STAATSMINISTEMM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Kerstin Köditz, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/11802 Thema: Aktivitäten der NPD in Sachsen 2017 Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Aktivitäten (Demonstrationen, Zusammenrottungen, Versammlungen , Veranstaltungen, Delikte u.a.) der NPD bzw. einzelner Gliederungen — z.B. „Ring Nationaler Frauen" - oder einzelner Mitglieder haben im Jahr 2017 in Sachsen stattgefunden (aufgeschlüsselt nach konkret benannter Aktivität, Datum, Thema, Ort, Lokalität und Teilnehmerzahl )? Es wird auf die Antworten der Staatsregierung auf die Kleinen Anfragen Drs.-Nrn. 6/8340, 6/8705, 6/9139, 6/9479, 6/9728, 6/10042, 6/10317, 6/10570, 6/10938, 6/11164, 6/11407 und 6/11699 verwiesen. Darüber hinaus wurde nachträglich bekannt, dass der Landesvorstand der NPD am 21. November 2017 an einem bislang unbekannten Ort eine Landesvorstandssitzung durchführte. Frage 2: An welchen Aktivitäten im obigen Sinne anderer Gruppierungen, Organisationen , Parteien oder Einzelpersonen war die NPD bzw. einzelne Gliederungen oder Mitglieder beteiligt (aufgeschlüsselt nach konkret benannter Aktivität, Datum, Thema, Ort, Lokalität, Teilnehmerzahl und Veranstalter)? Es wird davon ausgegangen, dass es der Fragestellerin um Aktivitäten im rechtsextremistischen Kontext geht. Hierzu wird auf die Antworten der Staatsregierung auf die Kleinen Anfragen Drs.-Nrn. 6/8705, 6/10042, 6/10938 und 6/11407 verwiesen. Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 16-0141.50/3213 Dresden, 1. Februar 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7.8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSM1N1STER11JM DES 1NNERN Frage 3: Zu welchen Straftaten kam es während der unter 1. und 2. genannten Aktivitäten bzw. in deren Umfeld (einzeln aufgeschlüsselt nach Veranstaltung, konkret benanntem Delikt, Straftatbestand, eingeleiteten Ermittlungsverfahren, erlassenen Strafen und Begründungen für die eingestellten Verfahren). Die nachfolgenden Angaben basieren auf den beim Landeskriminalamt im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KPMD- PMK) mit Stand vom 11. Januar 2018 eingegangenen Meldungen der Polizeidienststellen . Es wird auf die folgende Tabelle verwiesen. Freistaat SACHSEN Datum Ort Aktivität Delikt Stand des Verfahrens 03.03.2017 Dresden Demonstration § 86a StGB Ver- Einstellung „Gorbitz sagt Nein — wenden von Kenn- gemäß §§ 47 Wir sind nicht das zeichen verfas- JGG i. V. m. soziale Abstellgleis" sungswidriger Or- § 45 Abs. 3 ganisationen JGG Frage 4: Welche Aktivitäten im obigen Sinne, die die NPD bzw. einzelne Gliederungen oder Mitglieder für das Jahr 2018 planen bzw. bereits durchgeführt haben, sind derzeit bekannt (aufgeschlüsselt nach Termin, Thema, Ort, Lokalität und evtl. Teilnehmerzahl)? Datum Ort Teilnehmerzahl Veranstaltung Anfang 2018 Nordsachsen * Regionaltagung Anfang 2018 Mittelsachsen * Regionaltagung Anfang 2018 Ostsachsen * Regionaltagung 17.01.2018 Dresden * Kundgebung „Klare Kante gegen Ausländerkriminalität und Überfremdung" 20.01.2018 Nordsachsen * Jahresauftaktveranstaltung März 2018 * * Klausurtagung 20.-22. April 2018 Ostritz * Kundgebung „Reconquista Europa — Gegenkultur schaffen" (Schild und Schwert Festival) * ist nicht bekannt oder kann nicht genannt werden Es liegen weitere Erkenntnisse vor, deren Mitteilung überwiegende Belange des Geheimschutzes (Art. 51 Abs. 2 SächsVerf) entgegenstehen. Es handelt sich dabei um Informationen, die gemäß Nummer 8 in Verbindung mit der Nummer 3.4 der Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Staatsregierung über die Behandlung von Verschlusssachen vom 4. Januar 2008 (SächsABI. Sonderdruck Jg. 2008) als Verschlusssache Seite 2 von 5 STAATSM1N1STER1UM DES INNERN t nir eT=1 eingestuft wurden. Die Einstufung erfolgte zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen und zum Schutz nachrichtendienstlicher Zugänge. Die Informationen sind durch nachrichtendienstliche Mittel (§ 5 Abs. 1 SächsVSG) erlangt worden. Die Weitergabe dieser Informationen würde die eingesetzten Methoden der Nachrichtenbeschaffung den im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens zu beteiligenden Personen offenbaren oder Rückschlüsse auf die Art nachrichtendienstlicher Zugänge ermöglichen und somit die Arbeitsfähigkeit des LfV Sachsen gefährden. Im Falle des Einsatzes von Personen nach § 5 Abs. 1 SächsVSG stehen zudem Rechte Dritter im Sinne von Art. 51 Abs. 2 SächsVerf entgegen. Diese Personen wären bei einer Mitteilung in ihren Grundrechten auf Leben, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit der Person gefährdet. Die Staatsregierung trifft eine Schutzpflicht gegenüber ihren nachrichtendienstlichen Quellen und sie hat insoweit jegliche Handlungen zu unterlassen, die zu einer Enttarnung der Quelle führen können. Darüber hinaus ist das Vertrauen in die Fähigkeit eines Nachrichtendienstes, die Identität seiner Quellen zu schützen, für seine Funktionsfähigkeit essentiell. Die Mitteilung von Erkenntnissen im gewählten Verfahren, die Rückschlüsse auf nachrichtendienstliche Zugänge zulassen, würde sich nachhaltig negativ auf die Fähigkeit des LfV Sachsen auswirken, solche Zugänge zu gewinnen bzw. solche Kontakte fortzuführen. Diese teils dauerhafte Beeinträchtigung von Rechtsgütern war mit dem Informationsinteresse der Abgeordneten abzuwägen. Die Abwägung ergab, dass dem Geheimschutz und dem Schutz der Rechte Dritter Vorrang vor dem Informationsanspruch der Abgeordneten zukommt. Die Sächsische Staatsregierung hat in die Abwägung einbezogen, ob andere Formen der Informationsübermittlung möglich sind, die das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Regierung befriedigen . Mit Blick auf den im Rahmen der Beantwortung zu beteiligenden Personenkreis kam die Staatsregierung zu dem Ergebnis, dass der erforderliche Geheimschutz sowie der Schutz Dritter nur dann hinreichend gewährleistet werden kann, wenn die Informationsübermittlung unterbleibt. Es wird darauf hingewiesen, dass der Parlamentarischen Kontrollkommission auf deren Verlangen weitergehende Auskunft erteilt wird. Frage 5: Welche weiteren Erkenntnisse für das Jahr 2017, die NPD bzw. einzelne Gliederungen oder Mitglieder betreffend, z. B. der Verlag „Deutsche Stimme" in Riesa, liegen der Staatsregierung vor? Das Mitgliederpotenzial der NPD wird gegen Ende 2017 auf ca. 400 Mitglieder geschätzt , welche in elf Kreisverbänden organisiert sind. Einzelne Mitglieder der NPD sind im Freistaat Sachsen darüber hinaus in der NPD-Frauenorganisation RING NATIONALER FRAUEN (RNF) sowie in der KOMMUNALPOLITISCHEN VEREINIGUNG (KPV) organisiert. Der RNF war im Freistaat Sachsen im Jahr 2017 eine weitgehend inaktive Struktur ohne politische Bedeutung. Freistaat SACHSEN Seite 3 von 5 STAATSMINISTERIUM DES INNERN ..-4111111MIZI VB& •AMM ror Der NPD-nahe VEREIN BILDUNGSWERK FÜR HEIMAT UND NATIONALE IDENTITÄT gab im Jahr 2017 die Publikation „Gegenlicht" heraus, welche an die früher vom Verein publizierte Schrift „Hier und Jetzt" anknüpft. Die DEUTSCHE STIMME VERLAGSGESELLSCHAFT MBH mit Sitz in Riesa (Landkreis Meißen) hat nach finanziellen Problemen in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung verloren. Auf der Liegenschaft des Verlages richteten Rechtsextremisten im Zusammenhang mit ihrer Kampagne „Deutsche helfen Deutschen" Ende 2016 ein sogenanntes „Sozialkaufhaus" ein. Am 17. Januar 2017 erging das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu dem vom Bundesrat beantragten Verbot der NPD. Das Gericht stellte fest, dass sich die Partei zwar zu ihren gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Zielen bekenne und planvoll auf deren Erreichung hinarbeite, es fehle jedoch an konkreten Anhaltspunkten von Gewicht, die eine Durchsetzung der von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Ziele möglich erscheinen ließen. Im Ergebnis wurde die Partei daher nicht verboten. Das Bundesverfassungsgericht ließ in seiner Entscheidung allerdings keinen Zweifel an der Verfassungsfeindlichkeit der Partei. Die NPD präsentierte sich in ihren ersten Stellungnahmen nach dem Urteil als Sieger und bestritt die gerichtlich festgestellte Verfassungsfeindlichkeit. Sie demonstrierte Selbstbewusstsein und versammelte sich am 21. Januar 2017 mit ca. 120 Funktionären , Mitgliedern und Anhängern in der Stadthalle in Riesa, um die jährlich stattfindende Jahresauftaktveranstaltung durchzuführen. Seitens sächsischer NPD-Funktionäre waren kaum Stellungnahmen zum Urteil feststellbar. Trotz der desolaten Mitgliedersituation und kaum aktiver Strukturen schaffte es die Partei zur Bundestagswahl 2017 zwar, die nötigen Unterstützungsunterschriften zu sammeln , der Wahlkampf war allerdings von personellen und finanziellen Engpässen geprägt . Auftakt des Wahlkampfes bildete eine Veranstaltung in Riesa. Insgesamt ca. 400 Mitglieder und Anhänger versammelten sich am 22. Juli 2017 in der Riesaer Stadthalle. Der Ablauf der Veranstaltung und die übersteigerte eigene Berichterstattung darüber verdeutlichen, wie sehr die Partei bemüht ist, der eigenen Mitgliederschaft eine Aufbruchsstimmung zu vermitteln. Der sich an diese Auftaktveranstaltung anschließende Wahlkampf in Sachsen entsprach nicht den Ankündigungen und verlief sehr verhalten. Neben Plakatierungen organisierte der Landesverband lediglich eine Kundgebungstour kurz vor der Wahl, welche innerhalb von einer Woche durch die Städte Hoyerswerda, Görlitz, Bautzen, Pirna, Dresden, Riesa, Zwickau, Eilenburg, Döbeln, Plauen, Aue und Chemnitz führte. Die zuvor auf der Wahlkampfauftaktveranstaltung am 22. Juli 2017 angekündigten „frechen und kreativen" Aktionen konnten nicht festgestellt werden. In Bezug auf die Plakatierung verwendeten die Rechtsextremisten — wohl aus finanziellen Gründen — oft Wahlplakate aus der Vergangenheit. Im Freistaat Sachsen erzielte die NPD mit ihrer sieben Personen umfassenden Landesliste ein Wahlergebnis von 1,1 Prozent (28.215 Stimmen). Damit wurde das Ergebnis von 2013 (3,3 Prozent, 76.436 Stimmen) mehr als halbiert. Auch die lediglich drei Direktkandidaten, welche in zwei Dresdner Wahlkreisen sowie im Meißner Wahlkreis antraten, schnitten mit einem Ergebnis von 0,2 Prozent (4.079 Stimmen) ähnlich schlecht ab. Das Bundesparteipräsidium veröffentlichte nach der Wahl eine von Freistaat SACHSEN Seite 4 von 5 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Zweckoptimismus getragene Erklärung, in der es das Ergebnis als enttäuschend bezeichnete . Am 18. November 2017 fand ein Landesparteitag statt, auf dem ein neuer Landesvorstand gewählt wurde. Es zeigte sich, dass der Misserfolg bei der Bundestagswahl keine personellen Konsequenzen in Sachsen nach sich zog. Knapp 90 Prozent der Delegierten wählten den bisherigen Vorsitzenden Jens BAUR wieder. Auch die Stellvertreter Peter SCHREIBER und Arne SCHIMMER wurden von den Delegierten in ihren Ämtern bestätigt. In einer Pressemeldung zu diesem Ereignis führten die Rechtsextremisten aus, dass es Ziel der NPD sei, 2019 wieder in den Sächsischen Landtag einzuziehen. Man werde in Zukunft bemüht sein, das eigene Profil durch die Schaffung „sozialer Projekt[e]" zu schärfen und bei Aktivistentreffen verstärkt mit der Basis ins Gespräch zu kommen. M(ig /endlich9n Grüßen cl Wöller Freistaat SEN Seite 5 von 5 2018-02-02T13:17:58+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes