des SächsOBA vom 24. Mai 2013 zur Durchführung der SächsHohlRV - Anzeige gemäß § 5 der SächsHohlRV zur Sicherung einer Geländetieflage auf der Innenkippe des Restlochkomplexes Mortka/Silbersee, Bescheid des SächsOBA vom 21. März 2014 zur Durchführung der SächsHohlRV - Anzeige gemäß § 5 der SächsHohlRV zur Sicherung der Kippenböschungen im Bereich O am Restloch Silbersee. Seite 1 von 6 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft Archivstraße 1 01097 Dresden www.smul.sachsen.de Ve rke h rs verbi n d u n g: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Für Besucher mit Behinderungen befinden sich gekennzeichnete Parkplätze am Königsufer. Für alle Besucherparkplätze gilt: Bitte beim Pfortendienst melden. * Kein Zugang für elektronisch signierte sowie für verschlüsselte elektronische Dokumente D2015/10372 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN Die Planung und Ausführung dieser Maßnahmen erfolgt in Projektträgerschaft der Lausitzer- und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV). Das unter dem Namen Silbersee bekannte Gewässer ist ein Tagebaurestgewässer mit bewirtschaftbarer Speicherlamelle im Nebenschluss der Kleinen Spree und wird von der Landestalsperrenverwaltung (LTV) des Freistaates Sachsen unter der Bezeichnung Speicherbecken (SB) Lohsa I betrieben. Dieses besteht aus den Tagebaurestgewässern (TRG) Friedersdorf und Mortka, welche durch einen Graben miteinander verbunden sind. Mit dem Baubeginn der geotechnischen Sanierung durch die LMBV gelten besondere Betriebsbedingungen. Um die vorgeschriebene Stauspiegelabsenkung auf +121,8 m Normalhöhennull (NHN) während der Bauphase zu erreichen, wurde Ende des Jahres 2010 mit dem Abstau begonnen. Aufgrund der geotechnischen Sanierungsmaßname und des damit verbundenen Betretungsverbotes kann das SB Lohsa I bis auf Weiteres nur eingeschränkt bewirtschaftet und überwacht werden. Insbesondere die planmäßige Überwachung der Wasserbeschaffenheit im Staukörper selbst war im Jahr 2013 gänzlich ausgesetzt. Wegen der geringen Anzahl an Untersuchungen seit dem Jahr 2010 sind die nachfolgend für diesen Zeitraum mitgeteilten Daten statistisch nicht abgesichert. Fragei: Wie haben sich Eisen-, Quecksilber- und Sulfatgehalt sowie der Sauerstoffgehalt des Tagebaurestgewässers Friedersdorf (Silbersee) seit 2010 entwickelt? (Bitte einzeln die präzisen Kennzahlen zur Schädigung und zur Gewässerqualität inklusive Datum der Erhebung dieser Daten auflisten.) Tabelle 1: Untersuchungshäufigkeit (Wassergüteüberwachung) des SB Lohsa I/ TRG Friedersdorf (Staukörper) 2001-2010 2011 2012 2013 2014 Anzahl und 65 1 1 0 4 Daten der (03.06.2014 Probe- 08.07.2014 nahmen (6 bis 7 pro 04.08.2014 Jahr) (29.03.2011) (17.07.2012) 01.09.2014) Der Parameter Quecksilber gehört nicht zum Routineprogramm der LTV-Untersuchungen. Nach dem Jahr 2010 wurden keine entsprechenden Messungen durchgeführt. Seite 2 von 6 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEIN Die Tabelle 2 zeigt die ermittelten Konzentrationen für Gesamt-Eisen und Sulfat im TRG Friedersdorf jeweils als Mittelwert, Minimum und Maximum für die Zeiträume vor (2001-2010) und nach Sanierungsbeginn (2011-2014). Tabelle 2: SB Lohsa l/TRG Friedersdorf - Vergleich der Eisen- und Sulfatkonzentrationen der Zeiträume 2001-2010 und 2011-2014 2001-2010 2011-2014 Eisen (mg/l) Sulfat (mg/l) Eisen (mg/l) Sulfat (mg/l) Mittelwert 2,14 84,9 2,79 88,9 Minimum 0,06 52,8 0,22 69,9 Maximum 13,2 113 8,8 105 Anzahl Messwerte 119 102 12 12 Die Tabelle 3 zeigt die Entwicklungen des Sauerstoffgehaltes und des Sauerstoffsättigungswertes im SB Lohsa l/TRG Friedersdorf während der Vegetationsperiode (Mai bis September) für die Jahre vor (2001-2010) und nach Sanierungsbeginn (2011-2014). Das Gewässer ist wegen seiner Tiefe jeweils zwischen Mai und September thermisch geschichtet. In diesen Stagnationsphasen kommt es im hypolim-nischen Bereich (Tiefenwasser) durch Abbau von organischer Biomasse zur Sauerstoffzehrung. Diese Erscheinungen traten sowohl vor als auch nach dem Jahr 2010 auf. Tabelle 3: SB Lohsa l/TRG Friedersdorf - Sauerstoffentwicklung (Sauerstoffgehalt -02 in mg/l und Sauerstoffsättigungswert - 02 in %) während der Stagnationsphase (Mai bis September) 2001-2010 2011-2014 Oberflächenwasser (0-4 m) Tiefenwasser (7-12 m) Oberflächenwasser (0-4 m) Tiefenwasser (7-10 m) o2 (mg/l) o2 (%) o2 (mg/l) o2 (%) O2 (mg/l) o2 (%) o2 (mg/l) o2 (%) Mittelwert 8,85 98 1,7 17 7,8 88 0,2 2 Minimum 3,2 32 0 0 0 0 0 0 Maximum 11,8 131 11,1 114 9,9 107 2,1 22 Anzahl Messwerte 213 219 25 20 In den Wintermonaten der Jahre bis 2011 war der Wasserkörper des SB Lohsa l/TRG Friedersdorf weitestgehend durchmischt, wenn es nicht zur Eisbedeckung kam. Die Sauerstoffgehalte lagen dann in Abhängigkeit von der Planktonentwicklung zwischen 11 und 15 mg/l (90 bis 120 Prozent Sauerstoffsättigung). Ab dem Jahr 2011 wurden in der vegetationsarmen Jahreszeit kaum Untersuchungen durchgeführt. Seite 3 von 6 STAATSM1N1STEF1UM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN Zum Zeitpunkt der einzigen Beprobung am 29. März 2011 war der Wasserkörper labil geschichtet mit Sauerstoffgehalten im Oberflächenbereich von 14,7 mg/l (125 Prozent 02-Sättigung) und 9,2 mg/l (76 Prozent 02-Sättigung) im sedimentnahen Bereich. Aufgrund von Sanierungsarbeiten im Uferbereich ist der Wasserspiegel des SB Lohsa l/TRG Friedersdorf seit Januar 2011 um circa zwei Meter abgesenkt worden. Deshalb beträgt der Bereich des Tiefenwassers im Zeitraum 2011-2014 nur 7-10 Meter. Die wenigen Untersuchungen ab dem Jahr 2011 deuten auf einen leichten Rückgang der mittleren Sauerstoffkonzentration hin (Tabelle 3). Während der Stagnationsphasen (Mai bis September) vergrößert sich infolge der Stauspiegelabsenkung der Bereich des sauerstofffreien Tiefenwassers im Verhältnis zum belüfteten, durchmischten Oberflächenwasser. Zugleich werden die für den Wasserkörper des SB Lohsa I beschriebenen tendenziell leicht steigenden Eisenkonzentrationen bereits seit Jahren im Zufluss Kleine Spree beobachtet: An der Messstelle Kleine Spree (sechs bis acht Probenahmen pro Jahr) oberhalb des Zuleiterwehrs wurden von 2001 bis 2005 durchschnittlich 1,53 mg/l Eisen (mindestens 0,35 bis maximal 3,17 mg/l) gemessen, von 2006 bis 2014 lag der Mittelwert bei 2,39 mg/l (mindestens 0,38 bis maximal 12,8 mg/l). Als Ursache dieses Trends ist der Grundwasseranstieg im Einzugsgebiet zu vermuten. Die tendenziell zunehmenden Eisenkonzentrationen setzen sich im Ablauf des SB Lohsa I fort. Frage 2: Wie hat sich konkret die örtliche Muschelpopulation entwickelt? Ende des Jahres 2014 wurden vereinzelte leere Schalen der Malermuschel (Unio pictorum) und der Dreikantmuschel (Dreissena polymorpha) gefunden. Aus den Funden kann weder auf den Zustand der Muschelpopulation geschlossen werden, noch sind Entwicklungstendenzen der Muschelpopulation ableitbar. Frage 3: Welche konkreten Arbeiten im Rahmen der geotechnischen Sanierung sind am Silbersee in welchen zeitlichen Schritten mit welchen Konsequenzen (Sperrungen, Beckenwasserstände, Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes) geplant? Am Silbersee finden seit dem Jahr 2010 laufende geotechnische Sanierungsarbeiten im Rahmen der Gefahrenabwehr auf polizeirechtlicher Grundlage gemäß der SächsHohlRV statt. Die Arbeiten konzentrierten sich bis September 2014 auf die Tiefenverdichtung der Bahntrasse der Deutschen Bahn am Ostufer. Seitdem werden Ufer und Bahntrasse profiliert sowie Verdichtungsnachweise erstellt. Außerdem werden Tiefenverdichtungen in angrenzenden Bereichen durchgeführt. Dort ist am 12. März 2015 eine Rutschung aufgetreten, deren Folgen durch zusätzliche Verfüll- und Verdichtungsarbeiten zu sanieren sind. Diese Arbeiten werden voraussichtlich bis etwa Oktober 2015 dauern. Weitere Restarbeiten, unter anderem zum Nachweis des Sanierungserfolges, dürften voraussichtlich bis März 2016 beendet sein. Seite 4 von 6 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN Bis zum geplanten Abschluss der Arbeiten bleibt der Wasserstand im Silbersee unverändert. In den an die Bahntrasse angrenzenden Sanierungsbereichen mussten Holzungsarbeiten durchgeführt werden. Weitere gewichtige Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes waren bisher nicht notwendig. Die derzeitigen Sperrungen werden bis zum Ende der Arbeiten aufrechterhalten. Das Strandbad Friedersdorf war im Jahr 2014 nach vierjähriger Sanierungszeit während der Badesaison wieder freigegeben worden. Die für Mai 2015 vorgesehene Freigabe des Strandbades ist wegen der erforderlichen Sanierungsarbeiten infolge der Rutschung derzeit leider infrage gestellt. Es ist darauf hinzuweisen, dass das gesamte Westufer des Sees sowie angrenzende Teile des Nord- und Südufers sowie die Insel aufgrund der fortdauernden geo-technischen Gefahren gesperrt bleiben. Über eine Notwendigkeit von Arbeiten zur Gefahrenabwehr wurde dort noch nicht entschieden, es gibt derzeit dort auch keine Planungsarbeiten. Eine Aussage über später eventuell notwendige Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes in diesen sensiblen Bereichen ist daher aktuell nicht möglich. Frage 4: In welchem Umfang und wann ist die Zuführung von Frischwasser durch die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) in den Speicher Lohsa I (Silbersee und Mortkaer Restloch) aufgrund des geringen Beckenwasserstandes geplant? Wenn nicht, warum nicht? Die Bewirtschaftung des Silbersees/SB Lohsa I obliegt der LTV. Zwischen der LMBV und der LTV wurde für den Zeitraum der Sicherungsmaßnahmen an der Ostböschung und der angrenzenden Kippenböschungen ein bauzeitlicher wasserwirtschaftlicher Betriebsplan vereinbart, der die Einhaltung des Beckenwasserspiegels auf dem Niveau von +121,8 m NHN regelt. Dieser Wasserstand muss bis mindestens Oktober 2015 gewährleistet werden. Für das Jahr 2016 erfolgt derzeit eine Prüfung, ob der Wasserstand vorübergehend angehoben werden kann. Im Hochwasserfall besteht jederzeit die Möglichkeit, den Silbersee für die Entlastung der Kleinen Spree zu nutzen. Dies ist bereits im Sicherungszeitraum mehrfach erfolgt. Frage 5: Wie wirkt sich die Verschlechterung der Wasserqualität im Bereich Silbersee auf Flora und Fauna sowie für die Trinkwasserversorgung in der Region aus? Von einer Veränderung der Erhaltungszustände der lokalen Populationen ist nichts bekannt. Seite 5 von 6 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACH SEIN Das SB Lohsa I wird nicht zur Trinkwasserbereitstellung genutzt. Ebenso befinden sich im Abstrom dieses Gewässers keine Fassungsanlagen der öffentlichen Trinkwasserversorgung. Die Beeinträchtigung der Wasserqualität im Silbersee hat damit keinen Einfluss auf die Trinkwasserversorgung der Region. Mit freundlichen Grüßen Thomas Schmidt Seite 6 von 6