STAATSMINISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Carsten Hütter, AfD-Fraktion Drs.-Nr.: 6/12208 Thema: Kinderehen in Sachsen 2017, zugleich Nachfrage zu Drs. 6/9758 Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Wie die Kleine Anfrage Drs. 6/9758 ergab, lebten zum Halbjahr 2017 elf minderjährige Mädchen mit dem Familienstand ‚verheiratet' in Sachsen. Eine davon war Deutsche. In zwei Fällen war der Familienstand noch nicht abschließend geklärt. Auf Frage 3: ,Wie viele dieser Kinderehen sind a) nach dem vor am Heiratsort geltendem Zivilrecht geschlossen worden? b) nach religiösem Recht geschlossen worden?' wurde u. a. geantwortet, dass in sechs Fällen die Klärung der Rechtslage noch nicht abgeschlossen sei. Auch lägen keine Angaben zu den jeweiligen Religionsgemeinschaften vor. Auf Frage 5: ,Gab es in der Vergangenheit Fälle in Sachsen, in denen die Echtheit von Altersangaben von minderjährigen Verheirateten angezweifelt wurden?' wurde geantwortet, dass derzeit ein Fall bekannt sei." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Minderjährige mit dem Familienstand „verheiratet" lebten mit Stand 31.12.2017 in Sachsen und welches Alter und welche Nationalität hatten die Ehegatten der minderjährigen Verheirateten? (Bitte aufschlüsseln nach Altersgruppen unter 14 Jahren, 14 bis unter 16 Jahren und 16 bis unter 18 Jahren, Geschlecht und Staatsangehörigkeit der minderjährigen verheirateten Personen, Land der Eheschließung) Die nachfolgend tabellarisch aufbereiteten Daten wurden per Abfrage aus dem Sächsischen Melderegister vom Sächsischen Staatsministerium des Innern ermittelt. Es wurden alle im Freistaat Sachsen gemeldeten verheirateten Personen gezählt, die zum Stichtag 31.12.2017 noch nicht volljährig waren . ffl111. Iff e7r5 Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 25-1053/42/40 Dresden, 'Za. : Februar 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN OMM3 r ite Freistaat SACH SEN Minderjährige(r) Ehegatte Altersgruppe Geschlecht Staatsangehörigkeit Staat Eheschließung Geschlecht Staatsangehörigkeit Alter unter 14 Jahre 14- 16 Jahre 16 - 18 Jahre weiblich syrisch nicht bekannt männlich * 21 weiblich syrisch nicht bekannt männlich syrisch 20 weiblich syrisch Libanon männlich syrisch 30 weiblich deutsch nicht bekannt männlich deutsch 22 *Staatsangehörigkeit nicht ermittelbar, da Person nicht in Sachsen gemeldet Frage 2: Wie viele dieser Kinderehen sind zu welchem Zeitpunkt a) nach dem vor am Heiratsort geltendem Zivilrecht geschlossen worden? b) nach religiösem Recht geschlossen worden? (Bitte aufschlüsseln nach Land der Eheschließung, Alter der Minderjährigen zum Zeitpunkt der Eheschließung, ggf. jeweiliges religiöses Recht, die jeweiligen Religionsgemeinschaften und Erkenntnisquellen der Staatsregierung dahingehend) Zu a). Nicht bekannt Zu b): Eine. Land der Alter der Minderjährigen religiöses Recht Religionsgemeinschaft Eheschließung im Zeitpunkt der Eheschließung Türkei 15 Jahre keine Angaben In drei weiteren Fällen sind keine Angaben zur Art der Eheschließung möglich. Als Erkenntnisquellen dienen die Angaben der Betreffenden bzw., sofern vorhanden und vorgelegt, Personenstandsurkunden oder Registerauszüge. Im Übrigen wird hierzu auch auf die Antwort auf Frage 3 der Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 6/9758 verwiesen. Von der weiteren Beantwortung durch die Staatsregierung wird abgesehen. Es erfolgen grundsätzlich keine statistischen Erhebungen. Die Ausländerbehörden erlangen nur dann entsprechende Erkenntnisse zu Kinderehen und nehmen eigenständige Ermittlungen auf, wenn es aufenthaltsrechtlich relevant ist. Bei den in Frage 1 benannten Fällen haben die Ausländerbehörden mitgeteilt, dass der Familienstand für das Aufenthaltsrecht nicht relevant ist. Den Ausländerbehörden liegen in der Regel keine weiteren Daten vor. Gleiches gilt auch für die Meldebehörden. Seite 2 von 4 STAATS1V11N1STER1UUM DES INNERN • 011REMI • AMI e7715 Freistaat SACHSEN Frage 3: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung hinsichtlich der vormals zwei noch nicht abschließend geklärten Familienstände zwischenzeitlich gewonnen (vgl. Antwort auf Frage 1. der Kleinen Anfrage Drs. 6/9758)? Die beiden Fälle konnten zwischenzeitlich geklärt werden. Der Familienstand ist jeweils „ledig". Frage 4: Ist es zwischenzeitlich zu einer Klärung der Rechtslage hinsichtlich der vormals sechs noch nicht abgeschlossen Fälle gekommen und wie erklärt sich der Widerspruch , dass die Staatsregierung einerseits angeben konnte, dass eine Ehe nach religiösem Recht geschlossen wurde, andererseits aber auch antwortete, dass keine Angaben zu einer Religionsgemeinschaft vorlägen (vgl. Antwort auf Frage 3. der Kleinen Anfrage Drs. 6/9758)? In zwei der in der Antwort auf die Frage 3 der Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 6/9758 benannten Fälle konnte zwischenzeitlich eine Klärung des Familienstandes erfolgen. In drei weiteren Fällen sind die Personen zwischenzeitlich volljährig und in einem Fall ist eine Klärung des Familienstandes durch die Ausländerbehörden nicht erforderlich, da dies aufenthaltsrechtlich keine Relevanz hat. Es besteht kein Widerspruch zwischen der Erkenntnis, dass eine Ehe nach religiösem Recht geschlossen wurde und dem Umstand, dass keine Angaben zu den jeweiligen Religionsgemeinschaften der Eheschließenden vorliegen'. Allein aus einer Eheschließung nach religiösem Recht kann nicht zwangsläufig auf die Religionsgemeinschaften der Eheschließenden geschlossen werden. Frage 5: Welches Ergebnis hatte die Prüfung durch die Standesamtsaufsicht hinsichtlich des einen Falles einer vermuteten unrichtigen Altersangabe (vgl. Antwort auf Frage 5. der Kleinen Anfrage Drs. 6/9758), welche zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen wurden von Seiten der Behörden gezogen und gibt es seit dem Bekanntwerden des gegenständlichen Falles weitere Verdachtsfälle von falschen Altersangaben von minderjährig Verheirateten in Sachsen? Der Freistaat Sachsen, vertreten durch die Landesdirektion Sachsen, hat mit Schriftsatz vom 24. August 2017 den Antrag auf Aufhebung der Ehe zwischen einer minderjährigen syrischen Staatsangehörigen (anerkannter Flüchtling) und eines volljährigen syrischen Staatsangehörigen beim Amtsgericht Plauen, Familiengericht, gestellt. Gemäß § 1314 Abs. 1 BGB kann eine Ehe u. a. dann aufgehoben werden, wenn sie gegen die Vorschriften des § 1303 BGB verstößt. Das war hier der Fall. Die Eheschließung wurde vor Eintritt der Volljährigkeit der Ehefrau geschlossen. Denn anders als bei der Anmeldung der Eheschließung und auch bei der Eheschließung selbst angegeben, wurde die Ehefrau nicht am 1. Januar 1999, sondern vielmehr am 10. November 1999 geboren . Dies ging aus dem für die Ehefrau ausgestellten Reisepass der Arabischen Republik Syrien hervor. Die in diesem Pass enthaltenen Angaben, also auch das dort angegebene Geburtsdatum, hat die Ehefrau mit ihrer Unterschrift bestätigt. Das im Reisepass für Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN •AIMIZEM 01111IM @Mi. JIM mrr Freistaat SACHSEN Flüchtlinge angegebene Geburtsdatum war dagegen fehlerhaft und wurde mittlerweile auch im Programm der Ausländerbehörde korrigiert. Nachdem zwischenzeitlich unstreitig die Antragsgegnerin volljährig geworden ist und die Ehe bestätigt hat, war der vom Antrag 24. August 2017 zurückzunehmen. Das Amtsgericht Flauen entschied mit Beschluss 6 F 601/17 vom 17. Januar 2018 die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen, da die Antragsgegner Anlass zur Antragserhebung durch die Landesdirektion Sachsen gegeben haben. Außerdem wurde vom Standesamt im Hinblick auf die Bestätigung des Geburtsdatums und einen damit verbundenen Tatverdacht wegen falscher eidesstattlicher Versicherung Strafanzeige gegen die Ehefrau erstattet. Weitere Verdachtsfälle von falschen Altersangaben von minderjährig Verheirateten liegen dem Sächsischen Staatsministerium des Innern bisher nicht vor. Mit freundlichen Grüßen in Vertretung (9,(,, (g-sLZ Oliver Schenk Seite 4 von 4 2018-02-26T10:47:07+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes