STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Enrico Stange, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/12080 Thema: Kritische Infrastrukturen und Blackout — Mobile Netzersatzanlagen (NEA) der sächsischen Katastrophenschutzbehörden — Nachfrage zur Kleinen Anfrage des Abgeordneten Enrico Stange in Drs. 6/11457 Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Der Antwort der Sächsischen Staatsregierung auf die Kleine Anfrage in Drs.-Nr. 6/11457 ist zu entnehmen, dass die Katastrophenschutzbehörden Landkreis Bautzen, Erzgebirgskreis, Landkreis Görlitz, Landkreis Mittelsachen, Landkreis Nordsachen, Landkreis Sächsische Schweiz — Osterzgebirge, Landkreis Zwickau, Stadt Dresden, Stadt Leipzig, Landesdirektion und das Sächsische Staatsministerium des Inneren über keine eigenen Mobilen Netzersatzanlagen (NEA) verfügen . In § 10 Absatz 3 der Sächsischen Katastrophenschutzverordnung (SächsKatSVO) ist geregelt: ,Aufgabe des Verwaltungsstabes ist es, Verwaltungsmaßnahmen unter Beachtung aller Umstände der Schadenslage vorzubereiten und im Rahmen der vom Leiter der Brandschutz -, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzbehörde übertragenen Kompetenzen zu veranlassen. Der Verwaltungsstab in der unteren Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzbehörde hat insbesondere den Einsatz von Kräften und Mitteln zu koordinieren und Unterstützung anzufordern. Der Verwaltungsstab in der oberen Brandschutz -, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzbehörde hat insbesondere die Verteilung von Kräften und Mitteln zu koordinieren, wenn die Verwaltungsstäbe mehrerer unteree Brandschutz-, Rettungsdienstund Katastrophenschutzbehörden Kräfte oder Mittel anfordern." Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 38-1053/44/147 Dresden, 411.Februar 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7,8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSM1N1STER1UN1 DES INNERN Freistaat SACHSEN Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie werden die Bildung und die Funktionsfähigkeit der Verwaltungsstäbe der unteren und oberen Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzbehörden im Freistaat Sachsen sowie die Funktionsfähigkeit der Einsatz- und Lagezentren bei einem totalen Stromausfall (Blackout) sichergestellt, wenn diese über keine eigenen Mobilen Netzersatzanlagen (NEA) verfügen? Frage 2: In welcher Form ist die Kommunikation der unteren und oberen Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzbehörden im Freistaat Sachsen untereinander und mit den Einsatzkräften sowie der jeweiligen Einsatz- und Lagezentren mit den Einsatzkräften bei einem totalen Stromausfall (Blackout) sichergestellt, wenn diese über keine eigenen Mobilen Netzersatzanlagen (NEA) verfügen? Frage 3: Wie viele und welche der Integrierten Rettungsleitstellen (IRLS) und wie viele und welche der Führungs- und Lagezentren der Polizeidirektionen bzw. Polizeidienststellen verfügen über Mobile Netzersatzanlagen (NEA) welcher Nennleistung und wie wird bei Fehlen dieser NEA die Funktionsfähigkeit und Kommunikation der IRLS und der Führungs- und Lagezentren der Polizeidienststellen sichergestellt? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 bis 3: Die Absicherung der Funktionsfähigkeit der für Aufgaben des Katastrophenschutzes vorgesehenen besonderen Führungseinrichtungen (Verwaltungsstäbe bei der obersten, der oberen und den unteren Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzbehörden —BRK-Behörden) sowie die der Einsatz- und Lagezentren im Freistaat Sachsen wird im Falle eines Blackouts durch stationäre NEA gewährleistet. Hinsichtlich der Sicherstellung der Kommunikation der unteren und oberen Brandschutz -, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzbehörden, der Einsatzkräfte sowie der jeweiligen Einsatz- und Lagezentren im Freistaat Sachsen im Falle eines Blackouts und zur Verfügbarkeit von NEA bei Polizeidirektionen bzw. Polizeidienststellen wird auf die Antwort der Staatsregierung auf die Frage 5 der Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 6/11054 vom 21. November 2017 verwiesen. Frage 4: Über wie viele Kraftstoffvorräte verfügen die Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzbehörden sowie die Polizeidienststellen des Freistaats Sachsen , um den Betrieb von Fahrzeugen und Mobilen Netzersatzanlagen (NEA) bei einem totalen Stromausfall (Blackout) sicher zu stellen? (Bitte aufschlüsseln nach Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzbehörde und Polizeidienststellen !) Die Staatsregierung sieht von einer Beantwortung der Frage ab. Seite 2 von 4 STAATSM1N1STER11JM DES INNERN Freistaat SACHSEN Der Sächsischen Staatsregierung liegen zu der Kleinen Anfrage auch Erkenntnisse vor, deren Mitteilung überwiegende Belange des Geheimschutzes im Sinne des Artikel 51 Absatz 2 der Verfassung des Freistaates Sachsen entgegenstehen. Es handelt sich dabei um Informationen, die gemäß Nummer 8 in Verbindung mit Nummer 3.4 der Verschlusssachenanweisung vom 4. Januar 2008 (SächsABI.SDr. S. S 2) als Verschlusssache eingestuft wurden. Die Einstufung erfolgte, weil diese Informationen Rückschlüsse auf Strategie, Arbeits- und Durchhaltefähigkeit von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst und Katastrophenschutz in Krisensituationen zulassen, die von Dritten zum Nachteil der vorgenannten Stellen ausgenutzt werden können und somit die — gerade in Krisensituationen — notwendigen Einsätze der vorgenannten Stellen gefährden würden . Eine Verbreitung dieses Wissens an Unbefugte steht im Widerspruch zu den Schutzpflichten des Bundes und der Länder und schadet ihren Interessen. Die Schutzpflicht des Staates für Leben und körperliche Unversehrtheit ist umfassend. Sie verbietet nicht nur unmittelbare staatliche Eingriffe, sondern gebietet dem Staat auch, sich schützend vor dieses Leben zu stellen, das heißt vor allem, es auch vor rechtswidrigen Eingriffen von Seiten anderer zu bewahren. Würde bekannt, über wie viele Kraftstoffreserven die Brandschutz-, Rettungsdienstund Katastrophenschutzbehörden sowie die Polizeidienststellen des Freistaats Sachsen verfügen und damit verbunden über welche Wege die Sicherung des Kraftstoffnachschubes erfolgt, wäre es für Straftäter, insbesondere für solche, denen daran gelegen ist, durch Herbeiführen eines Blackouts in der Öffentlichkeit größtmögliche Schäden zu verursachen, problemlos möglich, die bestehenden Schutz- und Sicherungsmaßnahmen zu sabotieren. Solche potenziellen Angreifer würden auf der Grundlage regierungsamtlicher Angaben in die Lage versetzt abzuschätzen, an welchen Stellen und zu welchen Zeiten die Beseitigung der von ihnen hervorgerufenen Schäden /Beeinträchtigungen am längsten dauern werden bzw. mit weiteren gezielten Aktionen eine Schadensbehebung weiterhin sabotiert werden könnte. Dass potentielle Angreifer dies aufgrund der Geheimhaltung nicht können, ist ein eigenständiger Sicherheitsfaktor . Es gilt als wesentlicher taktischer Vorteil, dass das polizeiliche Gegenüber Details wie Kraftstoffvorräte und Nachschubsicherung nicht kennen. Damit wird es dem Täter erschwert, auf getroffene Schutz- und Sicherungsmaßnahmen einzuwirken bzw. diese zu umgehen. Dabei spielt es nur eine untergeordnete Rolle, ob die aus umfassenden Antworten gezogenen Schlussfolgerungen korrekt oder unrichtig sind. Denn in beiden Fällen droht die Tatentschlossenheit gestärkt zu werden. Diese drohenden Beeinträchtigungen waren mit dem Informationsinteresse des Abgeordneten abzuwägen. Die Abwägung ergab, dass dem Geheimschutz zum Schutz der Rechte Dritter und der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr nachgeordneten Behörden Vorrang vor dem Informationsanspruch des Abgeordneten zukommt. Es ist selbstverständlich nachvollziehbar, dass das parlamentarische Informationsinteresse sich etwa darauf bezieht, ob im Falle eines totalen Stromausfalles Maßnahmen in hinreichendem Umfang vorbereitet sind. In diesem Fall würde jedoch die Beantwortung der Frage gefahrerhöhend für die Rechtsgüter Leib, Leben und Freiheit einer unbestimmten Anzahl von Personen wirken, da - wie dargelegt - durch diese Informationen taktische Konzepte gerade einschätzbar und damit Gegenmaßnahmen eines potenziellen Angreifers planbar bzw. machbar erscheinen würden. Die Offenlegung von konkreten Kraftstoffvorräten bzw. der Gewährleistung der Nachschubversorgung würde einen dauerhaften Schaden für die Wirksamkeit von Einsatzkonzepten im Zusammenhang mit einem auch längerfristigen totalen Stromausfall und Seite 3 von 4 STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN damit einen dauerhaften Schaden für die Interessen der Bundesrepublik und der Länder bedeuten. Die Sächsische Staatsregierung hat in die Abwägung einbezogen, ob andere Formen der Informationsübermittlung möglich sind, die das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Regierung befriedigen könnten. Nach § 56 der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages (GO) für die 6. Legislaturperiode hat das Parlament für die Behandlung der Antworten auf Kleine Anfrage ein konkretes Verfahren vorgegeben. Danach wird die Antwort zunächst dem Präsidenten zugeleitet, der sie wiederum dem Fragesteller übermittelt, § 56 Absatz 4 GO. Gemäß § 56 Absatz 5 GO werden zudem die Kleine Anfrage und die Antwort vervielfältigt und den Abgeordneten zur Kenntnis gebracht. Dies bedeutet für den 6. Sächsischen Landtag neben der erforderlichen Kenntniserlangung durch die mit der Verwaltung des Eingangs, der Vervielfältigung und der Übermittlung der Verschlusssache betrauten Personen der Landtagsverwaltung, eine Vervielfältigung der die Antwort enthaltenden Verschlusssache in weitere 125 Exemplare und deren jeweilige Übermittlung an die Empfänger. Für diese unmittelbare Zuleitung von Verschlusssachen besteht kein besonderer strafrechtlicher Schutz, da eine Regelung fehlt, wie sie gemäß § 7 der Geheimschutzordnung des Sächsischen Landtages für die Unterrichtung über jene Verschlusssachen gilt, die in einem Ausschuss behandelt werden. Nach dieser Vorschrift kann den Mitgliedern des Landtages nur dann Zugang zu und Kenntnis von Verschlusssachen gegeben werden, wenn entweder ein Geheimhaltungsbeschluss im Sinne des § 353b StGB bezüglich der Verschlusssache besteht oder wenn das Landtagsmitglied unter Hinweis auf die Strafbarkeit der Geheimnisverletzung zur Geheimhaltung förmlich verpflichtet wurde. Mit Blick auf den im Rahmen der Beantwortung zu beteiligenden Personenkreis und in Anbetracht der spezifischen Geheimschutzregelungen kam die Staatsregierung zu dem Ergebnis, dass der erforderliche Geheimschutz und der durch diesen geleistete Schutz Dritter nur dann hinreichend gewährleistet werden kann, wenn die Informationsübermittlung unterbleibt. Sollten Informationen selbst unbeabsichtigt an die Öffentlichkeit gelangen, bestünde eine Gefahr für die benannten Rechtsgüter, die gerade verhindert werden soll. Mr/u/ ndlichen/Grüße Pfof. Dr. Roland Wöller Seite 4 von 4 2018-02-16T08:43:14+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes