STAATSM1N1STER11JM DES INNERN 011311111111 Offl ffie Freistaat SACHSEN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Carsten Hütter, AfD-Fraktion Drs.-Nr.: 6/11968 Thema: Strukturen der extremen Linken in Sachsen im zweiten Halbjahr 2017 Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Der Fragesteller verwendet in der Überschrift und den Fragestellungen der Kleinen Anfrage den Begriff „extreme Linke". Die Staatsregierung beantwortet die unter diesem Begriff stehenden Fragen mit der Maßgabe, dass sie die Bedeutung „extreme Linke" im Sinne von verfassungsfeindlichen Bestrebungen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Freistaat Sachsen (SächsVSG) zugrunde legt. Der Fragesteller begehrt weiterhin zum Teil Auskünfte über personenbezogene Daten, insbesondere Namen von Geschehensbeteiligten. Personennamen unterliegen dem Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 33 SächsVerf). Gleiches gilt für Angaben, wenn durch ihre Nennung Rückschlüsse auf Personen gezogen werden könnten. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist ein Recht Dritter im Sinne des Art. 51 Abs. 2 SächsVerf. Die Staatsregierung hat den Informationsanspruch des Fragestellers mit den Rechten Dritter am Schutz ihrer persönlichen Daten abgewogen. Die Abwägung hat in den Fällen, in denen der Staatsregierung über die in der Beantwortung enthaltenen Angaben hinaus personenbezogene Daten bekannt sind, zu dem Ergebnis geführt, dass dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung Vorrang zukommt, so dass die Angabe dieser Daten mit Extremismusbezug unterbleiben musste. Gerade die Unterrichtung darüber, dass bestimmte Daten im Sinne des § 2 SächsVSG über eine Person bekannt sind, betrifft einen auch in Bezug auf den öffentlichen wie nichtöffentlichen parlamentarischen Umgang besonders geschützten Datenkreis, nämlich Daten, die Rückschlüsse auf politische Meinungen zulassen. Der Schutzgedanke hat umso nachhaltiger Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 16-0141.50/3236 Dresden, 8. Februar 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN zu wirken, als es hier nicht allein um eine schlichte politische Betätigung geht, sondern die betroffene Person einem extremistischen Kontext und einem bestimmten — in der Auseinandersetzung mit anderen befindlichen — Lager zugeordnet werden soll. Frage 1: Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung über aktive Strukturen der extremen Linken (autonome Szene, Vereine, lose Personenzusammenschlüsse, Parteien und parteiähnliche Gruppierungen usw.) in Sachsen im zweiten Halbjahr 2017 vor? (Bitte aufschlüsseln nach Name, Ort, Mitgliederzahl) Die Beantwortung erfolgt in Form der nachfolgenden Tabelle. Nr. Beobachtungsobjekt und Strukturen Ort Mitglieder 1 Autonome Szene Sachsen ca. 415* Autonome Szene Leipzig Leipzig ca. 250* Prisma — IL Leipzig the future is unwritten Antifa Klein Paris (AKP) Antifaschistischer Frauenblock Leipzig (AFBL) Kleingruppenspektrum sowie Personen ohne Gruppenzugehörigkeit Autonome Szene Dresden Dresden ca. 70* Undogmatische Radikale Antifa Dresden (URA Dresden) AntifaRechercheTeam Dresden (ART) Tabula Rasa Antifaschistische Aktionsgruppe Dresden (AFA Dresden) Kleingruppenspektrum sowie Personen ohne Gruppenzugehörigkeit Autonome Szene Chemnitz Chemnitz Einzelne Autonome Szene Landkreis Mittelsachsen Landkreis Einzelne Autonome Antifa Roßwein-Döbeln-Leisnig Mittelsachsen (Antifa RDL) Autonome Szene Vogtlandkreis Plauen Einzelne Antifa Plauen Autonome Szene Erzgebirgskreis Erzgebirgskreis Einzelne Autonome Szene Landkreis Zwickau Landkreis Zwickau Einzelne Autonome Szene Görlitz Landkreis Görlitz Einzelne , Antifaschistische Aktion Görlitz Autonome Szene Landkreis Bautzen Landkreis Bautzen Einzelne Autonome Szene Landkreis Meißen Landkreis Meißen Einzelne Autonome Szene Landkreis Sächsische Lk. Sächsische Einzelne Schweiz-Osterzgebirge Schweiz- Osterzgebirge Autonome Szene Landkreis Leipzig Landkreis Leipzig Einzelne Autonome Szene Landkreis Nordsachsen Landkreis Nord- Einzelne sachsen Seite 2 von 6 STAATSM1N1STER1U1V1 DES INNERN Freistaat SAC1-I SEN Nr. Beobachtungsobjekt und Strukturen Ort Mitglieder _ 2 Revolution Sachsen Leipzig, Dresden ca. 10* 3 Anarchistische Gruppierungen Strukturen in Dres- ca. 45* Freie Arbeiterinnen und Arbeiter Union- den, Leipzig, Internationale Arbeiter Assoziation (FAU-IAA) mit Chemnitz Anarchosyndikalistische Jugend Leipzig (ASJL) 4 Rote Hilfe e. V. Dresden, Leipzig, ca. 380* (mit Chemnitz Mehrfachmitgliedschaften 5 Orthodoxe linksextremistische Parteien und ca. 200* Organisationen Kommunistische Plattform der Partei DIE LINKE (KPF) Marxistisches Forum Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) Deutsche Kommunistische Partei (DKP) Marxistisch -Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) Kommunistisches Aktionsbündnis Dresden (KAD) *vorläufige Zahlen für das 2. Halbjahr 2017 Frage 2: Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung über Szeneläden, Versandhandel , Verlage und Vertriebseinrichtungen der extremen Linken in Sachsen im zweiten Halbjahr 2017 vor? (Bitte aufschlüsseln nach Name, Ort, ggf. Umsatzstärke) Im erfragten Zeitraum war in Sachsen das linksextremistische Versandhandelsunternehmen „Comunidad de Libertad" ansässig. Derzeit sind keine Aktivitäten dieses Unternehmens bekannt. Erkenntnisse zur Umsatzstärke liegen nicht vor. Frage 3: Welche linksorientierten Bands und Künstler waren im zweiten Halbjahr 2017 in Sachsen aktiv? (Bitte aufschlüsseln nach Name, Ort, Auftritte u.ä., Produktionen) Es wird auf die Antwort der Staatsregierung auf die Frage 1 der Kleinen Anfrage Drs.- Nr. 6/11963 verwiesen. Frage 4: Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung über Printmedien der extremen Linken (Zeitungen, Zeitschriften, Fanzines) im zweiten Halbjahr 2017 vor? (Bitte aufschlüsseln nach Name, Herausgeber, Herausgabeort, Erscheinungsweise, Vertrieb, Auflagenhöhe) Frage 5: Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung zu Internetpräsentationen mit linksorientiertem Hintergrund im zweiten Halbjahr 2017 vor? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 4 und 5: Seite 3 von 6 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Für ihre Agitation und Kommunikation nutzt v. a. die autonome Szene seit jeher eigene Medien wie Szenepublikationen. Dabei ging in den vergangenen Jahren die Bedeutung von Printmedien für die linksextremistische Szene zurück. Zwar existieren weiterhin insbesondere bundesweite Publikationen mit zum Teil relativ hoher Auflagenzahl. Allerdings nahm auch in der linksextremistischen Szene die Nutzung moderner elektronischer Kommunikationsmittel deutlich zu. Linksextremistische Publikationen (Auswahl) Nr. Publikation 1. „Die Rote Fahne" Herausgeber/Verantwortlicher: „Kommunistische Partei Deutschlands" (KPD), Zentralkomitee Erscheinungsturnus: monatlich Auflage: unbekannt Verbreitung: bundesweit 2. „Die Rote Hilfe" Herausgeber/Verantwortlicher: „Rote Hilfe e.V." (RH), Bundesvorstand Erscheinungsturnus: alle drei Monate Auflage: 8.950 (Eigenangabe) Verbreitung: bundesweit 3. „DA: Direkte Aktion. Anarchosyndikalistische Zeitschrift" Herausgeber/Verantwortlicher: „Freie Arbeiterinnen- und Arbeiter -Union — Internationale Arbeiterinnenassoziation" (FAU) Erscheinungsturnus: monatlich Auflage: unbekannt Verbreitung: bundesweit 4. „Interim" Herausgeber/Verantwortlicher: „Interim e.V." Berlin Erscheinungsturnus: alle zwei Wochen Auflage: unbekannt Verbreitung: bundesweit 5. „Junge Welt" Herausgeber/Verantwortlicher: „Linke Presse Verlags-, Förderungs- und Beteiligungsgenossenschaft Junge Welt" e.G. Erscheinungsturnus: werktäglich Auflage: 19.000 (Eigenangabe) Verbreitung: bundesweit 6. „Marxistisches Forum" Herausgeber/Verantwortlicher: „Marxistisches Forum" (MF) Erscheinungsturnus: unregelmäßig Auflage: 1.000 Verbreitung: bundesweit Seite 4 von 6 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SEN 7. „Mitteilungen der Kommunistischen Plattform der Partei DIE LINKE." Herausgeber/Verantwortlicher: „Kommunistische Plattform der Partei DIE Erscheinungsturnus: LINKE" (KPF), Bundeskoordinierungsrat Auflage: monatlich Verbreitung: ca. 1.700 (Eigenangabe) bundesweit 8. „Revolution" Herausgeber/Verantwortlicher: Jugendorganisation „Revolution" Erscheinungsturnus: unregelmäßig Auflage: unbekannt Verbreitung: bundesweit 9. „Rote Fahne" Herausgeber/Verantwortlicher: „Marxistisch -Leninistische Partei Deutschlands " (MLPD) Erscheinungsturnus: wöchentlich Auflage: ca. 8.000 Verbreitung: bundesweit 10. „Unsere Zeit" HerausgeberNerantwortlicher: „Deutsche Kommunistische Partei" (DKP), Parteivorstand Erscheinungsturnus: wöchentlich Auflage: ca. 6.000 Verbreitung: bundesweit Nutzung digitaler Medien Autonome nutzen das Internet vor allem zur politischen Agitation, um zeitnah Aufrufe, Ereignisberichte und Bildmaterial zu verbreiten und Recherchen über den politischen Gegner zu veröffentlichen. Daneben werden Beiträge und Publikationen archiviert und Chroniken angelegt. Ein weiterer Schwerpunkt autonomer Internetpräsenz stellen Terminkalender mit aktuellen Ankündigungen über regionale und bundesweite Veranstaltungen und andere Aktivitäten dar. Folgende Kommunikationskanäle wurden im zweiten Halbjahr 2017 verwendet: • Lokale Internetseiten/-plattformen Die Internetplattform inventati.org/leipzig trägt die Bezeichnung „Antifa in Leipzig" und soll laut eigenen Angaben eine Leipziger Plattform für Gruppen und Redaktionen sein, die „gegen Nazis, Rassismus und andere Zumutungen streiten wollen". In Dresden nutzte vor allem die „Undogmatische Radikale Antifa" (URA) ihre Internetseite regelmäßig für Aufrufe und Statements. • Überregionale Internetportale Darüber hinaus nutzten auch sächsische Linksextremisten bis zum 25. August 2017 das für die bundesweite Szene maßgebliche Internetportal „linksunten.indymedia.org". Mit Wirkung vom 25. August 2017 hat der Bundesminister des Innern die linksextremistische Vereinigung „linksunten.indymedia" auf Grundlage von Artikel 9 Absatz 2 des Grundgesetzes in Verbindung mit § 3 Artikel 1 des Vereinsgesetzes verboten und auf- Seite 5 von 6 STAATS1J11N1STER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN gelöst. Bei den veröffentlichten Beiträgen von „linksunten.indymedia.org" zeigten sich bis zum Verbot regelmäßig Bezüge zur linksextremistischen Szene in Sachsen. So wurden zum Beispiel Demonstrationsberichte mit regionalem Bezug, Rechercheerkenntnisse zu sächsischen Rechtsextremisten (Szenezurechnung) oder Selbstbezichtigungsschreiben zu klandestinen Aktionen in Leipzig und Dresden publiziert. Im Anschluss an das ausgesprochene Verbot war eine Ausweichbewegung auf das — nicht vom Verbot betroffene — Portal „de.indymedia.org" wahrnehmbar. Zwar wurde dieses schon länger existente Portal von sächsischen Linksextremisten bereits in den Vorjahren genutzt; nach dem Verbot verstärkte sich dies jedoch merklich. • Nutzung von lnstant-Messaging und sozialen Netzwerken Neben Internetseiten werden — der allgemeinen Entwicklung folgend — auch verstärkt lnstant-Messenger — wie z. B. WhatsApp — genutzt. Sie ermöglichen einen direkten und schnellen Austausch von Nachrichten oder Dateien zwischen einzelnen Personen oder Gruppen per Smartphone. Auch das soziale Netzwerk Facebook und der Kurznachrichtendienst Twitter werden von vielen Linksextremisten aktiv verwendet. Parallel zu offen zugänglichen Kommunikationskanälen, in denen Informationen für jeden Nutzer abrufbar sind, existieren geschlossene Foren, welche der verschlüsselten Koordination von Gruppen und Aktivitäten dienen. Diese können sowohl anlassbezogen im Vorfeld eines Ereignisses als auch gruppenbezogen nur für Mitglieder einer Gruppe eingerichtet sein. MiWandlichen Grüßen Prof. Dr. Roland Wöller Seite 6 von 6 2018-02-08T11:44:07+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes