STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ SÄCHSISCHES STMTSMINISTERIUM DEB JUSTIz Hospitalstr. 7 I 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr, Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Klaus Bartln Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 06111942 Thema: Gescheiterter Start des Projektes,,besonderes elektronisches Anwaltspostfach" (beA) Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt ,,Vorbemerkung: Am 1. Januar 2018 war als ein Schritt für die Einführung des elektronischen Rechtsver-kehrs die lngebrauchnahme des so genannten besonderen elektronischen Anwalts-postfachs (beA) vorgesehen, mit der Verpflichtung, dass bundesweit alle Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, mithin auch die im Freistaat Sachsen eine eigene passive Nutzungspflicht dieser beA-Plattform haben. Nachdem das beA bereits im Verlauf von 15 Monaten online war und vermeintlich praktisch getestet ist, stellte kurz vor dem Jahresende 2017 ein Mitglied des Chaos Computer Club Darmstadt in einer gesonderten Software für die Anmeldung zum Postfach Sicherheitslücken fest, was dazu führte dass das beA-System vom Netz genommen werden mussten ohne dass absehbar istn wann es wieder online gehen kann." Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 (0)351 564 1500 Telefax +49 (0)351 564 1509 staatsm¡nister@ smj.justiz.sachsen.de* Aktenzelchen (bitte bei Antwort angeben) 1040E/13/1080 - KLR Dresden, / Feblruar 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsminister¡um der Just¡z Hospitalstr. 7 01097 Dresden Br¡efpost über Deutsche Post 01095 Dresden www.justiz.sachsen.de/smj Verkehfsverbindung: Zu erreichen mit Straßenbahnlinien 3,6,7,8, 11 Parken und behindertengerechter Zugang über Elnfahrt Hospiralstraße 7 *Zugang fúr eleklronisch sign¡erte sow¡e tlr verschlüsseltê eleklronischê Dokumente nur über das Eleklronische Ger¡chts" und Vemaltungspostlach; nähere lnformationen unter www.egvp.de t Seite 1 von 5 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN * Namens und im Auttrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Entstehen Mitgliedern der Rechtsanwaltskammer Sachsen bzw. den mit den sächsischen Gerichtenn der Staatsanwaltschaft und anderen Justizbehörden im Rechtsverkehr stehenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten aus dem Umstand, dass die zum 1. Januar 2018 wirksam gewordene passive Nutzungspflicht des besonderen elektronischen Anwaltspostfaches (beA) bis auf Weiteres nicht erfüllt werden kann, in irgendeiner Form sachliche, prozessuale, finanzielle oder sonstige Nachteile? Den im Gesamtverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) eingetragenen und zugelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten entstehen voraussichtlich organisatorische und finanzielle Nachteile, welche die Staatsregierung jedoch nicht abschließend bewerten kann, Zwar wird die fehlende Empfangsbereitschaft voraussichtlich keine berufsrechtlichen Folgen haben. Die aus S 31a Abs. 6 HS. 2 BRAO folgende passive Nutzungspflicht stellt eine anwaltliche Berufspflicht dar. lhr genügt grundsätzlich nur, wer sich einen Zugang zu dem für ihn von der BRAK empfangsbereit eingerichteten elektronischen Postfach verschafft hat, mithin, wer sich im Besitz der sogenannten beA-Karte,,Basis" befindet und sich damit im beA-System erstregistriert hat. Solange das beA-System aber von der BRAK abgeschaltet bleibt, ist ein Zugang zu diesem und damit auch seine passive Nutzung schuldlos nicht möglich. Auch haben die im Gesamtverzeichnis der BRAK eingetragenen und zugelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte keine prozessualen Nachteile zu befürchten, weil die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs ab dem 1. Januar 2018 lediglich fakultativ erfolgt ist und die Kommunikation mit den Justizbehörden daher weiterhin wirksam in Papierform, elektronisch qualifiziert signiert über eine EGVP-Anwendung oder über De- Mail erfolgen kann. Finanziell nachteilig kann sich aber auswirken, dass die im Gesamtverzeichnis der BRAK eingetragenen und zugelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte den Nutzen der von der Bundesnotarkammer gegen Stuckpreise ausgegebenen und laufzeitbegrenzten Seite 2 von 5 STAATSIVIINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENw beA-Karten nicht wie geplant über die gesamte Laufzeit ziehen können. Gleiches gilt für die zur Finanzierung des beA erhöhten Kammerbeiträge. Auch können die im Gesamtverzeichnis der BRAK eingetragenen und zugelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte mit den Justizbehörden aktuell nur dann aktiv elektronisch kommunizieren, wenn sie über einen De-Mail-Zugang verfügen oder eine EGVP-Anwendung nutzen; anderenfalls müssen sie an die Justizbehörden gerichtete Dokumente vorerst weiterhin ausdrucken und mit einem Postdienstleister versenden, wodurch ihnen Kosten entstehen können, die bei einem elektronischen Versand über beA nicht entstanden wären. Passiv ist es ihnen, sofern sie über keinen De-Mail-Zugang verfügen, nicht möglich, elektronische Dokumente von Justizbehörden zugestellt zu bekommen, weshalb diese weiterhin in Papierform über Postdienstleister zugestellt werden, wodurch gerade in Anwaltskanzleien mit elektronischer Aktenführung ein zusätzlicher organisatorischer Aufwand entstehen kann. Frage 2: Hat die Tatsache, dass das beA nicht, wie geplant und gesetzlich zur Pflicht gemacht , zum 1. Januar 2018 vollumfänglich ,,ans Netz gehen konnte" Auswirkungen irgendeiner Art für die Gerichte, Staatsanwaltschaften und die am elektronischen Rechtsverkehr beteiligten Justizbehörden im Freistaat Sachsen und wenn ja, welche Auswirkungen sachlicher, rechtlicher, personeller, finanzieller oder anderer Art sind das? Für die Justizbehörden des Freistaates Sachsen hat der Ausfall des beA als sicherer Übermittlungsweg Auswirkungen rechtlicher, personeller und finanzieller Art, welche die Staatsregierung im Einzelnen jedoch noch nicht abschließend bewerten kann, So können die Justizbehörden bis auf Weiteres nur dann mit den im Gesamtverzeichnis der BRAK eingetragenen und zugelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten elektronisch kommunizieren, wenn diese über einen De-Mail- oder EGVP-Zugang verfügen ; anderenfalls müssen sie ursprünglich für den elektronischen Versand bestimmte Dokumente ausdrucken und mit einem Postdienstleister versenden, wodurch ihnen ein nicht geplanter personeller, sachlicher und finanzieller Zusatzaufwand entsteht. Elektronische Zustellungen sind, sofern die im Gesamtverzeichnis der BRAK eingetragenen und zugelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte über keinen De-Mail- Zugang verfügen, seit dem 1. Januar 2018 ohne beA-Zugang aus Rechtsgründen nicht zulässig, weshalb zuzustellende Schriftstücke weiterhin in Papierform über Postdienstleis- Seite 3 von 5 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENIt ter zugestellt werden müssen, wodurch den Justizbehörden ein nicht vorgesehener personeller , sachlicher und finanzieller Zusatzaufwand entsteht. Frage 3: ln welcher Weise ist das Sächsische Staatsministerium der Justiz in die Anstrengungen der Bundesrechtsanwaltskammer und in unterstützende Aktivitäten der Rechtsanwaltskammer Sachsen einbezogen bzw. welche Unterstützung zur Herstellung der uneingeschränkt sicheren Nutzung des beA im Rechtsverkehr wird durch den Freistaat Sachsen gewährt? Eine aktive Unterstützung der BRAK wie auch der Rechtsanwaltskammer Sachsen (RAK Sachsen) bei der Wiederherstellung der Nutzbarkeit des beA ist dem Staatsministerium der Justiz nicht möglich. Das beA wird von der BRAK in eigener Verantwortung eingerichtet und betrieben, die RAK Sachsen hat darauf allenfalls mittelbar über ihre in der BRAK vertretenen Mandatsträger, das Staatsministerium der Justiz gar keinen Einfluss. Das Staatsministerium der Justiz steht aber im Austausch mit der RAK Sachsen zu den praktischen Anwendungsproblemen des elektronischen Rechtsverkehrs insgesamt, damit solche identifiziert, gemeinsame Handhabungsmöglichkeiten besprochen und der - nun praktisch verschobene - Start des elektronischen Rechtsverkehrs mittels beA möglichst reibungslos gestaltet werden kann. Frage 4: Sind der Staatsregierung bislang für den Zeitraum der letzten 15 Monate, da das beA-System online geschalten und schon nutzbar war zum einen, für den Zeitraum nach dem Bekanntwerden der Sicherheitslücke und den hierauf durch die Bundesrechtsanwaltskammer unternommenen, jedoch unwirksam gebliebenen Maßnahmen zur Wiederherstellung und Verfügbarkeit des beA-Systems zum 1. Januar 2018 zum anderen Fälle bekannt geworden, wo die verfügbare Justiz-lT-lnfrastruktur angegriffen bzw. im Rechtsverkehr zwischen Justiz und Anwaltschaft übermittelte Daten Unbefugten zugänglich wurden o. ä.? Nein, der Staatsregierung sind solche Sicherheitslücken nicht bekannt geworden Seite 4 von 5 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENU Frage 5: Welche bereits jetzt erkennbaren Auswirkungen haben die Ereignisse um das beA kurz vor dem Jahresende 2O17 lür die weitere planmäßige Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs - etwa auch in Verbindung mit dem elektronischen Gerichts - und Verwaltungspostfach (EGVP) - für die Justiz bzw. für die an der Rechtspflege im Freistaat Sachsen Beteiligten? Die Planungen zur weiteren Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs in der sächsischen Justiz wurden und werden durch die Ereignisse nicht berührt. Mit freundlichen Grüßen Sebastian Gemkow Seite 5 von 5 2018-02-05T10:18:20+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes