SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hospitalstraße 7 I 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bern hard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6112290 Thema: Übergang in Therapie bei Zurückstellung der Vollstreckung nach S 35 BIMG Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt ,,lm Jahr 2007 hat der Gesetzgeber mit einer geringfügigen Veränderung des S 67 SIGB bei Ausländer*innenn aus finanziellen Gründen, die Vollstreckungsreihenfolge von Strafe und Maßregel geändert. ln der praktischen Anwendung lässt sich vermuten, dass Ausländer*innen damit kein Anspruch auf Abschluss einer Therapie zuerkannt wird, sondern sie sich ausschließlich im Strafvollzug aufhalten sollen." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: STAATST\4INISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564 1500 Telefax +49 351 564 1509 Staatsminister@ smj.justiz.sachsen.de* Aktenzelchen (bitte bei Antwort angeben) 1040E/13/1113 - KLR Dresden, 29 .Februar 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium der Just¡z Hospitalstraße 7 01097 Dresden Briefpost über Deutsche Post 01095 Dresden www.justiz.sachsen.de/smj Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit Straßênbahnlinien 3,6,7,8, 11 Parken und behindertengerechter Zugang über Einfahrt Hospitalstraße 7 *Zugang für elektronisch signiertê sow¡e für verschlüsselte elektronische Dokumente nur über das Eleklronische Gerichts- und Verwaltungspostfach; náhere lnformationen unter www.egvp.deSeite 1 von 4 STAATSMINISTERlUIV DER JUSTIZ Freistaat SACHSENIMI lËv Frage 1: Können inhaftierte Ausländer*innen auch vom S 35 BIMG (Therapie statt Strafe) Gebrauch machen wenn dieser im Urteil steht? Der Gesetzestext des $ 35 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) unterscheidet nicht zwischen deutschen oder ausländischen Verurteilten, so dass grundsätzlich, wenn die übrigen Voraussetzungen vorliegen, eine Zurückstellung der Vollstreckung der Freiheitsstrafe auch beiAusländern möglich ist. Frage 2: Wenn ja, wer kommt für die Kosten auf? Die Kosten sind von dem nach dem Gesetz zuständigen Träger für die Maßnahme der medizinischen Rehabilitation zu tragen. ln der Regel sind dies die gesetzliche Rentenversicherung , die gesetzliche Krankenversicherung oder die Träger der Sozialhilfe. Für Asylbewerber, bei denen das Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist, richtet sich die Übernahme von Kosten hingegen grundsätzlich nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Danach werden grundsätzlich nur Kosten für die Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände (S 4 Abs. 1 AsylbLG) übernommen. Zuständig für die Durchführung des AsylbLG sind insoweit nach S 1 Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLGDVO) die Landkreise und kreisfreien Städte. Frage 3: Wo liegen hier die Unterscheide bei lnhaftierten mit und ohne Duldung, sowie mit und ohne anhängiger Abschiebung? Die Übernahme der Kosten, die gegenüber der Staatsanwaltschaft belegt werden muss, ist grundsätzlich - unabhängig vom jeweiligen Kostenträger und von der Stellung des Gefangen - Voraussetzung für eine Zurückstellung gemäß S 35 BtMG. Bei einer anhängigen Abschiebung ist allerdings zu berücksichtigen, dass seitens der Staatsanwaltschaft von Seite 2 von 4 STAATSMìNìSTERIUIV DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN F3r-\ËrÉM&w der weiteren Vollstreckung gemäß S 456a SIPO abgesehen werden kann, so dass sich die Frage der Zurückstellung gemäß S 35 BtMG grundsätzlich nicht stellen würde. Frage 4: Wie viele Anträge auf Therapie nach S 35 BIMG wurden im Jahr 2017, im Sinne der Fragen 1-3, gestellt? (bitte nach JVA, Aufenthaltsstatus der Gefangenen und Antragsergebnis aufschl üssel n) Von einer Beantwortung der Frage wird wegen des hierfür erforderlichen unverhältnismäßigen Aufwandes abgesehen. Die zur Beantwortung der Frage notwendigen Erkenntnisse liegen dem Sächsischen Staatsministerium der Justiz nicht unmittelbar vor. Diese können auch nicht durch eine elektronische Recherche erlangt werden, da der Eingang von Anträgen gemäß S 35 BtMG statistisch nicht erfasst wird. Eine Beantwortung der Frage wäre daher nur möglich, wenn man alle im Jahr 2017 anhängigen Vollstreckungsverfahren gegen Ausländer, die zu einer Freiheitstrafe verurteilt wurden, händisch auswerten würde. Allein im Jahr 2017 wurden 1.178 Ausländer zu Freiheitstrafen verurteilt. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass allein die Durchsicht dieser 1.178 Vollstreckungsakten zur Beantwortung der Frage nicht genügen würde. Hinzu kommen diejenigen Vollstreckungsverfahren, die zwar aus einer früheren Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe herrühren, bei denen die Strafe aber im Jahr 2017 noch vollstreckt wurde. Eine Beantwortung der Frage wäre daher nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand möglich, der ohne den Verlust der Funktionsfähigkeit der Staatsanwaltschaften in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Frist nicht zu leisten wäre . Es wären umfangreiche und zeitaufwendige Recherchen in den Aktenbeständen der sächsischen Staatsanwaltschaften erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Geschäftsstellen und staatsanwaltschaftlichen Archiven, der Aufwand zur Beiziehung versendeter Akten, das Auswerten der Akten und die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses zu berücksichtigen. Für die entsprechende Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN I FilI \ËrJtñtI Ê"ÞJl\ry Auswertung der Akten ist daher von einem Arbeitsaufwand von durchschnittlich mindestens 30 Minuten je Akte auszugehen. Dies zugrunde gelegt, wird der bei den Staatsanwaltschaften allein fur die händische Auswertung der Akten zu den 1.178 Vorgängen anfallende zeitliche Aufwand auf mindestens 73 Arbeitstage für einen Mitarbeiter geschätzt. Auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts ist der zur Beantwortung der Frage erforderliche Aufwand nicht mehr verhältnismäßig und zumutbar . Eine Beantwortung würde in erheblichem Umfang eine größere Anzahl von Bediensteten in sächsischen Staatsanwaltschaften, die für laufende Arbeiten nicht mehr zur Verfügung stünden, binden. Die Staatsregierung kam bei der Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung und der ihr nachgeordneten Behörden andererseits daher zu dem Ergebnis , dass eine Beantwortung der Frage unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege nicht zu leisten ist. Mit freundlichen Grüßen Sebastian Gemkow Seite 4 von 4 2018-03-01T10:07:37+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes